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— W. V;-
A ^^
ZEITSCHRIFT
FÜR
DEUTSCHES ALTERTHÜM
UND
DEUTSCHE LinERATÜß
HERAUSGEGEBEN
VON
ELIAS STEINMEYER
EINUNDDREISSIGSTER BAND
DER NEUEN FOLGE NEUNZEHNTER BAND
BERLIN
WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG
1887
TF
INHALT.
Seite
Altenglische glossen zu Abbos Glericorum decus, von Zupitza ... 1
Altenglische glossen zu Beda, von demselben 28
Die ursprüngliche gestalt von Alfrics Golloquium, von demselben . . 32
Ein Zauberspruch, von demselben 45
Bruchstück einer altenglischen Boetiushs., von Napier 52
Zur Spruchdichtung bei den Angelsachsen, von Strobl 5-i
Die Neidhartlegende, von Meyer 64
Beiträge zur geschichte der mhd. litteratur in Osterreich, von Müller 82
1. Zur Kudrun 82
2. Zum Meier Helmbrecht 95
Segen, von Zingerle 103
Quellennachweise zu Lessing, von Meyer 104
Die Berliner fassung des Puppenspiels vom doctor Faust, von Lübke 105
Urkundliches über die spielleute in Tirol, i Von der mitte des xm bis
zur mitte des xivjhs., von Schönach 171
Reinmar von Hagenau und Auboin de Sezane, von Schultz .... 185
Beiträge zur SGallischen litteraturgeschichte, von Bächtold .... 189
I Der sog. magister Ruodpert und sein sog. brief .... 189
II Notkers Computus 196
in Wer ist der Verfasser der gereimten ahd. psalmenübersetzung
(MSD s. 22—24)? 197
Bruchstücke eines gebelbuches, von Kochendörffer 198
Heiland v. 2, von Franck 202
Ero, von Bremer 205
Nahanarvali, von Detter 207
"Vierzeilige gliedcrung in Otfrids Evangelienbuch, von Olsen . . . 208
Zu Otfrid, von Stosch 216
Das HärbardsljöJ, von Niedner 217
Hildeburg und Ortrun, von Roediger 282
Muskatblüt, von Schenk zu Schweinsberg 287
Schwazer Parzivalfragment, von Straganz 287
Zu Boner, von Strauch 291
Otfrids vorrede an Liutbert, von Zwierzina 292
IV INHALT
Seite
Beiträge zur kritik des Eraclius, von Strauch 297
Mit einem attribut zusammengesetzte personennamen, von Andresen . 33S
Germanisclie dative aus der Römerzeit, von Much 354
Des Strickers Nackter böte, von Singer 358
Ein fragment der Ciiristherrechronik, von Westermayer 360
Hd. glossen des zwölften jhs., von Liebermann . 362
Zu Tanniiäuser, von Werner 363
Druck von J. B. Hirschfeld in Leipzig.
ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU ABBOS
CLERICORUM DECUS.
Abbo , mönch zu SGermain (f zwischen 921 und^Tl), fügte
seinen in hexametein geschriebenen zwei büchern De parisiace nrbis
bellis jiresulisque Germani miraculis, die er 896 oder 897 abschloss,
einen weiteren, mit jenen inhaltlich nicht zusammenhängenden teil
in demselben metrum hinzu, qui supplet trinitatem, mit dem spe-
ciallitel Clericorum decus lyruoculorumque effectiis (= utilitas).
er hat hier eine anzahl ungewöhnlicher, zum großen teil aus dem
griechischen stammender Wörter zu unterrichtszwecken in verse ge-
zwängt und selbst mit erklärungen versehen (propria manu linguas
[= glosas] superieci).
Dieses dritte buch hat Perlz zum ersten male im 2 band der
Monumenta Germaniae, Hannover 1829, veröffentlicht: ich habe
die Separatausgabe Abbonis De bello parisiaco libri in. in usum
scholarum ex Monument is Germaniae recudi fecit GHPertz, Han-
noverae 1871, benützt, aufserdem aber auch den auf abermaliger
vergleichung der Pariser hs. beruhenden abdruck in Le siege de
Paris par les Normands en 885 et 886, poeme d'Abbon avec la
traduction en regard accompagne de notes explicatives et historiqiies
par NRTaranne, Paris ISd 4. aus einer anderen hs., die früher in
Canterbury war, jetzt aber in der Universitätsbibliothek zu Cam-
bridge sich befindet, hat nach einer abschrift Bradshaws Cockayne
die ersten 55 verse veröffentlicht in Leechdoms, wortcunning, and
starcraft of early England i (London 1864) s. l\u\ ff. dass die-
selben von Abbo herrühren und vorher schon gedruckt waren, ist
Cockayne entgangen.
An demselben orte s. Lvrii ff hat Cockayne auch die altengli-
schen glossen veröffentlicht nach der nur bis v. 53 reichenden hs.
von S Johns College, Oxford, die vollständige und auch sonst
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 1
2 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLEBICORUM DECÜS
bessere zweite hs. nr 3271 der Harley sehen Sammlung im British
mnseum, auf die schon Pertz hingewiesen, war ihm nicht bekannt
geworden.
Beide hss. enthalten Älfrics Grammatik: in meiner ausgäbe
habe ich sie 0 und h genannt, im folgenden werde ich den cod.
harl. mit A, die Oxforder hs. mit B bezeichnen.
In beiden hss. sind die glossen von einer anderen hand ge-
schrieben, als die Grammatik: in A von einer hand etwa aus der
mitte des 11 jhs., in B aus dem ende des 11 oder aus dem
an fang des 12. in beiden sind Abbos verse in prosa aufgelöst:
dabei ist der ganze v. 18 iind aufserdem öfter einzelne Wörter
verloren gegangen, während umgekehrt manches hinzugefügt oder
geändert worden ist und zicar gröstenteils nach Abbos glossen.
nach diesen hat der englische glossator auch im wesentlichen seine
arbeit gemacht und zwar nicht ohne häufige misverständnisse.
In A stehen die englischen erklärungen mit wenigen ausnahmen
hinter den entsprechenden lateinischen Worten, in B immer über
denselben, die schrift in B ist zum teil sehr undeutlich geworden,
sodass nicht zu verwundern ist dass Cockayne sehr häufig falsch
gelesen hat. ich hatte diese hs. in folge des freundlichen entgegen-
kommens des president und der fellows von SJohns College und
durch die gütige vermittelung des damaligen k. k. österreichischen
Unterrichtsministers excellenz dr von Stremayr im icinter 1874
auf 75 längere zeit in Wien und konnte daher die glossen wider-
holt und bei verschiedener beleuchtung zu entziffern suchen, ich
erkläre ausdrücklich dass ich alles, was ich als lesart von B gebe,
so gelesen habe, ehe ich A zu gesicht bekam.
Die spräche in A folgt der spätwestsächsischen regel noch
ziemlich getreu, weit mehr abweichung zeigt B. ich stelle das
hauptsächlichste hier zusammen: die Ziffern verweisen auf die
einzelnen glossen: wo keine hs. genannt ist, steht die glosse nur
in A.
Vocale betont, a st. ea: warna 160 ß, forewarna 160.4,
hakles 1065. — a st. x: hvvajjere 496 (doch vgl. 522 mit anm.),
mage 513. 516. — te st. e: forbaed 80 B, feun 245 ß, waeg
247 ß. — 86 s?. 6: msedgildan 262 5. — ce st. y = friihws. \e:
fjeldestol 1955. — •'b st. o, a: dcenne 204 i, gemcenigfylde 389.
— 36 st. ea: lißhtres 665. — fe st. 6a: raf 565. 83 5, heard-
Isese 1435, scyldlees 2535, wol auch gemyndlaeste 1115 (oder
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS 3
hier je = y = frühws. ie?). — e st. ie: uedtlre 242 B. — e st.
a, o: menegum 44 ß. — e st. » = got. a: cter 310. — e st. ai
= got. 6: sprece \18 AB, spec 158 ß. — e st. ie = got. ai:
nenig 297. — es?, ea: wex4AB. 155ilß, wexende 488, orcerd
220 4. 223 i. — e st. 6a: deh 496, \ieh 522, orcerdleh 220. —
Q St. y = frühws. ie: steme 256, vgl. 131 5. — e st. y als nmlaut
von u: em(b) 127 iß. 135 iß. 153 iß, vvur(tmeDt444. — ea st. se:
reagel 77 ß, weaferstowa 177ß. — ea st. ae: leavvedra 78 ß, ge-
leared 102ß. — y st. e: cyn(n)acl 181i, kynnad 181ß, swylte
320, geydlffican 317. — y st. eo: gynd 502. — yo st. 6o: fyo-
wer 311.
Vocale unbetont, a st. e: [jearfana 212 i, purpuran 227 ß. —
a St. u (lurchiceg im nom. acc. pl. starker neutra : wexbreda 4 iß,
gewrita 54 iß, gerseda 82 iß und 85, ceppelfata 423, msegna 429,
deofla 432, clyslra 439, lungla 469, dihla 485, gemsera 502. —
e St. a: gyklenmude 113i, middengeard J25ß, hafe 139ß, beard-
Icese 143ß, leofe 250 ß, ealdres 296. — e st. eo: larevv 138i. —
6 s?. u: wudefeoh 255 ß. — u s^ a: gewriduct 183i, wseflud 434.
Consonanten. tenuis für media: kyninc 121 i, strencd 27 ß,
forflyctt 418, strence 332; winnent 35 ß, daelent 125 ß, wlatent
127 ß. 135ß, ecelfet 217 ß, synt 222ß, wyrdment 444. u für
f: gedauenad 94 i, unlyuendlicum 131 i, wseuerstowa 177 i, ge-
dauenlice 224 i, rumgyiielne 353, weeuels 393. 421, sylua 415. —
Schwund von b: emwlatend (-t) 127 iß. 135 i, ymsniden 319,
ymhwyrfte 362; von d: scanlufigende 149i; von d?: delf447;
von g: fyli 45i, scyldi 251 ß, gecian 416; von h: fetrine 53 ß,
reagel 77 ß, laf 136 ß; von 1: worudiic 133i, weoredlic 133 ß;
von n: msegdrymme 522; von r: embspecende 153, spsec 158i,
spec 158 ß. vocalisierung : saule 378. 465.
Ferner: pyie als nom. sg. 20 B, stafena gen. pl. 60 iß;
healls 106 i, haldes 106ß, slidd 30 ß, oalihtd 246 ß.
Accente finden sich in beiden hss. nur sehr selten angewendet :
in englischen Wörtern ondr»d 47ß, äa 103 i mid 520, gäl 105iß;
in lat. läteri 5ß, sandapila 13ß, cönuenit 94 ß, unäque 103 ß,
cerrilus 152i, illö 442.
Für die ohne feste regel in den hss. gebrauchten majuskeln
habe ich durchweg minuskeln gesetzt, ebenso stets g, da die hss.
das altenglische und das fränkische zeichen ohne unterschied hauchen
(Elene^ s. viii). die loenigen abkürzungen habe ich aufgelöst und
1*
4 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLEBICORUM DECÜS
ziDar, ICO nur eine auflösnng möglich ist, stillschweigend (vgl. aber
zu gl. 40 nnd index unter aud).
Am rande habe ich angegeben, in welcher reihenfolge die latei-
nischen Wörter in den einzelnen ver^sen stehen, sowie tc eiche icörter
etiva in AB weggelassen sind: 12' bedeutet zb. das erste wort der
12 glosse; das enklitische que ist dabei immer als selbständiges
wort gezählt.
In den anmerknngen brauche ich 0= original, wobei mitunter
durch P, T, C auf verschiedene lesarten bei Pertz, Taranne, Cockayne
hingewiesen wird. G geht auf die lateinischen glossen in der Pariser,
g auf solche in der Cambridger hs. ich hielt es bei den lat. glossen
für überflüssig zu bemerken, wenn sie nur bei Taranne stehen,
nicht auch bei Pertz, der nur solche alicuius momenli geben wollte.
INCIPIT LIBER ABBONIS 116'-^ ne letetur bset ne blissige v. 3
ANGLICE INTERPRET ATVS. 221^5
= 112. 122. 13. 14
0 clerice eala du cleric w. 1 = 1 2. te fedus traete
4. 5. 2. 3 sandapila bser
ne dempseiis ne waua du tieque toparcha ne helle ealdor
umquam eefre sit machias'i gemn v.A = lb^.^. 15
dipticas wexbreda 16. 17 1. 18. 19. i 20
5 lat er i fram sidan tibi l)e
fugeas forfleoh w. 2 = 8. 9. 6. quo sit Jiset sy
10. 7. 111.121 ierarchia baiig ealdor
fore wesan neque sit ne ne sy
corcula ealdor cloaca helle pyt 20
labentis slidendes tibi \)e u. 5 = 22 1. 23. 24. 25 1.
10 ludi plegan 26. 29
Überschrift aus A, fehlt B 1 0 /". 0; vgl. 99. -173. 503. 525 l)u clerc
B 2 ^ü B 4 tabellas Gg 5 läteri B sidan unzioeifelhaft auch
B, obu'ol das a ziemlich verblasst ist; nicht sidon, wie C liest 6 fu-
geas zu fugias spätere hand A, fugias 0 fleog \wB 7 esse Gg
8 princeps ludi Gg 11 letetur, nicht leiere B blissie B 12 te
noch zu WB, ohne glosse AB fedus ganz sicher, Jiicht fetlia, toie C liest
('perJiaps fetialis heraldic'J B obscenus, turpis Gg 13 sandapila B
baccaulus Gg (vgl. 162) 14 toparcha (nicht toparchus) B, toparchia
A princeps unius loci .i. diabolus erebi (iierebi g-^ G^ 15 s\ f. A ge-
winn B pugna Gg 16 jje f. A 17 sit f.O si B 18 rchi sehr
verblasst B sacer principatus Gg, dahinter s. sit tibi G (vgl. 17^. 19^. 21).
die englische glosse setzt sacer princeps voraus; Jimgekehrt 316
19 Sit fO s\ B 20 pyte5 fossa (festa Pj lartari Gg 21 I)e CJ
te B, f A
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS 5
non sü ne sy
enteca feohgestreon
nee alogia ne oferfyl
25 Herum commoneat sodes gemin-
absida beorht ü. 6==25-. 28.
27. 302- 1- ä
acrimonia strengd
mentes mod
teciim mid de
30 quia non mordet for dam J^e ne
slit [33. 32
fiat sy ü. 7 = 35. 34. 31. 36.
mens mod
??<ws din
35 agonitheta winnend
ambasilla innod
ne legat ne geceose y. 8 = 37i.
392. 391.38.372.41.401.44
cromam bleoh
preter uranium butan heofenlic
gu!« so?ef for dam pe gewunad 40
is se
esse wesan ü. 9 = 42. 43. 402.
462. 45. 461
deus god
midtis mauegum
sectare fyli du 45
gemellam anodiam getwinne Ise-
cedom
uerere ondrsed v. 10 = 48. 49.
47. 52. 51. 50
sistere gewunian
sicophanta teouful
adsis set si J)u 50
tatnen {)eah
boba stid v. 11=54. 53. 55.
56. 57
ne tangat \^SBt ne cethrine
griffia gevvrita
charchesia melas 55
22 non (nicht neque) mich B sit f.O si B 23 pecunia Gg
24 oferfyll 5 conuiuium G^g- 25 commoueat ^, -maneatO ge-
myngie B 26 lucida Gg 27 strencd (nicht strend) B uigor animi
uel (f. g) corporis industria uel (f. G) ferocitas (f. am rande G) Gg
28. 29 glosse über der zeile A 'read inodes mentis' C 29 ^e ^
30 tan B slidd B ('read sli/iä:' C) 31—34 die glossen über der zeile A
31 si B 33 tui (nicht tua) auch B din B 35 winnent B pre-
liator Gg 36 uenter Gg 37 elegat (nicht elegas) und geceose (nicht
ceose) B 38 colorem Gg 39 uranium auch in B bei genauem zu-
sehen deutlieh, nicht maximum heofonlic B celestem Gg 40 da AB
41 is ganz deutlich auch inB, nicht uir se über der zeile A, se
mann B 42 gl. über der zeile A 43 god f. A 44 multis atich
in B, nicht multum menenegum ui'sprünglich B, aber das erste en ge-
tilgt; um ist sehr verblasst, aber doch bei gutem lichte zu erkennen. C
m[icclum] 45 fylige J)u B: C las gefyiige (ohne Jiu), indem er das zur
vorhergehenden glosse gehöretide gü als ge nahm 46 onodiam B \&-
cedom A medicinam Gg 47 uerere aus uerrere durch rasur des zweiten
r A, uerrere B (C konnte das lateinische in 47 — 50 nicht erkennen) on-
draed B Urne G 49 C las nur teo calumpniator Gg 50. 51 die
glossen fehlen A 52 uehemens, robustus Gg 53 ne] te 0 setrine B
54 scriptura Gg 55 7iicht charcesia B uasa pastoralia Gg
6 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS
togaque aod reaf
crebro gelomlice
sistat gewunige v. 12 = 60.
592. 1. 58. 61. 67
frequens smtheca gelomlic gese-
tednes
60 grammatou stafena
tibi \)e
absistat gewite v. 13 = 62. 63.
64. 66. 65
nero sodlice
glancoma dymues
C5 offa sDsed
criminis leahtres
longe feor v. 14 = OSK l 69.
70. 682
blataqne brattea and brunbasu
plalung
deliinc syddaa
56 nicht coaratur5 rtef j?
enclitica
msegd
tion absint ne
= 73. 74.
712
nllatenus ateshwon
militie cempan
prosapia eadmodlic 70
gewitan v. 15
75. 711. 72.
XPI
per te |)urh Jje
existat gewunige v. 16 = 77. 78.
76. 80. 79
amphitappa ruh hrsegl
laon Isewedra
nee non eac swilce
badanola forbed
diamant \yearlQ lufiad v. 17 = 82.
81. 83. 84
effipiam gerteda
stragulam brunbasu reaf
uestis poetalis Gg' 57 gesomüce ur-
sprünglich A: an dem s ist radiert, aber doch kein richtiges 1 daraus
gemacht 5S sista (das auslaiitejide t wol 7Uir vollständig verblasst) B,
nicht \\s\,^ gewunie^, 72/cAf gewunu b9 urspt^iinglich gesettednes ^;
aber das erste t getilgt composilio Gg 60 litterarum Gg 61 I)e
f. A 62 absistad B 63 sodlice f. A 64 glauconia PT dimniss
(nicht dimnys) B caligo oculorum Gg 65 snajd atich in B sicher,
obwol etwas verblasst; ?iicht imed massa Gg 66 criminis laehtres B
sicher, nicht crinem lajlanes 67 0 i7i longe undeutlich B 68 blata-
que auch B, Jiicht bloxaque bralea B platung auch B, nicht wlatung
auri lamina, purpura Gg (die engl. gl. setzt blattea 7md purpurea voraus)
69 dehing siddan B 70 inclinatiua , humilis Gg (C gibt humilis
als gl. Äie;* prosapia neften nobilis, das PT nicht haben) 71 nullatenus
st. non — ullatenus (72) 0 72 nicht unatenus B oteshwon B 73 der
engl, glossator scheint militis gelesen zu haben; der 7imgekehrte fehler
scheint ihm 111 passiert zu sein 75 gl. f. A 76 existat auch in
B sicher, obwol verblasst; cxtat 0 gewunie B 77 ruh reagel B
tapete undique uillosum (-se P, -sae T) Gg 78 laoon (nicht lacon) B,
aber vielleicht wollte der Schreiber das zweite o tilgefi, da an ihtn radiert
zu sein scheint leawedra B laicorum populorumue g, populorum und
darüber laicorum G 80 forbaed B lectus in itinere G, 1. itineralis g
81 fi in lufiad sehr vei'blasst B ualde amant Gg 82 gerajda ver-
blasst in B, aber doch sicher (nicht gena;da) ornamentuni decorum Gg
83 rsef B uestem pictam g, u. putam (puram T) uel gumfan G
75
80
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORLM DECüS 7
*pariterque propomam and ge-
drefedne drenc *222'\ß
85 est effipia geraeda v. 19 = 852.
et. 86. 87. 851. gS
** stragula brunbasu reai
**116''i
pretexta and dyrwurde reaf
aulica cura hiredes begymen
ntüur brycd v. 20 = 89. 91.
90. 92. 93
90 mnlier wif
anabola healsmene
sed abulüur sc bid scamlice
brocen
ipsa heo
connenit gedauenad tj. 21 = 94.
98. 95. 96. 97
95 apozima brod
nee non eac swilce
placenta briw
inualidis unhalum
0 cleronoma eala |)U cleric v. 22
= 992. 101. 100. 103. 102
nianeas wuna l)ii ICO
codrus lareow
dissertns gelaered
tmaque J)aet an
haud sis ne sy du ü. 23=106'.
8. 62. 7. 5. 4
luxorius to gal 105
cum teneas l)ODne j)U healts
yppos hors
fisco on codde [9. 13. 12
careas |iola du w. 24= 110. 11.
nomine naman HO
limphatici gemindlysle
nt sis l^aet du sy
crisostomus gyldenmuda
adsis set sy du u. 25 = 1 15. 4.
8. 7. 9. 6
84 pariterque awc/i ß (q a?/i p: mcAiperturbatamque) ani f. A cla-
ram potionem per linteum (p. 1. f. g) Gg (darnach die engl. gl. ver-
kehrt) es fehlt sodann in AB vers 18: agagulam [agagula PT, lenocina-
torem uel lenonem g, lenocinatio G] caelcbs aginat [fugat Gg] pecudes nee
ablundani [paleam Gg] 85 f. B 86 die gl. f. B ST and scheint
dafür zu sprechen, dass et tirsprünglich vor pretexta gestanden hat deor-
wurde B uestis G, genus uestis puerorum (über effipia 85) g 88 be-
gimen B palatina Gg 89 brucd B 91 ornamentum muliebre Gg
(darnach wol healsmene mir geraten; dagegen Wright - Jf'ülcker 125,8
anabola winpel) 92 ubutitur (nicht abutitur) B sceamlice B male
über abutitur G, i. male i. a malo uiro g 94 cönuenit gerisd B
95 aqua cum uariis cocta condimentis Gg 97 pultis Gg 99 clero-
norat (ohne 0) 0 clerc 5 clerice Gg- W) nicht w est B sis Gg
101 nobilis rhetor uel poeta G, poeta nobilis g: Codrus ein dichterischer
freund Virgils: vgl. 113. 242. 406 102 geleared if pereloquens G:
peritus, eloquens §■ 103unaque^ an ^^ die engl. gl. ist falsch: etwa
eac swylce sollte man erwarten 104 hau ^ s\ B non g 105 gäl
AB luxurius^, aber 0 über dem zweiten u; uxorius 0 seruator (so!)
uxoris Gg 106 haldes (nicht healdes) B habeas G 107 equos Gg
108 Saccus testiculorum G^ 109 pu 5 111 gemyndlccsteß de-
mentis Gg (der engl, glossator scheint dementie gelesen zu haben; vgl. 73)
112 si B auf rasur, aber nicht zu verkennen; [beo] C 113 cris-
sostomus gyldenmude^ os aureum habens Gg- 114adesö siB adestoG
8 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS
llbapocrisarus tlihle l^en
seruet gehealde
OS miut
aforismos dihle sprece
tibi Jje
\20 coHstes gevvuna \m ü. 26 = 121.
120. 2. 3
basilens kyninc
abstemius sitre
antigraphusque and iüwritere
esto beo pu
125 cosmographus middangeard todie-
lendü.27 = 125. solum. 126'-.
8. 7. 61
estoqne and beo l^u
catascopus emwlatend
tui din
«e sis ne sy du y. 28 = 130.
31. 291. 32. 33
MOgimnus nacod
ab inlicitis fram unlyueodlicum
sisque and beo du
biotticus auctor worudlic ealdor
celebres gelomleec v. 29 = 136.
4. 5. 7. 8
oroscopns tid emwlatend 135
acrizimum |)eorrne hlaf
esqne and beo jju
didascalus lareovv
habeasque and hafa \n\ v. 30
= 1411. 392. 412. 40. 391.
43.42
amphiballum ruhne hwitel 140
in thoro on bedde
et absit and fram gewite
effebus se beardleasa
sed Sit ac sy ü. 31 = 145. 4-.
6. 7. 41. 9. 8
canterius hengest 145
habunde genihtsumiende
tibi |)e
absit irewite
115 appocrisarus CnicAf-rius) 5, aposicrarus Pr l)egn 5 minister se-
cretorum Gg HS breues sermones Gg (dihle ungenau) 120 erstes s
w«rf ge «Vier der zeile nachgetragen A du B sis G, ut sis g 121 ki-
ning^ rex Gg- 122 abstemus ^/ sobrius Gg 123 canceliarius,
scriptor Gg 124 7t<c/jf In 0 du 5 125 middengeard todaelent
(nicht middengeard todelenl) B mundi descriptor Gg (der erigl. glossator
dachte an eine hier nicht passende bedeutung von descriptor) 127 emwla-
tent^ explorator Gg 128 t)in B 129 sis in AB = sis Gg 130, f. 0
si pu B 130 nudus s. sis (s. sis c;-sf 131 G) Gg 131 unlefediicum ^
132 tu 2/ 133 autor^^, actor Ö weoredlic ^ (das x zeigt eine un-
gewöhnliche form , Indern der erste stricli oben über die zeile geht. C las
feorredlic, aber der erste buchstabe ist sicher w, und r ist nicht verdoppelt)
secularis, mundanusGg- 134 frequentesGjg" 135 embwlatent^
horarum inspector Gg 136 laf B panem leuiter fermentatum Gg
137 esque auch B (nicht es tu) 13S didasclus (didascus C) 0 larew A
protomagister^", pro esto magister (praecor magister P) G 139 hafe ß
140 amphiballum und hwitei auch B (nicht -ballium und hwien)
birruni undique uillosum Gg 143 effebus auch B -lasse (nicht -lese) B
imberbis, sine barba (s. b. [?] unlesbar G) Gg 144 sit] sed 0 nach C
si B 145 canterus PT equus s. sit g 146 abunde A, aber
ein buchstabe vor a radiert 147 pe f. B
ALTENGL. GLOSSEX ZU ABBOS CLERICORUM DECUS 9
amasius scanlufigende
ibdcareas Jiola ]3U v. 32 = 152.
50. 51. 32- J
fore wesan
cerrüus rede
atque perifrasticns and embspe-
cende
niteat seine
\bbabbachus wexbred ü. 33=155.
6. 73-2. s. 9
mamä on hande
atque niteat and seine
theologus godcund spfec
on müde
leoMif/eas forewarna [ju ü. 34= 162.
3. 60. 4. 1. 5
ferre heran
baccauhim bsere
fauste gesjeliglice
te \)e
16bcloace pylte
haud SIS ue sy du v. 35= 167.
8. 9. 70. 66
prodigus tostencend
obliquus gewed
monotalmus aneagede
subdolus facenful no
uites forbuh \)U v. 36 = 172'.
1. 22. 3. 4
ludibrhun baralrum \)a bysraer-
lican helle
sectare i'ylig \ni
tropheum sige [5. 80. 79
Stent wunian v. 37 = 177. 6. 8. 175
procul feorran
amphiteatra weeuerstowa
tibi \ie
nee 71071 eac swylce
egilopia eahwunda iso
7iam ge7ierant sodes cynnad ü. 38
= 181 1. 2. 12. psiche. 3.4
sc7'upulum ancxsumnesse
149 das end-s in amasius scheint aus etwas anderem gemacht und
dahinter rasiir B sceandlufiende 5 (nicht se eardlufiende) 150 caueas
AO, aber die engl.glosse setzt careas voraus, wieB liest 152 cerritus^
furiosus (fumosus? G), iracundus Gg 153 circumlocutiuus Gg 154 niteat
falls 157) f. 0 155 tabula pictoria (putoria G? vgl. 83) Gg 15G e
in hande sehr verblasst, aber sicher (C band) B 157 niteatque 0
158 spec B diuinus sermo Gg 160 e in forewarna über d. z. A,
Warna B pro prsevideas T, propter P, propri (zu proprium ergänzt) C (dar-
nach dürfte pro p über uideas in beiden hss. stehen) Gg 162 feretrum Gg
163 feliciter G, felicior^ 165 zweifelhaft, ob cloace oder cloace Ä
pytte aus pitte A fosse Gg 166 baud] hau A, bad B ('read
ne?' C) si Jju B pro non g 167 dissipator Gg 168 distortus Gg
169 molotalmus ß luscus Cg- 170 fraudulentus Gg- 172 bismer-
lican B, 1 über d. z. A infernum (dahinter s. uites G) über bar. Gg
(der engl, glossator übersetzt, als wenn ludibriosum dastände) 173 imi-
tare (dahinter sequere G) Gg 174 laudem uictorie Gg 176 feorr B
177 ampbitetra (mit e beginnt eine neue zeile) A weaferstowa (nicht
weafenstowa) 5 loca spectaculiubi pugnant gladiatores Gg* 179swilce^
180 uulnera oculorum Gg 181 cynaJ A, kynnad B s. egilopia
über generant g 182 ancsumnesse zuerst A, aber dann x über der
zeile nacligetragen; ancxsumnysse B angorem, anxietatem Gg
10 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICOBÜM DECUS
uexantque and gewridad
pupülas seo [5. 9. 90
\8bnüet seine v. 39 = 187. 6. 8.
analoginni healsmene
scandüo beorhte
obrissis golde
ore müde
i%(loce7itis Iserendes
declnia forbuh du ü. 40 = 191.
2. 3. 42- 1. 5
birotum twyhweolne
brauium sige
ac capito onfoh })u
195 diothedrum fyldestol
habe hafa ])u v. 41 = 197, 6.
9.8.201.200
culleum picen fset
scias vvite }3u
diametra healf gemet
wescj nyte |)u 200
ergastula wrsecstowa
apponas foresete du v. 42 = 202.
3.41.5.42
emistichium healf fers
cum sculpes dsenne |)u writst
distica twa fers 205
liba drinc v. 43 = 207. 6. 10.
9. 8
enoforo of winfwete
suesce gewuna
laxare forlsetan
lotium migejjan [2. 4. 52- 1210
dilige tu lufa du v. 44= 211.
zenodochium |)earfana hus
odique and hata du
zelotipia hatunge
stringat gevvride y. 45=216.215
7. 92-1. 8. 5
183 nicht uexantes B gewridud A allidunt Gg 184 man sollte
seon erwarten 185 nicht nileat (zu dem die engl, glosse besser stimmen
würde) B 186 anologium 5; der engl, glossator, dem hier keine latei-
nische erklärung half, hat analogium scandito 'besteig die kanzeV arg
misverstanden ; wegen des sb. vgl. 91, statt scandito hat ihm wol candido
vorgeschwebt? 188 obrissis auch B, wie es scheint (Jedes falls Jiicht
obrussis) =obryzis?, crisis 0 aurum Gg 189 mupe B 191 t)u B
192 twihweolne B currum duarum rotarum Gg 193 das erste u
in brauium nicht ganz deutlich B coronani Gg 194 accapito B, ac-
cipito A, capito ac 0 ^u atich B (fehlt bei C) 195 nicht cliotedrum
(übrigens e nicht ganz deutlich) B fteldestol B sellam plectibilem Gg
196 habe] ha:::abe5 (drei buchstaben etioa radiert), 7i i c ht haec habe
197 uas pice oblinitum Gg 199 niedietatem spere, horologium Gg
200 nescias A 201 loca exilii Gg 202 nicht foresette B [m B
203 diniidium uersum Gg 204 e in sculpes anfangs undeutlich ge-
schrieben B, daher durch einen punct getilgt und nochmals darüber ge-
schrieben ])onne t)u (nicht \)e) writest B scribes Gg 205 duos
uersus Gg 206 f.A 207 of] on A uase (uasi G) uinario Gg
210 urinam Gg 211 ^u B 212 zenodochium auch B, [xjenodochum C,
xenodocliium 0 [)earfena B (r [nicht ar] nachträglich über der zeile)
hur C domus, qua (in quo ^> pauperes colliguntur G^ 213 hodique ^
'jfa B 214 7Ücht xelotypia B, zelo-tipiam 0 nach C odia Gg
215 niüht stringatur B
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORÜM DECUS 11
hinc heonenne
acitabula ecedfet
seu congia odde gemet
tmim doma sit Jjin hus sy
220 pomerinm orcerdleh v. 46 = 220.
1. 3. 4. 5
curti hirede
sunt synd
pomaria orcerdas
congrna gedauenlice
22bmalis fepplum
fulgeat seine v. 47 = 226. 8. 7.
31. 29. 30
ostrum purpuren
eclesiis on cyricum
Sit sy
2^0 oletum myx
longe feor [4. 5. 2. 6. 7. 8
statuant gesettan v. 48 = 233.
predia croftas
quala wilian
tibi de
agilent astyrian
flabra windas
flagia gyrda
pota drinc v. 49 = 243. 1'. 2.
12. 39. 40
diamoron morod
nt fugiat |)«t forfleo
gorgoti uteddre
eminxis feor
sperne tu forhige du v. 50 = 244 ^
235
240
.2. 1
9. 6'
olon piaton eall fena 245
* quatinus lustret panon onliht
*117'•4^;. 51=248. 62. 51.
50. 2. 3
Of/oH weg
te \)e
sinposia gebeorscipe
216 hing heonene B 217 nicht acetabulo B ecetfset B uas,
quo fertur acetum Gg (daher mich der sg. in der engl, glosse) 218 men-
suras G, mensura g 219 sit nicht in 0 s'i B 220 orceard B
locus uacuus Gg 221 hirede[s] C (kein räum für s i/i B) 222 sunt
f. 0, doch 224 G synt B 223 orceardas 5 uiridiaria Gg
224 gedafenlic 5 (kein räum für e) s. sunt G 225 pomis G
227 purpuran B purpura Gg (purpuren adj. snbstaiitivisch gebraucht;
vgl, ne. iinen) 228 on f. A cyrcicum A, circium (nicht circirce,
das C zu circe ändert) B 229 si B 230 mix B slercus humanuni Gg
232 gesettant B 233 croftas wahi'scheinlich auch B, nicht oreftas;
wenigstens ist der erste buclistabe weit eher c, als o, und der ziveite
sicher kein e 234 corbes Gg 235 ])e B 236 styrian B mo-
ueant Gg 237 uenti G, uente g 238 fehlt B flogra öet P wol nur ver-
sehen uirgas, uiridiaria (-riig-j G^ 239 bibeG^g" 240 diamaron.^, dia-
metron 0 nach C mored B morittium G 241 fleo B 242 neddre B
serpentis proprium (pr. est g) Gg 243 longe Gg 244 tu f. 0 for-
hyge (nicht forbyge) [)u B 245 ftenn mit rasur eines buclistaben vor
nn (nicht faeiJm) B lutum totum Gg 246 illustret B onlihtd B
247 wseg B uia G^ 24S l)e te (das tat. wort über dem engl.)
B, was C stillschweigend berichtigt hat 249 a in sinposia über rasur
von etwa 2 buchstaben B gebeorsecipe B conuiuia Gg (numerus
in der engl. gl. ungenau)
12 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORÜM DECUS
2b0uigeas lifa J)u
temeson healfscyklig
si non potes gyf du ne niiht
insons scyldleas
7iec absitque ne ne gewite v. 52
= 257. 9. 61. 8.62. 5. 43- i- 2
2bbhicar wiidufeoh
quo ßagret l^aet sleme
lar spichus
nectar svvetnesse
tibi \ie
2G0esto beo l)u «.53 = 2622. 1. 60.
21. 5. 3. 4
memor gemyndig
tui gallonis- jjines medgyltlan
tinieto ondrted jiu
cieri beon geciged
26b ambro gifre
negwe sit ne ne sy ü. 54 = 2672.
8. 71. 6. 9.70
tuus mulio J)in mulbyrde
strabo scyleage
neque agason ne ne sy |)iu bors-
byrde
250 lufa J, leofe B (vgl. 318)
medius sons (somisg-^ Gg
defeoh B
inermis wsepenleas 270
sitsj y.55 =275. 4. 1. 22- 1. 3
frequens hyrudo gelomlic hece
comitata mid sydegod
quo fuerit ]3ser J)ser bid
abbaso untrum bivvrteden 275
ac disparet and tostence v. 56
= 2762- 1. 9. 7. 8
intercapedo fiec
citatim brtedlice
nalidos \)a strangan
reminiscere geinune \m v. 57 280
= 288. 901. 89. 80. 902
tegat deet ofervvreo v. 58 = 282.
1. 3. 4. 6. 7
bnle geheabt
XPI meutern mod
sibi bitn
tegat and |jcet oferwreo 285
gausape sceat
mensam beod
si qua uirago gyf bwilc fsemne
penetret in fierd
tuum doma [line {jciecene 290
251 healfscyldi (nicht healfscyld) B
252 gif t)u i/ 253 scyldlces B 255 wu-
pecunia de (dicitur e g?) lucis Gg 256 fraglet 0 ?iach PT
ledoleat Gg 257 spicshuspichus (das erste pi a?/s elivas anderem
gemacht, das zweite s nachträglich eingeschoben: spichus stillschweigend
C) B penus Gg (C. bemerkt: 'lar for lardariuvi is unprecedented: it
will however hold for kitchen.' ich meine, dass an kilchen 7iicht zu
denken ist: ein durch penus glossiertes lar konnte leicht an lardarium [l.
spichus IFr.-JFü. 184,36] erinnern) 258 swetnisse B 259 t)e f.A
262 moedgildan B, das damit endet mercennarii Gg 264 uocari Gg
265 elluo (f. g), luxuriosus, dissipator Gg 267 custos mulorum Gg
268 luscus (/'. G), uueUus (uuelcus jfr?j Gg 269 prouisor equorum Gg
(sy aus 266) 272 sanguisuga assidua Gg 273 'sur comitata est une
glose effacee' T 275 donius infirma Gg (über v. 55 hinaus hat C nicht
mehr Og viitgeteilt) 276 disiungat G 277 interuallum G 278 agi-
liter G 282 consilium, sermo G
286 mantile G 288 ali über
289 inirat G 290 tectum C
284 tibi 0 285 tegat /". 0 (aus 281)
qua G femina uirilis animi G
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS 13
comat gevvlitegad v. 59 = 292.
3. 1. 4. que. 5. 6
entöle bebod
te 1)6
regis kyninges
29bbabeti sweorbeah
proceresque and ealdras
minime superet nenig ne ofersvvid
V. 60 = 298. 7. 9. 300. 1
abdometi ffetnes
corpus lichaman
^00 mage ma
teche bebod [4. 2
haud sis ne sy du v. 61 = 303 -• ^
neotericus uranii niwe heofeulic
atqne neopJütus and niwe on ge-
leat'an [9. 7. 5. 6
305sed priscus ac eald v. 62 = 308.
ab olim IVam frymde
higiter eallincg
dogmatis larum
ac fidei and geleafan
310 ?<? lYer comitentur eala der mid
sydegodon w. 63 = 3 11"-. 12.
132. 111. 10. 131-3
hec quattuor Jjas fyower
immo gyl ma
in tuum euum on })inre ylde
terjie bebod «.64 = 314. 5. 6.
que. 7
rfe? godes 315
ieron archon babg ealdordom
palinodt'anqne and geydkccan
Mmas lifa J>u ü. 65 = 319. 18.
201. 21. 202
ancisns ymsniden
q^dn moriare J^eh l^e ne swylte320
cardiacus heortancnysse
posce gewilna \)W v. 66 = 325.
4. 2. 3
coUmbum wwscbus
sj ^'esfas gyf jiu bere
ceruleas uestes hörige reaf 325
ducitur bid gelfed v. 67 = 326.
8. 7. 31. 30
limbus scip
anquina mid rape
ducitur bid gelsed
»tec 7ion eac swylce 330
arsippio boga
291 decoret G ^en^/. falscher viodus) 292 te Ca?/* 293) aus ver-
sehe7i auch hinter entöle J mandatum G 294 regesque 0 295 tor-
ques aurea cum gemmis G 296 ealdres ^ 297 engl, falscher modus:
nenig muss acc. ntr. Äem = naenige t)lnga, ncenige gemele 298 pinguedo G
301 mandatum G (vgl. 314) 302 hau A 303 neoteritus A
celestis nouus G 304 nouus in fide G 310 iter] item 0 '\. (f. G)
utinam über ut GA 316 archonque 0 i. (f G) sacer princeps GA
über ieron archon (wegen des engl. vgl. 18) 317 geydicecan A laus
iterata et duplex (der engl, glossator hat nur iterare übersetzt) G 319 cir-
cumcisus G 320 ut non G (der engl. gl. hat ut in concessivem sifine
genommen) 321 cardian i. e. pulsum (compulsum T) cordis patiens G:
der engl. gl. hat paliens nicht widergegeben; ifn übrigen bin ich nicht sicher
ob der zioeite teil ancnysse = angnysse oder cnysse (zu cnyssan) ist
323 lauandariam G 325 nigras G 327 nauis G 328 anguina 0
nach PT fune, corda G 329 fehlt 0 331 arcippio 0 ?iach PT
arcus G
14 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS
anquina mid strence
equitatur biet geriden v. 68 =
335. 6. 7. 3
canterius hengest
ZZhantelis mid forgyrdum
postelisque and mid sefterrsepum
sed patiaris ac Jjola Jju y. 69
= aporiam. 337 i. 8. 7^. 9
et oHtropiam and hlcennesse
nt acam svva swa wynsumnesse
MGcongerat gegrederige v. 70=343.
22. 1. 4. 40. 2^
?uff jnens Jjin mod
«JMS apodtx bis gerefan
aternam ecelice
sffti bim
Sibanquirunt l^earle secad y. 71 =
347. 8. 5. 6. 91
talia swylce
algemam sargunge
mentis modes
uernm amendant sodes afligad
V. 72 = 350. 492. 532. 2. 31
SbOaphatiam unjirowendlicnesse
edificant getimbriad v. 73 = 351.
8. 4. 5. 6. 7
quoque eac swylce
largam *anteceniam ruragyuelne
nonmete *117''i
suffert forJ)yldegad
agape lufe 355
nimis swy|)e
apta gecweme
agapem selfremede geswinc
secteris fylig ]3U u. 74 = 3602.
1. 2. 59. 601
acutis nisihis mid scearpum big- 360
dum
egidiam gat
in giro on ymbwyrfte
fcMeas heald jju ü. 75 == 364. 3.
7. 6. 8
agnatos |)a siblican
anheles gewilna |3U v. 76 = 365.365
72. 69. 70. 71
quoque eac swylce
aregidiam ren
nerbi wordes
ne sis ne sy })U
atratus bewependlic 370
in aslum on herereaf
hostis feondum
ne angustent ne ne genyrwian
y. 77 = 374. 3. 8. 7. 5'. 62
332 f.O = strenge 334 canterus T equiis G 337 apo-
riam (anxietatem G) sed 0 338 atrophiani 0 tenuitatem corporis G
339 amenitatemC 340congregetG 342 Z. gefera ? (gerefa «ra<i gefera
sind oft gegenseitig verwechselt worden: s. var. zu Alfrics Gr. 17, 13. 24, 13.
300,15) i. (f. G) socia über ap. (appodix 0) GA 343 ateruam auch PT
perpetuatn G 345 ualde quaerunt urid am rande ante omnia G
347 dolorem G 349 effuganf, longe mittunt G 350 aphatiam (= apa-
thiam) auch PT inpassibilitatem G 353 merendam G 355 di-
leclio G 358 alienum laborem G 361 i. (f. G) capram über eg. GA
364 consanguineos, propinquos G 365 'anheles, une glose effacee
qui semble etre sitias' T 367 pluuiam G 370 lugubris G
371 asium? A spolium G 372 d^monis G die engl, gl, als wenn
für -is -ibus stünde ; vgl. 377 373 premant G das doppelte ne (= ne
ne) ungenau; vgl. 441
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS 15
aidea wahryfta
Zlbsed alluat ac geondgeote v. 78
= 3752.6». noxis. 9^. 80.792
ethereus aprilax roderlic hsete
sceleris gyltum
animam saule
ne fias Jjset du ne sy
ZSOapostata widercora
geras ber ])ü v. 79 = 383. 2. 1.
6. 4. que. 5
andU scyld
leua mid wynstran
agoiiiam gewia
SSbfidei geleafan
dextra mid swydran
amaneas utan vvuna jiu v. 80
= 388. 7. 902. 11. 89. 90 1
auspido wiglunge
ampliet geniEpnigfylde
390a//ww apogeum deop sci'cef
aliquäm annonam tollas afyr \m
V. 81=392. cordi. P. 4. 3
armenum w^euels
addas geeacna j)u
archisterium mvnster
cof^Ybegffid ü. 82 = 396. 7. 5. 8i395
archüridinus beorscipes ealdor
amicale amineum gecweme win
atque honustat and symd v. 83
= huicmalis. 399.401.400.
3982
etiam eac swylce
autummis hserfest 400
apoforeta »ppelfeec
astcolat and begfedü. 84 = 4032.
2». 3'. 4. 22. 51-2
agamus antropus wifleas man
celibatum chenuesse
et SIC cernet and swa he bevvarad405
ü. 85 = 4061. 53. 62. 73-M
argiripam patriam J)a £e|)elican
burh
beatosque eines and Jja eadigan
ceastergewaran
hand est ne is v. 86 == 408 1. 9.
82. 10. 11. 12
hnic liysum
apoplexia lirowendlic dead 410
eure begymen
sed et astu ac eac
374 uela G 376 calor G 377 s. zu 372 379 noxis (pro
culpis G) ne 0 380 transgressor C 382scutumC 384 agoniam-
que 0 confidentiani, alacritatem G 386 swrydran A 387 extra
maneas G 3SS augurio, oniini G 389 protrahat, protelet G
390 aedificium sub terris, antrum G 391 annonam f. 0, steht
erst G al. ann. o/me erklävung A 392 uelum G dahinter
cordi 0 394 monasterium, id est singularitatem dei seruitii G 396 prin-
ceps domus G 397 amicalo PT amiciliae aptum album uinum G
(der engl. gl. hat amic. tmd album nicht beachtet) 399 huic malis
etiam 0 401 wol verschrieben für ajppelfcet; vgl. 423: übrigens wäre
auch hier der pl. zu erwarten uasa pomis ferendis apta G 402 falscher
modus 403 sine coniuge homo G 404 castitatem G 405 cernere,
das Jlpric Gr. 165, 11. 204, 1. 2 mit geseon übersetzt, ist hier nicht rich-
tig widergegeben 406 urbem palernam G (argiripa stammt gewis aus
Virgil: Argyripa stadt in Apulien; vgl. oben 101) 410 mors subita,
passio similis paralisi G 412 die engl. gl. über sed et^ astu (astutia G)
ohne erklürung A
16 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLEBICORÜM DECUS
nullos angustat penigne ne ge-
nynvd w. 87 = 4132- 1. 7. 4. 5
solet gewunad
^\hidem se sylua
antiqxiare gecian «.58^416.
8. 9. 21. 20
amartetes j)a earman
aginat he forflycd
uenerem galscipe
420portat he byrd
anaboladia linenne wjeuels
albent sciuad v. 89 = 425 1. 2.
52. 4. 3
apofoi^eta reppelfata
huic Ijysum
420 albiirnis pomis hwilum fepplum
comitantnr mid sydegodon v. 90
= 4292-1.6. 8. 7.
illum hine
amidter freondlice
cuncte mrtntes ealle mtcgna
430 7ion allidunt ue aslidad ü. 91
= 431. 30. 3. 2
Awnc Jiysne
sinistri deofla
affurdllando lo beswiceone
e? blatterat aod w^eflad ü. 93
= 4342. 5. 6. 71. 8»
amineo hwitau wine 435
si constüerint gyf geseltad
et referens and bringende v. 94
= 4382,72. brancho prorsus-
que brutescil
eidem indignum quoru'am bittunt
for dam J^e lord gewitad v. 92
= 440.383-4.39
geniti bibiones l)a acendan clystra
e haclio wine 440
haud bittit ne ne gaed v. 95
= 4411. 2. 12. 31. 4. 3-2
illo |)ider
quo bimetur \r^v bid getwifeld
quisquis honore swa hwilc wyrd-
nient
fateor ic andete v. 96 = 4481.445
61. 5. 62. 71. 82. 72
probum buteonem godue geon-
gan
qui bidenlat se l^e delfd
hurra ania reade eordan
413 aenig ne genyrwct^ 'anguslat, glose peu lisible, de deux mots
dont le second semble etre premiV T 416 ad statum reuocare G: der
eJigl. glossator (gecian = gecigan) scheint mw uocare gesehen zu habeii
417 miseros G 41S he über der zeile nachgetragen A fugat G
421 amictorium lineum G 422 splendent G 423 uasa pomis apta
ferendis G 425 albuneis 0 nach PT albidis G 426 falsches tempus
428 amicaliter G 430 interficiunt G (der engl, glossator scheint aliidere
im sinne von 'anslofsen^ intr. genommen zu haben) 432 diaboli G
433 labefactando, concutiendo G 434 et /. 0 wa?flu(t A, vgl. 183
stulte loquitur G 435 uino albo G 437 brancho] gulture G
brutescit] slultus fit G 438 proficiscuntur G eidem ind. nicht erklärt A
439 bibones A mustiones, qui nascuntur de uino G (das engl, also
unrichtig) 441 it, ambulat G (wegen ne ne vgl. 373) 442 iüü A
ilia 0 nach PT, aber illuc G 443 duplicetur G 444 der engl,
glossator scheint quisquis honor gelesen zu habeti 446 bonuni iuuenem G
447 delf A fodit G 448 rufa, nigra G
ALTENGL. GLOSSEN Zu ABBOS CLERICOBUM DECÜS 17
sed retinet ac geliylt v. 97 =450.
491. 51. 21. 49-i. 522
AbOhtc Jjes
et ingennns and a^])elboreu
similem genüiiram gelice jpl)el-
borennysse
et opparat and getimbratt ü. 98
= 454. 32-1. burgos. 5. 6
bnggens belysnad
Aöbnerum sodlice
hüiosus imrot
*atque apparat and getimbrad
*118M V. 99 = 4572-1. 8.
9. 60
hosortaphium gecweme byrgenue
sibi him
AßOsed hiliosum ac uurole
componit geset y. 100 = 462.
5. 4. 6. 1
sie swa
aratrum bewependlic
corpus lichama
465oMme saule
?«7a lif
sed parat ac gegearwad ü. 101
= 4691. 71. 8. 701. 1. 2.
672. 92
omnipotens celmihtig
Uta astra blijje luugla
s« est gyt is 470
»nens mod
felix gesa^lig
0 ^M herilis miles eala |)ii drih-
lenlica cempa v. 102 = 477.
6. 5. 4. 32-4-3
moneas mynga l)ii
cutictos ealle 475
hoc Jiysum
comiter wel wyllendlice
cespitat hrystu. 104 = 475. 84i.
922' 1. crimina uiitus
preterea for jjan y. 103 = 479.
801. 1. 2. 802. 3
cum clandestinat l^onne bediglad480
quis hvva
culpam scyld
anthro ou helle
af^we communit and geset w. 105
= 4842. 92. 8. 90. 891
clandestina dihla y. 106 = 487.485
6. 5. 92. 3
/n jmrtu on hyl)e
pectoris breostes
coalescens wexende
eins mentem bis mod
comiter wel wyllendlice 490
449 retinent 0 453 adornat, consliuit G 454 spado G
455 buigos (habitacula, castra G) uerum 0 456 tristis G 457 inslruit G
458 boson 0 caro sepulchruni G (hat dei' engl, glossator viel-
leicht carum s. gelesen?) 460 triste G 462 datur über swa G
463 amamm ö, doch ist aratrum vielleicht zumachst aus atratum ejitsteUt :
vgl. 370 lugubre G 467 parat] s. animae G 470 est /". 0, aber s.
zti A12 472 felix] s. est G 473 0 f. 0 'herilis, glose peu lisible;
peul etre, do7ninicatus' T 478 'cespitat, glose peu lisible' T 479 der
engl, glossator hat wol propterea gelesen 480 occultat G 4SI ali
über quis G 482 noxam 0, culpam erst G 483 inferno G und am
rande pro in antrum 484 uallat G 485 occulta G 486 ni'spr/ing-
lich hyl^e ^, </aw;i aier noch ein y hinter y wie;* rfer ie?7e Jiachgetragen,
indessen dieses loider ausradiert 488 crescil G 490 decenter G
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 2
18 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS
si coagmentat gyf gevvrid
nam oluit soJ3es bedihlad
illic l);cr
dancule digellice v. 107 = 494.
51. 7.9. 6. 8. 52
495 noH ualebit ne framad
tarnen svva deh hwajjere
constare gewuniau
ipsa heo
diu lange
500 danmla tonante teste hean selmih-
tigangevvitaQü.l08=500i-3-2.
1. 22-1-3
sw^er widufan
per sacrata ora gynd \ia gehal-
gedan gemsera
0 tntor eala Jm scyldend y. 110
= 507.4. 32. 9». 8
dientele hiwrwdene
505 »laneas wuna \)\i
hie her ?;. 111 =506. 5. 152.
uirtutum. 14 1. 15^
immo gyt ma
uelut heres svva swa yrfweard
dei cum uideas lionne J)u gesyhst
ü. 109 = 5092-3. 11-2. 10.122.
111
pessumdare for\vur|)aQ 510
nefaiuhmi astum \^a manfuUaa
Irafelnesse
per seda geond worulde
quatinus ualeas Jjset ]3U mage
V. 113 = 5192-1. 211. 122.
20. 221
scandere astigaa v. 112^514.
8». queQHO lu. 7. 82
almos diuos \^a mteran cnollas515
quatinus ualeas and |)set Jiu mage
dangere svvegan
concinnas laudes J)a gesettan he-
runga [man
sistenti nomine wunigendum na-
modo Jj^t an 520
tribus personis drym hadum
soli tarnen maiestate anum swa
J)eh hw«|Dere mtegdrymme
V. 114 = 5223-2. 3. 42.3.1
yiutu andvvealde
perhenni doxaque and jja eceli-
cau wuldor
491 constringit G (dahinter crimina uirtus 0) 492 cluit 0
pollet, uiget G (dem engl, glossator schwebte wot occulit [oder celat?]
vor) 498 heo über ipsa A ipsa] uirtus G 500 cl. nicht erklärt
A, occulta G 502 per euuangelistas G (der engl, glossator scheint oras
gelesen zu haben; vgl. ad oras to I)oem gemasrum Wr.-Wil. 357, 10)
503 o /'. 0 seruator G 504 familiaritatis G 505 sis G
506 in hac uita G 509 domini 0, nicht erklärt A 510 aus for-
wyr])an A damnare G: die engl, glosse würde pessumdari entsprechen
511 astutiam, calliditatem G 512 per f.O scta A, saecla ö
515 cliuos uirtutum 0 ascensus, colles G 516 urspr. wot quatinus-
que nach ausweis des engl, und, weil 0 que hat: übrigens ist qu. ual.
aus 513 widerholt, f. 0 517 personare G 518 concinas A, dahinter
que &H0 tu 0 breuiter et ornate conipositas G 519 g in wunigen-
dum über der zeile A 520 an ^ solummodo G 521 ternis (olme
personis) 0 s. personis G 522 hwael)ere aus hwajpere A = mx-
gendrymme uni G 523 potestate G 524 gloria G (engl, in casus
und numerus ungenau)
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICOBUM DECÜS 19
525 0 tu clerice eala [lu cleric ü. 115
= 528. 9. 7. 5-2-3. 6
poscas bide \m
525 0. f. 0 527 fruar G
wuldor übersetzt iväi'e
teneam jjiet ic healde
quam pariter {)cCt samod
tecum mid de
52S J)ait, als ivenn 524 l)aet ecelice
INDEX
ac sed 92. 144. 305. 375. 412.
449. 460. 467
acennan gignere 439
»Jielboren ingenuns 451
»Jjelborennys genitura 452
;ej)elic patrius (paternns) 406
afllgan amendare (efjfugare, longe
mitter e) 349
iefre umquam 3
ffifterrspe postela 336
äfyrran ?o//ere 391
a'lfremede (alienus) 358
ailmibtig omnipotens 468; y^-?.
500
an solus(umis) 522 ; }jaet äii morfo
. (solummodo) 520; /a?sc/t /«r
unaque 103
ancsumnes, ancxsunines, -nys
scntpiilus(angor, anxietas) 1 82
and (immer abgekürzt) -que 56.
68. 84. 123. 126. 132. 137.
139. 183.213.317.336.407.
516?; ef 87?. 142.338.405.
434. 437. 451. 453; atque
153. 157. 304. 398. 457; ac
276. 309. 484; asM02; vgl
285
andetan fateri 445
andvveald mitus (potestas) 523
■dü^a§e(\emonotalmns(luscus]l&9
ienig ue malus 413
jeppel malum (pomum) 225, po-
mwm 425
teppelfsec 401; s. anm.
ieppelljet apoforetum (uas pomis
aptum ferendis) 423; vgl. 401
äslidau allidere (iuterficere) 430 ;
s. anw.
ästigan scandere 514
aslyrian agitare (mouere) 236
ajt: a't si (sy) ar/s/s 50. (adesto)
114
äteshwön, öleshvvön ullatenus 72
lelhrinan, alrinan längere 53
bier sandapila (baccaulus) 13,
baccaulus (feretrum) 162
beardlöas: se beardl^asa (beard-
l^ese) effebns (imberbis, sine
barba) 143
bebod enfo/e (mandatum) 292,
fecÄe (mandatum) 301, fecÄe
314
bed i/jorMs 141
bediglian c/aMrfes^marefoccMZ^arej
480, bedihlian fälschlich für
olere und dies für cluere 492
begän colere 395. 402
begimen, begymen cura 88. 411
belysnad buggeus (spado) 454
beod mensa 287
beon : beon geciged cieri(uocari)
264; bid /■?<enf274, b. scam-
lice brocen abutitur 92, b.
geked ducitur 326. 329, b.
geiiden equilatur'^'d'i, b. getwi-
leld bimetnr 443; böo jiü esto
124.126.260, sis 132, es 137
beorht absidus (lucidns) 26, m
folge von Verwechslung von
scandito mit candido? 187
beorscipe: beorscipes ealdor ar-
chitriclinus 396
beian ferre 161, gestare 324,
^erere 381, portare 420
beswican affurcillare (labefac-
tare, concutere) 433
20 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS
bewarjan cernere 405 vgl. anm.
bewöpendlic atratus (lugubris)
370, aratrum (amarum, lu-
gubre^ 463 vgl. anm.
bid s. beon
biddan poscere 526
bismerlic, bysmerlic aus versehen
für ludihrinm 172
bleoh (bleoh?) croma (color) 38
blil^e letus 469
blissian, blissigaa letari 11
boga arsippto (arcusl 331
breost pectus 487
bringan referre 437
briw 'placenta [pultis] 97
brod apozima (aqua cum uariis
cocta condimentis) 95
brücan uti 89; bid scamlice bro-
cen ahutitur (male utitur) 92
brüiibasu durch versehen für
Malta (purpura) 68 s. awm.;
brüubasu rßaf stragula (uestis
picta) 83. 86
burh argiripa (urbs) 406 s. anm.
bütan preter 39
byrd s. beran
byrgen taphium (sepulchrum) 458
bysmerlic s. bismerlic
ceastergewaran ciues 407
cempa ?n?7es 473 ; vgl. 73 «nrf
cirice s. cyrice
cUennes celibatus (castitas) 404
clerc, cleric clericus 1. 525, cle-
ronoma? (clericus) 99 u^/. anm.
clyster fälschlich für bibio 439,
s. anm.
cnol c?»<us (ascensus, collis) 515
cod /?sci<s (saccus testiculorum)
108
crott predium 233
cynnau, kynuan generare 181
cyrice, cirice eclesia 228
dead (mors) 410
dellau bidentare (f ödere) 447
d(>ofol sinister (diabolus) 432
deop fl???<s 390
döorwurde s. dyrwurde
digellice clancule 494
dihla clandestina (occulta) 485
dihle Ijegn apocrisarus (minister
secretorum! llö, ungenau dihle
sprece aforismos (breues ser-
inones] 118
dimuiss, dymnes glaucoma (ca-
ligo oculorum) 64
dreuc (poi?oj 84 [473
drihtenlic herilis (dominicattis)
drincau lihare 206, polare 239
dymnes s. dimniss
dyrwurde, döorwurttereafprefex-
ta (genus uestis puerorum) 87
eac et 412; t^ac swylce, swilce
etiam 399, quoque 352. 366,
nee non 79. 96. 179. 330
eadig beat^is 407
eadmödlic enclilicus (inclinatiuus,
humilis) 70
eahwund egilopium, (uulnus oculi)
180
ealä 0 1. 99. 473. 503. 525, ut
(utitiam) 310
eald piiscus 305
ealdor (princeps) 8. 14. 396,
auctor 133 w^f?. anm., /"a/scÄ
/'/'»r principalusj 18; ealdras
proceres 296
ealdordöm /a/sc/« /"(ir archon
(princeps) 316
call cunctus 429. 475, o/os ('^io-
f?<s; 245
ealliocg iugiler 307
earm: ])ä earman amarfe^es fwn-
serosj 417
ecedtiet, ecet- acitabulum (uas,
quo fertur acetumj 217
ecelic perhennis 524, ateruus
(perpetuus) 343
embspeceüde perifrasticus (cir-
cumlocutiuus) 153
embwläteiU, emwläteud, emwlä-
ALTEISGL. GLOSSEiN ZU ABBOS CLEBICORUM DECUS 21
lent catascopus (explorator)
127, (inspector) 135
eorde: eordan ania 448
fsec intercapedo (interuallum) 211
fäcenfiil snbdolus ( fraiuhiletitns)
170
feldestöl s. fyldestöl
f«mne uirago (femina uirilis
animi) 288
fieon s. fenn
faran: in faran penetrare (in-
trare) 289
fet (uas) 197
f«tnes abdomen (pinguedo) 298
fenn, fk'on piaton (luliim) 245
feohgestreon enteca (pecunia) 23
feond Äos?2S (daemon) 372
feor /on^ie 67 . 231, eminus { louge)
243, feorr procnl 176 anm.
feorran procul 176
fers (uersus) 203. 205
fleogan fugere 6 öM/n.
fl6on fugere 241 anm.
for: for dam (]»an) pe ^Mm 30.
40, quoniam 438; t'or |)aQ ?rr-
tümlich für preterea 479
förbed, -bred hadanola (lectiis in
üinere, itineralis) 80
forbügan uitare 171, declitiare
191
foril: ford gewitan bittere (pro-
ficisci) 438
foresetlan apponere 202 [160
forewaroian widere (praeuidere)
forfleon fugere 6. 241
forflygan aginare (fugare) 418
forgyrd antela 335
forhycgan, -hicgan spernere 244
forlBBtan laxare 209
forvvurl)an irrtümlich fürpessum-
dare (damnare) 510
forjjyldegian suff'erre 354
frsefelnes as^ms (astutia, callidi-
tas) 511
fram o6 131. 306; fram sidan
?afen 5; fram gewite absit 142
framian ualere 495
fraite /ciws (obscenus, turpis) 12
fröondlice amiciter (amicaliter)
428
frymd : fram frymde ab olim 306
fyldestöl, fieldeslül cliothedrum
(sella plectibilis) 195
fyligan sectari Ab. 359, sectari
(imitari, sequi) 173
fyower qualtuor 311
gäl : lö gäl luxorius st. uxorius
(seruitor [hs. seruator] uxoris)
105
gälscipe uenus 419
gän bittere (ire, ambulare) 441
gät egidia (capra) 361
geböorscipe sinposium (conui-
uium) 249
gecöosan legere 37
gecian, geclgan ungenau für an-
tiquare (ad statum reuocare)
416, beoü geciged cieri (uo-
cari) 264
gecw6me aptus 357, amicalis
(amicitiae aptus) 397 ; irr-
tümlich für bosor oder boson
(caro) 458 s. anm. [224
gedafenlic, gedaueolic congruus
gedauenian conuenire 94
gedrßfed drenc irrtümlich für
propoma (clara potio per lin-
teum) 84
geöacniao addere 393
gefera? apodix (socia) 342
gegfederigaa congerere (congre-
gare) 340
gegearwian parare 467
gehälgod sacratus 502 [449
gehealdan seruare 116, retinere
gelied: bid gelaid ducitur 326.
329
gelijered (geleared B) dissertus
(pereloquens) 102
geleafa fides 309. 385; niwe on
gelöafan neophitus (nouus in
fide) 304
22 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS
gelic similis 452
gelömliscan cehbrare (frequen-
tare) 134
gelömlic freqnens 59, frequens
(assiduus) 272
gelömlice crebro 57
gema'iiigfyldaD ampliare (pro-
trahere, protelare; 389
gemtere: gemicra irrtümlich für
ora 502 s. anm.
gemet congium ^mensiirai 21 S;
healf gemet diametra (medte-
tas spere, horologinm 199
gemindlyst, gemyiulKTst irrtüm-
lich für limphaticus ^demens)
111 s. anm.
gemingygan s. gemyngian
gemunaii reminisci 280
gemyndig memor 261
gemyndliest s. gemindlyst
gemyngian, gemingygan commo-
nere 25 vgl. anm.
genihlsumieude habunde 146
genyrwan angnstare (premere)
413
genyrvvian angnstare (premere)
373
geond 512, gynd 502 per
geondg6olan albiere 375
geonga buteo ^iuuen^s) 446
gerade: ger^eda [efßpia {orna-
mentum decorumi S'l^efßpia 85
gerßfa: gerefau verschrieben für
gefera? 342
geriden: bid geriden equitatur
333
gerisan connenire 94 anm.
gesffilig felix 472
gesaeiiglice fauste (feliciter) 163
geseon nidere 509
geselednes sintheca (composi-
tio) 59
gesettan statuere 232, componere
AQ\,commnnire (uallare) 484,
consistereAdQ ; part.perf. pass.
concinnns [breuiler et ornate
compositnsj 518
geswinc : »Ifremede geswinc
agape (alienus labor'' 358
getimbrian edificare 351, appa-
rare 453. 457
getwifeidan bimare (dnplicare)
443
getwinu gemellus 46
gewed obliquus (distortus) 168
gewilnian poscere 322, anhelare
(sitire) 365
gewin, gewinn machia (pngna)
15, agonia (cotifidentia, ala-
critas] 384
gewita testis 500
gewitan absistere 62, fl&esse 71.
148. 254; fram gewitan abesse
142, ford gewitan bittere (pro-
ficisci) 438
gewliiegian comere (decorare)
291
gewridan striyigere 215, coag-
mentare (constringere^ 491,
uexare (allidere) 183
gewrit: gewrita griffia (scrip-
tura) 54
gewunian, gewunigan constare
(esse) 120, constare 497, ea?«-
s?ere 76, sistere 48. 58, so?ere
40. 414, suescere 208
geydhecau (iterare) 317 s. aum.
gejjeabt 6i<7e (consilinm, sermo)
282
gif, gvf se 252. 288. 324. 436.
470. 491
gifre ambro (elluo, luxuriosus,
dissipator) 265
god dens 43. 315
göd probns (bonus) 446
godcund (diuinus) 158
gold obrissa 188 s. anm.
gyf s. gif
gyldeumüda, -müde crisostomus
(os anreum habens) 113
gylt scelns 377
gynd s. geond
gyrd ßagrnm (uirga) 238
gyt: gyt mä immo 312. 507
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLEBICOBÜM DECUS 23
habban habere 139. 196
häd persona 521
haldan s. healdan
hälig : haiig ealdor irrtümlich für
ierarchia [sacer principatus]
18, wie umgekehrt hälig eal-
dordöm für ieron archon (sa~
cer princeps) 316
band manns 156
hserl'est antumnus 400
htele aprilax (calor) 376
hatian odisse 213
hatuüg zelotipium (odium) 214
he 405. 418. 420; vgl. heo, bis,
him, hine
heab: beaa felmihligan gewitau
tonante teste 500
beaidan, haldan teuere 106. 363,
teuere (frxii] ö21
heall : bealf gemet diametra (me-
dietas spere, horologium) 199,
healf fers emistichium (dimi-
dius uersiiS' 203
healtscyldig, -di temeson (medius
i>ons) 251
healsmene anabola (ornamentum
muliehre) 91, irrtümlich für
analogiam 186
hell baratrum (infernum) 172,
anthriim (infernum) 483 ; belle
ealdor toparcha ( princeps unius
loci A. diabohis erebi) 1 4 ; belle
pyt cloaca ^fossa tartari) 20
bengest canterius (equus) 145.
334
böo ipsa 93. 498
heofenlic, beofon- uranius (ce-
lestis) 39; vgl. 303
heonene, -enne hinc 216
beortancnys? (pulsus oder com-
pulsus cordisj 321 s. anm.
her hie 506
berereaf aslum (spolium) 371
heruDg laus 518
higd nisus 360
him sibi 284. 314. 459
hine illutn 427
bired curs 221, hiredes begy-
nien anlica (palatina) cura 88
bis eins 342. 489
biwrieden clientela (familiaritas)
504; untrum biwriSden ab-
baso (dotnus infirma) 275
blaf, laf: j^eorf bläf acrizimus
(panis leuiter fermentatus) 136
hliennes atrophia (tenuitas cor-
poris) 338
borig ceruleus (niger) 325
bors yppus ( equus j 107
borshyrde agason (prouisor equo-
rum) 269
brsedlice citatim (agiliter) 278
hiiegl, reagel: ruh brregl amphi-
tappa (tapete undiqiie uillo-
sum) 77
breosan cespitare 478
büs doma 219; ])earfana (-ena)
büs zenodochium (domiis, qua
])auperes colliguntur) 212
bwä quis (aliquis) 481
b\va})ere, b\v«|iere 496. 522
s. swä
hwilc quis (aliquis) 288, swä
bwilc quisquis 444
hwit alburmis (albidus) 425;
bwit Win amineum (uinum al-
bum) 435
hwitel: ruh hwitel amphiballus
(birrum od. -us undique uillo-
sum od. -us) 140
hy}) portus 486
ic 445
in 289
innod ambasilla fuenter) 36
inwritere antigraphus (cancella-
rius, Script or) 123
is est 408. 470
kyning, kining, kyninc hasileus
(rex) 121, rex'294
kynnan s. cynuan
l«ce hyrudo (sanguisuga) 272
laecedöm anodia (medicina) 46
24 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS
laf s. hlaf
Isehter s. leahtor
lange diu 499
lAr dogma 308
l»ran docere 190
läreow, lärew codrus hiohilis rhe-
tor nel poeta) 101, didascalus
( Magister ) 138
Iswed: Itinvedra (leawedra B)
laon (laicorum, populoruin) 78
leahtor, Icehter crimen 66
lichama corpus 299. 464
lif uita 466
lifian uige7-e 250, uiuere 318
linen (lineus) 421
lul'e a^ape {dilectio) 355
lufian diligere 2li; |)e'arle lufian
diamare (ualde amare) 81
mA »m^e 300; gyt ma «wwio
312. 507
m«d- s. med-
*magan «la/ere 513. 516, posse
252
ma^gd prosapia 70
nicegen iiirtus 429
ii)8eg(eii)di7ni moiestas 522
man antropus (hotno) 403; se
mann «'s 41 fl»m.
maueg, meneg multus 44
mänl'ul nefandus 511
m*re a??«MS 515
mßdgylda, miedgilda ^'aWo /'wer-
cennarius) 262
mßle charchesium (nas pasto-
rale) 55
meueg s. maueg
mid cum 29. 529, mit dat. für
lat. ahl 328. 332. 335. 336.
360. 383. 386; mid svdegian
comitari 273. 310. 426
middangeard lödselend, midden-
geard tödadent falsch für cos-
mographis (mundi descriptor)
125
migel)a lotium (urina) 210
uiiht s. magan
mix s. myx
möd mens 28. 32. 283. 341.
348. 471. 489
murod, möred diamoron (mo-
rittium) 240
miul OS 117. 159. 189
miilhyrde mulio (cmtos mulo-
rum) 267
myngian monere 474
mynster archisterinni (monaste-
riuni) 394
myx, mix oletnm (stercus hn-
manum) 230
nacod gimnus (nudus) 130
ua?ddre, neddre gorgo (serpentis
proprium) 242
nama nomen 110. 519
ue non 22. 30. 71. 252. 430.
495, haud inon] 166, haud
104. 302. 408, Mß2. 37; \yxi
ne «e 11. 53. 379; l)6h ne
irrtümlich für quin (nt non)
320; ainig ne nnllns 41Z; n6
ne neque 19. 266. 269, nee
254, ungenau ne 373 und haud
441; nönig ne mitiime 291
ne »e5?/e 14, nee 24; nö ne s. ne
neddre s. nieddre
nenig minime 297 s. anm.
niwe: nivve on geleafen neophi-
tus (tiouus in fide) 304, niwe
heot'enlic (oder niwe-heol'en-
Jic?) neotericus uranii (nouus
celestis) 303
nönmete antecenia (mer^enda) 353
nylan nescire 200
odde seu 218
of mit dat. für lat. ahl. 207
ofertyl, -fyll alogia (conuiuium)
24
ot'erswidan superare 297
ot'erwreon legere 281. 285
ou in 141. 313. 362. 371. 486,
(in) 304; on helle anthro (in
antrum) 483, ähnlich on mit
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECUS 25
dat. für lat. ahl. oder dat. 108
156. 228; vgl 207 anm.
ondrffidan nereri timere) 47,
timere 263
ontön capere 194
oulihtan lustrare 246
orceard, orcerd pomarium (uiri-
diartum) 223 [cuus) 220
orcerdlöh pomerium (locus na-
öteshwöa s. äleshwöu
picen f;et culleus 'uas pice ohli-
tütum] 197
platung hrattea (auri lamina) 68
plega Indus 10
purpuren, purpuran ostrum ; pur-
pur a) 121 vgl. anm.
pyt cloaca fossa) 1 65 ; helle pyt
(pyte B) cloaca fossa tartari)
20
\'M s. reaf
rap anquina (funis, cor da) 328
read hurrus {rufus, niger) 448
reaf, rsef uestis 325, toga [uestis
poetalis) 56; briinbasu r6ai'
stragula (uestis picta) 83. 86,
dyrwurde reaf pretexta (genus
uestis puerorum) 87
rt^de cerritus (furiosus, iracun-
dtis) 152
rea aregidia (pluuia) 367
roderlic ethereus 376
ruh (uillosus) 77. 140
rümgyuel largns 353
samod pariter 528
särgung algema ^ dolor) 347
säul anima 378. 465
scamlice, sceamhce (male) 92
scaulufigende, sceandlufiende
amasius (qui ob turpitudinem
amatur) 149
scearp acutus 360
scßat gausape (mantile) 286
scinan nitere 154. 157. 185, /"?<?-
gere 226, a?6ere 422
scip limbus (nauis) 327
scrtef apogeum (aedificium sub
terris, antrum) 390
scyld ancile (scutum) 382
scyld culpa 482
scyldend ?M?or (seruator) 503
scyldleas, -las insons 253
scyleage strabo (hiscus, uuekus
od. uuelcus) 268
se /s 41 ; s6 l)e qui 447 ; se
sylua ?V/ew 415; se beardleasa
effebns 143; yp/. 41 anm. ^ind
söcan : ttearle secan anquirere
lualde, ante omnia quaerere)
345
seo pupilla 184
si, SV s«s 104. 112. 129. 166.
302.369, ^rts 379; s/n 5. 17.
19. 22. 144. 219. 266. 269.
271, fiat'dX; »t si adsis 50.
114
siblic agnatus (consanguineus,
propinqnus) 364
siddau, syitdan deliinc 69
side latus 5
sifre abstemius (sobrius) 122
sige tropheum(lausuictorte) 174,
brauium ( Corona) 193
slidan /a6« 9
slitan mordere 30
snied o^a (massa) 65
Südes uerum 25. 349, nam 181.
492
södUce wero 63, uerum 455
sp«c sp6c, sprec: dihle sprece
irrtümlich für aforismos (tre-
ues sermonesj 118, godcuud
spjec, spec theologus (diuinus
sermo) 158
spichiis lar(penus)2^1 vgl.anm,
stsef gramma (littera) 60
sleman flagrare (redolere) 256
stid boba (uehemens, robustus) 52
Strang ualidus 279
Sirene anquina 332
strencd, streugd acrimonia (ui-
26 ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORÜM DECUS
gor animi, corporis industria,
ferocüas) 27
styrian agüare(mouere) 236 anm.
svvä sie 405. 462; swä sv\ä nt
339, nelut 508; swä hwilc
quisquis 444; swa (teh hwa-
Jjere, hw^epere tarnen 496. 522
swegan dangere (liersonare) 517
sweorhöah haben (torques anrea
cum gemmis) 295
svvetnes, -nis nectar 258
swilce s. eac
s\v\|)e nimis 356
swydre dextra 386
swylc ?a??s 346
swylce s. 6ac
svvylian mon 320
sy s. si
syddaD s. siitdau
sydegian: niid s. comitari 273.
310. 426
sylf: se sylua idem 415
syman ho?iustare 398
syud, synt s?oi? 222
töonful sicophanta (calumpnia-
tor) 49
tid : t. embwlätend oroscopus (ho-
rarum inspector) 135
tö vor adj. 105, vor ß. in f. 433
tüdielend, -lent (descriptor) 125
vgl. anm.
töstencan disparare (disiungere)
276, töstencead prodigus (dis-
sipator) 167
lungol astrmn 469
twä (duo) 205
iwihweol, tvvyhw6ol birotum (cur-
rus duarum rotarum) 192
unhäl inualidns 98
uülefedlic, uolvfendlic inlicitus
131
unröt biliosns (tristis) 456. 460
untruni (infirmus) 275
unltröwendlicnes aphatia (in-
passibilitas) 350
iitan : iitan wunian amanere (ex-
tra manere} 387
w&eflian blatterare (stnlte loquij
434
Wceg s. weg
währyft aulenm (uelumj 374
wanian demere 2
wffipenleas inermis 270
warnian 160 anm.
wseschüs colimbiis (lanandaria)
323
wffuels armenum ( j/e/M»«; 392 ;
Jinen wieuels anaboladium
(amictoriiim) 421
Wopuerstöw, weafer- amphitea-
trnm{ locus spectaculi, ubipug-
nant gladiatoresj 177
weg, wa?g odos (iiia) 247
wel : wel wyllendliceco»i?Yer477,
comiter (decetiter' 490
weoredlic s. worudlic
wesaQ esse 42, fore (esse) 7,
/bre 151
wexan coalescere (crescerej 488
wexbred diptica (tabella) 4, a6-
bachus (tabula pictoria) 155
widercora apostata { transgressor)
380
widufau s«per 501
wif mulier 90
wiOt^as agamus(sine coniuge) 403
wiglung auspicinm (augurium,
omen) 388
wilie qualum (corbis) 234
win bachus 440; liwit win c?m?-
neM?>« (uinum album) 435, t<n-
^enoH ft/o/s wiQ 397
wind flabrum (uentus) 237
winliet enophorum (uas uina-
rium] 207
winnend, -ent agonitheta (pre-
liator! 35
wilan scire 198
word uerbum 368
worudlic, weoredlic biotticus (se-
cularis, mnndanus) 133
ALTENGL. GLOSSEN ZU ABBOS CLERICORUM DECÜS 27
woruld sechim 512
wraecslövv ergastulum (locus ex-
ilii) 201
writan sculpere (scribere) 204
wudufeoh, wudefeoh lucar (pe-
mnia de lucis) 255
wuldor doxa (gloria) 524
wunian manere (esse) 100. 505,
Stare 175, sistere 519; ütan
wunian amanere (extra ma-
nere) 387
wyllan s. vvel
wyostre leua 383
wynsiimnes aca (amenitas) 339
wyrdment honor 444
yld euiim 313
ymhwyrft girus 362
yinsniden ancisns (circunicisus)
319
yrfweard heres 508
})A art. acc. sg. fem. 172. 406.
515, nom. acc. pl. 279. 364.
407.417.439.502.511.518.
524
Jjsecen doma (teclum) 290
dam, Jjan 30. 40 vgl. 479 und for
dsenne s. J)onne
Jianon quatinus 246
J)«r ?7ijc 493, quo 443; l^aer
jjier 5M0 274; vgl. der 310
j)äs hec 311
jjset, dfet j)ro>i. (quam) 528 ; l^cet
an modo (solummodo) 520 wnrf
/afsc/i für una 103; con/ «?
112. 241, quo 17. 256, qua-
tinus 513. 516, l3»t ne we 11.
53. 379; zur verdeutlicJmng
des conjunctives 281. 285. 527
Berlin , weihlachten.
].e rel. 30. 40. 320. 438. 447
j.e tibi 16. 21. 61. 119. 147.
178. 235. 259, te 164. 248.
293; mid })e, d6 tecum 29.
528; liiirh \)(t per te 75
l)eah, }j6Ii, deh tarnen 51; vgl.
swä; ])(ih }je ne irrtümlich für
quin [ut non) 320
])earf'a: jieart'aua (|)earfena) hüs
zenodochium (domiis, quapau-
peres colliguntur) 2\2
|)earle: ])eaile lufian diamare
(ualde amare) 81, [jearle se-
can anquirere (ualde, ante
omnia quaerere) 345
jjegn, l)en: dihle l^egn apocrisa-
rus (minister secretornm) 115
|jeoif: jjeoif hläf, !ät' acrizimus
(panis leuiler fermentatuSj 136
dör s. iDaer
]jes hie 450; vgl. |)ysum, Insne,
l)ider illo 442
l)in, din tui 33. 128, tuusM.
219. 262. 267. 269. 290.
313. 341
lioliau carere 109. 150, pati 337
fjonne, daenne cum 106. 204.
480. 509
Jjröwendlic: l^r. dead apoplexia
(mors subita, passio similis
paralisi) 410
prvm tribus 521
tiV, du m 211. 244. 473. 525;
vgl. 1. 2. 45. 50. 99. 106.
109. 112. 114. 120 «siü., vgl.
1)1 n, jje
l)urh per 75
|)ysne hunc 431
jjysum /mic 409. 424; hoc 476
JULIUS ZUPITZA.
28 ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU BEDA
ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU BEDA.
Die jetzt zum ersten male bei Sweet, Tiie oldest english
texts s. 179 IT veröffentlichten glossen hat ihr herausgeber Bede
glosses genannt, weil sie in eine Londoner hs. der Historia eccle-
siastica Bedas auf ursprünglich am Schlüsse der einzelnen bUcher
leer gelassene stellen eingetragen worden sind, welchem Schrift-
werk sie entstammen, hat Sweet ebenso wenig ermittelt, als Wan-
ley, bei dem sie im Catalogus 225^ als noces aliquot latince saxonke
(in usum tironuni) redditce [gedruckt ist reddita] erwähnt werden,
aber die erkenntnis ihrer herkunft macht eine änderung des
namens nicht notwendig: es sind glossen zur Historia eccles. i
c. 10 — 22: nur nr 10 ist nicht mit völliger Sicherheit zu be-
stimmen , und bei nr 79 ist man geradezu aufs raten angewiesen,
im folgenden bezeichnen die römischen Ziffern die capitel des
ersten buches und die arabischen dahinter die Zeilen in Holders
ausgäbe, wobei die capitelüberschriften nicht mitgezählt sind.
Nr 1 — 6 = x 7. 10. 13. 15. 16. nr 1 lautet das englische,
als wenn im lat. der ablativ st. des nominativs stände, nr 6
hat Sweet für ganz lateinisch gehalten: liber edax sive utende
mit der andeutung, dass dahinter drei buchstaben unlesbar seien,
es schien mir aber schon, ehe ich die herkunft der glossen
kannte, unzweifelhaft dass siv entende zu trennen sei = wests.
seo elende = edax. das aus drei buchstaben bestehende unles-
bare wort war wol hk = liber, das freilich aus liuor entstellt ist.
Nr 7 — 9 = x[ 24. in nr 9 ist von dem englischen worte
nur st lesbar vor drei unlesbaren buchstaben: es stand gewis
stret da, der nom sg. trotz des nom. pl. im lateinischen stratae,
wie ja auch in nr 8 brycg dem lat. pontes gegenüber steht.
Nr 10 legatis erendwrica ist, wie schon bemerkt, nicht mit
völliger Sicherheit zu bestimmen, ich vermute dass diese glosse
dem XH capitel entstammt , das sonst gar nicht vertreten wäre :
auch hier finde ich allerdings kein legatis oder, was man nach
dem englischen auch erwarten könnte, legatus, sondern nur z. 19
legatos und z. 46 legati (pl.). legatis wird also wol aus legatos
oder legati entstellt sein (die erstere annähme kommt mir wahr-
scheinlicher vor: -is für -os ist auch in nr 38 verschrieben) und
der nom. sg. im englischen ähnhch zu beurteilen sein, wie bei
nr 8 und 9.
ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU BEDA 29
Nr 11 — 16 = X 16. 17. 18.
Nr 17 — 18 == XI 8. 9. in nr 18 ist milüiae ein fehler für
militia, der möglicher weise durch den englischen geuitiv nidir-
lices compdomes \eranhssl ist: dieser selbst dürfte wol vom glos-
sator gesetzt worden sein, weil er ex infima militia statt es von
eligitiir abhängig sein zu lassen mit Constantimis verband.
Nr 19 — 21 = XV 11.45. nr 20 annonus fodradas ist von
Sweet nicht richtig beurteilt worden, dass annonus in annonas
zu ändern war, erschien mir unzweifelhaft, ehe ich die herkunft
der glosse kannte. Sweet hat , ohne sich darüber zu äufsern,
wie er annonus verstand, das englische wort für verderbt ge-
halten, indem er s. 646^ 'födrere sm forager' ansetzt, mir scheint
es nicht unmöglich dass das in den Wörterbüchern ohne beleg
stehende fodnod auf einer falschen lesung dieser glosse beruht.
Nr 22—26 = xrn 13. 20. 8. 9. 21. in nr 25 steht pauper-
cula reliquia für pauperculae reliquiae.
Nr27— 39 = xiv 2. 3. 6. 15. 17. 19. 21. 23. 24. 31. 32. 38.
39. nun erklärt sich ohne Schwierigkeit die seltsame nr 31
retna aetis ncenig celdu. dass aetis für aetas verschrieben war,
konnte natürlich nicht zweifelhaft sein : aber j-etna = ncenig stand
ich völlig ratlos gegenüber, auch bei Sweet findet sich weder
s. iSü noch s. 542^ noch endlich 597^ ein wort der erklärung.
retna ist zunächst verschrieben für retro, und dies hat der glosseu-
sammler in der eile erwischt statt des davor stehenden nidla, zu
dem die glosse ncenig gehörte (s. z. 15 quantas nulla retro aetas
meminit). in nr 32 ist geratade gewis in geradade = wests.
gehradode zu verwandeln, in nr 35 steht litigia st. litigio des
Originals, in nr 36 ist uaemonihus, über welches sich Sweet
weder s. 180 noch s. 602'' äufsert, zweifellos verderbt aus faci-
noribus z. 24. in nr 38 ist improbis st. improbos geschrieben,
wie nach meiner Vermutung in nr 10 legatis st. legatos. bei nr39
scheint mir das englische in sidas für exitus nicht richtig über-
liefert. Sweet sieht in m die präposition (s. 505'' unter in, vgl.
624'' unter sid), aber die stelle sicut euidentius rerum exitus pro-
hauit (z. 39) im original bietet keinen anhält zur erklärung,
wie der glossator dazu kommen konnte, hier die präposition in
mit dem accusativ anzuwenden, ich möchte daher meinen dass
zunächst insidas zu verbinden ist, welches der Schreiber wol in
dem sinne von hinsidas genommen hat: vgl. nr 81 omme Ursprung-
30 ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU BEDA
lieh St. komme und Satan 456 gegen die allitteration in sid gryre
st. hinsidgryre. weiterhin aber halte ich es für mögHch dass m-
sidas vom Sammler verlesen sei st. ut sidas (= ütsidas). der
numerus bleibt freilich auch so ungenau.
Nr40 — 47 = xv 13.46. 48. 57.62.63. zu nr 47 ist zu
bemerken dass der glossator acerbatim (= acerualim) fälschlich
mit dem adj. acerbus zusammengebracht haben muss, da er es
mit scearplice statt etwa mit heapmelnm übersetzt hat. Sweet 487*
hat darüber nichts bemerkt.
Nr 48 = XVI 12.
Nr 49 — 62=xvii 1. 3. 10. 21. 22. 23. 24. 35. 37. 45. 47.
53. 54. zu nr 52 ist zu bemerken dass der glossator caedebant
von caedo cecidi statt von caedo caessi (vgl. Älfrics Grammatik
171, 13) genommen hat. in Sweets glossar finde ich nicht
das dunkle nomementa aus nr 53 (1. röwendra? vgl. Zs. 9»
406*^ nauderi steormannes, nowendes, wofür Bouterwek rowendes
schreibt, während Leo Glossar 601 an altn. nanst, nur usw.
erinnert).
Nr 63— 67 = xviii 1. 9. 10. 12. 13. in nr 63 ist tribunime
vielleicht nur ein druckfehler für tribuniciae, wie s. 490"" ohne
bemerkung citiert wird, und nr 66 scheint das englische die
richtige lesart avidsam st. evidsam vorauszusetzen.
Nr 68 — 72:^ XIX 1.2. 7. 8. bei nr 70 ist palustria arun-
dine wol nur ein versehen für palustri harundine: oder ist etwa
blofs dittographie anzunehmen? nr 72 lautet s/a6m tümrfwm. auf
grund dieser glosse und einer zweiten aus der Corpushs. s. 97
nr 1841 (sdabrum uuind) setzt Sweet s. 509' ein von 'ivind sni
loind' unterschiedenes 'wind s' an, das er ohne bedeutung lässt.
meine Vermutung, dass flabris und ßabrum zu schreiben sei, wo-
für ich mich auf die glosse zu Abbo 237 flabra (uenti) windas
und Wright-Wülker 239, 39 ßabra i. flatus uentornm blcedas und
583, 34 flabrum a blast berufen konnte, fand dann durch die er-
mittelung der herkunft der glossen ihre bestätigung (z. 8 flabris
stimulantibus).
Nr 73— 78 = xx 36. 32. 37. 42. 44. 45. 48. zu nr 74 ist
zu bemerken dass der glossator repetitam fälschlich als 'aufge-
sucht' (gesöhte) genommen hat st. 'widerholl' (geedle'hte).
Nr 79 lautet iter sidfcet. da ich in der nachbarschaft der
vorher und nachher erklärten Wörter iter nicht finde, bin ich auf
ALTENGLISCHE GLOSSEN ZU BEDA 31
den gedanken verfallen, dass iter vielleicht glosse zu reditum z. 48
oder naui'gationem z. 48. 49 sein könnte.
Nr 80 — 83=xxi 5. 18. 30. 33. auffallend ist nr 80 obte-
nuerad (= obtmuerat) dynnade. der glossator scheint das lat.
verbum mit tenuis zusammengebracht zu haben.
Nr 84 — 89 = XXII 1. 3. 2. 5. in nr 84 parnmper gewwr
kann das englische wort nicht richtig sein. Sweet nimmt es
== gehiocer, wogegen an sich nichts einzuwenden wäre , da an-
lautendes h vor consonanten überall aufser in nr 4, wo es nach-
träglich zugefügt ist, fehlt: aber wie hätte der glossator dazu
kommen können, parumper im sinne von 'überall' zu nehmen?
ich vermute dass geicwr verschrieben ist für gewcBcIe = gehwwde.
nr 86 exterminta dara abreotnissa erweckt den schein, als ob
abreotnissa der geniliv pl. wäre, während exterminia den nomi-
nativ erwarten lässt. hat vielleicht dara über dirutaruni vor
gerorenra gestanden? es heifst im original exterminia ciuitahmi
ab hoste dirutaruni. in nr 88 steht calamitates für calamitatis.
dass endlich in nr 89 on = ond (s. 467') und nicht als präposi-
tion (s. 580'' mit einem fragezeichen) anzusetzen ist, wird durch
den Zusammenhang des Originals unzweifelhaft gemacht.
Die frage, ob der glossator bei seiner arbeit nicht vielleicht
Alfreds Übersetzung des Beda benützt habe, ist zu verneinen,
von den in den glossen vertretenen 13 capiteln sind bei Alfred
7 ganz ausgelassen: x. xvii — xxn. aber auch innerhalb der
übrigen 6 capitel finden wir bei Alfred vielfach nichts, was den
glossen entspräche, endlich bestehen zwischen der Übersetzung
in den glossen und bei Alfred keine auffallenden Übereinstim-
mungen , wol aber sehr häufig abweichungen. einige beispiele
von den letzteren werden genügen : 36 godioremissum ] mänum
(bei Smith mannum gedruckt); 37 grimre synne ] pces grimman
mdnes (gedruckt mannes) ; 38 wid dcem gemaum ] ofer da wip-
corenan; 39 insidas [i'üv utsidas?)] ende; 41 towesnisse ] todales ;
42 genihtsumra ] maran usw. 47 hat Alfred richtig heapmcelum
gegenüber dem falschen scearplice in den glossen.
Berlin, den 15 mai 1886. JULIUS ZUPITZA.
32 DIE ÜRSPRCNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIUM
DIE URSPRÜNGLICHE GESTALT
VON ÄLFRICS COLLOQUIUM.
Nachdem Wülker iu seinem Grundriss zur geschichte der
ags. litteratur s. 477 io § 569 die, abgesehen von einem erst vor
kurzem aufgetauchten fragment, einzigen zwei handschriften, die
das sg. Colloquium Älirici enthalten, angeführt und eine Ver-
mutung über die zeit der entstehung des denkmals geäufsert,
fährt er fort: 'doch ist dies werk uns nicht in seiner ursprüng-
lichen gestalt erhalten, sondern in einer von Älfrics schüler,
Alfric Bata, überarbeiteten', und einige Zeilen w^eiter fügt er
hinzu: 'Älfric Bata erweitert seine vorläge: in welchem umfange,
können wir nicht mehr angeben.' Wülker hat sich hierin an
Thomas Wright angeschlossen, der in der ersten anmerkung zu
seiner ausgäbe des Colloquiums (Vocabularies edd. Wright-Wülker^
I 88) behauptet: 'the enlarged edition of the colloquy, by Alfric
Bata, seems to have so entirely superseded the original, that it
appears to be the only one now preserved,' und gegen das ende
dieser anmerkung: 'it is impossible now to say which were the
addilions made by Alfric Bata to the original tract.' Wright und
Wülker stehen aber mit dieser ansieht im schärfsten gegensatze
zu Dietrich und ten Brink, was Wülker, obvvol er ausdrücklich
in § 568 auf die in betracht kommende stelle in der abhandlung
Dietrichs hinweist, nicht gegenwärtig gewesen zu sein scheint,
als er § 569 schrieb. Dietrich in Niedners (ursprünglich Ilgens)
Zeitschrift für historische theologie, Jahrgang 1855, s. 493 ist
der meinung, dass wir in der Cottonhs. (C) 'offenbar die grund-
gestalt' haben, 'die Älfric selbst dem gespräch gegeben hatte', in
der Oxforder hs. (0) dagegen Älfric Batas erweiterung. und so
bemerkt auch ten Brink i 135 anm. 3, indem er die eine hs.
der anderen gegenüberstellt, dass 0 'das Colloquium in der durch
den jüngeren Älfric erweiterten gestalt bietet.'
Nun wird man vielleicht fragen, ob etwa die sache so liegt,
dass sehr wol für beide ansichten gründe angeführt werden
können, auf eine solche frage muss man aber nach meiner
Überzeugung mit einem entschiedenen nein antworten, alle tat-
* ich brauche die Schreibung Wüliier (Anglia viii 1 Umschlag s. 2)
durchweg, also auch bei diesem buche, auf dessen titel noch Wülcker steht.
DIE URSPRCNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIÜM 33
Sachen führen, wie ich meine, mit nolvvendigkeit, ja, wie von
selbst, zu der einen ansieht: Dietrich und ten Brink haben ohne
zweifei recht, Wright und Wülker ohne allen zweifei unrecht,
wie kommen aber, wird man weiter wissen wollen, die letzteren
zu einer so völlig unbegründeten ansieht? auch hier bleiben uns
die tatsachen die antwort nicht schuldig, ein von Thorpe auf
Wright und von diesem auf Wülker übergegangenes versehen hat
ihnen die äugen geblendet, das versehen Thorpes aber hat
Wanley veranlasst.
In Wanleys Catalogus nämlich s. 196 wird nr xxvii in C be-
zeichnet als Colloquiiwi ad pueros Lingnce Latinae locutione exer-
cendos, ab ^Ifrico primum compilahim, et deinde ab j^lfrico
Bata eius discipulo auctum. Latine et Saxonice. Thorpe nun hat
in den Analecta anglosaxonica* 101 das versehen begangen, diesen
von Wanley herrührenden titel (mit nur graphischen Varianten)
abzudrucken, ohne die bemerkung hinzuzufügen, dass er nicht
in C steht, bei Wright und Wülker aber finden wir zunächst
eine englische überscbrift und dann erst Colloquiurn usw. —
Saxonice, sodass jeder glauben muss, diese vvorte stehen in C.
und das haben offenbar auch Wright und Wülker selbst geglaubt
und deshalb auch in dem text C die Überarbeitung Älfric Batas
gesehen: eine vergleichung mit 0 muss ihnen überflüssig vor-
gekommen sein, sonderbar ist aber dabei dass ein von Wülker
ohne bemerkung gelassener satz bei Wright auf eine benutzung
von 0 hinzudeuten scheint.
Wright sagt nämlich (bei Wülker i 87 anm. sp. 2): 'some
additional words from the Oxford MS. are here printed within
brackets.' es handelt sich um glossen : diese hat Wright indessen
keineswegs aus 0 entlehnt, sondern aus Thorpes abdruck von
C, sich dabei aber eingebildet dass, was Thorpe in eckigen klam-
mern gab, aus 0 genommen sei, das nur s. 106 einmal herbei-
gezogen ist (s. unten s. 38). Wülker hat auch dieses versehen
Wrights nicht berichtigt, und so kommt es dass Thorpes eigene
Übersetzungen von lateinischen Wörtern , welche in C ohne ihr
alteuglisches äquivalent stehen , jetzt im iudex der neuen aus-
gäbe figurieren.
Dass wir in 0 Älfric Batas bearbeitung haben, ist allgemein
anerkannt, sodass ich darauf nicht weiter einzugehen brauche,
doch benutze ich diese gelegeuheit, um eine ergänzung und be-
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 3
34 DIE URSPRtNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIUM
richtigung zu der bemerkung von Wülker über den sonstigen
inhalt von 0 zu geben, er sagt Gruudriss s. 477 § 569 : 'in
der Oxforder hs. geht ein ähnliches gespräch unserem stücke
voran, ein anderes folgt: das erste ist laut angäbe der hs. von
Älfric Bala; ob das folgende, ist nicht gesagt.' Wülkers quelle
ist gewis VVanley, der s. 105 unter ur vi sagt: Sequitur mmiu re-
centiori Pars altera (ut videtur) superioris coUoquii, vel saltem
aliud eiusdem farince Latine, cum interlineari versione Saxonica.
dass aber dieser teil der hs. kein gespräch enthält, davon hätte
sich Wülker überzeugt durch einen blick in Cockaynes Leechdoms i
s. Lvui ff, wo das stück (freilich mit manchen bei dem zustande
der Schrift in der hs. wolerklärlichen lesefehlern) abgedruckt ist:
dass es aber vollends nicht von Älfric Bata herrühren kann, geht
daraus hervor, dass es, was Cockayne nicht bemerkt hat, eine
prosaische auflösung von Abbos Clericorum decus ist: weiteres
in meiner ausgäbe (s. oben s. Iff).
Ich gebe nun zur vergleichung mit C einige proben aus 0,
in denen ich durch antiqua alles bezeichne, was 0 mehr hat,
als C, soweit mir nicht etwa ein blofses schreiberversehen in C
anzunehmen scheint, die erste stelle findet sich fol. 204"^ in 0
und s. 90 bei Wright -Wülker. Quid^ enim scnuU isti tui socii?
Alu, domine kare^, sunt aratores, alii etenim opiliones, quidam
quippe bubulci , quidam etiam ueuatores'^, alii ergo piscatores,
alii autem aucipes^, qiiidam scilicet mercatores, quidam uidelicet
sutores, quidam uidelicet^ salinatores, quidam porro pistores, qui-
dam^ quoque coci.^
Die folgende probe ist fol. 205" in 0 und s. 92 bei Wright-
Wülker entnommen. Quales autem feras maxime capis? Capio
ulique ceruos et ceruas et uulpes et uulpiculos" et muricipes et
lupos et ursos et simias et fibrös et lutrios etferuncos, taxones^
' die bezeichnung der redenden durch M, D usw. ist von Tiiorpe,
Wright und Wülker stillschweigend zugefügt worden. ^ darüber noch s.
[dh. scilicet] o, wodurch die worte als voc. gekennzeichnet werden 0.
3 a über ungetilgtem e dieselbe band 0. '• auciipes C; vgl. Alfrics Gr.
67, 3 auceps fugelere, aucipis vel aucupis. ^ darüber vielleicht von der-
selben band -t nephe 0, was wol nemphe meint (nemphe fast alle hss.
Gr. 227, 2, nur zwei späte nempe). ^ quidam bezeichne ich nicht durch
antiqua, obgleich es in G fehlt: es wird wol durch das versehen desselben
Schreibers fehlen, der dann loci geschrieben hat statt coci, dessen richtig-
keit sich aus s. 98 ergibt, wo der koch nach dem bäcker redend auftritt.
■^ so 0. * darüber vielos dieselbe hd. 0.
DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIUM 35
et lepores atque erinacios et aliquando apros et dammas et ca-
preos et sepe^ lepores.
Die dritte stelle, die ich hier auführe, findet sich fol. 206" in
0 und s. 93 bei Wright-Wülker. Quid facis de tua uenatione?
Ego do regi, quicquid'^ capto, quia sum nenator eins. Quid dat
ipse tibi? uel ciiiiis honoris es inter tuos socios? Primum locum
teneo in sua aula , uestitum autem et uictum satis mihi tribuit
et aliquando uero^ anulum mihi aureum reddit et ueslit me hene
et pascit et^ aliquando dat mihi equum aut armillam, ut libentius
artem meam exerceam.
Die letzte probe entnehme ich fol. 21 T 0 und s. 101 bei
Wright-Wülker. Tu'^ puer , quid fecisti hodie? Maltas res et
diuersas feci. hac nocte, quando Signum audiui edituo^ sonante,
surrexi de lectulo meo et exiui ad latrinam propter necessitateni
meam et postea properando cum meis sociis' perrexi ad eccle-
siam, discalciatus quoque intraui et cantaui nocturnam cum fra~
tribus.
Der unterschied zwischen C und 0 besteht also wesentlich
darin, dass die letztere hs. vieles hat, was der ersteren fehlt:
nur am schluss ist es anders, hier ist der letzte abschnitt s. 103,
den C hat: 0 probi pueri bis in gimnasium, in 0 fol. 213^ bis
22 r durch gespräche über kleidung, betten, klostergebäude und
-einrichtung, aufstehen, viehhüten, reisen, ankunft eines fremden,
essen, trinken, lernen usw. ersetzt, einige teile dieses Schlusses
stimmen wörtlich mit solchen in dem Stilus rite dinersus Älfric
Batas übereiu, der vor der Überarbeitung des CoUoquiums steht.
Nun hegt also die sache so. Älfric Data erklärt fol. 204"^ in
bezug auf das folgende: Haue sententiam latini sermonis olim
y^lfricus abbas composuit, qui mens fuit magister, sed tarnen ego
jElfric Bata multas postea huic addidi appendices. eine ver-
gleichung von 0 mit C aber ergibt dass, abgesehen davon dass
der letzte abschnitt von C in 0 fehlt, der wesentliche unterschied
zwischen den beiden hss. darin besteht, dass 0 vielfach einzelne
* dafür aliquando C, das in 0 schon vorher verwendet ist. - c über
der zeile dieselbe band 0. ^ tl 0. " et fehlt bei Wright und Wülker
wol nur aus versehen: es steht bei Thorpe, und auch ich habe mir bei der
collation meiner abschrift von 0 mit C keine abweichung angemerlit. aufser-
dem haben Wright und Wülker die glosse imd. ^ T dem rubricator
überlassen, der es nicht gemalt hat, 0. ^ edi tuo 0. '' dahinter ne
radiert und die drei nächsten werter auf rasur 0.
3*
36 DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQÜIUM
Wörter, namentlich conjunctionen, adverbien und adjectiva, sowie
auch längere Sätze zeigt, die in C fehlen, die aber hier niemand
vermisst, während man sich gelegentlich, wie wir bald sehen
werden, über ihr Vorhandensein in 0 wundert: die folgerung
ist deshalb unvermeidlich, dass dieses plus in 0 eben die appen-
dices Älfric Ratas sind, während C uns das Colloquium in der
ursprünglichen gestalt, wenn auch nicht ohne fehler, über-
liefert hat.
Ehe ich auf die fehler in C eingehe, will ich noch einen
augenblick bei den Zusätzen in 0 verweilen, manche von diesen
würde man ohne C nicht erkennen, andere aber würden sich
verraten, wenn auch C nicht erhallen wäre, ja sogar, wenn wir
Älfric Batas erklärung nicht hätten, das gilt namentlich von den
oben an zweiter und dritter stelle herausgehobenen stücken, bei
dem ersteren von diesen müste jeden, der abt Älfrics werke kennt,
die erwähnung der äffen stutzig macheu, welche dieser schwerlich
einen englischen Jäger hätte jagen lassen: vollends aber würde
der umstand für eine interpolation sprechen, dass die hasen
doppelt vorkommen, allerdings den vollen umfang des Zusatzes
würde man ohne C schwerlich bestimmen können, eher wäre
dies bei der auf jene folgenden probe möglich, die worte uestitum
et nictum satis mihi tribuit können nicht von demselben manne
herrühren, der uestit nie hene et pascit geschrieben hat, und 'der
goldene ring' würde bei dem 'armband' stehen, wenn hier nur
eine band gearbeitet hätte: dass auch die frage unpassend ist
und somit ebenfalls der anfang der antwort, könnte man auch
erkennen, hier also hätte man wol auch ohne C das von Älfric
Rata zugesetzte ausscheiden können.
Auch darauf sei noch hingewiesen dass wir, wenn uns Älfric
Rata nur als Verfasser der vor dem Colloquium in 0 stehenden
gespräche überliefert wäre, ihn doch als den Überarbeiter erkennen
müsten, nicht sowol wegen der widerholung, auf die ich schon
aufmerksam gemacht habe (diese wäre auch einem andern zuzu-
trauen), als weil sich seine ganze art in den Zusätzen verrät,
während abt Älfric überall mafs hält, kann Älfric Bata nie der
vocabeln genug anbringen: ob sie auch in den Zusammenhang
passen, ist ihm dabei ziemlich gleichgillig. bezeichnend ist na-
mentlich auch sein verfahren an der s. 35 zuletzt citierten stelle:
nach der darstellung des abtes Älfric stehen die schüler auf das
DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQÜIUM 37
gegebene zeichen am morgen auf und gehen in die kirche; der
Überarbeiter lässt sie dazwischen noch (ein Vorläufer der modernen
französischen reahsten) ad latrinam gehen, die er in seinen eigenen
gesprächen nicht müde wird anzubringen, vgl. fol. IQO'' Uüic per-
gamiis sie ad latrinam propter necessitatem corporis nostri; 164'
sine mora surreximus et i^mus ad latrinam und ebenda sie ordi-
natim cum discipline grauitate aecessimns ad latrinam propter
nostram necessitatem (neeissitatem hs.); 167'' tu fratercule mi,
perge mecum ad latrinam, ferner licet huic puero pergere mecum
ad necessitatem meam? und nade secum ministrans ei in omnibus
in latrina; 170"^ puer hone, neni et perge mecum in latrinam
propter necessitatem meam usw.i
0, obwol eine Überarbeitung, ist nun natürlich zur Ver-
besserung von fehlem in C zu gebrauchen, von denen die heraus-
geber bisher nur die augenfälligsten bemerkt und zum teil still-
schweigend gebessert haben, an den folgenden stellen, an denen
Wülker mit recht Thorpes von diesem selbst und von Wright
ohne bemerkung in den text gesetzte conjecturen angenommen
hat, zeigt 0 das richtige (die zweite Ziffer bezeichnet die an-
merkung, nicht die zeile): 91, 4. 5. 93, 4. 94, 2. 96, 1. 3. 98, 3.
99, 5. 100, 1. 2. 5. 101, 3. dagegen 99, 6 hat 0 weder saltori,
wie C, noch das von Thorpe richtig geschriebene sartori, sondern
satori. auch an den folgenden stellen, an denen Wülker ebenso
stillschweigend geändert hat, wie Thorpe und Wright, hat 0 die
richtige lesart (die zweite ziffer bezeichnet die zeile bei Wr.-W.):
91, 30 iteru C, iterum 0; 95, 14 cecos C, coetosO; 9S, 4 arceC,
arte 0; 99, 2 pbaui C, probaui 0; 100, 28 ipsue (e auf rasur) C,
ipsum 0; 100, 40 di (d.i. dei) scitis C, discitis 0; 101, 38 no-
uam C, nonam 0.2 an einigen stellen habe ich mir keine Variante
zu 0 aus C angemerkt, wo WVight und Wülker eine andere les-
art geben: sie haben 97, 18 coligas; 97, 20 ealidilia (doch macht
Wülker die bemerkung dass es zweifelhaft sei, ob so oder casi-
* ich beabsichtige Älfric Balas eigene arbeit nebst seiner Überarbeitung
des Colloquiums herauszugeben: wir bekommen durch dieselbe eine deut-
liche Vorstellung vom treiben im kloster, namentlich in der klosterschule.
'^ am Schlüsse, der in 0 nicht erhalten ist, haben Wright und Wülker
mit Thorpe stillschweigend geschrieben: 103,16 uester (uestes C); 26 sine
(siue C); 27 learninge (leornifige C). dagegen haben sie 20 inceditis und
26 scirilitatem gelassen, während Thorpe ohne bemerkung die allerdings
gewis von Älfric geschriebenen formen incedite und scurrilitate gibt.
38 DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQÜIUM
dilia in der lis. stehe); 102, 32 possnm. das richtige hat jedes-
falls 0 mit caligas, casidilia, fossim: die erste und letzte lesart
hat auch Thorpe ohne bemerkung.
Eine etwas längere auseinandefsetzung verlangen einige
andere stellen, deren Verderbnis Thorpe nicht entgangen ist,
während Wright und Wiilker keinen anstofs genommen haben,
die erste befindet sich am anfang des gespräches mit dem Jäger
s. 92. Sds tu aliquid? Unam artem scio. Quäle est? Venator
sum. über qnale est steht die glosse hwylcne ys. dass nicht
alles in Ordnung ist, hat Thorpe gesehen: er hat das incorrecte
quäle stillschweigend in qualis verwandelt und in der glosse ys
gestrichen: aber der acc. hwylcne für qualis est wäre auffallend,
dagegen ist er vollständig begreiflich bei der lesart von 0 qualem
(ohne est), dass später zu hwylcne == qualem noch ys gesetzt
wurde, nachdem qualem in quäle est verdorben worden, ist nicht
auffällig.
Ferner s. 94 antwortet der fischer auf die frage: Quales
pisces capis? in C: Anguülas et lucios, menas et capüones, tructos et
murenas et, qnalescunque in amne natant salin, für salin, das zwi-
schen puncten steht und über welchem sich die glosse sprote be-
findet, hat Thorpe irrtümlich salu, aber er schweigt nicht, wie
Wright und VYülker, zu dieser stelle, sondern bemerkt: 'sprote.
— What is inteuded to be meant by this word, as well as by salu,
I am at a loss to conjecture. In the St. John's MS. the sentence
ends with natant.' ich bin der ansieht dass salin und sprote
von einem leser an den rand geschrieben worden und dann beim
abschreiben in den text geraten sind, salin weifs auch ich nicht
zu deuten : es kann aus einem lateinischen namen, der dem eng-
hschen sprote entsprach, entstanden sein, ebenso gut aber aus einem
andern lateinischen oder englischen fischnamen: man könnte zb.
denken dass es aus salmo entstellt sei. sprote aber ist wol me.
Sprotte, ne. sprat, das die etymologen in ermangelung eines alt-
englischen belegs bisher aus dem ul. herleiten wollten.
Ähnliche entstellung zeigt C etwas weiter, auf die frage:
Quid capis in mari? lautet die antwort: Alleces et isicios, delfinos
et sturias, ostreas et cancros, musculas, torniculi, neptigalli, pla-
tesia et platissa et polipodes et similia. Wright und Wülker haben
den seltsamen umstand, dass zwischen wortern, die accusative
sind, und solchen, die es wenigstens sein können, vier offenbare
DIE ÜRSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIÜM 39
Dominalive stehen, keiner bemerkuDg für wert gehalten. Thorpe
hat das auffallende in der Überlieferung sehr wol gesehen, aber
nach seiner art sich damit in der weise abgefunden, dass er still-
schweigend die nominative in accusative und zwar die beiden
letzten in piurale verwandelt hat. in 0 lautet die entsprechende
stelle: Alleces et isicios, äelfinos et sturias, ostreas et cancros,
mugiles et fannos, roceas, vinscnlas et polipodes et simih'a. Älfric
Bata hat das durch anliqua hervorgehobene hinzugefügt: aber bei
ihm folgt auf mnsculas sofort et polipedes: die vier nominative
in C sind ohne zweifei die Interpolation eines lesers. lassen wir
sie weg, so bekommen wir acht durch vier et zu vier paren ver-
bundene fische.
Einen dritten fehler in jenem teil des Stückes hat Thorpe
nicht nur bemerkt, sondern auch im ganzen richtig gebessert,
während Wright und Wülker wider dazu schweigen, auf die
frage, warum der tischer keine walfische fangen wolle, erwidert
dieser s. 95: qnia carius est mihi capere piscem, quem possum
occidere, qui non solnni me, sed etiam nieos socios uno ictu potest
mergere aut mortificare. dass Älfric so nicht geschrieben haben
kann, liegt auf der band. Thorpe hat zwischen occidere und
qui in klammer ein quam eingeschoben und so in die stelle sinn
gebracht; aber wahrscheinlich hat Älfric so geschrieben, wie wir
in 0 lesen: occidere, quam illum, qui non solum usw. Älfric
Bata scheint sich hier jedes Zusatzes enthalten zu haben , also
wird nicht blofs quam, sondern auch ilhim aus der ursprüng-
lichen fassung stammen.
Noch eine stelle dieser art will ich besprechen, an welcher
wenigstens Wright Thorpes besserung angenommen hat. bei
der abwägung der Vorzüge der einzelnen stände sagt der consi-
liarius s. 99 bei Wülker zum ferrarius: uerum qutdem dicis, sed
Omnibus nohis carius est hospitari apud te aratorem, quam apud
te. Wülker bemerkt nichts darüber, wie er sich te aratorem er-
klärt: auch hat er es für überflüssig gehalten, anzuführen dass
das erste te in C über der zeile steht, dass dieses te nicht von
Älfric herrühren kann, hat Thorpe richtig gesehen und es daher,
worin ihm Wright gefolgt ist, stillschweigend weggelassen. 0 zeigt
es ebenfalls nicht.
Ich komme nun zu solchen fehlem in C, die wir nach 0
bessern oder wenigstens erkennen können, an denen noch kein
40 DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIÜM
herausgeberi anstofs genommen hat. einen solchen fall von s. 90
habe ich schon s. 34 besprochen, mehrere Zeilen vor diesem
fehler zeigt G einen anderen, indem es den lehrer sagen lässl:
Interrogo te, quid mihi loqiieris? quid hohes operis? für quid, zu
dem ein Schreiber durch das nachfolgende ^uid verführt worden
ist, ist mit 0 qiii zu schreiben und dann natürlich auch statt
des fragezeichens hinter loqueris ein doppelpunct zu setzen, auf
qui hätte übrigens die herausgeber schon der sinn, noch mehr
aber 99, 2 o monache, qui mihi locutus es führen können.
Auch bei dem folgenden fehler muss man sich wundern
dass ihn die herausgeber nicht längst getilgt haben, s. 92 er-
zählt der Jäger: instigo canes meos, ut feras persequantur, usque
quo pernejiiunt ad retia inpronise, et sie inretientur, et ego iugulo
eos in relibus. das n)ännliche pronomen eos müste auf canes
gehen: es ist natürlich eas zu schreiben, das auch 0 hat.
Eine lücke in C müssen wir 95, 22 annehmen, das ge-
spräch mit dem Vogelfänger beginnt hier: Quid dicis tu, auceps?
quomodo decipis aties? nach der antwort hierauf kommt die rede
auf die habichte des Vogelfängers, und dann tritt der kaufmann
auf. die frage, was für vogel er fange, die man zuerst erwartet,
und die antwort darauf fehlt ganz, in 0 haben wir diese frage
und eine lange antwort darauf: Quid dicis tu, auceps^? quales
aues sepissime capis '? Ego capio aquilas et coruos, miluos et grues,
ardeas et ciconias, merulas ^ et columhas, palumbas ac anetas, alce-
dones et pauones, olores, id est cignos, et mergos *, hyrundines et
turdones et aliquando multos pullos. capio etiam passeres et aucas
anseresque earum, gallos quoque atque gallinas, coturnices et uesper-
tiliones, tioctuas'^ et turtnres, graculos et alaudas ac parraces^;
mihi nee non aliquando ad iocum glutinatis uirgulis apes et fucos
capio, similiter uespas et bruchos ac scabrones, scarabeos ac mnscas,
cynomias et culices nee non et scinifes. Et quomodo decipis aues?
usw. wie viel von der antwort von abt Älfric herrührt, wird
sich mit Sicherheit nicht entscheiden lassen ; dass aber in C eine
lücke ist, scheint mir unzweifelhaft.
Einen geringfügigeren fehler zeigt C 98, 42. auf die scherz-
* mir liegen freilich Thorpes Analecta nur in der ersten aufläge vor.
^ darüber s. o 0 ^ darüber spätere band fjros f= J)7'ostlan) 0
* darüber dieselbe band wie bei 3 .i. mergtilos 0 ^ darüber andere band
A. strices 0 ® darüber dieselbe band wie bei 5 wrw (= wrmnnan) 0
DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIUM 41
hafte bemerkung, dass der koch überflüssig sei , da sich jeder
selbst alles kocheo und braten könne, erwidert dieser: tunc eritis
omnes coci, et malus uestrum erit dominus; et tarnen sine arte
mea non manducatis. das präsens manducatis ist nach den futuren
eritis und erit auffallend und gewis nur verschrieben für nian-
ducabitis, das 0 hat.
Mit voller Sicherheit ist ferner in C 99, 4 eine lücke anzu-
nehmen, es heifst hier: 0 monache, qui mihi locutus es, ecce
probaui te habere bonos socios et ualde necessarios, aber hieran
schliefst sich die auffallende frage: qui sunt Uli? die auch so-
gleich ihre antwort erhält: Habeo fabros usw. mit Uli könnte
doch nur auf das vorhergehende verwiesen werden, während die
antwort ganz andere berufsarten nennt, als die schon besprochenen,
in 0 finden wir zwischen necessarios und der frage qui sunt Uli?
noch: et interrogo te, si adhuc habes aliquos tales his exceptis.
Etiam habeo phires ualde necessarios et optimosA 0 hat also hier
eine frage und eine antwort mehr, an welche sich dann Qui
sunt Uli? aufs beste anschliefst, ofl'enbar hat abt Älfric die stelle
so oder annähernd so geschrieben, wie sie in 0 steht, dass in
C etwas ausgefallen ist, beweisen noch die glossen: über qui
sunt Uli lesen wir nämlich in C and ic ahsie pa: der Schreiber
hat, obwol er et interrogo übersprang, doch die glossen darüber
and ic ahsie geschrieben statt der über qui sunt stehenden, den
herausgebern scheint es nicht aufgefallen zu sein dass hier das
englische zum lateinischen nicht passt.
Kurz sei endlich auch noch erwähnt dass 99, 26 (Et quales
tibi uidetur inter artes seculares retinere primatum?) an quales
noch kein herausgeber anstofs genommen hat: es ist natürlich
mit 0 qualis zu schreiben.
Ich komme jetzt zu den wenigen stellen, an denen die
herausgeber mit unrecht von der lesart von C abgewichen sind
oder wenigstens ihre richtigkeit bezweifelt haben, an der ersten
s. 95 zeigt sich allerdings ein kleiner Schreibfehler in C: aufser
diesem ist aber nichts weiter zu corrigieren. der fischer erklärt
hier: tutius est mihi ire ad amnem cum homo mea, quam ire
cum multis nauibus in uenationem ballenae. für homo mea ist zu
schreiben hämo meo, wie in 0 steht, über homo steht allerdings
in C scype, und deshalb haben Thorpe und Wright stillschwei-
* op : : : os (wie es scheint 3 buchstaben radiert) 0.
42 DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQÜIUM
gend nave für homo gesetzt, und Wülker hat diese conjectur
angenommen mit der bemerkung: 'The Cotlon MS. has homo
mea (for hämo). Rut the Anglo-Saxon trauslation answers to
nau e, not to hämo.' die besondere erwähuung des 'Cotlon MS.'
könnte zu dem glauben verführen, dass das Oxforder naue habe,
was, wie schon erwähnt, nicht der fall ist. ein grund, den
lateinischen texl nach der glosse zu corrigieren, liegt hier nicht
vor. nur, wenn wir hämo meo lesen , hat die stelle einen ver-
nünftigen sinn: cum hämo meo bildet den trefflichsten gegensatz
zu cum multis nauihus. geradezu verkehrt ist bei der conjectur
Thorpes ad amnem: an den fluss trägt den fischer doch nicht
sein schifl", sondern seine beine.
S. 96, 6 wird der Vogelfänger gefragt, warum er seine ge-
zähmten habichte wider fliegen lasse: Et cur permittis domitos
anolare a te? über fermittis hat C die glosse forkvst pu: wegen
des fm haben die herausgeber (Thorpe und VVright stillschwei-
gend) tu hinter permittis eingeschoben, aber ohne jeden grund.
es fehlt ebenso in 0.
Die schon oben s. 40 f citierte stelle 98, 40 ist hier noch
einmal zu besprechen: tunc eritis omues coci, et millus uestrum
erit dominus. Wright hat serni für coci geschrieben, offenbar,
weil in C die glosse darüber prcelas lautet, indem er i bemerkt:
'The Cotton MS., by au evident error, has coci.' Wülker ist
ihm gefolgt, aber auch hier liest nicht blofs C, sondern auch 0
coci, und die erwägung des Zusammenhanges zeigt dass coci der
richtige ausdruck ist. nachdem der koch zum lobe seines be-
rufes angeführt dass, wenn er aus der gesellschaft vertrieben
würde, die anderen alles roh essen müsten und keine fette brühe
bekämen, wird ihm entgegnet dass ja jeder sich selbst alles kochen
und braten könnte, darauf nun erwidert er, wenn es die an-
deren nach seiner Vertreibung so machen wollten, so würde dann
eben jeder von ihnen koch sein und so keiner von ihnen ohne
die kochkunst essen.
Auch 101, 4 hat nicht blofs C, wie es nach Wrights note
scheinen könnte, sondern auch 0 astuti, nicht uafri, wie Thorpe
und zwar stillschweigend, geschrieben hat: es ist nichts zu
ändern, als die interpunction der herausgeber. ich schreibe:
* in Wülkers ausgäbe ist zu dieser bemerkung R. JV. gesetzt, aber sie
steht schon bei Wright s. 10 anm. 2.
DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIÜM 43
tmltis esse nersipelles aut miUeformes in mendaciis, astuti in lo-
quelis, astuti, uersuti usw.
Endlich zu s. 102, 18 Adhnc carnibus nescor, quia puer sum
sub uirga degens bemerkt Wright: 'there vvould seem to be an
error here, for Ihe child evidently means to say, not that he
eat meat, but that he did not eat meat, because he was as yet
loo young.' aber die stelle ist vollständig in Ordnung: der
Schüler darf noch fleisch essen, weil er eben noch das mönchs-
gelübde nicht abgelegt hat, sondern sich erst zum münchsleben
vorbereitet.
Ich habe bisher auf das fragment des CoUoquiums, das sich
in der vor kurzem aufgetauchten hs. (Brit. mus. add. 32246 = A)
findet, nicht riicksicht genommen: es steht auf dem rande von
blatt 16 derselben: s. EMThompson, British archaeological asso-
ciation 1885 s. 145. meine auf grund der dort mitgeteilten
proben gewonnene ansieht, dass A ein fragment der Überarbeitung
ist, wurde durch eine auf meine bitte von meinem verehrten
freunde Thompson vorgenommene vergleichung von A mit Wülkers
text vollauf bestätigt: wenn einzelne Wörter von 0 in A ebenso
fehlen, wie in C, so erklärt sich das daraus dass der Schreiber von
A bei dem knappen räum am rande der handschrift leicht un-
wesentliche Wörter wegzulassen bewogen werden konnte, und
dann zunächst füllwörter Älfric Batas zum opfer fallen musten.
andererseits zeigt A auch zusätze, wie wir ja auch in C Inter-
polationen erkannt haben, näheres darüber in meiner ausgäbe,
hier will ich mich darauf beschränken, das ende (= 101, 20ff;
der anfang ist tu j>istor = 98, 10 bei Wülker) herzusetzen und
dabei alles, was A mehr hat, als C, durch antiqua hervorzuheben
und etwaige abweichungen von 0 in den anmerkungen zu be-
rühren, sed loquere nobis, flagitamus, nostro niore et secundum
nostrum posse S non tarn profxinde, sed aperte et distincte ad
intelligendum. nos autem tibi magnam uolumus reddere gratiam,
et remunerationem a deo recipies maximam. Et ego libenter fa-
ciam, sicut rogatis. eia 2 tti puer, quid fecisti hodie ? Multas res
et diuersas fed. hac nocte ab^ edituo sonanle Signum audiui,
de lectulo, in quo iacebam^, surrexi'', continuo 0 discalciatus
• et — posse f. auch 0. ^ f. 0. ^ quando CO. -• dafür meo 0.
5 vor de lectulo CO. ^ q weicht ab, s. oben s. 35, wo auch die
lesart von C zu sehen.
44 DIE URSPRÜNGL. GESTALT VON ÄLFRICS COLLOQUIUM
ecdesiam properando intraui. es sei nur noch hinzugefügt
dass A die Verbesserungen von C, die ich oben aus 0 vor-
geschlagen habe, an den stellen, die es enthält, ebenfalls fast
alle ergeben hätte, sowie dass es 99, 34 allein das richtige sar-
tori gibt.
Endlich noch ein wort über die glossen zum CoUoquium.
Walker aao. behauptet: 'die handschriften enthalten den latei-
nischen text mit überstehender angelsächsischer Übertragung, ob
dieser angelsächsische text vom älteren Älfric herstammt, ist nicht
gesagt, ist aber nach Älfrics ganzer art, die werke zu lehrzwecken
herzurichten , anzunehmen.' aber Älfric Batas Überarbeitung in
0 enthält nur verschwindend wenige enghsche glossen und das
fragment in A gar keine, schon dadurch wird es nach meiner
ansieht zweifelhaft, ob die glossen in C von abt Älfric herrühren,
geradezu widerlegt wird aber Wülkers annähme durch die mis-
verständnisse und die Oberflächlichkeit des glossators. ich ver-
weise auf die oben s. 41 f besprochenen zwei stellen, wo hämo
und cod falsch widergegeben sind, eine andere stelle freilich,
an welcher nach VVright s. xi (bei Wülker s. vii) ebenfalls hamns
dem glossator Schwierigkeiten bereitet haben soll, beweist nichts;
denn , wenn es 93, 42 mit ancgil nel ces widergegeben ist, so
ist dies kein fehler, da hanius oft im sinne von 'köder' gebraucht
wird und in diesem an jener stelle gebraucht sein könnte, auch
eine andere Übersetzung hat Wright dort mit unrecht getadelt,
er behauptet dass 95, 10 qui non solnm nie, sed etiam meos socios
nno ictu potest mergere, wo über non solum die glosse na pect
an steht, der Übersetzer solum fälschlich nicht als adverbium,
sondern als adjectivum gefasst habe, aber nd pcBt an ist da
ebenso richtig, wie zb. Hom. 2, 468 he hine geseah nd pcet an
mid lichamlicere gesihde, ac e'ac swüce usw. (ein zweites beispiel
folgt bald dahinter), aber er hat vollständig recht dass die Über-
setzung von carius 97, 6 uolo uendere hie carius, quam emi illic,
durch Inßcor ein grober Schnitzer ist. und auch sonst gibt es
genug versehen des glossators: Älfric kann nicht den sinn seiner
lateinischen Sätze soweit vergessen haben, dass wir ihm eine so
falsche auffassung zutrauen könnten, wie sie der glossator öfter
zeigt, wenn Älfric auf die frage 92, 22 Nescis uenare, nisi cum
retibns? antworten lässt Ettam sine retihus uenare possum, so
kann er etiam nur im sinne von 'auch', nicht in dem von 'ja'
DIE URSPRÜPyGL. GESTALT VON ÄLFRiCS COLLOQUIUM 45
gebraucht habend: es ist aber mit gea, nicht mit eac glossiert.
s. 95, 18 ignauiam nytenyssce zeigt dass der glossator ignmtus
mit ignarus verwechselte, auch o pcet an für in tantum 96, 14
(statt etwa sioa swipe) weist auf eine confusion zwischen tantum
'nur' und tantum 'so viel', 'so sehr' hin. die widergabe des
präsens proficit durch das prät. fremode und umgekehrt des
perfects emi durch das präsens gehicge spricht nicht gerade für
scharfe auffassung des lateinischen textes97, 4ff. man vergleiche
auch urum gehwylcum für unusquisque 100, 18; cyrcean für ora-
tionem 103,22 usw. übrigens sprechen fälle, wie hwylme ys
über quäle est (s. oben s. 38), dafür dass die glossen nicht alle von
derselben band herrühren.
Nach alledem hat C das Colloquium Alfrics in der ursprüng-
lichen gestalt, wenn auch nicht ohne mancherlei von Schreibern
herrührende entstelluugen, erhalten; freilich nur, so fern es sich
um das latein handelt: die englischen glossen dagegen sind erst
später hinzugekommen.
' das komma der herausgeber hinter etiam ist für Älfric falsch, wenn
auch für den glossator richtig.
Berlin, an Jacob Grimms geburtstag 18S6. JULIUS ZUPITZA.
EIN ZAUBERSPRUCH.
Walter de Gray Birch hat in einem am 22 nov. 1876 ge-
lesenen und 1878 im 11 bände der neuen reihe der Transactions
of the royal society of literalure s. 463 ff veröffentlichten aufsatze
On two anglo-saxon manuscripts in the British museum aus dem
royal ms. 4 A xiv einen Zauberspruch mit einer neuenglischen
Übersetzung mitgeteilt, der mir einen abermaligen abdruck zu
verdienen scheint, da der erste in Deutschland nur wenigen be-
kannt sein dürfte und aufserdem nicht ganz fehlerfrei ist.
Ich selbst war auf den spruch aufmerksam geworden, noch
ehe der erwähnte aufsatz im druck erschien, und zwar durch
Zangemeisters Bericht über die im auftrage der kirchenväter-com-
mission unternommene durchforschung der bibliotheken Englands
s. 28 (= Sitzungsberichte der phil.-hist. classe der kais. academie
der Wissenschaften bd. 84 s. 510), wo der anfang des deukmals
angeführt ist. meine 1877 genonmiene abschrift habe ich dann
46 EIN ZAUBERSPRUCH
später mit rücksicht auf Birchs abdruck noch einmal mit der
hs. verglichen.
Zangemeister setzt die hand, der wir die aufzeichnung des
Spruches auf einem teile des von erster hand leer gelassenen
raumes von fol. 106" verdanken, ins 11 — 12 jh., Birch ins 11.
nach der spräche zu schiiefsen, scheint mir die aufzeichnung
frühestens etwa 1150 gemacht. ^
Der Spruch ist in 9 Zeilen fortlaufend geschrieben, Birch
hat ihn aber, indem er meint it is manifestly in a loose rhythm
of poetry, in 27 kurzzeilen gedruckt, dass der gröste teil aus
allitterierenden versen besteht, springt in die äugen, aber den
schluss halte ich für prosa. die striche in dem nun folgenden
abdruck bezeichnen die Zeilenschlüsse in der hs.
Wenne, wenne, wencliichenne,
her nescealt pu timbrien ne nenne / tun habhen,
ac pu scealt north eonene to pan nihgän berhge, /
per pu hauest ermig enne broper:
5 he pe sceal legge leaf et j heafde,
Wider fot uolmes, nnder ueper earnes,
under earnes j clea. d pu gewcornie:
dinge pu, alswa col on heorpe;
scring I pu, alsivä scesne awag'e,
10 7 weorne, alswä weter on anbre:
swa litel I pu gewurpe, alswa linsetcorn
7 miccli lesse; alswa anes handiwurmes hupeban, 7 alswa litel
pu gewurpe, pet pu nawiht j gewurpe.
Zu diesem abdruck habe ich zunächst zu bemerken dass
aufser der von mir beibehaltenen abkürzung für a7id sonst in
der hs. keine angewendet ist. die buchstaben sind alle minus-
keln, auch das ?ü am anfange, hier, wie überhaupt in dem ersten
verse, ist für w das neue aus zwei in einander greifenden v ge-
bildete zeichen, sonst überall die rune geschrieben, der umstand,
dass das neue zeichen hier, wie auch regelmäfsig noch in späteren
denkmälern, etwas grofs gemacht ist, hat Zangemeister und Birch
veranlasst, es durch die majuskel widerzugeben, das zeichen für
^ eine andere, aber nach den schriftzügen gleichzeitige hand hat hinter
den englischen spruch die folgenden lateinischen verse geschrieben:
Si per diiiitias possemus viorte carere,
Tunc prodesset eas indefieienter habere.
EIN ZAUBERSPRUCH 47
g zeigt durchweg die fränkische gestalt. die accente erscheinen
V. 3, 7, 11 mit einem kleinen Widerhaken, sonst ohne einen
solchen: bei Birch sind die accente teils ungenau, teils ohne
handschriftliche grundlage gesetzt, zusammengeschrieben finden
wir in der hs. (abgesehen von nescealt v. 2 und aioage v. 9, wo
ich ihr folge) v. 2 nenetme, v. 7 apu; dagegen ist das präüx ge
vom verbum getrennt v. 7 und 11, ebenso v. 11 com von linset.
Mein abdruck gibt sämmlliche correcturen, die alle von der
band des Schreibers herrühren, über einem komma hat er nach-
getragen das zweite h in wenchidienne v. 1, r in timbrien v. 2,
h in north v. 3; aufserdem hat er u in pu v, 2 aus a und, wenn
ich nicht irre, d im zweiten under v. 6 aus o gebessert, durch
die correctur in v. 1 scheint zugleich ein doppelter accent hinter
dem zweiten c getilgt zu sein, falsch gelesen hat Birch v. 3 north
statt north und eouene statt eonene: nur auf einem druckfehler
beruht wol se'\n icet in der prosa slnit pet, da seine Übersetzung
that gibt.
Ich übersetze:
Geschwulst, geschwulst, geschwulstküchlein,
hier sollst du nicht bauen und keinen hof haben,
sondern du sollst nordwärts von hier zu dem nahen berge,
wo du elendes vvesen einen bruder hast:
5 er soll dir legen laub zu häupten,
unter den fufs bände, unter die feder adler,
unter adler eine klaue, immer mögest du schwinden:
du mögest dich zusammenziehen, wie kohle auf dem herde;
schrumpfe ein, wie mist an der wand,
10 und schwinde, wie wasser im eimer:
so klein mögest du werden, wie ein leinsamenkorn,
und um vieles kleiner; wie eines handwurmes hüftbein, und so
klein mögest du werden, dass du nichts werdest.
Dass ich selbst manches in dieser Übersetzung für äufserst
unsicher halle, werden gelegentlich die folgenden bemerkungen
zeigen. 1 wenne verhält sich zu älterem wenn, wie zb. were mann
zu älterem wer. aus anderen germanischen sprachen weist das
wort EMüller s.y. wen nach: hinzuzufügen ist mnd. wetie, Schiller
und Lübben 5, 67 0\ — wenchidienne hat Birch wol ebenso auf-
gefasst, wie ich, da er es mit little wen übersetzt, was die Ver-
wendung des ae. cicen anbelangt, so kann man sich auf The
48 EIN ZAUBERSPRUCH
sevyn sages ed. Weber (iii 84) 2159 berufen, wo die böse kaiserin
von ihrem Stiefsohn sagt: he is the fendes chike 'des teufeis küch-
lein'. aber einen anderen beleg für palatalisierung auch des z^Yei-
ten c des Wortes kenne ich nicht. 3 Birch übersetzt: but thou
shalt forth, even to the nearest town. abgesehen von forth und
even, die durch falsche lesung der hs. veranlasst sind, ist der
Superlativ nearest ungenau und toioi mindestens sehr gewagt.
wer berghe unter berufung auf den bei Mätzner i 373^ zweimal
belegten dat. sg. berie = ae. byrg nehmen will, erhält eine form,
die zu hupe == ae. hype (in der prosa) nicht stimmt; ferner müste,
da pati nihgan bei berghe steht, das ae. femininum männlich oder
sächlich geworden sein; endlich würde dann derjenige, weicherden
Spruch anwandte, das leiden jemandem in der benachbarten Stadt
angewünscht haben. 4 ermig übersetzt Birch mit poor, versieht dies
aber mit einem fragezeichen. ich glaube dass die analogie von
penig für älteres pening, pending zu der annähme, ermig sei ae.
erming, ierming, vollständig berechtigt, v, 6 f übersetzt Birch
fragend: nnder the foot-sole, nnder the eagles feather, under the
eagles claw. zu foot-sole ist er wol gekommen, indem er fot-
«o?mes verbunden und dies gleich ae. fötwylmas oder fötwolman
genommen hat: er hätte dann aber doch foot-soles übersetzen
sollen, zu einer anderen auffassung bewegt mich der umstand
dass sonst in dem denkmal nicht M = ae. lo vorkommt und dass
man einen accusativ erwartet, der mit leaf parallel läuft, dass
sich me. MoZmes = ae. folma sonst nicht nachweisen lässt, fällt
wol gegen meine erklärung um so weniger ins gewicht, als auch
fotuohnes sonst im me. nicht vorkommt und selbst fotwelm nur
in der Worcesterhandschrift des Älfricschen glossars. übrigens
wird wol Birch recht haben, wenn er die stelle für verderbt hält:
mehr aber noch scheinen die zwei folgenden verse gelitten zu
haben, da wir aber nicht mit Sicherheit oder auch nur mit
Wahrscheinlichkeit sagen können, was ihr ursprünglicher sinn
gewesen sein muss, so scheint mir jeder besserungsversuch über-
flüssig. Birch vermutet iioluues 'of wolf für uolmes: er hätte
dann doch lieber loolues vorschlagen sollen, im folgenden ist
eagles wol für eagle's verdruckt: mir scheint aber earnes beide-
mal als accusativ genommen werden zu müssen. 9 das einzige
zweifelhafte ist sonst nur noch scesne awage. Birch übersetzt
zweifelnd excreta voided. hat er awage =awege, ae. dwegen ge-
EIN ZAUBERSPRUCH 49
nommen? dass aber dwegan eine bi^douUing hatte, die hier passen
würde, lässt sich nicht beweisen ; aulserdeni erwartet man etwas
mit on heorpe und on anbre auch formell paralleles, deshalb
nehme ich awage = ae. on lodge. mehr Schwierigkeit macht
scesne. ich weifs aut nichts hinzuweisen als auf die glosse zu
Älfrics Colloquium (Vocabularies edd. Wright-Wülker) 91, 4 sceasn
über fimum: Thorpe freilich las scearn, und das ist ja ein be-
kanntes wort, das auch Wülker für sceasn gesetzt hat. auch
Birch hat wol scearn im sinne gehabt, übrigens könnte, falls
unser spruch nicht aus dem gedächtnis aufgezeichnet ist, auch
hier leicht s statt r verlesen sein. 10 anbre dat. von anber, ae,
amber, oniber. aus einem me. denkmal ist das wort bisher noch
nicht belegt, wegen des in dem prosaischen teil vorkommenden
handwurm s. Grein, Bosworth-Toller und DWß 4, 2, 430. zur
bezeichnung der unbedeutendheit wird der handwurm zweimal
in den ae. rätseln verwendet: 41, 96 ic eom on mcBgne mlnmn
la'sse, ponne se hondwyrm, sepe hceleda bearn, seegas searoponcle,
seaxe delfad und 67, 2 ic eom . . . Iwsse, ponne hondwyrm. der
vergleich ist Aldhelms rätsei De creatnra nachgedichtet: et minor
exiguo, sulcat qui corpora, verme. aber auch Shakespeare braucht
den handwurm noch zu demselben zwecke in der bekannten
Schilderung der konigin Mab Rom. 1, 4, 69 Her waggoner a small
grey coated gnat, Not hälfe so big as a round little worme, Prickt
from the lazie finger of a man. für man lesen fast alle heraus-
geber maid mit der ersten quarto, die eine raubausgabe ist und
deshalb nur in betracht kommen kann, wenn die lesart der zwei-
ten quarto fehlerhaft ist, was hier nicht der fall ist: man ist
natürlich nicht = mann , sondern = mensch zu fassen, dass
nach dem Volksglauben sich nicht nur in den faulen fingern von
weibern und mädchen Würmer erzeugten, wird zb. durch die im
DWB angeführte erklärung bewiesen: vermis quidam, qui nasci-
tur inter cutem et carnem in manibus otiosis (also allgemein 'in
faulen bänden').
Cockayne in seinen Leechdoms usw. hat allerlei natürliche
mittel gegen wm. i 382 pds loyrta sceolon tö wensealfe usw.
n 128 nr lviii tö ivensealfe and loenbylum usw. (es werden hier
mehrere recepte gegeben), ir 326 nr xxxi ivyrc göde xoensealfe
usw. ni 12 tö wensealfe nim usw. iii 20 wyrc senlfe . . . wid
wenne usw. in 46 gif men synd gewunod wamnas on fxet heafod
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 4
50 EIN ZAUBERSPRUCH
formt odde on da e'agati. nur eiu mittel bei ihm ist metaphysi-
scher ait III 74 : gif wcennas eglian mceti wt poire heortan, gange
m<jedenman tö wylle, pe rihte east yrne, and gehlade dne cuppau
fidle ford mid ddm streame and singe pwron credan and pater-
noster and geote ponne on öper fcet and Made eft öpre and singe
eft credan and paternoster and dö swd, [xet pü hwbbe pre'o. du
siod nygon dagas: suna him bid wel. wie man jetzt wens in Eng-
land loszuwerden sucht , darüber s. Publications of ihe folk-lore
Society i 216 ff, wo James Hardy über Wart and wen cnres
handelt.
Nun noch einige bemerkungen über die spräche des denk-
mals. der zweimal gebrauchte einlache circumflex (v. 7 d, v. 1 1
sei) soll wol länge des vocals bezeichnen , ebenso der doppelte
acut bei alswä v. 9. 10. dagegen der doppelte circumflex bei
nihgan v. 3 und der doppelte acut bei scesne und aicage 9 sollen
wol (liacritische zeichen zu sc und g sein, jenes als seh, dieses
als reibelaut bezeichnen.
Was nun zunächst die vocale in den betonten silben an-
belangt, so erscheint ae. a ebenfalls als a: habben 2, ac 3,
hauest 4; auch vor resonanten pan 3, hand nach 11, anbr^e
(ungenau für ambre) 10; die conjunction and ist immer ab-
gekürzt (10 und zweimal nach 11). wegen on, a s. unter o.
auch ae. ä ist durchweg geblieben: d 7, alsicä und alswa 8.
9, 10. 11 und zweimal hinler 11, ivage 9, swa 11, anes, ban und
nawiht hinter 11.
Ae. ce und ce erscheinen ohne ausnähme als e: et 5, weter
10, pel nach 11 ; nenne 2, per 3, enne 4, set 11, lesse nach 11.
Ae. e und e sind geblieben: wenne und toen- 1, ne 2, legge
5, ueper 6; her 2, ne 2, he 5, pe 5.
Das gleiche gilt von ae. i und i: chichenne.l, timbrien 2,
dinge 8, scring 9, miccU und nawiht nach 11; lin 11. auf altn.
litill geht vielleicht zurück litel 11 und nach 11, doch könnte
auch ae. litel wegen micel statt lytel das elymon sein.
Auch ae. o und ö sind unverändert: north 3, nolmes 6, col
8, com 11; ?o 3, broper 4, fot 6. so auch on 8. 10, aber ge-
kürzt, wie ae., a 9.
Ae. u und ü sind auch geblieben : uiider 6. 7 ; hierher ge-
hören auch gewiirpe 11 und zweimal nach 11 und wurmes nach
11, sofern sie fortsetzuugen der gleichlautenden ae. formen sind
EIN ZAUBERSPRUCH 51
und nicht direct anC ao. geweorpe, wyrmes zurückgehen, ferner
pu 2. 3. 4. 7. 8. 9. U und zweimal nacli 11, tun 2.
Ae. ^, der umlaut von u, erscheint als m in lm]pe nach 11.
wegen litel s. unter i.
Was die ae. diphlhonge anbelangt, so sind diese meist ge-
blieben, wir finden ea = ae. ea in earnes 6. 7, = ed in acealt
2. 3 und sceaZ 5; = ea in /ecr/ .5, heufde .^, c/ea 7. eine be-
greifliche ausnähme in folge der einwürkung des folgenden con-
sonanten macht nihgan 3, wo nihg = neah ist. ferner ist ahwa
(belege unter a) zu bemerken und das zweifelhafte scesne 9.
Durchweg ist eo geblieben aufser in berghe 3, wo das aug-
lische auch in alter zeit schon e zeigt (berg= ws. beorg): eonene 3,
geweornie 7, heorpe 8, loeorne 10. Wörter, die ae. eö, eo, eö zeigen,
kommen in unserem denkmal nicht vor.
Endlich ist noch zu bemerken dass e der Vertreter von ws.
ie ist: ermig 4 = ae. iermitig.
Betreffs der consonantcn ist zunächst auf das schwanken in
der bezeichnung eines auslaufenden verschlusslautes hinzuweisen:
scri'ng st. scnnc 9, aber umgekehrt set st. sed = ae. sied 11. an-
lautendes f ist tönend geworden in uolmes und ueper 5, aber
in demselben verse finden wir fot geschrieben, im inlaut haben
wir hauest 4, aber heafde 5. erwähnt sei ferner die ungenaue
Schreibung anbre st. ambre 10. in bezug auf die lingualen ist
nur die Schreibung th in north 3 (mit nachträglich zugefügtem h)
hervorzuheben gegenüber dem sonst stets gebrauchten p. ae. c
erscheint als ch in chichenne ], sonst bleibt es: ac 3, dinge S,
col 9; wegen scring 9 s. oben, auch sc bleibt: scealt 2. 3, sceal 5,
scring 9, scesne 9: doch ist betreffs des letzten Wortes zu ver-
gleichen, was oben s. 50 über den doppelten acut gesagt ist. für
ae. g finden wir hg geschrieben in berhge 3, g mit doppeltem acut
in loage 9, sonst einfaches g: ermig 4, geweornie 7, dinge 8, ge-
wurpe (dreimal) 11 und nach 11. für ae. cg erscheint gg:
legge 5. hg mit doppeltem circumflex in nihgan geht entweder
auf ae; h (nihgan von nihg = ae. neah) oder auf ae. g (nihgan
= ae. *neagan; vgl. heage udgl.) zurück, h ist abgefallen im an-
laut von eonene 3 und gutturales n ausgefallen in ermig 4 (vgl.
oben s. 48).
Für die formenlehre ergibt das stück wenig, zu beachten
als subst. nom. sing, sind wenne 1, wenchichenne 1, scesne 9,
4*
52 EIN ZAUBERSPRUCH
alleofalls auch col, da wir häufig cole (= ne. coal) antreffen, für
den gen. sg. g\ht handwnrmes nach 11 einen beleg, für den dat.
sg. herhge 3, heorpe 8, wage 9, anbre 10. ferner nenne icli den
acc. sg. ueper 8 == äe. federe, im pl. finden wir als acc. nicht
blofs earnes 6. 7, sondern auch nohnes (ae. folma). heafde 5 ist
wol ae. heafdum. was die adjectiva anbelangt, so ist anzuführen
der gen. sg. m. anes nach 11, acc. sg. m. emie 4, instr. sg. n. micdi
nach 11; ferner der schw. dat. sg. m. nihgan 3. von prono-
niinalformen ist nur pan 3 hervorzuheben, beim verbum sind
nur präsensformen belegt, ind. sg. 2 hauest 2 und scealt 2. 3;
3 sceal 5. conj. sg. 2 dinge 8, gewnrpe (dreimal) 11 und nach 11,
geweornie 7. imp. sg. scring 9, weorne 10. inf. habben2, legge 5,
timbrien 2. alle verbalformon sind regelrechte fortselzungen der
altenglischen, zu beachten ist auch die erhaltung des i bei den
Verben der zweiten schwachen : geweornie 7, timbrien 2 (aber
weorne 10 = ae. weorna).
Aufgezeichnet ist dieser spruch, der kein romanisches wort
zeigt und skandinavischen einfluss höchstens vielleicht in litel st.
Intel, gewis im Südwesten Englands, dass wir es nur mit der
sprachlichen erneuerung eines altenglischen denkmals zu tun
haben, scheint mir nicht zu bezweifeln.
Berlin, den 3 Januar 1886. JULIUS ZUPITZA.
BRUCHSTÜCK EINER ALTENGLISCHEN
BOETIUSHANDSCHRIFT.
Folgendes fragment der Älfredschen Boetinsi'iber tragung, von
einer hand ans der ersten half le des 10 jhs., befindet sich auf dem
letzten blatt der hs. Junius 86 der Bodleiana. dieses blatt, welches
augenscheinlich früher als einband gedient hat, ist erst vom, buch-
binder an die jetzige stelle gebracht worden und gehörte ursprüng-
lich einem Boetiuscodex in Mein folio an. das erhaltene stück
bildete die untere hälfte eines blattes, und nach der lücke zwischen
A und B zu urteilen, muss jede seite der hs. c. 38 Zeilen enthalten
haben, die schrift ist zum teil sehr undeutlich, da die buch-
staben vielfach verblasst sind; das pergament ist auch stellemoeise
durchlöchert und in folge desseti sind einige buchstaben ganz ver-
BRUCHSTÜCK EINER ALTEINGL. ßüETlUSHAlXDSCilRlFT 53
loren. toas ich nicht mit Sicherheit lesen konnte, habe ich in
eckigen klammern aus der hs. Bodl. 180 (früher NE. C. 3. 11) er-
gänzt, der zeiletischlnss ist durch senkrechte striche bezeichnet;
die den buchstaben h, m, d in ligatur angehängten a und o habe
ich durch cursiven druck kenntlich gemacht.
A = cap.-xiy § 3 (Cardale s. 70; Fox s. 46).
[Pdüs raejoniscan lifes [gecynd is ]j hi Jjy anan seon beforan
eallu odrü gesceaftum] | dy hihiselie ongiten hwa^lhisin. 7 hvvo-
nanhisien. 7 dyhisint wyrsan doiT nie[te]|nu dy hi nyllad wilan
hwaithisint odde hwanonhisiot. dtemneatü is gecynde | diiithiuyten
hwtelhlsieD. Acdaetis daramonua undeavv. |)eBthiDyten hwicthisien. 5
N[u] I deis swidesweotol ])gebiod ongedwolaa liongewenad JJicoig
ding nia'g midl[riunidum welum | beon] g[e]weordod. gil'hvva nu-
bid midhvvelcü vvelü geweordod [7] midh[welcum deorwyrl)um]
»htu gearad hune belimpd seweordscipe dofi [t]o|)K de hine
geweo[r}iad JjtCt is to heri]|aDne hvveneryhtiicor. Nedaetnebid 10
no dy fajgerre ^mid elleshwä gerenodbid | deahdagerenu fsegrusia
dehit mid gerenodbid gifhit icr sceondlicwies neb[id] h[it no] |
dy t'aigerre. Witeduforsod. ^ ndn god nedered jjtcdehit ah
hwaetduvvast nu "|5 ic de ne[leo]jge 7 [eac wast |)aet] davvelan oft
deriad l^fedehiägon onmonegu dingu. 7 ondäe swidost. l5|[te] 15
men w[eorda]d swa iip ähafene iordsü welan ^oft seealra wyr-
resta 7 seeallra uoweordusta monwend ^ he si eallesda^swe-
lanwyrde [jeonweoroldeis. gilhewisse | huheh~ tocumau meahte.
Sedemicehie welan hseld hehi~ ondrtßt monigne leond | githenane
«htanicfde nedorlte hehf n«nne ondnedan. gildunu \v»re weg- 20
lerend[e] 7 h[a}f]de micelgold onj^e 7 l)u[)oS become ondeofscoie
}jon newendes dude dines |
B=cap. XVI § 1 (Cardale s. 74; Fox s. 48).
[HwiEt micg ic lie nu mare secjgan bedieni weordscip[e 7 |
be J)a]manwalde disse weorolde. Fordieni anwalde geeow woldon
ahebban up oddoue | [heo]fün. gii gemeahlen. daetis lordsem
l)egenegemunon neeac neongitad Jjone heo|foncundan auweald
7 [>one weordscipe seis eower ägen 7 |)ünau gecomon. hwail | 5
seeowe[r welja. Jjon 7 seeower anweald degenu weordscipe hatad
gifhebecymdlol)^' | eaha wyrrestan men. 7 lolnc dehis ealra un-
weordoslbid. swahenu dyde lodys | ijcan diodrice. 7 gio mr
54 BRüCIiSTÜCK ElISEK ALTEWGL. BOETIUSHAINDSCIIIUFT
tonerone jjaemcasere. 7 oil eac tomauegu liira gelicu. liu | ne
swa
10 wilelie don doo swa hi dydon 7 gitdod. ealdaricu dehf under-
biod odde äwer | onneaweste forslean 7 forheregiau swaswa fyres
lig ded drygne licedl'eld odde ] efl sebirnendasvvefl l»onemunt biCind
devvehötad etne seis onsicilia })a'^ealonde. | Swide onlice djemiclaii
flode degio oimoes dagu wses. Icwene ^3 duma>g gemunan t»te |
15 eowreildran gio romana wilao ontorcwines dagii dffis ofermodan
cyninges forhis of |melton l)onc cynclican naman of rome byrg
a;rest adydou 7 eft swaiice lieherclogan | debineair ut adrifon. bie
woldon efl ut adrifan forbira ofmellu acbiuemeabloii. | Fordäi
dese leffre anvveald |»ara berclqgena diemroniaiiiscü wilu git wirs
20 bcode I l)ofiseaiiTa l)ara cyninga. gifhit donaifregewyrd swabit
swide seldongwyrd.
16 das on vo7i mctlon tindeiilllch.
Oxford, juni 188G. A. INAPIER.
ZUR SPRUCHDICHTUNG BEI DEN ANGEL-
SACHSEN.
Hauplquelle für unsere kenutnis ags. sprucbdichtung sind
vier guomiscbe gedicbte, von welcben drei das Exeterbucb, ein
viertes die bs. der Cottoniana Tiberius B i uns überliefern, die
ausgaben dieser gedicbte und anderes dazugehörige verzeicbnet
nun RWülker in seinem Gruudriss zur gescbicbte der angel-
säcbsiscben blteratur s. 228 ff. während die Germanen der scan-
dinavischen inseln wie die Südgermanen reiche entfaUung gno-
mischer diclitung zeigen, sind wir bei den Angelsachsen, wenn
es sieb um mehr als indirecte beweise für das Vorhandensein
derartiger dichtungen handelt, auf die wenigen oben angeführten
gedicbte angewiesen, von der riitseldichtung sehe ich hier ebenso
ab, wie von der gnomik Alfreds, die auf gelehrtem boden ruht,
für mich formuliert sich die frage so: gab es bei den Angel-
sachsen keine dichter, nenne man sie nun spielleute oder anders,
welche wie die puler des nordeus den alt überlieferten erfahrungs-
schatz ihres volkes wie persönliche erfahrungen in Sprüchen ver-
breiteten ? ich glaube, eine Untersuchung der augeführten ge-
dicbte gibt uns die antwort auf die frage, ich will sie vorlegen
wie ich sie gefunden zu haben meine.
ZUR SPRUCIIDICIITÜIN'G BEI DEN ANGELSACHSEN 55
üas erste gedieht beginnt sofort mit einer crux Air den
Übersetzer und erklärer. frige me frödum wordum! ne Imt
pinne ferd onhwlne , degol pcet pn deopost cunne! Nelle ic pe
min dyrtie gesecgan, gif pu piime hygecrwft hglest and pine heor-
tan gepohtas. das ist ein eingang, der auf etwas ganz anderes
vorbereitet als folgt, wir erwarten frage und antwort, wie wir
derartiges aus den nordischen wettliedern, aus Salomon und Saturn,
aus dem Tragemundslied ua. kennen, nichts davon in unseren
angelsächsischen spruchgedichlen. wir müssen es mit einem typi-
schen anfange angelsächsischer wettlieder zu tun haben, den
der Sammler unserer gnomen an die spitze gestellt hat. un-
möglich kann er ihn erst gedichtet haben, der in so vollstän-
digem Widerspruch zu dem steht was folgt, diese verse allein
beweisen das Vorhandensein von wettliedern im ags. aber es ist
uns wenigstens noch eine spur innerhalb der ags. litteratur von
solchen wettliedern erhalten, wir haben ein ags. gedieht, das
die deutschen herausgeber Botschaft des gemahls an seine frau
überschreiben, bekanntlich hat die ersten elf verse dieses ge-
dichtes Thorpe als rätsei abgetrennt, auch Ettmüller liefs sie
weg. seit Grein nehmen die deutschen herausgeber an dem ein-
gang keinen anstofs. soviel steht vom Inhalte fest: durch runen,
in ein holz eingeritzt, sendet der verbannte seiner frau die bot-
schaft. aber der eingang ist doch recht sonderbar, das ic der
ersten zeile geht offenbar auf den dichter, das ic der zweiten auf
den bäum, 'ich will dir erzählen von der art des baumes' so
kann doch nur ein belehrendes gedieht anheben, im Exeterbuch,
das uns die verse überliefert, geht vorher das 61 rätsei: Ic ivcvs
he sande scpwealle neah cet merefarode. in kürze ist der inhalt
desselben : 'ich wuchs am hohen seeufer. spreche mundlos über
die metbänke und wechsle worte. des Schwertes spitze und die
rechte band zwangen mich dazu die botschaft zu entbieten.' die
lösung dieses rätseis bringt nun unser gedieht, 'ich will dir
sagen von der art des baumes' beginnt der dichter und lässt
nun diesen genau wie üij-»» .^Lsel in erster person sprechen, er
erweitert die antwort und gibt auch den inhalt der runen. man
könnte unseren beiden gedichten ganz gut die eingangsverse
unseres ersten spruchgedichtes vorsetzen, jedesfalls wird die
auffassung dieser eingangsverse durch die rätsellieder bestätigt,
wie die auffassung der rätsellieder ihre weitere stütze findet in
56 ZUR SPRUCIIDICIITÜNG BEI DEi^ ANGELSACHSEN
der Überlieferung, das 61 rätsel sieht sichtlich aufserhalb der
zwei reihen, welche uns die übrigen rätsel überlielernJ
Es scheint dass auch der erste halbvers von z. 4 dem alten
gcdichte angehört, dann knüpfte der dichter seinen geistlichen
Spruch mit der allitteration an das gedieht an, wie der dichter
des Wessobrunner gebetes seinen teil durch dö mit dem sächsi-
schen gedichte in Verbindung zu setzen sucht, bis v. 36 gehen
geistliche Sprüche, v. 7 Meotud sceal in wuldre, mon sceal on
eordan erhält eine ganz unpassende fortsetzung geong ealdian.
machen wir hinter eordan einen punct, so haben wir einen
schönen parallelismus, wie wir ihn in den Sprüchen noch öfter
finden werden, was 12. 13 aussagen finden wir mit anderen
Worten in 17. 18. ich schliefse an v. 7 den v. 14. von dem
Schöpfer hatte der dichter begonnen, ihm gehört der himmel,
dem menschen die erde, viele erdräume hat gott dem menschen
zugewiesen, ebenso viel sind Völker und sitteu. das ding soll
hegen der weise gegenüber dem weisen: das schafft frieden.
V. 22. 23 ein zusammengehöriges distichon , das an den vorher-
gehenden Spruch des verwandten sinnes wegen angehängt ward,
auch 24 — 26 bilden keine fortsetzung, sind in sich aber schön
und zusammengehörig: der geburt des menschen wird im bilde
dessen endschicksal gegenübergestellt, zu diesen drei versen ge-
hören wol inhaltlich, also ein ganzes mit ihnen bildend, 27—34.
auch in ihnen stehen geburt und tod einander gegenüber, da-
• es ist mir keineswegs entgangen dass Dietiicli Zs. 11, 452 in dem
61 (62) rätsel eine freie bearbeitung des Spruches des Symposius nr 2, der
arundo überschrieben ist, erkannt batte. die beziehungen zu Symposius
sind nicht nur zu geringe, sondern der sprach enthält manches, was zur
rohrllöte nicht passt. schon dass sie vniäleas spreciien soll, stfnimt nicht
recht. Piirh föt jieuctan vermag die sackpfeife im 32 rätsel wordum läcan.
im gegensatz zur sackpfeife hat die flöte würklich einen mund. gar nicht
zu passen scheint mir der schluss. das unmögliche ausgedrückt in siud Int
beorna md uncre wordcwidas widdor iie vimndon ist nicht ohne paral-
lelen in den rätseln, aber wie ist zu verstehen poit ic wiS" ^e sceolde for
iinc dnuiii iivdm arendsnraice dbcodan? pricht die flöte hier den an,
Sie
der sie bläst, wie kann sie ihm 'botscuättssprache entbieten"? bläst sie
ein anderer, was soll /b/- unc dnum twdinf aber das mit runen versehene
holz spricht würklich mundlos, es spricht nur für sich und den, dem es
bestimmt ist, niemand kann die Sprüche weiter sagen, da er sie nicht hört.
die eingangsverse würden wir, falls meine Verbindung mit der Botschaft
richtig ist, besser verstehen, wenn die ersten verse des letzleren gedichtes
nicht so verstümmelt überliefert wären.
ZUR SPRUCHDlCUTUiNG BEI DEES ANGELSACHSEN 57
gegen ist 35. 36 wider ein distichon für sich, sich nur äiilser-
lich an den sinn der vorhergehenden verse schliefsend; an die
stelle der schönen verschlingung der beiden gedanken — leben
und tod — tritt der rat für die seele zu sorgen, auf einen
solchen ethischen spruch weist wenigstens nichts in den versen
24 — 34. V. 37 — 44 behandeln wider gegensätze und zwar von
glück und Unglück : der reiche, der arme, der frohe, derblinde,
wenn SS'' zu übersetzen ist: 'das Unglück sei auf immer gefesselt',
so trennt sich das distichon 37. 38 von den übrigen sechs versen.
die verse 45 — 48 fasse ich wider zusammen, das tertium com--
parationis der verbundenen glieder ist hier die hilfsbedürftigkeit
des kranken und des kindes. wir lernen hier eine etwas künst-
liche Strophe kennen, eine abart einer Strophe, welche im 10 jh.
Eyviudr skäldaspillir in seinem Iläkouarmäl sich gestaltet, nur
dass dieser den halbvers am Schlüsse der drei langverse bringt,
die ags. Strophe aber vor dem letzten langverse ihn einschiebt.
V. 49. 50 schliefsen sich nur äufserlich an, das mon geong hat
das mon cildgeong herangezogen, v. 51 — 54 gehören zusammen,
dem ethischen satze styran sceal mon strongum möde steht ein
bispel aus der natur zur seile, umgekehrt geht der folgende
Spruch von der natur aus und die anvvendung auf das menschen-
leben folgt, 55 — 60. wir haben es wider mit einer künstlichen
Strophe zu tun, der ich freilich keine analoge an die seile stellen
kann. v. 61 — 66 scheinen mir wider näher zusammen zu ge-
hören, 'von den passenden dingen' könnte man diesen spruch
überschreiben, ich mache auf den symmetrischen bau desselben
aufmerksam, v. 61 enthält zwei gruppen , die letzte findet eine
ausführung in einem verse, 62, v. 63.64 enlhallen gleichfalls je
zwei gruppen, der gedanke von 64'' wird in zwei versen weiter
ausgeführt, also 1:1:2:2. auch den schluss 67 11' fasse ich als
6inen spruch auf. v, 68" gestehe ich zwar nicht zu verstehen:
auch Rieger nennt seine eigene berichtigung 'unbefriedigend.'
der spruch aber ist nichts anderes als die bitte eines fahrenden
um gäbe, 'männer, die sich zu schämen haben, sollen im schatten
wandeln, der herliche gehört ins licht.' er fährt dann fort: 'der
gabeusluhl soll bereit sein, wenn die männer den schätz verteilen,
lieb ist dem, der das gold empfängt, der mann auf dem hoch-
sitze' und schliefst 'lohn soll, wenn wir nicht lugen wollen, dem
werden, der uns diese gunst erwies.' er verspricht also dem frei-
58 ZUR SPRUCHDllUTUING BEI DEN ANGELSACHSEN
gebigeo seinen lohn, es wird klar sein dass die anlithese v. 67
zu unserem spruche zu ziehen ist. über die bedeulung von lis
in V. 71 ist zu vergleichen Beowulf2l50 mit dem kurz vorher-
gehenden, wir haben aus der ersten guomensammlung aufser
dem bruchstücke der einleitung eines wettgedichtes eine reihe
von Sprüchen gewonnen, solche geistlichen inhaltes standen
voran, in dieser voranstellung dürfen wir die liaud des bearbei-
ters erblicken, der aber seiner geistlichen neigung nicht allzu
lange nachgab, nichts im folgenden verriet uns, dass er etwa
störend in die einzelnen späteren spräche eingegriffen habe, viel-
mehr konnten wir bei manchen derselben an der erhaltuug der
schönen form gerade die treue des überlieferers gewahren, anderer-
seits dürfen wir mit Rieger nicht mehr anfang und schluss des
gedichtes für die erkenntnis der absieht des Sammlers verwerten.
Der anfang der zweiten spruclireihe scheint mir verderbt,
wenn ich von 2^ zunächst absehe, so finde ich bis 75' eine Schil-
derung des winters, 75'' — 78 gott allein löst das fesselnde band,
dazu der schlussvers: 'die tiefe tote woge ist am längsten böse
(gewesen).' dann ist aber in 2' growan nicht richtig, es muss
ein anderes wort stehen, von ganz entgegengesetzter bedeutung.
welches weifs ich nicht, v. S*". 4* waren dann ebenfalls anders
zu übersetzen als Grein tut im Sprachschatz 2, 194 s. v. Incan:
'das eis wird wundersam verschliefsen der erde keime.' ich glaube,
meine auffassung ist der herschenden vorzuziehen, welche sich
allerdings auf die in unseren spruchreihen sonst gewöhnliche er-
klärung von sceal berufen kann. v. 80. 81 stehen für sich, aufser-
dem tritt Sl** ganz aus dem zusammenhange heraus, v. 82 — 93
gehören zusammen, sie handeln vornehmlich von den aufgaben
der frau des königs, ein auch nur äufserlicher oder ganz allge-
meiner Zusammenhang mit dem vorhergehenden besteht nicht.
V. 94 — 100, ein spruch von der heimkehr der beiden, wider aus-
gehend von bildern des gewöhnlichen lebens. die frau steht
wider im Vordergründe, v. 101 — 103 von treuen und ungetreuen
trauen, v. 104 — 106 wol ein gleichnis, zu geduld und ausdauer
mahnend, in schwerem und langwierigem werke, v. 107 — 117
ist der spruch eines mannes, der zur arbeit untüchtig, arm und
hungernd, von der gemeinde seinen unterhalt verlangt, der könig
hat überm meere die ansiedelung gegründet, die bewohner nutzen
wald und wasser, es kauft speise wer mehr bedarf, klage des
ZUR SPKUCHDlCUTUrsG BEI DEIN ANGELSACHSEN 59
hungernden, einen mord nennl er es, wenn man ihm nicht speise
reicht, einen schimpflichen, den man verhehlen soll, wir haben es
mit einer Schattenseite des spielmannslebens zu tun, arm, wol un-
fähig zu wandern eii)etlelt er von den seinen den unterhalt, v. USA'
zeigen endreim, von denj in unseren spruchreihen sonst keine
spur vorhanden ist. meist sind es Sprichwörter, welche durch
allitteration und reim verbunden sind, nur 119'' und 120' machen
hiervon unter den gereimten eine ausnähme. v. 126 — 129
Sprüche, deren Zusammengehörigkeit wider durch den symmetri-
schen bau der Strophe bewiesen wird, ein spruch anderthalb
langverse einnehmend, dann einer blofs von einem halben lang-
vers. das zweite par in umgekehrter reihe: ein halbvers einen
spruch umfassend, anderthalb langverse den zweiten, in den
drei folgenden versen 130 — 132 ist je ein halbvers einem Spruche
gewidmet, v. 133 — 138. der spruch Wollen worhte weos, wuldor
alwalda, rünie röderas lehnt sich in seinem anlange an Ps. xcv 5
omnes dii gentium daemonia, dominus autem coelos fecit, welchen
psalm auch der pabst Bonifatius in seinem schreiben an Äduuin,
den könig der Äugeln (mitgeteilt von Beda in seiner HE n 10,
s. 83 bei Holder), anzieht, freilich muss der dichter die psalm-
stelle entweder aus unsicherem gedächtnis übersetzt oder sie
misverstanden haben, da er fecit auch zum regierenden verbum
des ersten satzes macht, für den anderen teil des Spruches findet
sich ebenfalls in der bekehruugsgeschichte Äduuins bei Beda eiue
parallele, er legt im cap. 13 desselben buches dem primus fon-
tificum Coifi folgende worte in den mund: in hac praedicatione
neritas daret illa quae iiobis uitae, salutis et beatitudinis aeternae
dona ualet tribuere. im spruche heifst es: södcyning se iis eal
forgeaf pcet we on lifgad and eft on pa>m ende eallum wealded
monna cynne. eine beziehung unseres Spruches auf die hekehrung
Äduuins darf aus diesem zusammentreffen nicht gefolgert werden,
aber aus der Übereinstimmung ergibt sich dass der spruch ge-
danken enthalte, deren die bekchrer auch sonst den beiden gegen-
über sich bedienten, wir erkennen somit wol den zweck, den
der spruchdichter verfolgte.
In formeller beziehung ist an dem spruche der dreimalige
gleiche anlaut im ersten halbvers zu tadeln: Wöden worhte weos.
bevor ich die beziehung zum xcv psalm erkannt hatte, wollte ich
lesen : Wöden worhte peostni und glaubte mich dazu noch be-
60 ZUR SPRUCHDICIITUNG BEI DEN ANGELSACHSEN
rechtigt durch den gegensatz von wuldor und rüme röderas. es
darf daran erinnert werden dass Jul. 419 der teulel pystra stih-
tend genannt wird und dass also peostru metonymisch gehraucht
sein kann, auch kann, wenn in weos würkhch der fehler liegt,
die änderung erklärt werden, einer , der den Zusammenhang der
Worte mit der bibelstelle erkannte oder wüste, suchte die be-
ziehung enger herzustellen. ^ liegt der fehler in worhte und ist
etwa teode zu setzen, so suche ich vergebens nach dem gründe
der änderung. mau wird sich also wol auch noch diese ab-
weichung von der bibelstelle gefallen lassen müssen.
Die dritte reihe beginnt mit einem spruche, der die auf-
gaben des fahrenden behandelt, v. 142. 143 müssen wir athe-
lieren, sie stören den Zusammenhang, v. 144 bildet den IrelT-
hchen abschluss der vierzeiligen Strophe im fornyrdalag. v. 145 bis
148 von freunden und dem Schicksal dessen, der keinen freund
hat. v. 149 — 152 aufforderung die toten zu begraben, v. 153 bis
159 anempfehlung der milde, die auch der alte nicht lassen
soll, aufrecht soll sein saal stehen um seines geschlechtes willen,
denn der liegende haum grünt nicht, v. 160 — 164 lob der treue,
des ungetreuen achtet gott nicht, eine fünfzeilige Strophe v. 165 bis
169 Verschiedenheit der menschen. v. 170 — 173 preis der sanges-
kunst. V. 173 — 177 Schicksal des Ireundlosen. v. 179 — 181 Ijo-
dahäitr. die ergänzung des verses 180'' durch Grein wird das
richtige treffen, dann mahnt der spruch helden sich zusammen-
zuhalten und zur vorsieht, freilich scheint der folgende vers
durch Hy ttoegen an unseren spruch anzuknüpfen, aber da ein
Zusammenhang schlechterdings nicht aufzudecken ist, so ist die
Verbindung erst durch den sammler hergestellt, es ist daher wol
zu lesen Asceolon twegen oder ähnlich, auch v. 184. 185 können
unmöglich zu den vorhergehenden gehören, sondern bilden einen
spruch für sich: 'den müfsigen zieht der herr nicht an seine
Seite.' v. 186 — 188. der faule knecht und der unfähige sind
nicht zu brauchen zur schilTlahrt: der faule rudert nur unter
segel, der unfähige, wenn du ihn schiltst, verliert seine kraft
und lässt das rüder trocken, über die v. 189 — 193 vgl. Zs. 30,215.
V. 194 — 202 gehören sichtlich zusammen, der spruch erinnert
mich lebhaft an den bekannten interpolator der Beowulflieder,
' es liegt hier feiner, den grund der änderung im verlesen von /> zu
wen zu suchen, vgl. ßeowulf ed. AHolder s. 100".
ZUR SPRUCHDICHTÜNG BEI DEN ANGELSACHSEN 61
insbesondere an die v. 10711'. der spruch bedari zunächst keiner
weiteren erklärung, dem morde Abels wird es zugeschrieben,
dass kriege und leindschaften in die weit kamen, wol aber ist
manche einzelheit unverständlich, fione cwealm nerede, was soll
das bedeuten? im BeowuH steht pone cwealm gewrcec, ziemlich
unbeholfen, aber an unserer stelle konnte der ausdruck zur
besserung einen fingerzeig geben: pone cwealm gewnec — cüd
wws tcide siddan — pci't ece nid wldum scöd. dürfte man nun
statt des unverständlichen adolwarum lesen ddomswarian, so be-
deuteten die Worte: den mord rächte — kund war es seither
weithin — , dass ewiger hass die menschen schädigte, wie auch
eidam und schwäher der waffen getöse vollführten über die erde,
der Spruch zerfällt in zwei teile 4 -j- V2 5 V2 + 4. im gründe
sagen beide hälflen dasselbe, aus Abels blut entsprosste untreue
und feindschaft. und nun wider: es erschlug seinen eigenen
bruder Kain. ich kann die widerholung bei beabsichtigtem sym-
metrischen bau hier nur verstehen , wenn auch der dichter mit
ihr eine bestimmte absieht verband.
König Oswald von Northumbrien fällt in der schlacht am
MaserfelJ) am 5 august 642. sein gegner war Penda, könig von
Mercia. man lese bei Beda ni 9, welchen eindruck Oswalds tod
nnd die Schändung seiner leiche nocJi nach einem Jahrhunderte
auf Beda machte. Oswalds bruder ist Oswin. er vermählt eine
tochter mit dem söhne Pendas, Peada. am 15 november 655
kommt es zwischen Oswin und Penda zum kämpfe, ersterer
bleibt Sieger, Penda fällt, ein jähr später wird Peada ermordet,
wir haben hier einen kämpf zwischen eidam und schwäher,
Peada, der ja wol an der seile Pendas kämpfte, und Oswin.
hervorgerufen wird der kämpf durch den fall Oswalds, welchen
der geistliche dichter wol den mord eines Abel nennen konnte,
durch diese beziehung gewänne unser spruch erst die rechte be-
deutung. er gehorte an den schluss des siebenten oder in den
anfang des achten jhs., wo die tat noch in lebhafter erinuerung
war; aber auch Oswald sich immermehr zum hauptheiligen der
Angelsachsen entwickelte.
Sind wir durch unseren spruch an den inlerpolator des
Beowulf erinnert worden, so zeigen auch die übrigen Sprüche
dass sie in denselben kreisen entstanden sind , welche den alten
heldensang pflegten, denn auch dieser hat, wenn auch selten,
62 ZUR SPRUCHOlCMTUNr. BEI DEN ANGEF.SACHSEN
derartige spräche in sich aiifgenommpii. der Travellers song 1 e-
ginnt mit einem Vierzeihgen Spruche, v. 10:
fela tc motina gefrcegn mcBgdum wealdan:
sceal peodna gehwylc peawum lifgan,
eorl Lvfter ödriim edle rcedan,
se pe his peodenstöl gppeon wih.
auch der verf. der einleitung zum Beowulf flicht einen spruch
ein, welcher durch die kleine änderung des hegin neuden swd in
d selbständig wird, v. 20:
Siod sceal geong gnma gude gewyrcean,
fromum feohgiftum on fwder bearme,
pcet hine on ylde eft gewnni'gen
wilgesipas, porme wig atme,
leode gelü'steti: lofdwdum sceal
in moegpa gehwwre man gepeonl
nur noch einen vollständigen spruch finde ich in Beowulf und
zwar einen vierzeiligen, v. 1059:
(forpan) hid andgit ceghiowr seiest,
ferhdes forepancl fela sceal gelndan
leofes and Idpes se pe longe her
on dyssnm windagum loorolde brüced.
sonst bietet der Beowult' nur spruchartiges in die darstellung
verllochten, was ich, weil ich einmal daran bin, hier vollständig
anführe: IS^"^— 187, 287"— 289, 299, 300, 455^ 1384, 1534,
2166^ — 2169% 2858, 2890. auf 1387 ff hat schon VViilker in
seinem Grundrisse s. 230 hingewiesen.
Einen ganz anderen character haben die in der hs. der
Sachsenchronik überlieferten sprüche. von v. 11^ — 41 umfasst
eine senteoz stets den zweiten halbvers und <Ien folgenden ersten
halbvers. dieselbe einrichtung zeigen im allgemeinen auch die
verse 42 — 49. an die gegensätze in v. 50. 51 gut und böse,
Jugend und alter, leben und tod, licht und finsternis, wird der
widerstreit unter den menschen, ihre feindseligkeiten geknüpft,
das führt auf die kämpfe der menschen in der weit fiüear/i • ver-
stehe ich vom teufel) und der spruch geht in geistliche betrach-
tungen über, der gedankengang des Spruches wäre dann folgen-
der: es gibt viel widerstreitendes in der weit, auch die menschen
bekämpfen sich, der weise aber soll um seiner seele heil kämpfen:
denn ungewis ist sein geschick nach dem tode. ein ähnlicher
ZUR SPRÜCIIDICIITÜNG REI DEN ANGELSACHSEN G3
zusammenliang lässt sich nirgends mehr entdecken, von anfang
bis V. 41 sehe ich nur eine zu schuizvvecken verfasste Zusammen-
stellung von Sentenzen, die sehr wenig wiirkiiclie spriciiwürter
enthalten, die v.42 — 49 kann ich dazu nicht zäiden, 44'M' passen
übel zu solchem zwecke und stehen ebenso von den vorhergehen-
den ab, wie von der lendenz des folgenden Spruches, ganz ohne
zweilel haben wir es mit etwas sehr altertümlichem zu tun, aber
jeder herstellungsversuch des bruchstückes versagt, ich will noch
auf einen kleinen unterschied zwischen den samndungen auf-
merksam machen, die anzahl der verse ist zwar eine zu ge-
ringe, um weitergehende Schlüsse aus der Verwendung der allit-
teration zu gestatten, doch scheint mir als ob gewisse folgerungen
nicht abzuweisen wären, in der Sammlung der hs. des Brit.
museums verhalten sich die allilterierenden anlaute folgender
mafsen: vocalische allitteration 4 mal (6'^/o), auf c 2 mal (3*^/o)
auf w 7 mal (10,Go/o), auf p (d) 2 mal (S», auf / 6mal (9o/o),
auf s 6mal (9o/o), auf sc Imal (1,5», auf st 1 mal (l,5Vo),
auf h 3 mal (4,50/0), auf g 7 mal (lO,G'Vo), auf / 9 mal (13,67ü),
auf b 5mal (7,50/o), auf t 3mal (4,5», auf d 5 mal (7,5»,
auf m 3mal (4,57o), aiif r Imal (l,50/o), auf n Imal (l,5f'/ü).
in den 206 versen des Exeterbuches verteilen sich die allittera-
lionen wie folgt: vocalische allitteration 24 mal (11,6^/0), auf c
8mal (3,8o/o), auf ic 30mal (17,5», auf ^ (d) 5mal (2,4o/o),
auf l 14 mal (6,70/0), aufs 15 mal (7,2o/o), auf sc 3 mal (1,4»,
auf st 2mal (0,90;o), auf h 14mal (6,7'Vo), auf g 17 mal (8,2o/o),
auf f 19mal (9,2o/o), auf b 12mal (5,8o/o), auf t 7mal (3,47o),
auf d 8 mal (3,8o/o), auf m 18 mal (8,7 «/o), auf r 7 mal (3,40/o},
auf n Imal (0,48o/o). in den ersten tausend versen des ßeowulf
erscheint folgendes resultat: vocalische allitteration 15,27ü, auf c
1,20/0, aufwj 11,50/0, diui p(d) 2,6o/o, aufU,40/o, auf s ll,2o/o,
auf sc 1,50/0, auf st 0,40/o, auf h 11, 70/0, auf g 8,9o/o, auf f
10,30/0, auf b 6,40/0, auf t 0,50,o, auf d 2,8o;o, auf ni 8 0/0, auf
r 1,70/0, auf n l,7o/o.
Die verhältniszahlen im Beowulf ändern sich wesentlich nicht,
wenn wir sämmtliche dreitausend verse des gedichtes heranziehen,
für unseren fall, glaube ich, dürfen wir vorsichtiger weise nur
constatieren die auffällig geringe zahl der vocalischen consonanzen
in der Londoner Sammlung, in den ersten 66 versen des Beowulf
haben wir 8, in 100 — 166 zwölf vocalische allitterationen gegen
64 ZUR SPRÜCHDICHTÜNG REl DEN ANGELSACHSEN
4 der Londoner Sammlung, in den oben angezogenen v. 16 — 41
finden sich drei fälle solcher vocalischen allitteration und zwar
16. 19. 30. in 16 und 30 haben je die erste allitterierende silbe
des ersten halbverses und die darauf reimende des zweiten ganz
gleichen vocal e ; e, ea : ea, die quantitätsverschiedenheit kann ja
hier aufser betracht kommen, dasselbe wäre v. 19 der fall, wenn
wir eafor lesen dürften (Sievers Ags. gramm. § 160). der reim-
stab des zweiten halbverses ist immer zugleich das wort, an
welches der spruch gebunden ist. bedenken wir dass im ge-
dächtnis consonantische stäbe leichter haften als vocalische, dass
letztere in unserer Sammlung seltener sind und wo sie auftreten
besonders genau reimen, so werden wir nicht irre gehen, wenn
wir meinen, die Sprüche seien so zusammengestellt, dass sie dem
gedächtnisse möglichst wenige Schwierigkeiten bereiteten, wir
finden also unsere früher ausgesprochene ansieht bestätigt, unsere
Sammlung dient schulzwecken, es sind versus memoriales.
Die frage, ob wir es etwa mit einer auf Alfreds tätigkeit
mittelbar oder unmittelbar zurückzuführenden Sammlung zu tun
haben , drängt sich auf , scheint mir aber verfrüht.
Czernowitz. . JOSEPH STROBL.
DIE NEIDHARTLEGENDE.
Die originelle und interessante persönlichkeit Neidharts von
Reuental hat früh ein allgemeines Interesse erregt, das am deut-
hchsten durch die an seine dichlungen anknüpfende legende be-
zeugt wird, ich hoffe auf die in mancher hinsieht lehrreichen
Schicksale der Neidhartischen poesie in einer geschichte der mlid.
lyrik später näher eingehen zu können ; für jetzt möchte ich es
nur versuchen, die tradition zu beleuchten soweit sie den dichter
persönlich angeht, die resultate meiner Untersuchungen hierüber
habe ich in einem für die ADD bestimmten artikel kurz darge-
legt und will sie hier zu rechtfertigen suchen.
Den natürlichen anfang dieser tradition bilden Neidharts
eigene berichte, kein zweiter mhd. poet führt sich so oft und
gern und unter ausdrücklicher nennung seines namens selbst
vor. wir sind über seine lebensverhältnisse daher verhältnis-
mäfsig nicht schlecht unterrichtet. N. lebte etwa bis 1230 iü
DIE NEIDHARTLEGENDE 65
Baiern auf dem lehusgul Heuental, dann in Österreich aul einem
von herzog Friedrich verHehenen hof bei Melk, er lebte vom
ertrage seiner kunst, die in der ersten hallte seines lebens vor-
zugsweise von den bauern , in der zweiten von den hotkreisen
belohnt wurde (Irulzstrophe bei Haupt s. 231. vgl. Wilmanns Zs.
29, 64 f). er starb vor 1250. seine ungemeine Volkstümlichkeit
beweist die grofse zahl der von ihm erhaltenen echten wie der
ihm zugeschriebenen unechten lieder. in den litterarhistorischen
stellen, die bei den epigonen des minnesangs so beliebt waren
wie bei den gelehrten dichtem des 17 und 18 jhs., erscheint er
oft, ohne dass aus diesen erwähnungen etwas wesentliches zu
lernen wäre.
N. war gewis ein mann, der persönliches interesse erregen
konnte, und er nahm dies ja auch für sich reichlich in aüspruch.
als das wichtigste ereignis seines lebens erschien ihm die spiegel-
geschichte, die er so oft und so geheimnisvoll erwähnt wie Ovid
die Ursache seiner Verbannung, würklich ist die bedeutung beider
tatsachen eine völlig gleiche: das leben des dichters wird durch
ein ungewolltes ereignis in zwei grundverschiedene hälften ge-
schnitten und der dichter klagt in gramvollem alter um den ver-
lost seiner heiteren Jugend. — natürlich setzten hier auch die ver-
suche, die biographie des dichters zu ergänzen, ein. wir müssen
als träger derselben vorzugsweise die spielleute denken , welche
Neidharts lieder verbreiteten, sie nehmen von überall her auf,
was ihre zuhörer interessieren kann: mündliche berichte, würk-
liche oder vermeintliche andeutungen bei anderen dichtem usw.
für uns fallen daher die entwickelungsphasen der Neidhartlegende
zusammen mit den schichten unechter Neidhartgedichte, inhalt-
liche und formale kriterien würken zur abgränzung dieser gruppen
zusammen, die inhaltliche entwickelung wird durch den wünsch,
Neidharts leben lückenlos zu schildern und so dem allgemeinen
interesse, vorzugsweise an der lösung des rätseis jener spiegel-
affaire, zu dienen geleitel; der formalen zeichnet die zunehmende
entartung des Zeitgeschmacks den weg vor. die Neidhartianer
suchen also überall auf den kredit ihres eponymus hin den Zu-
hörern erfmdungen eigener mache zu unterbreiten, und das re-
sultat ist natürlich inhaltlich wie formeil immer gröfsere ent-
fernung von dem character der echten lieder.
Ich unterscheide drei phasen, die ungefähr dem 13, dem 14
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 5
66 DIE NEIDHÄRTLEGENDE
und dem 15jli. entsprechen mögen, die erste stufe ist die der
pseudo-Neidharte, die ihre lieder würklich für solche des Schöpfers
der höfischen dorfpoesie auszugeben suchen und sich deshalb
überall so nah wie möglich an das original halten, die zweite
ist die der nachahmer Neidharts, welche in seiner art dichten,
gelegentlich auch noch unter seinem namen, aber nur im grofsen
und ganzen die züge der alten lieder beibehalten, im einzelnen
frei erfinden, die dritte gehört gewisser mafsen den nachahmern
dieser nachahmer an , sie gibt alle ähnlichkeit mit dem original
völlig auf und hängt mit diesem nur noch durch stoffliche ele-
mente zusammen, zuerst erzählt man als N,, dann erzählt man
wie N., endlich erzählt man von N. — natürlich sind die gränzen
fliefsend. für die legende kann man die drei stufen nach den
häufigsten benennungen des hehlen scheiden in die lieder von
N. von Reuental — von herrn N. — von N. Fuchs.
Die erste phase mag leicht bei N.s lebzeiten begonnen
haben, denn die ältesten unechten lieder sind ihm gewis gleichzeitig,
ebenso zusatzstrophen zu echten gedichten. an gänzlich freie er-
findung ist hier — wie im gesammten verlauf der enlwickelung —
selten zu denken: echte stellen werden combiniert. ich denke
mir diese versuche der ältesten biographen als fast wissenschaft-
liche bemühungen; denn beinah überall kann die alte grund-
lage aufgezeigt werden, in derselben art, wie zb. die jüngere
Edda belegstellen anführt, mögen die spielleute ihren Vermutungen
echte Strophen beigegeben haben; auf diese weise fand sich all-
mählich zb. für die figur des ungenannten alles nutzbare material
zusammen und ward ausgebeutet, für solche bestrebungen erin-
nere ich nur zb. an die quellenkritik in mhd. epen oder an
Schlussstücke wie in Helg. Hund, ii oder Rrot af Sig. die wahr-
scheinlich vom dichter selbst redigierten liederbücher (vgl. meine
diss. Die reihenfolge der lieder N.s von Reuental s. 162) musten
hierbei gute dienste leisten.
Über die bedeutung der spiegelgeschichte sind auch wir
nicht sicher aufgeklärt, fest steht dass sie seinen gegensatz zu den
bauern verschärfte, nun fallen diese beiden grofsen abschnitte
seines lebens nahezu zusammen mit seinem aufenthalt in Baiern
und in Österreich, es lag nichts näher als beides zu combinieren:
wegen jener geschichte haben die bauern den N. aus seiner
heimat vertrieben, so scheint alles in ordnunfj. ähnlich berichtet
DIE NEIDHARTLEGENDE 67
daher noch Bartsch LD- s. xliii. dennoch steckt hier der anfang
der Verwirrung, denn jene conjectur ist nachweisHch falsch. N.
verliefs Baiern nicht der dörper wegen, sondern weil er mit der
gnade seines herrn sein gut verloren hatte (74, 31). noch in
Reuental sang er von der spiegelgeschichte (vgl. zb.60,27 — 61,17).
unmittelbar nach dem verlust scheint dagegen eine andere Strophe
(74, 25) gedichtet, in der von bauern nicht die rede ist. N. klagt,
Reuental gehöre ihm nicht mehr; wonach solle er sich nun als
dichter bezeichnen? nämlich bis dahin hatte er seine licder durch
erwähnung des namens Rouental gleichsam gestempelt (hie envor
dö kande man iz wol hi 'BiuwentaV — durch den namen 'Reuen-
tal'); — er halt sich dann durch anbringen von Ortsnamen aus
seiner neuen Umgebung, wenn der dichter nun sagt: kint, ir
heizet iu den singen der sin nü geioaltic si, so scheint er damit
doch auf den nunmehrigen Inhaber des lehnsgutes als einen neben-
buhler zu zielen, unmöglich wäre es nicht dass unechte lieder,
in denen der von Riuwental sich nennt, diesem eindringling an-
gehörten, dass es aber ein bauer war, ist gewis nicht anzu-
nehmen, und keine einzige echte stelle bringt die spiegel-
geschichte mit der auswanderung zusammen!
Nun können wir natürlich nicht beweisen dass die Ungnade
des lehnsherren nicht auf Umtrieben der dörper beruhte, aber
hätte das N. verschwiegen? die bauern bedrängten ihn vermut-
lich — wie auch später in Österreich — persönlich; sie konnten
ihm sogar sein haus abbrennen (52, 12), aber ihn schwerlich
von seinem gut vertreiben, und wenn sie es gekonnt hätten,
so würden die trutzstrophen der bauern ihm die höhnische erin-
nerung daran nicht ersparen, aber so dachte man sich einmal
die Sache und nun suchte man helegstellen. man fand folgende
verse, die diese ansieht zu stützen schienen: er und jener Engelher
triben mich mit wiges her ab miner anewande 53, 6. da ich ie
gendden bat, da verstiez mich miner stat ein gebuwer gogelsat
77, 35. und allenfalls noch ir sint leider niune die mir daz geu
verbietent manegen liehten viretac 56, 34.
Diese stellen beweisen nun gerade gegen jene hypothese.
denn erstens stammen sie alle aus Österreich: in dem liede 52, 21
heifst es sogar ausdrücklich wilen mnot mich Engehndr 53, 26,
db. nach N.s Sprachgebrauch: in der früheren hälfte meines lebens;
in dem lied 55, 19 heifst es: si gedrangent mich niht mere dd
b*
68 DIE NEIDHARTLEGENDE
ze Rimoental 57, 19, und in ilem lied 75, 15 ist ein österreichi-
scher ort genannt (Knnehöhesteten 77, 19) und auf die spiegel-
geschichte zurückverwiesen 78, 7. wenn also in Österreich N.
bauern nennt, die ihm lästig fallen, weshalb sollte er seine bairi-
schen vertreiber mit stillschweigen übergehen ? zweitens aber
ist in diesen stellen von einer würklichen Vertreibung nicht die
rede; es ist ein stofsseuFzer : 'die verleiden mir mein leben hier!'
— aber er blieb, und die würkliche Verdrängung sollte er den
bauern, die sie verschuldet hätten, nicht zur last legen?
Dennoch scheint sicher dass diese stellen ausgangspunct des
eigentlichen beiden der Neidhartlegende wurden, des ungenannten,
der gebüwer gogelsat 77, 37 ist natürlich ganz allgemein zu ver-
stehen, gerade wie ir einem 78, 10. es ist also ganz natürlich
dass hier kein name steht, aber weshalb ist in der stelle 52, 36 f
der 6ine unbeuannt, während N. sonst die dörper mit namen nennt?
das fällt auf. nun heifst es in einem anderen liede 59, 8 ausdrücklich
derst also getonfet daz in nienien nennen sol. dieser ungenannte
hat nun aber auch mit einem Spiegel zu schaffen, mit Friderün
hat er nichts zu tun ; vielmehr zeigt er einer magd einen spiegel,
der ihm gehört, und es heifst ausdrücklich dem gelich also daz
Friderünen was 59, 14. aber vielleicht verstand man das gerade
falsch und meinte, dieser gouch hätte Friderün eben mit dem
Spiegel gehöhnt, den er ihr weggerissen hatte, scheint doch
selbst Wackernagel (Kl. sehr, i 129 anm. 9, 130 anm. 2) die
stelle irrig so gefasst zu haben, kurz, die aufmerksamkeit war
auf den ungenannten hingelenkt, hier schien ein dörper in den
Vordergrund zu treten , der mit der spiegelaffaire zusammenhieng,
der an N.s verjagung anteil genommen hatte und den der dichter
nicht nennen durfte, dies neue rätsei muste doppelt reizen:
welches war der grund dieser geheimnisvollen anonymität? man
spürt dem ungenannten nach, wir folgen dieser bemühung und
stellen aus den echten liedern alle anonymi zusammen.
Wir scheiden drei classen:
1) betonte anonymität. 59, 8 derst also getonfet daz in niemen
nennen sol. 98, 3 der ungenande, des ich nennen niht entar.
2) zufällige anonymität. 52, 39 f wird ein bauer erwähnt
ohne benannt zu werden; 53, 6 heifst es dann: er und jener
Engelher triben mich mit wiges her ab miner aneioande. — 93, 29 f
wird von einem anwohner des Lugebachs ein characterbild ent-
DIE NKIDIIAHTLEGENDE 69
worfen, ohne dass er geuaunt wäre; hier ist vielleicht vvürklich
kein bestimmter gemeint, da N.s porträts mehr und mehr typisch
werden, ganz sicher allgemein gehalten sind die stellen 74, 22
einer der schrei Inte; 11, 'Sl ein gebnwer gogelsat und 78, 10 ich
getuo ir einem — alsam, 88, 14 so kumt einer — . zweifelhaft ist es
98, 7 f, wo der sjnezgenöz des ungenannten nicht benannt wird
(und 98, 24 wider der ungenannte des vorigen spiezgenöz heilst),
die beziehung auf diese stelle 96, 28 (s. Haupt zu 95, 6) macht
trotz dieser wunderlichen beneunung des einen anonymus durch
den anderen wahrscheinlicher dass von einer bestimmten per-
sönlichkeit die rede ist. — besonders verwickelt liegt die sache
81, 19 f. auf eine ganz allgemeine, nahezu inhaltslose Strophe
folgt eine zweite, die ganz deutlich auf ein bestimmtes individuum
geht (besonders 81, 40 — 82, 1). hier ist nun der betreffende blofs
81,21 als ein geiler getelinc bezeichnet, vorher geht aber 81, 17
des bin ich dem dörper gram, dem selben Walberüne. hier be-
ziehen nun Walberün als typisch gebrauchten eigennamen (wie
17, 40 die alten Kunzen) Haupt s. 208 auf Lanze 81, 2, Schmolke
Lebeu und dichten N.s von Reuental 1, 16 auf Engelmär 81, 14.
Walberün steht aber 60, 25 als eigenname eines bestimmten ge-
teliugs s. Haupt zu 81, 18. vielleicht hat 81,18 die hs. C, welche
liest und eime heizet Brune, das richtige, wofür auch die nach-
ahmuug 215, 17 spricht, dann stände also 81, 18 ein neuer
name, den ROc nach 60, 25 in Walberüne geändert hätten; ein-
führung einer neuen tigur in der schlusszeile einer Strophe ist
bei den liedern aus N.s alter nicht selten (so 61, 7 Engelmär,
64,31 Eberolt, 70,37 wider Engelmdr, 73,35 Hildebolt, beson-
ders characleristisch 68, 3 Hetzeman und 86, 6 Hildemär). —
allegorisch gemeint ist 96, 38.
3) scheinbare anonymität, wohin der fall mit dem problema-
tischen Brune also vielleicht auch zu rechnen, öfters ist die er-
wähnung der dörper von ihrer nennung ziemlich weit entfernt;
so 55, 19 (erst 33 f die iiameu), 60, 11 (erst 24—25), 84, 19 (wo
jedoch die nanien immerhin noch in derselben Strophe stehen);
dazu kommt 91, 8, wo der allerdings schon 90, 12 genannte
Fridebreht neu eingeführt und erst 91, 24 wider genannt wird
(vielleicht aber sind die Strophen anders zu ordnen), solche
Stelleu, in denen der name dessen, von dem die rede ist, erst
spät genannt wird, folgen uralter gewohnheil (Heinzel QF x 7;
70 DIE JNElDllÄllTLEGENDE
so auch stellen, die nicht misverstanden werden konnten, wie
68, 16). aber sie konnten leicht irrtümer veranlassen, ebenso
stellen, au denen die nennuug weit vorausliegt, wie 62, 11 ir
einer (doch ist hier an keinen einzelnen der 62, 1 — 8 genannten
zu denken) und besonders 65, 9, wo der eine doch wol zu den
vieren 64, 32 — 33 gehört.
Wie weit lassen sich nun diese ziemlich zahlreichen stellen
zur geschichte eines bestimmten einzelnen anonymus combinieren?
Gegen die identität der beiden unnennbaren 59, 8 und 98, 3
spricht nichts (vgl, Haupt s. 173); ebenso wenig lässt sie sich
erweisen, weder mit Friderüu noch mit N.s Vertreibung hat ein
ungenannter etwas zu schaffen, und weder an diesen beiden noch
an irgend einer der gesammelten stellen spielt ein bauer eine
so bedeutende rolle wie Eugelmär. der held von 58, 25 ist
wenigstens haupiperson eines genrebildes wie 36, 7 Lanze und
86, 6 1 Hildemär. aber der dritte im bunde 98, 3 ist eine ganz
nebensächliche figur; einen hauptieiud hätte N. nicht so nebenbei
erwähnt. — genau dasselbe gilt von 53, 6. dagegen liegt 93, 29
wider eine ausgeführtere characterstudie vor; ihr held ist M dem
Lugebach localisiert, der ungenannte 98, 8 in der nähe von Moos-
birbaum; es ist kein grund, sie zu idenlihcieren. noch weniger
hat natürlich der spiefsgenosse des ungenannten darauf ein an-
recht. die stelle 81, 18, wo wahrscheinlich entweder beuennung
(Brüue) oder zurückbeziehung (Lanze, Eugelmär) vorliegt, kann
auch dem unbenauuten nicht zu gute kommen, noch weniger
die stellen nur scheinbarer anouymität.
Somit ergibt diese durchprüfung folgendes für die Neidhart-
legende wichtige resultat: IN. spricht zweimal ohne besonderen
uachdruck von einem bauern, dessen namen er nicht nennen
darf, seine biographen bezogen auf diesen mit unrecht noch
eine anzahl anderer stellen und konnten auf diese weise etwa
folgende sagengeschichte des anonymus erhalten: der ungenannte,
den Neidhart nicht nennen darf (98, 4), neckt Frideriln mit ihrem
Spiegel (59, 14), vertreibt den JN. von seinem heimweseu (53, 6),
sodass er keinen eigenen acker mehr sein uennt (94,2), und
bringt ihn um alle gunst (77, 35), besonders auch die der ge-
liebten (97, 37 f). endlich erlaubt er sich gegen dieselbe eine
grobe Unanständigkeit (65, 9 f). und zuletzt mag er es auch ge-
wesen sein, der nach der unklaren stelle 60, 27 f ihr einen
DIE NElDHARTLEGEfSDE 71
fingerhut wegriss, worauf dann wider die allegorische stelle 96, 38
bezogen werden konnte. — so war der ungenannte N.s böses
princip geworden und statt des unbestimmten 'die baueru haben
ihn vertrieben' hiefs es jetzt concret: 'der ungenannte hat ihn
verjagt,' die gegenpartei hatte einen typischen Vertreter ge-
wonnen. — nun aber besafs sie einen solchen bereits an dem
historischen Engelmär. dadurch erwächst nunmehr eine dritte
frage: wie stehen Engelmär und der ungenannte zu einander?
die ältere und einfachere lösung ist die, dass man beide ganz
ruhig neben einander bestehen lässt. später identificiert man sie
mittelst einer ziemlich törichten erfindung (vgl. Wackernagel MSII
IV 437 anm. 7). diese nimmt den v. 98, 4 ganz persönlich und
deutet ihn aus: 'dessen namen zu nennen mir verboten ist';
aber wenn hier würklich derselbe name verschwiegen ist wie
59,8, so hätte ihn niemand aussprechen sollen, ich meine,
es sei an einen unanständigen namen zudenken, wie solche ja
belegt sind und noch umlaufen; N. meint: vor höfischen obren
darf dieser name gar nicht ausgesprochen werden! —
Nachdem sich nun aber der ungenannte so zu einer mythi-
schen hauptfigur durchgebildet hatte, war eine neue phase er-
reicht und die erfindungen, die diesen heros der dörperpoesie
schon voraussetzen , sind schon deswegen der dritten schiebt zu-
zurechnen, diejenigen stellen, die den anonymus betreffen, ge-
statten also eine bequeme dreiteilung: 1) er wird wie bei JN.
selbst als ein dörper wie viele andere vorgeführt, 2) er wird
durch compilaliou Neidhartischer audeutuugeu zu einer haupt-
figur, 3) er wird als mythische figur der träger neuer Vermutungen
und erfindungen. wir brauchen nur die in Haupts ausgäbe vor-
kommenden stellen, die ihm gelten, zu ordnen, um die voraus-
geschickte Sagengeschichte des anonymus zu erhärten:
Erste schiebt, einfache nachahmung. 125,50 (für i'd Erken-
breht und Uoze vgl. 57, 36 Erkenfrit und Uozeman; für 126, 55 ir
schibe diu gienc ebene vgl. 68, 19). — 215, 9f (mit nachahmung
des Meier Ilelmbrecht s. Haupt z. stelle). — 237, 1 f (das hed
97, 9 aus 90, 34 f bereichert).
Zweite schiebt, der ungenannte wird mitlelpuncl von com-
biuationen der spielleule. 215, 17 die wichtigste Strophe, mit
215, 9 ursprünglich nicht verbunden, combination von 98, 3 (der
ungenande) und 53, 5f unter mitwürkung von stellen wie 91,21
72 DIE NEIDHARTLEGENDE
und 57, 19. — dann 219, 1, eine stelle, die künstliche combination
zusammengesuchter originalstellen allein genügend erweist: v. 1
setzt 96, 38 voraus, v. 3 — 4 deuten 75, 8 falsch, v. 5 iufst auT
98, 3; dann folgt eigene erfmdung der spielleule, deren authen-
ticität die vorhergehenden anklänge verbürgen sollen.
Dritte schiebt, an den als historische Persönlichkeit er-
scheinenden ungenannten hängen sich neue erfmduugen. 188,25:
hier wird, wie schon bemerkt, der echte v. 98,4 in 188,28 falsch
gedeutet und durch eine später breiler ausgeführte erfindung er-
läutert. —
Ich will beiläufig bemerken dass natürlich auch uncontro-
lierbare äufsere einflösse auf diese sagenbildung würken konnten,
wenn zb. Wolfram von dem roten ritter 3S3, 25 sagt: der hiez
der imgenante, so mag Parzivals incognito auch dazu beigetragen
haben, die allgemeine aufmerksamkeit auf diesen anonymus zu
lenken, im wesentlichen aber scheint die eutwickelung von innen
heraus klar genug und wir gewinnen so an der geschichte des
ungenannten gleichsam das rückgrat der Neidhartlegende in ihren
anfangen. — vielleicht scheint diese Untersuchung zu ausführlich;
aber der ungenannte hat solche Verwirrung angestiftet, dass einmal
Ordnung gemacht werden muste. auch nach Haupts ausgäbe
widerholen Bartsch aao. und nach ihm Pannier Die minnesinger
s. 334 sowie Tischer Über Nithart von Riuvvental s. 6 Wacker-
nagels annähme, der ungenannte habe Neidhart aus Baiern ver-
trieben; Goedeke i 40 erneuert nach vLiliencron Zs. 6,106 die
legendarische angäbe, dass derselbe eigentlich Grille geheifsen
habe (vgl. Haupt s. 219). andererseits hat Schmolke aao. 20 und
bes. 24 irrig behauptet, der ungenannte komme bei N. gar nicht
vor und sei nur aus misverständnissen entstanden. —
Es wird schon aus dem dargelegten klar sein dass die drei
Unterabteilungen, die wir für die entwickelung des mythischen
anonymus abgränzten, nicht etwa mit den drei phasen der Neid-
hartlegeude zusammenfallen, auch die stelle 188, 25 stützt sich
ja noch auf echte stellen, und gehurt also noch nicht den Neid-
hartdichlungen der dritten schiebt an. aber zugleich geht sie doch
durch die erfundene angäbe der zwanzigjährigen frist über das echt
überlieferte heraus und scheidet so aus der ersten schiebt aus.
desgleichen gehören zahlreiche andere lieder, die den anonymus
vorführen, diesem mittleren Stadium an. ich muss mich hier darauf
DIE NEIDHARTLEGENDE 73
beschränken, den characler dieser ganzen gruppe, der er haupt-
sächlich das gepräge gibt, durch zwei besonders characlerislische
Stücke anschaulich zu machen, wenn N. in einem auf seiner
kreuzlahrt gesungenen lied beklagt dass er nicht in seine heimal
zurückkommen kann , so motiviert das ein spielmann in einer
Zusatzstrophe dadurch , dass der dichter kein geld zur rückf'ahrt
hat, weil er drei rosse verspielt hat (Haupt s. 110)! und ein
anderer spielmann erklärt die geheimnisvolle bedeutung des spiegeis
der Friderun durch dessen kostbarkeit (Haupt s. 124,20 1. auch
an diesem Irrtum nimmt Wackernagel aao. 129 teil), das steht
nun freilich mit echten angaben in directem Widerspruch (171,5
vgl. Haupt s. 123), gibt aber gelegenheit zu der beliebten prunk-
schilderung (vgl. meine Reihenfolge der lieder Neidharts s. 6).
In dieser weise schreitet die Neidhartische dichtung lort und
muste sich von dem original natürlich mit reifsend steigender
lallgeschwindigkeit enlternen. falsche Neidharte dichtete der spiel-
mann, dessen Vorrat an echten der nachfrage nicht genügte;
falsche Neidharle dichtete aber auch der bauer, der den verspotter
des landvolks mit gleicher münze bezahlen wollte, wenn jener
N. im glänz und triumph zeigte, liefs dieser ihn seine nieder-
lagen und blamagen klagen (zb. Haupt s. 159. 181); concurrenten
wie parodisten dichteten in seinem namen und ihre erfindungen
galten als Selbstbekenntnisse des dichters. so gewann wie die
auf seinen namen gehende dichtung auch sein bild ein immer
roheres gepräge. zunächst hat überhaupt jede ausgesprochene
richtung in sich die tendenz, zum extrem zu gehen; und wenn
von der rohheit und gemeinheit der meisten späten nachahmungen
die echten lieder unseres dichters freizusprechen sind, so zeigen
doch manche seiner letzten gedichte immerhin eine annäherung
an diesen typus. zweitens erfordert der veränderte geschmack
des publicums eine neue art der behandlung. drittens aber, was
das wichtigste ist, werden von den epigonen alle unter des
meisters namen überlieferten gedichte vermischt und neben den
echten daher auch die unechten nachgeahmt, und die beiden
erst benannten niomente haben zum resultat, dass bald die fal-
schen Neidharte noch lieber nachgeahmt werden als die echten,
gelegentlich können wir dies genau nachweisen, so steht bei
Haupt 170 f ein sehr rohes unechtes lied, das sich zb. durch
die vergröberung kennzeichnet, welche den spiegel der Friderun
74 DIE NEIDHARTLEGENDE
statt weggerissen zerbrochen werden lässt (171, 120) — ein
misverständnis des ausdrucks daz er Vriderunen ir Spiegel von
der siten brach (26, 21) udgl., welches übrigens verschiedene
neuere bearbeiter N.s widerholt haben, in diesem lied werden
(108 — 9) zwei dörper erschlagen und dreifsig verwundet, eine
andere unechte Strophe bringt die später allgemein recipierte er-
tinduug, dass dem Engelmär ein bein abgehauen wird, sodass er
aut stelzen gehen muss (188, 47 f), und der dichter meint, so
könne und solle es noch mehr bauern ergehen (188, 37). diese
beiden rohen stellen überbietet nun mit unglaublicher plumpheit
ein später nachuhmer, der sie beide zu der erzählung zusammen-
schweifst, wegen einer Verhöhnung N.s sei zweiunddreifsig dörpern
das Unke bein abgehauen worden (MSHni203^ str. 5)! diese nach-
ahmung von nachahmungen gehört natürlich schon in die spä-
teste schiebt und veranschaulicht den weg, den die höfische dori-
poesie bis in die alleruiedrigsten regiouen hinein zurückgelegt
hat. —
Wenn nun schon in der zweiten phase der N.schen dichtuug
die gestalt ihres eponymus durch unechte züge entstellt war, so
begreift es sich dass an den historischen N. nur noch weniges
erinnerte, als erfindungen wie die letzterwähnte möglich waren,
jedes einzelne moment seiner populären biographie war der rohen
auffassung einer nachweit erlegen, die ihn als personification des
bauernspotls mylhisierte. so ergibt sich nunmehr etwa von be-
ginn des 15jhs. an folgende lebensbeschreibuug: N. belustigt
einen herzog von Österreich durch bauernspolt. dasselbe tut
der pfafTe vom Kaleuberg; nichts lag daher näher als sie zu-
sammenzustellen, was denn 1554 Aventinus, 1564 Lazius, vor
1590 Gerard de Koo, 1649 Merian (belegslelleu s. u.) ausdrück-
lich tun. damit ist von selbst die anachronistische Versetzung N.s
an den hof Ottos des fröhhchen (gest. 1339) gegeben, denn dort
spielen die schwanke des Raleubergers. dass N. als Ottos hofnarr
auigefasst wird, erklärt sich schon allein aus der vergröbernden
auffassung der spielleute genügend, die Neidhartlegende erhält
so in dem herzog eine neue hauptiigur, die den bauernfeindlichen
adel versinnbildlicht wie der ungenannte die verhöhnten bauern.
dieses Stadium, welches in dem alten Volksbuch ausgeführt wird,
bringt inhaltlich wenig neues, man hatte sich eben schon zu
sehr in eine einseitige richtung verraunt, dagegen schafft es dem
DIE NEIDIIARTLEGENDE 75
allen dichter plolzlicli eineu neuen namen. die veiwickelle Trage,
wie N. zu dem beinamen 'Fuchs' kommt, taucht hier auf. ich
schicke ihrer erorterung eine möghchst volisländigc sammhing
der namentlichen erwähuungen N.s vorauf, sie siud zum grüsten
teile in vdHagens Narrenbuch 516 f und in Wackernagels Neid-
hartbiographie MSH IV 435 f gesammelt; soweit es mir möglich
war, habe ich die betr. angaben nachgepriilt und gebe sie nun
in chronologischer Ordnung.
der von Riuwental . . ca. 1215 — 30 Neidhart selbst
( 1217—20 Wollram Wh. 312, 11
her Nithart . . . .J nach 1230 bauern bei Haupt s. 196.209
( vor 1250 Wernher Helmbrecht 1207
um 1230 Rubin MSH in 31'
vor 1287 Manier MSH n 246'
Nithart l um 1310 Hermann Damen ni 163*
bald nach 1329 Peter von Zittau bei
Haupt s. 245
her Nithart um 1349 Leupold HornburgMSHiv881
heerNytert vanRuwendael vor 1428 Dirc Potter bei Haupt s.245
her Neythart .... 1455 Zeifsbergs hs.
Neidhart vor 1458 Herm. vSachsenheim Mörin
her Nithart .... 15 jh. Der spiegel
von Rosenthal 15 jh. Volkslied bei Haupt s. 115
Neithart vochs . 1479 Steirenhagensche grabschrilt
(Germ. 17, 40j
Neithart fuchs . 15 jh.? alter druck
Neithardus Fuchs 1554 Aventinus Ann. 751. 781
Neidhart Fuchs, ein Frank . . der Baurenfeind zube-
nannt . 1555 Fugger Ehrenspiegel
der Neydhart .... vor 1564 Hans Sachs
Otto Fugs qui . . . Nydhardi nomen accepit 1564 La-
zius Geneal. 225
der haurenfeind Neidhart Fuchs 1582 Fischart Geschicht-
klitterung
Otto Fuchsins eques Francus qui . . Nithardi cogno-
men vor 1590 Gerard de Koo s. 92
Niethard Fuchs ein edler . . . meist ersitigerl^QS Spangenberg
herr Neithart Fuchs ein edler Franck 17 jh. Gottscheds Not.
Vorrat i 188
76 DIE NEIDHARTLEGENDE
Reinhard Fuchs 1649 Meriao Topogr. von Österreich s. 42
Neidhart Fux sonst auch Bauern -Feind genennet 1766
Fuhrmaun Ilist. Wien, i 52.
1695 widerholt JCB, Der durchlauchtigen erzlierzogen zu
Österreich leben usw. Fuggers angaben, auch Gerard de Roo
schreibt Lazius aus, doch nicht ohne eigene zutat. —
Aus dieser talel ergibt sich der lolgende Stammbaum der
benennungen Neidharts:
Nithart von Riuwental
/
her Nilliart 13— 15jh.
Nithart 13— 15jh.
/
Neidhait Fuchs
11479— njh.
/
der von R. 1215—50
Rosenthal 15 jh.
N. vR. 1428
Otto Fuchs qui N. 1564
herrN.F.njh. {^^,,,^,^,^ puchs 1640
Der volle echte name behauptete sich also nur in der
fremde; auf dem boden seiner popularität gieug das 'Reuenlal',
wie der dichter 74,25 geklagt halte, verloren; sein nachruhm
lufsl aul den liedern aus Österreich, jener name war auch nicht,
wie der vorname, durch seine appellativische bedeutung geschützt,
zuerst aber 1479 erhält die trädition einen zuschuss von aufsen
her in dem neuen geschlechtsnamen Fuchs, dann 1564 nochmals
in dem neuen vornamen Otto, von aufsen her, sagen wir, denn
einzig diese namen sind aus der trädition nicht zu erklären,
unsere tafel zeigt, wie der regelmäfsig fortschreitenden Über-
lieferung hier plötzlich frisches blut eingeführt wird, woher
aber? die mythisch gewordene gestalt fand in einer historischen
persönlichkeit das substrat, das ihr zu neuem aufleben in der
volkslitteratur verhalf.
Bis zu jenem namen erklären selbst die sonderbarsten an-
gaben sich aus der trädition und jener manier der combination
echter und unechter stellen, wenn N. in dem alten druck ge-
forenn aus Meichsenn genannt wird , so scheint dies auf misver-
ständnis der unechten Strophe 216, 9 zu beruhen, hier heifst
es: Hildemär liefse sich eher aus dem land jagen als dass er
ohne schönen gürtel tanzen würde; er trüge den seineu wie ein
stolzer Meifsner. ein gedankenloser spielmann, den sowol 217, 10
DIE NEIDIIARTLEC.EINDE 77
als 217,12 an N. erinnerten, mochte nun auch 217,11 aul
diesen beziehen, während dieser vers nur eine reminiscenz an
Walther 18, IG scheint, ferner aber beifsl N., wie wir sehen,
widerholt em edler Franke, hätte man etwa jene Waltherstelle,
nachdem ihre nachahmung auf Neidhart bezogen worden war,
gleichfalls auf ihn gedeutet und den bairisclien ritter so zu einem
stolzen Missensere von Franken gemacht? schwerlich, die aus-
deutung der stelle wäre noch kühner als die , welche Wilmanns
Zs. 28, 212 für möglich hielt. Gcrard de Roo, der sonst Lazius
ausschreibt, setzt das eques Franms hinzu, und woher die gleichen
angaben bei Fugger und in dem stück bei Gottsched ? auch hier
liegt etwas neues vor ; die historische persönlichkeit stammte aus
Franken.
Und nun das drille und wichtigste anzeichen. die erste be-
nennung mit dem namen Fuchs steht in einer grabschrift auf
N., die sich in Königsberg befindet und 1479 verfasst ist.
sie enthält die Überschrift Epitaphium Neithart vohs circa sepnl-
turam suam wienne. nun befindet sich im Stephansdom in Wien
allerdings ein grabmal, welches für dasjenige N.s gilt. aber
dies trägt keineswegs jenes epitaph. was konnte um 1479 zur
erfindung einer grabschrift auf den längst verschollenen ritter
veranlassen? da obendrein wahrscheinlich dies gedieht in einem
gebiet verfasst wurde, das weitab lag von N.s heimat und dem
kreis seiner popularität? doch wol nur ein ereignis, das um
jene zeit die erinnerung an ihn zurückrief.
Wir haben somit gefordert: eine historische persönlichkeit,
aus Franken stammend, erneuert um 1479 die erinnerung an N.
finden wir nun eine solche, so scheint das rätsei gelost. — und
sie existiert nun würklich; und dennoch verringern neue Schwie-
rigkeiten die Sicherheit der lösung.
Wackernagel wollte nach Oberlhürs Vorgang (s. u.) jenes
beinamens wegen den dichter dem noch blühenden fränkischen
geschlecht derer von Fuchs zuweisen, darauf deutet nichts, wol
aber scheint er mit einem glied jenes geschlechts verwechselt
worden zu sein, man hat bis jetzt übersehen dass es einen
historischen N. von Fuchs gab. dieser, ein herr Neidhart Fuchs
von Bimbach auf Burgpreppach, fiel 1499 im dienst herzog Alberts
von Sachsen vor Groningen (Mencken Script, n 1326; Krüger Ca-
lalogus usw., Erfurt 1627, s. 202). er war ein wegen seiner
78 DIE NEIDHARTLEGENDE
riesengröfse als 'der grofse Fuchs' berühmter bekämpfer der frie-
sischen bauern; noch im 16 jh. scheint der friesische name
Reinerd Nittersina (Stark Kosenamen 183), gleichsam eine um-
kehrung seines namens, die erinnerung an den gefürchteten feind
zu bewahren, er ward (nach Krüger aao.) in Groningen bei-
gesetzt, erhielt aber in seiner heimat zu Würzburg ein keno-
taph mit prahlerischer inschrift. auf eine diesbezügliche anfrage
nach Groningen erhielt ich keine antwort; die grabschrift im
Kiliansdom zu Würzburg aber ist noch 1764 von Rlainville
(Reiseheschreibung übers, von Köhler, Lemgo 1764, i 176) ge-
lesen worden (vgl. Reufs Anz. f. k. d. d. vorz. u 7). aber wenn N.
von Fuchs 1499 fiel — wie konnte er 1479 eine grabschrift er-
halten? dies scheint auf einer seltsamen Verwechselung zu be-
ruhen, bei Mencken aao. wird nämlich erzählt, N. von Fuchs habe
einen gleichfalls riesigen bruder gehabt, der zwanzig jähre früher
zu Königsberg in Franken gestorben sei. Mencken ist die einzige
quelle für N. von Fuchs, die ich auftreiben konnte; denn Krügers
späte compilation hat wenig wert.^ treffen nun nicht die an-
gaben: 20 jähre vor 1499 — und 1479 und die namen der
beiden Königsberg merkwürdig zusammen? ich denke mir die
Sache so: irgend ein poet in dem preufsischen Königsberg erfuhr
1479 von dem tode des herrn von Fuchs — und da scheint mir
allerdings das wahrscheinlichste dass dieser hier verschied und
Menckens gewährsmann seinen tod irrig in das fränkische Königs-
berg verlegte , weil eben die herren von Fuchs aus Franken
stammten, nun muss schon längst das gerücht den andern herrn
von Fuchs, jenen bauernfeind N., mit dem älteren bauernfeind
N. zusammengeworfen haben; denn die Steffenhagensche inschrift,
die sonst N. auf grund von lauter unechten liedern beschreibt,
nennt ihn im anfang strenmis miles, cognominatns vochs, ingenuus
genere, was doch auf den von Reuental nicht gehen kann (das
folgende: qui dedit hostibns hie et Irans mare hella pagmiis gilt
natürlich wider N.s bauernspott und kreuzfahrt, die witzige Verwen-
dung von paganns im doppelten sinn mag das ganze gedieht
veranlasst haben), der Königsberger poet hielt diesen N. von Fuchs,
* eine geschichte der familie von Fuclis ist, nacli freundlicher mitteilung
des herrn niajors freilierrn RFuchs von Bimbach und Dornlieim nicht vor-
handen. — in den Nederlandschen geschiedszangen fand ich keine spur von
Neidhart von Fuclis.
DIE NEIDHARTLEGENDE 79
den erben von N.s von Reuental ruf, für den gestorbenen und
fühlte sich veranlasst, ihm ein epitaph zu widmen.
Ich verkenne die Schwierigkeiten dieser Vermutungen nicht,
spräche nichts dafür als die existenz des historischen N, von Fuclis,
so würde ich daraus allein den beinamen des dichters nicht zu
erklären wagen, eben deshalb suchte ich zu beweisen dass wir
notwendig zu der annähme geführt werden, eine historische per-
sönlichkeit sei mit dem von Reuental verwechselt worden, dieselbe
sei edler fränkischer abkunft gewesen und habe um 1479 allge-
meines Interesse erregt, und nur weil dies alles zutrifft, glaube
ich den beinamen hierdurch erklärt. — das spätere Otto Fuchs
aber entstammt wol einer zeit, die Neidhart als appellativen Spott-
namen auffasste und, um dem dichter einen neuen vornamen zu
geben, einfach den des herzogs entlieh. Reinhard Fuchs ist eine
lustige entstellung, gewisser mafsen regressive assimilation der
eigennamen.
Wackernagel (Rlätter für litt. Unterhaltung 1838 nr 139
s. 565—66, nr 140 s. 569—70) nahm Verwechselung N.s mit
einem würklichen hofnarren Otto Fuchs an , der aber nicht zu
erweisen ist. deshalb scheint er später (LG 72, 30) Gerviuus
ansieht (Gesch. d. d. deutschen dichtung i 529) angenommen zu
haben , dass N.s person sagenhaft umgebildet worden sei. aber
keine von beiden annahmen erklärt das eques Francus, während
der Würzburger grabschrift zu liebe noch 1818 Oberthür ihn zu
einem Franken gemacht hat (vgl. JGrimm Kl. sehr, rv 100). —
und das Wiener grabdenkmal scheint auch nur mit unserer auf-
fassung vereinbar, über dies müssen wir noch einiges bemerken.
Dafür, dass im Wiener Stephansdom würklich N.s leichnam
ruht, spricht eine wunderliche bisher übersehene noliz: ein
glossar des 14 jhs. hat die Unterschrift Anno a translacione Neil-
hardi in eccl. SStephani Wieune primo (Wattenbach Schriftwesen 435).
die Überführung geschah möglicher weise unter herzog Otto; das
denkmal aber muss erheblich jünger sein, denn die angäbe Fuhr-
manns (Historische beschreibung von Wien, 1766 i 53), Otto
habe das denkmal errichtet, kann schon deshalb nicht richtig
sein , weil dies monument N.s legendarisches Verhältnis zu Otto
voraussetzt (Wackernagel MSH iv 438''; ich selbst konnte das
denkmal nicht sehen, weil der betr. teil des doms gerade durch
gerüste verstellt war, als ich in Wien war), das grabmal ist aber
80 DIE NEIDHÄRTLEGENDE
weiter sogar erst aus einer zeit, die N. von Reuental schon mit
N. von Fuchs verschmolz , denn der dichter soll durch den fuchs
im Wappen jenem geschlecht zugewiesen werden, dasselhe hat
nun aber gar nicht den fuchs im wappen (MSH iv 436'' anm. 1),
und das monument gehört also nicht etwa einem würklichen
iierrn von Fuchs. — das wahrscheinlichste ist nach alle dem wol
dass, gerade wie im 14 jh. ein österreichischer herzog dem an-
denken eines vermeintlichen treuen dieners seiner vorfahren die
Überführung in die Stephanskirche schuldig zu sein glaubte, so
noch später ein anderer diesem N. ein grabmal setzte, als die
taten des N. von Fuchs seinen rühm neu belebten. — Sicherheit
ist in solchen dingen natürlich nicht zu erwarten. —
Diese skizze einer geschichte der N.schen poesie nach ihren
biographischen dementen zeigt wol schon, wie viel eine ein-
gehende geschichte dieser volkstümlichen richtung gerade für
jenen litterarischen kleinbetrieb ergeben muss, den wir sonst nur
erschliefseu können, hier gestatten die reichen quellen, die spiel-
leute gleichsam bei der arbeit zu belauschen in ihrer doppelten
tätigkeit als fortsetzer und biographen ihres beiden, und beide-
mal können wir erkennen , welchen gesetzen ihre tätigkeit folgte.
als dichter waren sie unfreier als irgend welche sonst, indem
ihnen einerseits das vorbild einer bestimmten und eigenartigen
poesie, andererseits der Zeitgeschmack eines bestimmten und
eigenartigen publicums regeln vorschrieb; zwischen beide ten-
denzen eingeklemmt musten sie suchen dieselben zu vermitteln
dh. den N. den landedelleuten und bauern der verfallzeit mund-
gerecht zu machen, und so muste ihre poesie wol in verstärk-
tem mafs das Schicksal der gesammten mhd. poesie teilen, in rein
stofflichem interesse zu verwildern. — als bewahrer der litterar-
historischen tradition , die in dem vaterlande der minnedichtung
es zu dem beneidenswerten resultat der Sängerbiographien brachte,
waren sie nicht minder unfrei, denn für den anfang glaubten
wir ihnen einen gelehrten betrieb zutrauen zu müssen, der in
dem gegebenen material seine feste basis hat; und vvir sahen,
wie oft sie die — dann meist irrigen — ergebnisse unserer älteren
litterarhistoriker wie OberthUr und Wackernagel, ja noch Bartsch
und Goedeke vorausnahmen, wenn zb. Adelung, wie es scheint,
lediglich der zufälligen nennung von Mainz 41, 20 wegen den
dichter zu einem Mainzer macht (MSH iv 437" anm. 1), so ist das
DIE NEIDHARTLEGENDE 81
ganz dieselbe art voreiliger Schlussfolgerung, wobei man zu irgend
welcher Überlegung der möglichkeit oder Unmöglichkeit sich
keine zeit gestattet, wie sie einerseits das Volksbuch seinem
Meifsen und andererseits wider ganz moderne litterarhistorische
bemühungen ihren localisierungen und datierungen zu gründe
legen. — nachdem nun aber N. als typus des bauernfeindlichen
edelmanns zu einer halbmythischen gestalt geworden ist, werden
natürlich die spielleute die bewahrer dieses mythus — und was
ist der mythus denn schliefslich anders als eine art volkshistorik?
nun aber müssen auch sie den inneren gesetzen des mythus
dienen, auch an diesem volkstümlichen heros erfüllen sich die
gesetze, die Lachmann und Müllenhoff für die 'naturgeschichte
des epos' festgestellt haben. ^ der legendarische N. verleiht auch
anderen gestalten seiner Umgebung mythische züge, so seinem
stelzfüfsigen nebenbuhler Engelmär, so seinem vertreiber, dem
ungenannten, und nun schwebt diese mythische wölke in der
luft, bis endlich ein aufsehen erregendes ereignis mittelst einer
zufälligen namengleichheit ein historisches substrat schafft, auf
das sie sich niederlassen kann, so verschmelzen die bauernfeinde;
aber der kykliker, der mit der redaction seiner Neidhartiade, des
Volksbuchs, die tradition endgiltig fixiert, schliefst damit natür-
lich zugleich ihr ferneres Wachstum ab. zu der zeit des letzten
ritters ward dem volkstümlichsten Vertreter des übermütigen,
sangesfreudigen rittertums dies populäre denkmal gesetzt, aber
es waren ganz neue zuhörerkreise, für die es gestiftet ward, die
bauern stechen auf dem bilde des Volksbuchs (vgl. Narrenbuch
hg. von Bobertag Deutsche nationalütt. 11 s. 290) mit spiefsen
nach N.s grabmal. die zeit war vorbei , in der die höfische dorf-
poesie selbst unter dem landvolk hatte anklang finden können,
es war längst zu arg geworden mit der adligen Verhöhnung des
bauernstandes; nicht lange nach dem druck des Volksbuchs be-
gannen gegen ärgere bauernfeinde die bauernkriege. zwar sie
wurden mit der furchtbarsten niederlage der aufstrebenden bauern
beendet; aber auch mit dem kleinen ritter gieng es zu ende,
es war gleichsam eine symbolische darstellung der Schicksale von
* ich bemerke beiläufig dass Grillparzers hass gegen alle pragmatische
litteiaturgeschichte ihn dahin brachte, Haupts ausdrucli von einer 'natur-
geschichte der poesie' (vgl. Scherer Anz. ii 321) auf Gervinus parodistisch-
höhnisch anzuwenden Sehr, ix 270.
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 6
82 DIE NEIDHARTLEGENDE
N.s Stande gewesen, wenn man den selbständigen ritter zum be-
stellten spafsmacher eines hofs machte: der landadel zog sich zu
den fUrstensitzen. aber auch in der litteratur hatte er längst die
führung aufgeben müssen und selbst für den bauernspott hatte mit
den fastnachtsspielen eine neue epocbe begonnen; nun war es nicht
mehr der ritter, sondern der bürger, welcher den landleuten gegen-
über den classenhochmut vertrat, wenn N. widerholt 'der andere
Eulenspiegel' heifst, so ist doch eigentlich Eulenspiegel der andere
N. ; in ihm findet nun der Übermut der in Staat und verkehr wie
in kunst und litteratur tonangebenden kreise seinen ausdruck wie
einst in N. so steckt nicht blofs ein merkwürdiges stück litteratur-
geschichte, sondern auch ein gut stück culturgeschichte in der
entwickelung der N.schen poesie und der N.legende.i
* zu s. 75 trage ich nach dass Fuggers Ehrenspiegel, wie Ranke Sämmtl.
werke 1,343 nachwies, uns nur in der bearbeitung des SvBirken vorliegt,
das demselben entnommene Zeugnis somit besser dem 17 jh. zuzurechnen ist.
Berhn 19. 2. 86. RICHARD M. MEYER.
BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD.
LITTERATUR IN ÖSTERREICH.
1. Zur Kudrun.
In den ZE nr 19 (Zs. 12,311—318) hat Müllenhoff, in den
Geistlichen poeten 2 [QF 7], 63 f hat Scherer in betreff der heimat
des mhd. gedichtes von Kudrun zu einer Untersuchung angeregt,
die, abweichend von der gewöhnlichen annähme, welche in der
Steiermark diese heimat findet, auf Oberbaiern, und zwar auf die
gegend um Tegernsee ihr augenmerk zu richten hätte. Müllen-
hoff bestimmte die schon in Mones Untersuchungen zur geschichte
der teutschen heldensage s. 59 aus den MB aufgeführten drei
bairischen Horande der genannten gegend von 1102 — 1154 ge-
nauer; er zeigte ebenso Sigebaut aus diesem landstriche auf (vgl.
Mone s. 83) und beschränkte auch den namen Wate auf Baiern
(Zs. 6, 65. 12, 317); endlich wies er aus einem Salzburger ne-
crolog (Archiv für künde österr. geschichtsquellen 19, 271) eine
Chuterun nach. Scherer hingegen suchte, indem er die in bairi-
schen gedichten des xii jhs. enthaltenen anspielungen auf die
sage von Hilde und Kudrun zusammenstellte und die Vorliebe
noch späterer bairischer dichter, voran Wolframs, für Stoffe der
BEITRÄGE ZUR GESCH. DER MHD. LITT. IN ÖSTERREICH 83
heldensage beachtete, die entwickeluDgsgeschichte jener mindestens
im XI, wo nicht schon im x jh. (Heinzel VVSB 1885 109, 717)
aus dem norden nach Oberdeulschland gebrachten sage innerhalb
der gränzeu Baieriis zu beschUefsen. in Österreich wäre die-
selbe frühe verdunkelt worden, gleichwol wagte Scherer in seiner
Geschichte der deutschen litteratur von dieser seiner Vermutung,
die Kudrun sei in Baiern gedichtet, keinen gebrauch zu machen
(s. daselbst s. 732).
Für die steirische heimat des gedichtes, die nach Müllenhoffs
vorgange Bartsch 1865 und Martin noch 1872 in ihren ausgaben
annahmen, trat zumal Schrüer ein, Germania 17,65 — 68. er
berief sich hierfür auf einen 1187 genan-nten Fruoto, pfarrer von
Dechantskirchen (in der östlichen Steiermark, bei Friedberg) und
auf ein 1186 (richtiger 1185) erscheinendes Heteldorf, 'das weiter
nicht vorkommt und wol nur durch die laune eines Verehrers
dieser dichtung so genannt und dann wider eingegangen ist.'(!)
beide gründe sind natürlich ohne zwingende beweiskraft.
Jenen Fruoto von Dechantskirchen kann ich im augenblicke
nicht veriflcieren: in Zahns Urkundenbuch von Steiermark steht
er nicht, möglicher weise ist mit ihm identisch der magister
Frodo presbiter, der auf seine bitte um 1185 von erzbischof Adal-
bert von Salzburg (regierte 19 nov. 1183 — 7 april 1200) die
bisher unbebaute Waldgegend um Freiland bei Deutsch-Landsberg
zur Urbarmachung erhielt (Urkundenb. von Steiermark 1, 632 f
nr 652). kurze zeit darauf stand dort schon eine kirche, die
der genannte erzbischof in einer zu Pettau am 30 märz 1188 aus-
gestellten Urkunde zur Pfarrkirche erhob (ebenda 1, 670 nr 687).
zu anfang des Jahres 1203 war dieser Fruote tot. unter dem
6 jänner 1203 nämlich widmete erzbischof Eberhard ii von Salz-
burg das gut Freiland, quod nenerabilis sacerdos nomine Fruto a
predecessore nostro felicis memorie Adelberto tradüum hactenus pos-
sedü . . . cum omni iure quo idem predium iam diclus sacerdos
tenebat , dem kloster Admont zur Stiftung eines jahrtages (Urkun-
denb. von Steierm. 2, 101 — 103 nr61). in einer späteren Urkunde
(ebenda 2, 129 — 132 nr 85), worin erzbischof Eberhard n dem ge-
nannten kloster sämmtliche zehnten bestätigt, ist auch des zehnten
vom gute Freiland gedacht, quod piej memori^ Ekehardus Gurcensis
episcopns et Fruto sacerdos ab ecclesia Sahburgensi tenuerunt. —
aber der m«7^e Frtto^e war, wie uns der anonymus Spervogel zeigt
6*
84 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATUR
(MF 25, 19. 20 mit Haupts anmerkung), schon früh im xii Jahr-
hundert in Baiern ebenso wol bekannt, und sein gedächtnis im
Südosten auch aufserhalb der Steiermark noch lange nachher un-
erloschen. für das österreichische Donautal ist des zeuge der
dichter der Helblingbüchleiu (2, 1302. 7, 366. 13, 111 vgl. Haupt,
Engelhard s. xi), sowie das totenbuch des cistercienserstifles Li-
lienleid, das unter dem 15 juni Hemn'cus Frueto, unter dem
9 november Dyetricus Fruelto hospes noster in porta als eintrage
des XIV jhs. bietet (Fontes rer. austriac. ii 41, 100. 171). für
Kärnthen beweist dasselbe Frute der Mayerhofer in einer Urkunde
des benedictinerstiftes SPaul in Lavant vom 5 augusl 1381 (ür-
kundenbuch [Fontes u 39] s. 263 nr 285). nur soviel ist zuzu-
geben dass jener steirische Fruote des xn jhs. der älteste uns be-
kannte träger dieses namens im Südosten war: wobei auch die
niederdeutsche form Frödo der Urkunde von c. 1185 beachtung
verdienen möchte, aber dies genügt mit nichten, um das gedieht
von Kudrun der Steiermark zuzuerkennen.
Jenes steirische Heteldorf (erwartet hätte man Hetelendorf)
ist jetzt zu finden bei Zahn 1, 627^ in der zu Admont Weih-
nachten 1185 von herzog Ottokar von Steiermark für das genannte
kloster ausgestellten grofsen bestätigungsurkunde (1, 625 — 630
nr 649). da indes der name Hetel für unseren Südosten während
des XII jhs. aus dem Innviertel, aus Ober- und ^'iederösterreich
ebenso wol wie aus der Steiermark, und gar nicht so selten als
Mone (Heldensage s. 84) annahm, zu erbringen ist — meine col-
lectaneen weisen als ältestes zeugnis ein niederösterreichisches
aus der zeit vor 1136 — , so ist aus dem erscheinen eines
problematischen steirischen Heteldorfs im jähre 1185 für den
steiriscben Ursprung unserer Kudrun absolut nichts zu schliefsen.
Allerdings gibt es unwiderlegliche beweise, dass die sage
von Hilde und Kudrun, gleich der ihr verwandten von Walther
und Hildegunt sowol im Donautale als in der Steiermark während
des XII jhs. wol bekannt und gepflegt war. die seit bald vierzig
Jahren in den Fontes rerum austriacarum und im Archiv für
österreichische geschichte veröffentlichten Urkunden-, sal- und
toteubücher österreichischer klösler gestatten im vereine mit dem
Urkundenbuche des landes ob der Enns und dem von Steiermark
belehrende einblicke wie in die geschichte der seit der zweiten
hälfte des 11 jhs. neubelebten heldeusage in Österreich überhaupt.
IN ÖSTERREICH 85
so in die der Kudrunsage insbesondere, aber die frage nach der
heimat des mhd. gedichtes bringen auch sie nicht zur unanfecht-
baren eutscheidung.
Die beliebtheit der sage von Wallher und Hildegunt im öster-
reichischen Südosten ist längst bekannt: die Nibelunge und der
Biterolf spielen auf sie an, der einzige bezug, den Wallher von
der Vogelvveide auf die heldensage nimmt, gilt jenem liebespare,
und das der besten zeit des mhd. volksepos angehörige, gewis in
Österreich entstandene gedieht von Walther und Hildegunt schliefst
sich der in Österreich wegen des gegensatzes gegen die Heunen
vormals beliebten fränkischen auffassung an , nach welcher der
kämpf wider die letzteren gewendet ist (MüUenhoff Zs. 12, 273 f).
ich erlaube mir hier aus österreichischen Urkunden einige, wie
ich glaube, bisher unbeachtete Zeugnisse für diese sage beizu-
bringen, zunächst zwei geschwisterpare Walther und Hildegunt,
ein steirisches und ein niederöslerreichisches. um 1160 widmete
Magau, ministerial des erzslifles Salzburg, dem kloster Admont
sein gut und acht hörige, worunter Hartmut cum filiis suis Perh-
tolt Walther Hilttgunt Chrispina (Urkundenb. von Steiermark 1,415
nr 443). in iradition nr 719 des unter propst Marquard i, mit-
hin zwischen 1142 und 1167 angelegten und bis unter Nicolaus r
(1257 — 1279) fortgesetzten salbuches von Klosterneuburg (Fontes
n 4) schenkt quidam Hermannus diesem stifte ad ceiisum trium
denariorum Waltherum et Hiltam. eine genauere Zeitbestimmung
dieser tradition ist nicht möglich, da sie selbst dazu keinen an-
hält bietet und der herausgeber hier wie überall nicht einmal
bemerkt, ob die aufzeichnung von einer band des xir oder xiiijhs.
geschehen sei. die kürzere form des mädchennamen aber ver-
schlägt nichts: auch im mhd. gedichte wird Hildegunt einmal
(18,4) Hilde genannt, auch den namen, den Etzels gemahlin
im Waltharius führt, kennt dasselbe salbuch. unter dem propste
Marquard i schenkte Chonradus accolitus frater noster dem stifte
famulos stios ad censiim v numorum Hermannum et ospirnam
uxorem eins, eine spätere festigung der in der folge angefoch-
tenen Schenkung hat am Schlüsse maucipiorum nomina sunt hec
Herman et uxor eius Ospirn usw. (trad. nr 270 und 581). da-
durch werden Mülleuhoffs zwischen c. 762 und c. 1020 sich be-
wegende belege des namens Ospirin (Zs. 10, 172) erstreckt bis tief
ins XII jh. selbst der mit Ospirin zusammengehörige name ihres
S6 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATÜR
valers Oserich, den MüUenhoff aao. zweimal aus den jähren 762
und 798 belegte, war um 1100 in Niederösterreich unvergessen,
in der dem jähre 1108 vorangehenden tradiiion nr 73 des sal-
buches von Göttweih (Fontes ii 8; vgl. daselbst anm. s. 142),
welche die Schenkung des an der Krems sich ausdehnenden Cho-
tiwaldes an das stift behandelt , steht als letzter der zeugen Osrich.
Nicht minder teilen sich in die Zeugnisse für die in erster
reihe entscheidenden namen der Kudrunsage das Donautal und
die Steiermark: sodass diese sonst so fruchtbare Unterscheidung,
die Scherer zunächst für die in diesen gegenden seit c. 1070
anhebende lilteratur aufgestellt hat (Zs. f. d. öslerr. gymn. 1870
s. 187 f, vgl. QF 1,67 f) und die für das Studium und die erkenntuis
aller äufserungen und erscheinungen des altösterreichischen lebens
als führender stern sich erweist, in diesem falle nicht ausreicht,
und doch werden wir auf sie zurückgreifen müssen , um in der
frage nach der heimat des gedichtes das letzte wort zu sprechen.
Das im Arch. f. österr. gesch. 56, 299 abgedruckte, zu anfang
des XII jhs. geschriebene diptychon des im östlichen teile Ober-
österreichs gelegenen chorherrenstifles SFlorian hat unter seinen
121 ganz oder teilweise leserlichen namen au der 93sten stelle
eine Gnodnin. für die form mit K im anlaute kenne ich keinen
österreichischen beleg, die form mit anlautendem Ch jedoch, die
jenes salzburgische necrolog als Chnternn zu lesen gibt und in
welcher der name auch im Füfsener codex der Benedictinerregel
erscheint (Chutrun sanctimonialis ohnt, Zs. 27, 312), habe ich aus
der Steiermark, das erste der beiden ältesten, in den ersten
decennien des xiii jhs. geschriebenen totenbücher des benedictiner-
stiftes Admonl verzeichnet unter dem 1 märz Chudrun laica (Arch.
f. österr. gesch. 66, 356). bekanntlich ist dies Clmterun (Chutrun,
Chudrun) die bairische Umformung des mit der sage aus dem
norden dem oberdeutschen Süden neu zugeführten frauenuamen,
den er vorlängst als Gundrnn (Cundrün, Cundurünj schon besessen
halte (Zs. 27, 312. Libri confraternitatum der Mon. Germ., p. 351.
177. 99): die alemannische lautete Guterun (Libri confraternita-
tum p. 43. Heinzel aao.).
Wichtiger noch als diese beiden österreichischen Kudrunen
sind einige österreichische Horande, die aus dem xii jh. und dem
Donautale sich nachweisen lassen, sie wären in dem schon 1851
erschienenen salbuche von Klosterneuburg, worin sie stehen und
IN ÖSTERREICH 87
Haupt Müllenhofleu eine Goldrun nachwies (Zs. 12,316), längst
entdeckt, wäre nicht die ausgäbe dieses wichtigen denkmales gar
so ungenügend, und zumal das regisler nicht so über alle be-
griffe leer und unbrauchbar.' — MüUenhoff bemerkte Zs. 12, 313 :
'das auftreten von 'Horant' ist einem zeugnis für die spätere
sage gleichzuachten , und dies ist in der tat auch so merk-
würdig, dass um so weniger daran zu zweifeln ist. während
nämlich Herrande sich zahlreich bis ins xin jh. und darüber
hinaus nachweisen lassen (Mone HS 59), beschränkt sich, soviel
ich weifs, die zahl der Horande bis auf zwei Tiroler des xiv jhs.
(Germ. 1, 293) und einen Bantlin Hoerand von 1448 bei Mone
s. 60 auf drei, die gleichzeitig in derselben gegend, in Oberbaiern
vorkommen.' daran reihte er aus den MB die drei Horande der
Tegernseer gegend von c. 1102 — 1154. jene bemerkung hätte
er anders gegeben, wären ihm die Horande des salbuches von
Kloslerneuburg bekannt gewesen, es sind ihrer mindestens drei,
möglicher weise vier.
In Iradition nr 165 schenkt quidam homo nomine Horandus
dem stifte i^r niatium nobilis uiri Sterchfridi einen grundbesitz
zu Porz, einem nunmehr verschwundenen orte, der ostwärts von
Wien, an der Fischa bei Margarethen am Mos gelegen war (Blätter
fu :' landeskunde von Niederösterreich 1882 s. 198). die Schenkung
bezeugt unter anderen graf Gebehard von Beugen, der 1144 be-
reits verstorbene gemahl jener frau Hildeburg, welche in dem ge-
nannten jähre defuncto iiiro suo felicis memorte comite Gehehardo
de Bouige zu dessen und ihrem seelenheile das benedictinerkloster
zum hl. Lambert in Altenburg am Kamp stiftete: s. das urkunden-
buch desselben (Fontes ii 21) s. 1, urk. ur 1. die Schenkung
jenes Horand geschah daher vor 1144. woher hat Oesterley,
Historisch-geographisches Wörterbuch des mittelalters s. 532"" —
abgesehen davon dass er daselbst dies Porz an der Fischa mit
einem anderen Porz bei Altenwörth an der Donau zusammen-
wirft— für unsere tradition nr 165 die Jahreszahl 1187? jedes-
falls ist sie falsch.
* der herausgeber dieses salbuches, der Chorherr Maximilian Fischer,
der schon 1815 eine Geschichte von Klosterneuburg hatte erscheinen lassen
und zu Weihnachten 1853 neunundsechzigjährig starb, erfasste seine auf-
gäbe lediglich aus dem gesichtspuncte der landeskunde (vgl. ihn selbst Salb,
s. xviii). von dem werte, den eine solche publication für die germanistik
gewinnen könne, hatte er entfernt keine ahnung.
88 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATÜR
Gleich in nr 167 desselben salbuches übergibt CImnrat de
Ritinpnrch dem stifte ob censum quinque denariorum hec mandina,
Jrmigardam uxorem Horandi cum filiis suis Tuta Irmigarda Maht-
hilt Dimut Herihurch Horant. also Horaud vater und söhn , wie
auch der name der mutter in dem der einen tochter widerkehrt.
Rietenburg war ein bei dem Städtchen Hörn im niederösterreichi-
schen viertel ob dem Manhartberge gelegenes dorf, das schon vor
1076 eine kirche besafs und in Urkunden des Stiftes Altenburg
am Kamp bis an das ende des xv jhs. erscheint: aufgehoben ward
die pfarre Rietenburg erst 1783. hierüber sowie über das da-
selbst sesshafte geschlecht ist Blätter f. landesk. von Niederösterr.
1883 s. 193 — 197 gehandelt, ob dies geschlecht mit den in der
Ostmark begüterten bairischen grafen von Rietenburg versippt
war, weifs ich nicht: Theodor Mayers im Arch. f. künde österr.
geschichtsquellen 12, 247 — 266 abgedruckter aufsatz über die
burggrafen von Regensburg, grafen von Stevening und Rieten-
burg, auf den Haupt MF s. 232 verwies, gibt über jene frage
keinen aufschluss. Konrade von dem niederösterreichischen Rie-
tenburg lassen sich drei nachweisen, der erste steht als Cliun-
radus de Rietenburch 1144 unter den zeugen der vorhin er-
wähnten Stiftungsurkunde des klosters Alteuburg. der zweite
bezeugte als Chunradus de Rüinburch mit seinem ritter Luitoldus
eine Schenkung, die Otto von Buchberg dem kloster Neuburg
machte, dum lerosolimam iret cum duce Liupoldo (Salbuch von
Klosterneuburg, trad. nr 453). gemeint sein kann nur der dritte
grofse kreuzzug, den herzog Leopold v von Österreich erst nach
dem tode kaiser Friedrichs i im Kalykadnos (10 juh 1190) antrat
und von dem er zu neujahr 1192 bereits wider zurück war (Krones,
Geschichte Österreichs 1,614): die tradition nr 453 fällt mithin
in das jähr 1190. dieser zweite Konrad hatte, wie aus trad.
nr 747 desselben salbuches hervorgeht, einen gleichnamigen söhn:
und entweder dieser oder noch der vater steckt in jenem Chun-
radus de Rietinburk, der unter dem 7 april 1209 eine Urkunde
herzog Leopolds vi von Österreich für das neugegründete cister-
cienserstift Lilienfeld (Meiller, Regesten der Babenberger s. 100
nr 74) , und als Chunradus de Rietinburch neben Otto de Buch-
perch eine nicht datierte, um 1210 gesetzte Urkunde desselben
fürsten für kloster Altenburg mitbezeugte (Urkuudenb. s. 6 nr 4
= Meiller s. 104 nr 86). — die tradition nr 167, welche die
IN ÖSTERREICH 89
beiden Horande nennt, wird man am fügiichsten auf den ersten
Konrad von Rietenburg beziehen, also beiläufig um 1150 an-
setzen, da unter ihren zeugen ein Sterichfrit erscheint, wie die
Schenkung jenes Horant in nr 165 ]>er manum nobilis niri Sterch-
fridi geschah, könnte man denken, dieser schenkende Horant sei
identisch mit demjenigen, dessen gatlin und kinder nachmals durch
den Rietenburger der kirche in Klosterneuburg gewidmet wurden,
denn selbst als unfreier konnte er unbewegliches eigentum er-
werben (RA 350), als freier aber entweder durch darbietung
seines gutes unfrei werden (RA 562 f) oder wenigstens durch ver-
ehelichung mit einer hörigen die daraus folgenden kinder zu
hörigen machen (RA 324 f).
Die tradition nr 337 desselben salbuches ist ausdrücklich
von 1169 datiert; nr 338 besagt dass eodem anno frau Heilwich
von Schönkirchen (ein noch bewohntes schloss im viertel unter
dem Manhartberge, vgl. Liecht. 67,21. 285,5. 473, 11) unter
beistimmung ihres gatten ancillam suam nomine luttani, uxoreni
hominis ecclesi^ yiostre^ Horandi, eo iure quo ipsam possederat dem
kloster Neuburg geschenkt habe, nachdem die frau des älteren
Horand in nr 167 Irmingart hiefs, wird der hämo ecdesie^ nostr^
Horandus der nr 338 der in der ersteren schon genannte, da-
mals noch unverehelichte jüngere Horant sein, und es zeigt sich
dass wir berechtigt waren, die nr 167 als den älteren Vorgang
beiläufig auf die mitte des jhs. zu verlegen, unter den zeugen
der nr 338 befindet sich ferner, zum deutlichen erweise des für
den unterschied beider namenformen lebendigen gefühles ein Her-
randus de foro (von der Ortschaft Klosterneuburg): wie umgekehrt
MüUenhoffs Horant de Puosencheim einmal die Schenkung eines
nobilis homo Herrant dictus bestätigte (Zs. 12, 314).
Endlich in trad. nr 664 schenkt quidam dominus de Wul-
uelinesdorf , Rapoto nomine (Wilfleinsdorf östlich von Wien, im
gerichtsbezirke Rruck an der Leitha ? oder Wilfersdorf im poli-
tischen bezirke Hollabrunn?) ad censum v denariorum Wolfherum
et Altmannum et Triitam cum omni posteritate eorum. unter den
zeugen, die durchweg ohne beigesetzten orts- oder geschlechts-
namen erscheinen, an zweiter stelle Horandus. an einem anhalte,
die tradition zeitlich zu fixieren, fehlt es leider durchaus.
Da dieser letzte Horant jedesfalls von den vorhergehenden
abzutrennen sein wird, erhalten wir einen älteren Horant aus der
90 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATÜR
zeit vor 1144 in ur 165 und wahrscheinlich 167; einen jüngeren
Horant, des vorigen söhn, zwischen c. 1150 und 1169 in nr 167
und 338; endhch einen dritten Horant in nr 664.
Wie diesen nameu erhrachte Müllenhoff Zs. 12, 317 auch
den uamen Sigebant aus der gegend von Tegernsee. auf Baiern
keineswegs beschränkt, scheint er im westen und Süden behebter
geworden zu sein als im osten und Südosten, belege stehen zu-
mal für Tirol zur band, hierher der schon von Mone s. 83 an-
gemerkte Sieband de Vlies d.i. Fliefs südlich von Laudeck, am
Inn. er zeugt in einer zwischen 1160 und 11S6 fallenden Ur-
kunde des bischofs Egiuo von Chur für das kloster SJohann im
Münstertale (Arch. f. künde öslerr. geschichtsquellen 15, 341 f).
Sigebande des xiii jhs. erlesen sich aus dem urkuudenbuche des
chorherrenstiftes Neustift bei Brixen (Fontes n 34) : Otto Sibant
1224, zeuge in nr 198 s. 85; Sybandus de Nauces (Nalz etwas
nordöstlich von Neustift) 1238, aussteiler der nr 245 s. 107;
Sybandus 1256, erwähnt in ur 279 s. 122. für das Donautal
kenne ich gar kein urkundliches Zeugnis des namens, dass er
daselbst geführt ward, ist aus dem hauer Sibant in einem öster-
reichischen liede Neidharts (31, 35) sicher zu folgern, denn
Neidhart lieh seinen österreichischen bauern und bäuerinnen keine
namen , die sie im würklichen leben nicht geführt hätten, wenig-
stens sollte es mir nicht schwer fallen, die meisten von Neidharts
bauernnamen aus österreichischen Urkunden des xii — xiv jhs.
zu erbringen, voran die weiblichen Vriderun Vi'ömuot Uodelhilt
und die vielen koseformen mit angehängtem »lan, wip oder kint.
Dagegen bieten wider die ältesten toteubücher von Admont
urkundliche nachweise des namens Sigebant, und zwar für die
Steiermark, das erste dieser beiden necrologien verzeichnet zum
13 august Sigebant laicus , dann zum 2^ ie\i{emh&Y Sigebant pres-
byter et monachus nostrae congregalionis (Arch. f. österr. gesch.
66,421. 437).
Noch erübrigen zwei frauennamen. Müllenhoff glaubte Zs.
12, 316, die in der Klage v. 1103 genannte Goldrün solle Gudrun
sein, an die doch eher als etwa an Ludwigs tochter Ortrün zu
denken sei: was Scherer OF 7, 63 zweifelnd annahm mit der
bemerkung dass, wenn die Goldrun der Klage würklich die Ku-
drun sei, dies erst recht die Verdunkelung der ganzen sage in
den südöstlichen gegenden zeige, unter Müllenhoffs vom ix zum
IN ÖSTERREICH 91
XIII jh. laufeüdeü belegen für Goldruu befindet sich , ihm von
Haupt aus zwei Klosterueuburger Urkunden von 1205 und 1206
(Salbuch s. 189 nr 3 und 4) nachgewiesen (vgl. oben s. 86 0 ein
österreichischer, den ich hier widerhole, die erste dieser Urkunden
gibt den (deutschen?) dativ, die andere den genetiv des frauen-
uamen: Gotfrido camerario et nxori sue Goldrune; Gotfridi ca-
merarii in Wienna et nxoris sue Goldrune, solche österreichische
belege lassen sich mehren, aber für das xii jh. nur aus dem Inn-
viertel und dem Donautale, nicht aus Innerösterreich (Steiermark
und Käruthen). Golderuti Goltrun heil'sen mägde in einer Reichers-
berger und einer Formbacher tradilion von c. 1180, beziehungs-
weise c. 1140 (Urkundenbuch des landes ob der Enns 1, 368
nrl51; 1,717 nr 299j. im ältesten toteubuche von SFlorian
Coldron (d. i. Coldroun) unter dem 17 märz, Goldrun unter dem
24juui, Goltrun im Verzeichnisse der noch lebenden (Arch. f.
österr. gesch. 56,305. 311.322). im salbuche von Klosterneu-
burg, trad. nr 41 gibt Otto von Glaubendorf (einem an der
Schmieda vor dem Manharlberge liegenden dorfe) dem stifte acht
leibeigene, worunter Golderünam (der circumflex im codex); ebenso
in nr 82 Rudolf von Traun Hacelam et filias eius Goldrun et Gi-
selam; endlich in nr 495 Adalbrecht von Hort Diemut Wkhardum
Ortwinnm Goldrun ob censum v denariorum. im xui jh. findet
sich auch eine Goldrun aus lunerösterreich, und im lande unter
der Enns dauerte der name ins xivte aus. im jähre 1263 ver-
teilte bischof Konrad von Freising die um Bischoflaak in Krain
gelegenen hüben inter Nicolaum filium Walpotonis et Wernherum
generum Ulms et Goldrunnam filiamque eius Margaretam (Cod.
dipl. austr.-frising. 1 [Fontes n 31], 244 nr 231). derselbe kircben-
fürst verlieh in einer zu Bischoflaak am 20 november 1273 aus-
gestellten Urkunde Gotfrido sacerdoti vicario in Lok . . . et duabus
suis fdiabus Margarete videlicet et Katherine necnon matri earun-
dem Golderwie einen mausen in dem genannten orte, also beide-
mal dieselbe Goldrun, und die frau oder geliebte eines pfarr-
vicars, die ihm zwei töchter geboren halle (Cod. dipl. auslr.-fris.
1, 323 nr 300). eine Urkunde des \Yiener scholtenstifles de dato
Wien, 21 december 1306 (Urkundenbuch [Fontes ii 18] s. 119
nr 100) hebt an ich Fridreich der maurer purger ze Wienne, und
ich Goldraun sein housvrowe. das lotenbuch von Lilienfeld hat
unter dem 29 märz von einer band des xivjhs. Goldruna nion. ads.
92 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATÜR
Nycolaum (kloster SNicolaus bei Passau), iiud unter dem 6 april
als eintrag der ersten der beiden ältesten bände Goldruna mon.
(Fontes ii 41, s. 68. 72).
Den namen der Ortrun kann ich dreimal belegen, und zwar
einmal aus der Steiermark, zweimal aus dem Donautale: doch
überall nur aus dem xni jh. in den beiden Admonter necro-
logien steht unter dem 9 april Ortrun momalis nostrae congre-
gationis (Arch. f. österr. gesch. 66, 371). die bei Passau 1228
vorhergehende tradition nr 286 des klosters SNicolaus verleiht
WoJframmo et nxori eins Ortrune duos ortos (Urkundenb. d.
landes ob d. Enns 1, 613). in einer Urkunde des Stiftes Alten-
burg am Kamp de dato Gars, 5 jänner 1299 verkauft der aus-
steller Otte der Weidner von Znnkra (Zaingrub bei Hörn) dem
kloster ein halbes leben mit meiner housvroun hant vron Eisbeten
und auch meiner chinde, meiner paider sune Otteins und Fridreichs
und meiner tohter Ortrunne gunst (Urkundenb. s. 89 nr 80).
Mit ausnähme der blofs niederösterreichischeu Horande kom-
men unsere Zeugnisse dem Donautale und der Steiermark gleicher
weise zu gute, die kenntnis der Hilden- und Kudrunsage wird
durch sie dem Südosten für das dem mhd. gedichte voraufliegende
XII jb. zweifelsohne gesichert, ja die bis an 1170 heran reichen-
den niederüsterreichischen Zeugnisse für Horant greifen gegen
MüUenhoft's bairische, die nur bis 1154 gehen, um fast zwanzig
jähre weiter nach vorwärts aus, dh. in diesem falle, sie treten
um eben so viele jähre dem zeitpuncte der entstehung des ge-
dichtes (um 1210) näher, dann aber scheint es fast bedenklich
von einer Verdunkelung zu sprechen, der die sage im Südosten
noch vor ablauf des xii jhs. verfallen wäre: womit auch die ver-
mutete Identität von Goldrun mit Gudrun ins schwanken geriete,
indes lässt sich dem wider entgegenhalten, in dem verhältnismäfsig
langen Zeiträume der vierzig jähre von 1170 — 1210 konnte eine
solche Verdunkelung in dem vor allem der pflege der altheimi-
schen sagenstoffe hingegebeneu Südosten sich ganz wol vollziehen;
aus den jüngeren Zeugnissen aber spricht keine lebendige kenntnis
der sage mehr, sondern eine rückwürkung der dichtung, sei es
der Kudrun sei es der Klage, auf das leben.
Noch schwerer hält es aus dem, was ich hier beibringen
konnte, die beimat des gedichtes von Kudrun innerhalb des
bairischen Sprachgebietes zu bestimmen, wer auf die Chudrun
IN ÖSTERREICH 93
Sigebant Ortrnn der Admonter totenbiicher pochend die Steier-
mark als diese heimal nun erst gesichert hielte, er überschätzte
nicht blofs die bedeutung dieser Zeugnisse gegenüber derjenigen,
welche die im Donautale heimischen Horande zwischen c. 1140
und 1170 vor allem für sich beanspruchen dürfen: sondern er
verkennte auch die Stellung, welche wir nach dem gegenwärtigen
Stande unserer keuutnis der Steiermark in der geschichte der
mhd. litteratur anweisen müssen, für die zeit der vorblüte und
die der eigentlichen blute ist das den alpen angehörige Inner-
österreich (Steier und Kärnthen) gegenüber dem westen und der
mitte Deutschlands noch ungünstiger gestellt als die beiden öster-
reichischen Donauländer, auch diese empfangen die vom westen
kommenden geistigen Strömungen verspätet, aber doch eher noch
denn die als versteckt liegende hinterlande erscheinenden alpen-
gegenden. die Zuführung neuer ideen und lebensformen nach
Österreich geschah im miltelalter zunächst durch und von Raiern
her, und der weg war durch die von westen nach osten, aus
Raiern nach Österreich strömende Donau gegeben (vgl. Scherer
QF 12, 73). diese vermittelnde macht äufserte die Donau zumal
während des xn jhs. bei der Verpflanzung des minnedienstes, der
lyrischen dichtung der edeln und der höfischen lebensformen nach
Österreich, auf das schärfste ist dies ausgeprägt in dem örtlichen
und zeitlichen fortrücken der an das Douautal geknüpften namen
der ersten adeligen minnesänger von west nach ost: wir erhalten
auf der langen strecke von Ulm bis Linz so zu sagen eine
reihe Stationen , welche die neue zeitrichtung einhält (vgl. Scherer,
Deutsche Studien 2, 76 f (512 f) und Henning im Anz. i 131).
es scheint aber noch nicht genügend beachtet dass eben diese
vermittelnde macht der Donau gerade so tätig war in der seit
dem ende des xi jhs. zu beobachtenden widererweckung der hel-
densage. auf grund einer umfassenden befragung der altöster-
reichischen urkundlichen quellen nach dieser richtung hin kann
ich sagen dass die zahlreichsten beispiele der im leben geführten
namen der nationalen sage — und gerade die wichtigsten namen
sind darunter — von dem österreichischen Donautal dargereicht
werden, deutlich zeigt sich, wie von Raiern her seit dem anfange
des xn jhs. die gestalten der heldensage ins land ob und unter
der Enns eindringen, wobei das Innviertel als anstofsecke eine
besondere Wichtigkeit betätigt, in diesem grofsen bogen vom
94 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATÜR
unteren lun bis an die ostgränze Niederösterreichs lagert die
hauptmacht der ganzen Bewegung, Steier und Kärnthen bleiben
an den flanken, schon diese tatsache ist jener zuerst von MüUen-
hofl" ausgesprochenen Vermutung, Klage, Biterolf und Kudrun
seien in der Steiermark gedichtet (einleitung in die Kudrun s. 103,
zGNN s. 16; danach auch Wackernagel LG^ s. 210. 214) nicht
günstig, schon Weinhold in seinem vortrage Über den auteil
Steiermarks an der deutschen dichtkuust des xni jhs. (Almanach
der Wiener academie 1860 s. 212 — 216) erklärte sich gegen diese
meinung, wenn auch ohne eingehendere Untersuchung und be-
gründung. die Klage konnte man nur, so lange man sie mit
dem Biterolf einem und demselben Verfasser zuwies, nach Steier
setzen : sie gehört wol gewis ins land unter der Enns. für den
Biterolf hat neuerdings RviMuth Zs. 21, 182—188 gleichfalls Nie-
derösterreich als heimat wahrscheinlich gemacht, ganz folge-
richtig wird nun zuletzt noch die Kudrun aus der Steiermark weg
zu weisen sein als einem lande, das, wenngleich der pflege der
heldensage im xii jh. keineswegs verschlossen, doch für die her-
vorbringung solcher gedichte einen weniger vorbereiteten boden
gewährte als Niederösterreich, die bedeutung der Steiermark für
die mhd. litteratur liegt ganz anderswo hinaus, im gegensatze
zu Niederösterreich, das in deren kurzer blütezeit durch seine
schöpferische teilnähme am höfischen miunesang und an der volks-
mäfsigen epik seine kraft bewährt hatte, trat die Steiermark erst
in der zeit der nachblute auf den plan, sie ward da vor allem
bedeutend durch die verspätete energie , mit der ihr adel sich auf
die pflege der höfischen epik und der höfischen ideale warf, wie
das kam, hat Schönbach Zs. 26, 319 (vgl. 316) kurz aber treffend
erklärt, daher denn auch bei den an sich nicht zahlreichen bei-
spielen des Übertrittes der aus der höfischen epik bekannten
Personennamen ins würkliche leben das umgekehrte Verhältnis
erwächst zu den ebenso aus der altheimischen sage entlehnten
namen: in den letzteren überwogen die österreichischen Donau-
länder, in den ersteren überwiegt nun die Steiermark nebst
Kärnthen. 1
' meine selbständig gesammelten belege unterdrücke ich hier, es ge-
nüge einstweilen ein verweis auf die tafeirunde Ulrichs vLiechtenstein, sowie
die steirischen Ereke und Eniten in Haupts Erec- s. 324 und bei Weinhold,
Anteil Steiermarks (Almanach 1860 s. 23-i anm. 12). vgl. auch Zs. 26, 315
text und anm.
IN ÖSTERREICH 95
Somit wird als heimat der Kudrun neben Baiern nur noch
Niederösterreich in betracht kommen und zwischen beiden zu
wählen sein, in so ferne die Vermutung des bairischen Ur-
sprunges der dichtung von den bisher allein bekannten drei bairi-
schen Horanden des xn jh. ausgieng, ist sie durch die in diesem
aufsatze nachgewiesenen drei österreichischen Horande desselben
jhs. aufgewogen, und da ein gedieht keineswegs dort entstanden
zu sein braucht, wo vorgängig die ersten spuren der lebendigen
kenntnis des Stoffes, aus dem es schöpft, sich verraten, so möchten
die etwas jüngeren und der entstehungszeit der Kudrun nähern
niederösterreichischen Zeugnisse vielleicht selbst erhöhte beweis-
kraft vor den älteren bairischen gewinnen, aber zu behaupten
wage ich es nicht, und um so weniger, je mehr ich das, was
Scherer QF 7, 63 f zur geschichte der pflege altheimischer sagen-
stoffe in Baiern vor äugen führt, im zusammenhange betrachte,
vielleicht gelingt es einer kundigeren band als die meine ist die
frage, endgiltig zu lösen: ich bescheide mich gerne, sie durch
beleuchtung einiger bisher übersehener einzelheiten wider in den
Vordergrund gerückt zu haben.
2. Zum Meier Helmbrecht.
Lachmann, Über singen und sagen s. 115 f (Kl. sehr. 1, 472)
setzte den Meier Helmbrecht Wernhers des gärtners nach Nieder-
österreich, und zwar in das viertel ob dem Manhartberge: in dem
verse 192 zwischen Höhensteine und Haldenberc erklärte er die
erstere dieser beiden örtlichkeiten für Hohenstein an der Krems,
die letztere für Hakenberg an der mährischen gränze. nach ihm
gab auch WGrimm HS** s. 158 nr 51 das damals noch ungedruckte
gedieht für niederösterreichisch aus: die betreffende nr beruht
ganz auf einer mitteilung Lachmanns, seitdem aber FKeinz 1865
sämmtUche in dieser poetischen erzählung genannten örtlich-
keiten im Weilhartwalde des vormals bairischen, jetzt oberöster-
reichischen Innviertels nachgewiesen, darunter sogar de7i smalen
Stic an der kienUten v. 1426 f an ort und stelle aufgezeigt hat,
ist das gedieht dem Innviertel, und damit Baiern unverrückbar
gesichert, neuerhch aus liebe zur engeren heimat angestellte
versuche, den Meier Helmbrecht auf grund veränderter Orts-
angaben der Berliner hs. in den versen 192 und 897 für Ober-
96 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATüR
Österreich zu retten, sind deshalb vergeblich, wie Lachmann aao.
schon sie gleichsam vorwegnehmend abgetan hatte.
Gleichwol gibt es wenige urkundliche Zeugnisse, welche
aufser zvveifel stellen dass das in rede stehende gedieht sehr bald
nach seiner entstehung in dem niederösterreichischen viertel ob
dem Manhartberge bekannt und beliebt war. wenn es nun un-
kritisch heifseu müste, deshalb auf die alte ansieht von der ent-
stehung des Meier Helmbrecht auf niederösterreichischem boden,
oder wenigstens von dem vorgehen der handlung auf diesem
zurückzugreifen, so muss doch wenigstens das auftreten dieser
urkundlichen Zeugnisse erklärt werden.
Zunächst lege ich sie selbst vor. es sind ihrer zwei.
V. 1185 — 1230 des gedichtes nennt und characterisiert der
junge Helmbrecht seinem vater seine gesellen Lemberslint Slicken-
wider Hellesac Rütelschrin Küefräz Müschenkelch Wolvesguome Wol-
vesdrüzzel Wolvesdarm. sich selbst bekennt er v. 1237 zu dem so-
briquet Slintezgeu. später, als Lemberslint Helmbrechts Schwester
Gotelint heiratet und das brautmahl gerüstet ist, verteilt der dichter
V. 1535 — 1574 launiger weise die fürstlichen hofämter unter jene
spiefsgesellen : in Sonderheit Küefräz ist küchenmeister. diese
namen sind durchaus scherzbildungen und, wie sie hier im ge-
wichte stehen, wol des dichters erfiudung. dies erhellt aus fol-
gendem, aus österreichischen Urkunden des xii, xiii und xiv jhs.
ist es ein leichtes aus persönlichen bei- und Übernamen Wort-
bildungen zusammenzutragen wie barzebüch schüttewempel smer-
büch; brötswende fleischezze vrdz vrezzinne; brüeschinke verl gense-
beinel eierimsmalz bönbrie gerstbrie semelsnit phingestkcese fülkcese
giiotspise; brdteinentel bldseinwile küelenbrien stürzenhaven kcBse-
muiit kostenkcBse ; teicnapf milchtopf roumschüzzel smerkübel smer-
stoezel phannenstil; bierbuch biermider bier zapfe briuhaven; mete-
sac; pfefferwin; birnmost ; suochentrunc {vgl.suochenwirt) slintenwin
nztrinc trinkezüz nimmervol vüUesac^ swelhinne fiioder wines;
sptinginzguot platzinzguot ; kröpf gol {vgl. gol gollen Lexer 1, 1044.
1045) waschengiel seichinzbette seichinzpolster tretenmtz oder tre-
temutzel (scortum) usw., wozu noch kommen die Weingarten- und
weinnamen Icerenbuch netzenwisch vrcerenwin vüllenkeller ziereti-
* verschieden von vüllensac 'räuber', Lexer 3, 563; vgl. ebendaselbst
den beinamen vülleschüzzel 'zum füllen bestimmte schüssel' und hier oben
metesac; alles = wanst.
IN ÖSTERREICH 97
hell uä. fast alle führen sie uns das aufgehen der Altösterreicher
in heiterem lebensgenuss,' und zumal die durch ihr gesegnetes
land fast herausgeforderte ess- und trinkliist redend vor äugen:
wie uns auch gedichte dieser gegenden, so gleich der Meier
Helmbrecht selbst, dann die Helblingbüchlein, aus älterer zeit die
kärnthnische Genesis, endlich küchenaufzeichnungen von klöslern
(Urkundenbuch des Stiftes Kloslerneuburg [Fontes ii 10] l,XLivf)
über die lieblingsgerichte des Altösterreichers weidlich belehren:
vgl. Scherer QF 1, 29. 66. 7, 44 und Lichtenstein im Anz. vir
111 — 116. bekannten sich die übrigen Deutschen zu dem von
Jacob Grimm gerne erörterten oder selbst gebrauchten spruche
selbe tccte selbe habe (MSF 85, 22. vgl. Mylh." 420. 980, Anz. x[
245, Germ. 31, 88), so hielt es der lebensfrohe Österreicher lieber
mit dem 'selbst essen macht fett', was er kurz wird gegeben
haben durch seihe zerl ich erlaube mir dies unmafsgeblich zu
folgern aus einer bei Krems an der Donau gelegenen curia Selb-
zerinne (Stiftungenbuch von Zwetl [Fontes ii 3] s. 556). zunächst
ist selbezerinne allerdings femininum zu einem schwachen mascu-
linum selbezer 'selbslverzehrer', wie der 1282 erwähnte laneus
Vrezzinne einer Urkunde des Stiftes Altenburg am Kamp (Urkun-
denb. s. 26 nr 27) das femininum zu einem schwachen mascu-
linum vrezze 'fresser'; heidemal ist der name der nach ihrem
manne genannten besitzerin dem hofe oder grundstücke geliehen,
wie dies in österreichischen acker- und Weingarten namen so
häufig begegnet, vgl. auch das vorhin angeführte weibliche swel-
hinne von männlichem swelhe (Lexer 2, 1356). die belege für
die oben eingetragenen bei- und Übernamen, die einmal der mhd.
lexicographie zu gute kommen werden, darf ich der kürze wegen
wol hier sparen, einige derselben mögen ganz ernsthaft gemeint
sein; andere, zumal die aus imperativsätzen gebildeten sind aus
lust zum scherz oder aus spottsucht erzeugte Spitznamen (Gramm.
2, 961 f). bei ihrer grofsen anzahl und ihrem gar nicht seltenen
erscheinen nun wäre es sonderbar dass die von dem dichter des
Meier Helmbrecht gebrauchten Spitznamen in Urkunden fast gar
nie zu trelTen sind, folglich wird W'ernher der gärtner diese
seine sobriquets erfunden haben: wozu freilich er so wenig als
der ihm hierin nachfolgende dichter der Helblingbüchlein seine
erfindungsgabe sehr zu bemühen brauchte, da, wie unser Ver-
zeichnis zur genüge dartut, derlei namenbildungen in der luft
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 7
98 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATUR
lagen, gelingt es nun doch den einen oder den anderen der im
Meier Helmbrecht verwendeten Spitznamen urkundlich zu er-
bringen, so wird dies als zeugnis der lebendigen kennlnis und
würkung des trefflichen gedichtes gelten dürfen.
Unter den Urkunden des im viertel ob dem Manhartberge lie-
genden prämonslrateuserstiftes Geras, das um die mitte des xnjhs.
von dem aus einer erzählung der Vita Bertholdi i abbatis Garstensis
(bei Pez, Script, rer. austr. 2, 81 vgl. Alwin Schultz, Höf. leben
1, 466) bekannten grafen Ulrich von Pernegg gegründet ward,
befindet sich ein zu Wien, 18 märz 1269 ausgestelltes diplom,
worin graf Heinrich von Hardeck die Schenkung eines bei Pulkau
gelegenen Weingartens an das stift bezeugt, unter den zeugen,
die sämmtlich aus der umgegend des klosters sind, findet sich
als vorletzter Sifridus Lemberslint (Arch. f. künde österr. geschichts-
quellen 1849 1, 37 f nr 18).
Das bereits erwähnte Stiftungenbuch von Zwetl verzeichnet
s. 581 f die zinsungen von der dem kloster gehörigen pfarre
Windigsteig, einer gegenwärtig dem politischen und gerichts-
bezirke Waidhofen an der Thaja zugeteilten dorfgemeinde , mit
dem Zusätze s. 582 hanc ecclesiam [Windistey] hahemus a domino
Alberone Chunnringario de Weytra fundatore nostro fidelissimo,
qui eam monasterio dedit anno domini m". c'cc. iij. unter den
der genannten pfarre einverleibten dörfern steht an zweiter stelle
item Chufrezz villa, dann an siebenter item Gentz villa circa Chuef
(1. Chnefrezz). danach in der aufzählung der von den einzelnen
dörfern zu leistenden abgaben Item in Chnefrezz datnr tercia
pars decime usw. das hier also aus dem jähre 1303 nachge-
wiesene dörfchen ist nicht 'unbekannt', wie Oesterley aao. s. 368"
meint, sondern besteht noch unter dem namen 'Kühfressen' in
dem oben genannten politischen und gerichtsbezirke als teil der
ortsgemeinde Rafing. seine echte alte namenform, wie die moderne
aus der nach österreichischer art am ende verstümmelten urkund-
lichen herzustellen erlaubt, wird gelautet haben (dd zem) Küe-
vrezzen. mhd. vrezze ist sonst nicht bezeugt, nur das daraus
movierte jüngere vrezzer (Lexer 3, 506. Nachtr. 398), doch
ahd. frezo in filufrezo (DWB 4', 132). wie wir nun das letztere
compositum in der form 'vielfrafs' haben, nicht anders steht im
mhd. vrezze neben vrdz, und Küevrezze als österreichische um-
formun" zu dem vom dichter des Meier Helmbrecht gewählten
IN ÖSTERREICH 99
Küevrdz; vgl. oben das gleichfalls österreichische vrezzinne. was
ferner die Verwendung eines mannsnamen im daliv sing, als Orts-
name betrifft, so rechtfertigt sie sich durch die iu gebirgigen und
waldigen gegenden gebotene art der besiedelung in sogenannten
'einüden' oder 'einschichten' (Lexer 1,527. Nachtr. 138. Schmel-
ler^ 1, 89. 2, 368) d. i. einzeln stehenden häusern oder höfen,
die nach ihrem ersten erbauer oder einem späteren besitzer ge-
nannt werden, zumal das im alten 'nordwalde' liegende obere
Manhartviertel, das deshalb schon im mittelalter 'der wald' hiefs
(ze wald und in der Ragzgegent , Helbl. 1, 167 mit Karajans an-
merkung), wimmelt von Ortsnamen, welche aus mannsnamen her-
vorgegangen sind und den letzteren teils im genetiv mit ellipse
von hüs oder hof zeigen (nach Gramm. 4, 260 f), teils ohne alles
weitere im dativ. beispiele erheischt hier nur diese zweite art:
dreu lehen, der Itgent zioai datz dem Poppen, Stiftungenbuch von
Zwetl s. 422, Urkunde von 1309; daz guet datz dem Otten pei
Glogniz, ebenda s. 658, Urkunde von 1306; auf einem ceden
dorf datz dem Stoytzen, ebenda s. 673, Urkunde von 1328; zehen
pfunt geltz ze dem (Elzen, von dem selben guet daz dem (Etzen,
ebenda s. 631, Urkunde von 1318; ein hof dacz dem Pilgreim,
Stiftungsbuch des nonnenklosters SBernhard bei Krug (Fontes
n 6) s. 266 nr HO von 1319. wie sich beide arten vermischen,
sieht man aus s. 493 des Stiftungenbuches von Zwetl, wo jenes
Otten bei Gloggniz aufgeführt wird als Otten uel Ottleins (= Otte-
lines). so bleibt noch die wähl eines Spottnamen für den zweck
örtlicher namengebung zu rechtfertigen, hierfür bieten wider die
Manhartviertel die gewünschte parallele in dem namen des durch
seinen Weinbau bekannten dorfes Bockfliefs = zem Bocverliesen
— eine bildung wie die von Jacob Grimm im DWß 3, 1792 aus
den MB beigebrachten leipvliese und scazvliese. die genauen nach-
weise habe ich gegeben in den Blättern für landeskunde von
Niederösterreich 1884 s. 416—419.
Demnach haben aus dem Meier Helmbrecht wenigstens Lem-
berslint und Küevrdz auf das bürgerliche leben der bewohner des
niederosterreichischen 'waldviertels' gewürkt. ja das dorf Küh-
fressen hat die lebendige kenntnis dieses gedichtes, die zu unserer
zeit durch die forschung erst wider neu erweckt werden muste,
um mehrere jhh. überdauert, die Verbreitung und beliebtheit des
Meier Helmbrecht in den österreichischen ländern ist uns mehr-
7*
100 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATUR
•fach bezeugt, einmal durch die stelle bei dem steirischen reim-
chronisteu s. 239'', auf die schon Haupt Zs. 3, 279 aufmerksam
machte; dann durch die nachahmungen des dichters der Helbling-
büchlein, der für seine Schilderungen des treibens im leithause
mit der Utgebinne, sowie der Vorliebe der Österreicher zum rade-
brechen fremder mundarten und sprachen, für die eingeschalteten
küchenzettel, raub- und requisitionsscenen, endlich selbst für
seine Spottnamen in der erzählung Wernhers die entsprechenden
Vorbilder fand (Schröder Anz. x 57 f mit beziehung auf Seemüller
W'SB 1882 102, 639 f). diesen Zeugnissen, welche dem ende des
xni jlis. angehören, fügt wenigstens der Sifridus Lemberslint von
1269 ein viel älteres hinzu: er weist in die ersten fünfundzwanzig
jähre nach dem erscheinen des c. 1245 ('nicht vor 1246', Schröder
aao. s. 58) entstandenen gedichles. die erwäbnung des dorfes
Küevrezzen zum jähre 1303 ist zwar den in den HelbHngbüchlein
und der Reimchronik vorhegenden Zeugnissen nur etwa gleich-
zeitig: indes da der ort damals nicht erst gegründet ward, son-
dern jedesfalls seit einiger zeit schon bestand, schiebt auch er
die lebendige würkung des Meier Helmbrecht in Österreich hinter
die zeit des Helblingdichters und des steirischen reimchronisten
zurück gegen die mitte oder mindestens das dritte viertel des
xni jhs. wenn nun unsere beiden neuen Zeugnisse den nieder-
österreichischen Manhartvierteln entstammen , so wird darin eben
die bedeutung dieser letzteren für die geschichle der mhd. lit-
teratur überhaupt zu worte kommen, was in Niederösterreich
anteil hat an dieser litteratur, es versetzt uns, von Wien abge-
sehen, nicht in die auf dem rechten ufer der Donau liegenden,
im Süden nach den alpen verlaufenden beiden viertel des VViener-
waliles, sondern in die dem linken Donauufer angebörigen und
gen norden nach Mähren und Böhmen sich erstreckenden beiden
Mauhartviertel. man halte sich nur die dichteruamen vor: der
südliche teil des landes wird da nur vertreten durch Heinrich
von Melk im xu, Gotfrid von Totzenbach und vielleicht Troesteliu
(Haupt zu Neidh. 85,34) im xni, Heinrich von Neustadt im xivjh.;
der nördliche hingegen durch Ronrad von Fufsesbrunnen (Feuers-
brunn bei Krems), Rapot von Falkenberg, den Geltsere (wegen
der von ihm erwähnten herren von Mergersdorf), Kol von Neunzen
(hei Zwell), Reinmar von Zvveter (Zwetl?) und <len Litschauer.
auch Konraden von Haslau wird man deshalb lieber einem der
IN ÖSTERREICH 101
beiden orte dieses namens im Manhartgebiete , und nicht denen
im viertel unter dem VVienerwalde zuweisen, desgleichen 'halte
ich Dietmarn den Sezzer nicht mit Kummer, Herrand von Wilden
s. 64 zu Soos zwischen Voslau und Baden heimisch, sondern in
einem der in den Manhartvierteln liegenden gleichnamigen örtchen.
die belege für diese Vermutung gehören nicht hierher, aber jen-
seit der Donau, im wald- und weinreichen hügellande des Man-
hartgebirges safsen die mächtigsten adels- und ministerialenge-
schlechter des landes; wenn wo im lande aufser Wien, so war
in diesen kreisen auf Verständnis und Vorliebe für die poesie zu
rechnen; aus diesen geschlechtern giengen denn auch die wenigen
Mäcenaten hervor, welche der mhd. dichtung in Niederosterreich
erstanden und die dann der Helbliugdichter sowie Sigeher und
der Freudenleere zu preisen hatten, die Hardecker, die Kuenringer,
die Preufsel (Kummer aao. s. 63, Seemüller WSB 1882 102, 586);
eben dieselben geschlechter werden auch gefeiert in den nicht
etwa lateinisch sondern deutsch abgefassten reimchroniken von
klöstern dieses landstriches, der Chronik von Zvvetl und der von
SBernhard bei Krug; und wenn es wahr ist, was einst der
römische dichter behauptete, dass Mäcenaten Maronen wecken,
so mag die teilnähme an der litteralur, welche die niederöster-
reichischen herren auf der nordseite des landes vor denen auf
der Südseite auszeichnete, den verhältnismäfsigen reichtum an
dichternamen auf dieser nordseite erklären helfen, sehen wir
ferner nach dem erlöschen der Babenberger, ja zum teil noch
vor demselben die dichter vom Wiener hofe weg sich nach dem
seine bedeutung erbenden böhmischen wenden und diesen letzteren
zu einem neuen mittelpuncte der litteratur erheben, so war ihnen
durch jene Sänger aus den Manhartvierteln und durch den da-
selbst hausenden, zu Böhmen in vielfachen bcziehungen stehenden
adel vorlängst der weg bereitet, ja im Litschauer , dessen Vater-
stadt hart an der böhmischen gränze liegt (vgl. Martin Anz. ni 107)
und den nördlichsten punct darstellt, den die mhd. poesie in
Österreich erreichte, ist gewisser mafsen über jene gränze hinaus-
gewiesen nach land und hof der Przemysliden. ansprechend hat
daher jüngst ESchröder Zs. 29, 354 — 357 auf die Verbindungen
der Hardecker als burggrafen von Dewin mit der kröne Böhmen
hingedeutet und für den mitteldeutsch dichtenden Verfasser der
Wiener meerfahrt böhmische abstammung vermutet, doch siehe
102 BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE DER MHD. LITTERATUR
jetzt Toischers einrede Zs. 30, 212 — 214. ich mache noch aui-
merksam dass die erwähnung des als dichter ganz unbedeuten-
den Dietmars des Sezzers in einer Colmarer chronik als vaga-
bundi dicti Secere (Haupt Zs. 6, 399) sich leichter begreift, wenn
wir annehmen dass sein name, der hd. doch Säzcere oder Sez-
zwre lauten muste — vgl. das schwanken zwischen sdze und sez,
umbesceze und umhesezze, vrdz und vrezze (vorhin s. 98 1) — ,
auf dem wege über Böhmen in der mitteldeutschen form Sezere
oder Sezzere dem mittleren und westlichen Deutschland über-
liefert ward.
Um die bedeutung der Manhartviertel für die geschichte der
mhd. litteratur zu vollenden, will zuletzt noch angeschlagen sein,
dass auch das aus dem Fraueudiensle bekannte von 1209 — 1273
nachweisbare geschlecht von AnscJwiiwe, dessen name das im Vor-
dergründe von Wolframs Parzival und Titurel stehende französi-
sche fürstengeschlecht von Anjou widerholt (vgl. Scherer QF 12,
140 anm.), diesem nordwestlichen teile des landes unter der Enns
angehörte, das in der fehde herzog Albrechts i von Österreich
gegen die wider ihn verschworenen vier landherren 1296 zer-
störte castnmi Anschowe (Coutiuuatio Zwetl. in in MG SS 9, 658)
lebt fort in dem wol auf seiner statte erbauten dörfchen Anschau,
welches zur gemeinde Traunstein im gerichtsbezirke Oltenschlag
und politischen bezirke Zwetl gehört und auf waldiger berges-
höhe nahe dem Ursprünge des kleinen Kamps gelegen ist. über
das geschlecht von Anschau gibt nach Wissgrill (Schauplatz des
niederösterreichischen adels 1, 137 f, vgl. Karajan zu Liecht.
67, 24) jetzt weitere, doch weder erschöpfende noch sichere
auskunft lierr FWöber in seinem die phantasien eines AvSpaun
noch hinter sich lassenden bUchlein Die Reichersberger fehde und
das Nibelungenlied (Meran 1885) s. 143—150. die art zumal,
auf die er die niederösterreichische bürg Anschau in Wolframs
Parzival widerfindet — nämlich den Sachverhalt gerade umkehrend
als Vorbild des Anschouwe der dichtung — , ist so wenig ernst
zu nehmen wie seine übrigen Schlussfolgerungen, da die sache
für die geschichte der Verbreitung des Parzival nach Österreich
Wichtigkeit besitzt — um 1205 erschienen die ersten sechs bücher
dieses gedichtes, und bereits 1209 findet sich der im Frauen-
dieuste zum jähre 1224 erwähnte Rüdiger von Anschau urkund-
lich — , so verdiente sie wol eine sorgfältigere Untersuchung, die
IN ÖSTERREICH 103
ich im augenblicke zu geben niclit vorbereitet bin. ich begnüge
mich darauf hinzuweisen dass, was für die identität des nieder-
österreichischen Anschau mit dem in Wolframs dichtung seiner-
seits an die Steiermark geknüpften franzosischen Anjou entschei-
dend ist, die formen für beide namen zwischen einer an das mhd.
femininum anschouwe gelehnten und einer durch ein epenthelisches
t zu Antschoiiwe verhärteten schwanken, darüber belehrt sofort
ein blick in die betreffenden stellen bei Wolfram mit Lachmanns
kritischem apparat, wie in die Urkunden, worin Anschauer auf-
treten, für die umdeutung auf mhd. anschomce (Lexer 1, 76. DWB
1, 434 f) kommt zu bemerken dass dasselbe wort gerade aus
bairisch-österreichischen quellen sich bietet und vom steirischen
reimchronisten formelhaft verwendet wird: in solher schcener an-
schouwe 115^. in kosteUcher anschouwe ßlO''.
Wien, october 1885. RICHARD MÜLLER.
SEGEN.
Die kenntnis nachstehender segen verdanke ich hm prof.
F Wieser, der dieselben ans dem cod. Pal. lat. 832 der Vaticana
abschrieb , wo sie bl. 83 zwischen ganz heterogenen aufzeichnungen
von einer hand des xv jhs. eingetragen sind, verschiedene fas-
sungen derselben kennen wir bereits ans anderen hss., doch weicht
unser text von diesen nicht unbedeutend ab und das erste stück,
der Wassersegen, scheint mir entschieden älteren character bewahrt
zu haben als andere aus demselben jh. stammende niederschriften.
man vergleiche besonders Zs. 20, 22 f und zum nachfolgenden Lon-
ginussegen ebenda s. 24, sowie 11, 308 und 30, 88.
Ich gesene dich hüde dv vermaledite wfinde mit der ieligen
(? heiligen) karitaten, daz dö lafses dine swellen sin, daz dv lafses
din rifsen sin, daz dfl lafses din vliefsen sin. alle vnkeuschheit
soll dv lafsen, Ez si vor den spinnen, Ez si vor den vliegen,
vor allen vnki'indigen wormen. Waz der wunden schade sy, daz
müfse allez dot sin. daz sy war in dez heiligen cristus namen
Amen.
So wurffet man wafser in die wonden. Vnsers herren godis
heiligon wonden die heilten wol von gründe, da in geslüg nie
kein vngh'icke — also müfse zv dirr wonden dvn. daz sy war
in dez heiligen cristus namen Amen. Wafser drin. Vnsers heren
104 SEGEN
godis gebenedielen wooden sy enswolleo , sy ensworen , sy en-
stunken, sy eorochen, sy ensmakten, sy enfiilteo, da in slög nie
vnglöcke; also miifse auch zu dirr wonden dvn. daz werde war
in dez heiligen cristus namen Amen, fünf pater noster vü fünf
aue mar. vnd zwo messen, ein von vnser frawen vnd die ander
von vnsers herren fiinf wonden.
In dem namen dez vatters f vnd dez sons f vnd dez hei-
ligen geist f longinus ein Jude war, der vnsern herren in sin
hercze stach; vz der wonden ging wafser vnd bißt; daz wafser
ist vnser daufe, daz blut ist vnser losunge. als werlich, alz daz
war ist, alz mufse daz ysen her vz gen, des helfe vns der vader
■f vnd der son f vnd der heilige geist Amen, spriche daz dri-
werbe vnd ein pater noster vnd ein Aue maria; efse auch kein
vleisch an dem samzdage vnd huete dich vor frawen an dem
selben dage, so hilfet dir got.
Graz, jänner 1886. OSWALD ZINGERLE.
QUELLENNACHWEISE ZU LESSING.
Lessings gedieht Das musler der eben (Lachmann- i 133)
ist nicht, wie Erich Schmidt i 94 meint, die bearbeitung einer
fabel von Geliert, sondern eine z. t. wörtliche Übersetzung von
Popes gedieht On a certain lady at court (Poetical werks of APope,
Edinburgh, s. 435); der anfang lautet: / knoio the thing that's
most nncommoii; der schluss The woman's deaf, and does not hear.
Popes epigramm gilt also nur der frau, Lessings der ehe. da-
durch wird die tautologie der engl, schlusszeile beseitigt.
Ferner beruht seine erzählung Der eremit (ebd. 140) aller-
dings zum teil auf d'Argeiis Lettres juives, hat aber mit Lafontaine
wol nichts zu tun. in den beiden erzählungen, die ESchmidt
I 91 anzieht, ist auch die pointe eine ganz andere, vielmehr hat
Lessings Poggios erzählung Eremita (Poggii Facetiarum libellus,
Londini 1798, s. 151) in verse gebracht, der schluss lautet dort:
Dnx in maximum risum est conversus, rede factum esse dicens,
nt , qui tanta volnptate reliquorum maculas audiebat, et ipse in
eorum coetnm adduceretur. Lessiug mag wol an jene landsleute
gedacht haben, welche seinen Leipziger lebenswandel beschnüf-
felten. RICHARD M. MEYER.
PUPPENSPIEL VOM DOCTOR FAUST 105
DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
VOM DOCTOR FAUST.
Dem im folgenden veröffentlichten texte des Puppenspiels vom
doctor Faust liegen drei hss. zu gründe , die ich vor zwei jähren
hei Berliner puppenspielern aufgefunden und mit erlauhnis der
besilzer abgeschrieben habe, ich habe damals ganz Berlin nach
neuen hss. des Puppenspiels abgesucht , leiderboten aber alle, deren
ich habhaft loerden konnte, dieselbe fassung , allerdings mit be-
deutenden abiceichungen. der erste von den puppenspielern, mit
dem ich — vermittels des wohnungsanzeigers — bekannt wurde,
war ein bruder des allen älteren Berlinern xcolhekannten Linde,
mein erster besuch war ganz erfolglos, schon die aufßndung der
lüohnung machte unerwartete Schwierigkeiten, und als ich die ärm-
liche Stube glücklich in einem hinterhause entdeckt hatte, fand ich
den mann auf dem krankenhett, im äufsersten grade argwöhtiisch
und augenblicklich gar nicht einmal im besitze der hs., da die er-
wachsenen kinder in der Stadt spielten, ich muste zufrieden sein,
dass man mir widerzukommen erlaubte und mir die hss. zu zeigen
versprach, merkwürdiger weise wurde von diesen leuten trotz allem
argwöhn auch nicht der geringste versuch gemacht, mir das Vor-
handensein der hs. zu verheimlichen, es ist der einzige fall der
art , dessen ich mich erinnere: alle übrigen puppenspieler , die ich
besucht habe — ein gutes halbes dutzend — , erklärten zunächst,
anscheinend sehr verwundert , sie hätten nie eine hs. besessen, alle
bis auf einen liefsen sich aber nachher, wenn ich erklärte dass
dieser kniff schon lange nicht mehr neu sei, ohne weiteres zum
widerruf bewegen und gaben in mehr oder minder offenherziger
weise beschreihungen der hs. oder gar die hs. selbst.
So stellte mir ein gewisser Wolfram, sm dem ich gleich nach
dem ersten besuch bei Linde gieng , nachdem er sich überzeugt hatte
dass ich nicht seiner zunft angehörte, ohne weitere bedingungen
zwei hss. zur Verfügung, die beide unbenutzt neben lumpen und
knochen und anderen appetitlichen dingen — der mann ist nebenher
lumpensammler — ihr dasein vertrauerten, eine ältere und eine
jüngere, eine dritte hatte er vor einiger zeit, wenn ich nicht irre,
nach Görlitz verkauft, die jüngere hs. glich der älteren so auf
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 8
106 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
ein haar, dass ich auf sie verzichtete, zumal Wolfram versicherte,
sie sei mir eine ahschrift der älteren, die letztere stammt aus
dem anfang dieses Jahrhunderts und ist von einem puppetispieler
Wähnert geschrieben, 'dem älteren Wähnert', loie Wolfram sagte.
sie ist viel benutzt, wie die abgegriffenen ränder und der massen-
hafte schmutz in den ecken, wo die finger beim umwenden gelegen
haben, beweisen, der anfang hat stark gelitten ; der schade ist in-
des nicht grofs, da die beschädigten Seiten fast nur das Vorspiel
enthalten, das durch entlehnungen aus Klingers Faustroman ohne-
hin ganz entstellt ist. diese hs. werde ich im folgenden als B n
anführen, manche stellen sind durch neuere abschriften ersetzt,
mitunter ist auch gestrichen, weil bei späteren aufführungen
kürzungen vorgenommen wurden.
Sein versprechen, mir noch andere hss. zu verschaffen, hat
Wolfram leider nicht gehalten.
Als ich nach diesem erfolge zum zweiten male zu Linde kam,
waren die kinder zu haus, und man schien auch hier mehr zu-
trauen zu mir gefasst zu haben, ich bekam die hs. zur einsieht,
sollte sie aber nicht mitnehmen, selbstverständlich war aber meine
aufmerksamkeit in dem stark überheizten räume, der zugleich
wohn-, schlaf-, krankenzimmer und küche war, nur eine sehr ge-
teilte, und ich versuchte auch diese hs. mit nach haus zu bekommen,
was mir denn auch nach langem bitten und verhandeln schliefslich
gelang, die hs., die ich B iii nennen will, ist jung und von den
drei hier verwerteten die schlechteste, sie hat das Vorspiel gar
nicht und zeigt im stück selbst viele änderungen (über das Ver-
hältnis der hss. s. u.).
Mein dritter gang war vollständig erfolglos, und alle be-
mühutigen an demselben orte haben mir nichts eingebracht als müde
beine und einigen ärger, der puppetispieler , dem ich hierfür zu
danken habe, heifst Handt. er wohnte damals in der Hasenheide,
auch er gab zu — oder vor? — , eine alte hs. von seinem grofs-
vater Schmilion, loenn ich recht verstanden habe, zu besitzen, er-
zählte von alten theaterzetteln , die ich bekommen sollte, tisw.,
händigte mir aber schließlich weder zettel noch hs. ein, trotzdem
ich ihn darum in einer weise gebeten habe, dass es jeden anderen
hätte erweichen müssen, auch geld wollte er nicht, schliefslich
habe ich dann, da die frau einmal sagte, ihr 'oller' hätte ja gar
keine hs., und da mir die ganze suche nachgerade uninteressant
VOM DOCTOR FAUST 107
wurde, eine erneute einladung von seilen der frau unbeachtet ge-
lassen und auf die hs., an deren dasein ich allmählich zu zweifeln
anfieng , verzichtet, der mann icar das letzte mal, als ich ihn
aufsuchte, nicht zu haus, vielleicht ist ein anderer glücklicher
als ich.
Einen ähnlichen ausgang hatte ein besuch bei der witwe des
verstorbenen Linde, jetzt frau Schmidt: diese dame erklärte mir,
sie wollte die Sachen selbst herausgeben, und machte so sehr den
eindruck eines entschiedetien characters, dass ich nicht weiter in sie
drang, spätere mitteilungen über sie von Seiten ihrer früheren
standesgenossen haben mich in der ansieht , dass dies das richtigste
war, nur bestärkt.
Bald darauf entdeckte ich in einem anderen wohnungsanzeiger
den namen des alten Schlüssel, der mir von allen puppenspielern
den besten eindrucJc hinterlassen hat. die übliche abläugnung der
hs. erließ er mir zwar auch nicht ; als ich mich aber über meinen
stand genügend ausgewieseyi hatte, durchsuchte er alles, um die hs.;
die endlich ganz unten unter den puppen und theatereinrichtungen
zum Vorschein kam, aufzufinden, stellte mir dieselbe auf unbe-
stimmte zeit zur Verfügung und verkaufte sie mir zuletzt mit
mehreren anderen, die hss. befinden sich gegenwärtig im besitze
prof. Scherers, in dessen auftrug ich sie gekauft habe.
Diese hs. ist von den Fausthss., die ich gesehen habe, die
älteste, geschrieben ist sie von einem puppenspieler Froloff. Schlüssel
wollte sie von seinem grofsvater geerbt haben, auf dem deckel ist
noch eine, allerdings undeutliche spur des censurvermerks zu sehen,
die nach Schlüssel in die ersten jähre unseres jhs. zurückführt,
die hs. ist auf jeden fall so alt. auch hier sind, wie bei der Wolf-
ramschen hs., manche teile, zb. das Vorspiel, mir in jüngeren ab-
schriften erhalten, die eine nach inhalt und stil abweichende dar-
stellung zeigen, an einigen stellen sind sogar scenen aus einem
ganz anderen stücke — einer schauertragödie voll gift und mord
mit dunklen anklängen an Goethe — hineingearbeitet, bezio. auf
besonderen blättern für durchstrichene oder atisgefallene stücke der
alten hs. aufgenommen, ich nemie diese hs. im folgenden B i.
Die auffindung dieser alten hs. war mein letzter 'erfolg',
nachforschungen, die ich nach amoeisung des oben erwähnten Handt
unternahm, misglückten vollständig, einmal kam ich sogar in den
verdacht, auf ein par alter fausthandschuhe (statt einer Fausths.)
8*
108 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
jagd zu machen; so wenig wüste die person, an die ich gewiesen
war, von der sache. ein puppenspieler Kallista hatte ausnahms-
weise würklich keine hs. sie war ihm nämlich gestohlen, ich
hatte ihm, da er sich anbot, auftrug gegeben, mir von seinen be-
kannten hss. zu verschaffen, da er aber nur hss. zu kennen
schien, die auf die Bonneschkysche, also auf Berlin zurückführten,
so habe ich ihn nicht weiter bemüht, als er nichts wider von sich
hören liefs.
Eine ganz schlechte hs. habe ich noch gegen meinen willen
und ohne irgend welchen nutzen gekauft, ohne sie gelesen zu haben,
sie befand sich im besitz des puppenspielers Klingemann, der
mann hatte sie mir schon zur einsieht gegeben, als er von 'muttern'
durch ich weifs nicht welche häusliche Zeichensprache auf das mehr
als leichtsinnige dieses Streichs hinter meinem rücken aufmerksam
gemacht wu7'de. er erhob nun mit einem male Schwierigkeiten,
geld als pfand wollte er nicht nehmen, irgend welche papiere hatte
ich nicht bei mir, und so erstand ich denn die Urschrift der zu-
erst hervorgeholten hs. für dasselbe geld, das ich dem manne, wenn
er mir die hs. geliehen hätte, für seine freundlichkeit gegeben haben
würde, die hs. ist ein ganz junges machwerk, vielleicht des hm K.
selbst, der mir mit grofsem stolz erzählte, er mache die suchen
selbst zurecht, zum teil nach gedruckten büchern. in diesem falle
war die im folgenden abgedruckte fassung die vorläge, diese hs.
verzeichnet auch die kostüme und 'rekuisiten' .
Handschriften Verhältnis.
Von den drei hss. steht die Wähnertsche (B ii) der jüngeren
hs. des ELinde (B iii) näher als der ungefähr gleich alten Froloff-
schen (B i). beweisend dafür sind zb. folgende stellen: in Fausts
monolog und in der ersten scene zwischen Wagner und Faust
bieten beide hss. (B ii und iii) zweimal die Schreibung Nicoroiandi,
6es. Nicormandie(-a), gegenüber dem richtigen Nicromanüa in B i,
das sich später auch in den beiden anderen hss. findet, in Kaspers
erstem monolog reden beide hss. am ende von einem Paar Poutel-
lieo (ßultaillen B iii) Kuoblauchswürste. in der beschwörungs-
scene bringt Faust ein band mit hieroglyphen mit: Bi redet, wie
die übrigen fassungen, nur von einem zauberkreis, gleich am
anfang derselben scene sagt Faust in B i: durch die Theo-
logie lerute ich Gott und die Meuscheu kenueo; B n. in fügen
VOM DOCTOR FAUST 109
hinzu auch schätzen, eberula sagt Faust, er habe gelernt, die trug-
gestalten zu erkennen, die die menschen umgeben, ß ii. iii haben
dafür ein unverständliches annehmen, in derselben scene fragt
Faust den Mephistophles bist du bereit mir zu dienen?,
und in Bi antwortet M. darauf richtig: Mein Fürst der Herrscher
der Hülle, schickt mich deshalb hierher um dich (sol) zu dienen,
Befehle, in B ii ujid ni folgt statt dessen eine langatmige Schil-
derung der Vorgänge im höllischen reiche (vgl. Vorspiel) nach
Klinger: Mein Fürst, der Herrscher der Hölle hatte durch schreck-
lichen Hörnerschall, der an der glühenden Scheibe der Sonne
wiederlönte, allen gefallenen Geistern auf der Ober- und in der
Unterwelt kundthuen lassen, dass usw. erst am Schlüsse dieser
erzählung erklärt Mephistophles , ohne sich auf Fausts frage zu
beziehen, seine bereitwilligkeit , ihm zu dienen, man sieht hier
deutlich dass beide hss. einen jüngeren text bieten als B i, also
verwandt mit einander sind, eine ähnliche bereicherung des älteren
textes nach Klinger findet sich übrigens auch im ersten Faustmonolog
in beiden hss. Faust sagt hier ua.: und noch schwankte
ich immer zwischen Ewigkeit und Verdammniss usic. der Schreiber
von X (^ vorläge von Bu und Bm) hatte aber an diesem schwanken
noch nicht genug und entlehnte weiter aus Klinger : Noch schwangt
(so! in B II sowol als in ß in) die Zunge der Wage. In dieser
Schale tanzen leicht Religion und ihre Stütze, die Furcht vor
der Zukunft usw. (vgl. die lesarten zu der stelle), beide hss.
haben vor der Unterzeichnung des Vertrags für die echten worte
des abmahnenden genius und des verführenden teufeis eine stelle
eingeführt, die ursprünglich an den schluss des Faustmonologs ge-
hört; es ist die stelle, an der der gute und böse genius um Fausts
seele streiten; in B i hat sich in Übereinstimmung mit den anderen
fassungen wenigstens eine Strophe erhalten, die andere ist aller-
dings ausgefallen , denn der teufel tritt hier nicht redend auf: auf
jeden fall folgt aber B i der alten Überlieferung. — nachdem der
vertrag unterzeichnet ist, folgt in Bi ein, soviel ich weifs, in
keiner anderen fassung vorkommender spärlicher rest einer von
Marlowe herstammenden Unterredung über übernatürliche dinge,
es heifst hier (in B i):
Mephis. Jetzt Faust befehle, wie kann ich dir dienen,
Faust. Mephistoples sage mir, gehört meine Seele noch
dem Ewigen ?
110 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Mephis. Erweifs nichts mehr von dir, denn du verschriebst msm?.
Bei Marlowe hei f st es nach der unterschreibung des Vertrags
in Müllers Übersetzung (die etiglische ausgäbe ist mir gerade nicht
zur hand):
Mephostophilis : Faust, giebst du dies als deine Hand-
schrift mir?
Faust. Ja , nimm , und lass den Teufel dir's bezahlen.
M. So, Faust, nun fordere nur, was dir beliebt (vgl. B i:
Jetzt Faust befehle, wie kann ich dir dienen).
F. Zuerst will ich dich nach der Hölle fragen wsu>.
Ich meine, es kann nicht zweifelhaft sein, dass B i hier würk-
lich auf das englische stück zurückgeht. B u und B in haben statt
dieser alten scene, wider im anschluss an Klinger, die folgenden
Worte: Nun, Faust, jetzt gehören wir uns beide an, dein Nähme
glänzt nun schon an den Pforten der Hölle usw.
Als Mephistophles Faust klar macht, dass er ihm nicht 12,
sondern 24 Jahre gedient habe, sagt er in Bi: Auch wird dir be-
kannt sein, dass der Tag 12 Stunden, und die Nacht 12 Stunden
hat, folglich ist jeder Tag zu 2 Tage gerechnet, und diese 12 Jahre
machen nach meiner Berechnung 24 Jahre aus usw. der Schreiber
von X irrte hier ab und schrieb, indem er aus der tiefer stehenden
zeile ein zu einfügte, dass der Tag zu 12 Stunden und die Nacht
12 Stunden hat (so noch in B u), und B m änderte das in dass
der Tag zu 12 Stunden und die Nacht auch zu 12 Stunden ge-
rechnet wird.
Die Strophe des nachtwächterliedes , die um 11 uhr gesungen
wird, lautet in B i:
Hört ihr J unfern und lasst euch sagen
Wenn euch jemand sollte fragen
Ob ihr vvürklich noch Junfern seid.
So sagt nur ja, es thut uns leid,
Hat 11 geschlagen, Tralalalalala (ab).
B II und B in haben beide gegen den reim:
Ob ihr einen Mann wollt haben.
So sprecht nur ja! und seid gescheidt.
Hat 11 geschlagen, lalalalala usw.
es ist dies natürlich eine änderung des Schreibers von X, dem
der andere vers zu unanständig war.
An mehreren der angeführten stellen scheint es, als ob B in,
VOM DOCTOR FAUST Hl
da sie in B u auftretende fehler geändert hat, aus dieser hs. ge-
flossen sei; aber es scheint auch nur so. diese fehler waren fehler
der hs. X, die sich in B ii erhielten, während B in sie verbesserte.
B III weicht nämlich mehrfach von B ii ab und geht mit der ihr
ferner stehenden hs. B i, sie kann also nicht aus B ii abgeleitet
sein: so fragt zb. bei der abfahret nach Italien Faust den Mephi-
siophles, wie er ihn so schnell nach Italie7i bringen könne, und
M. antwortet in B ii : Hast du vergessen, dass ich so geschwind
bin, wie der Mensch in Gedanken?, ß iii aber hat richtig, wie
B i, wie des Menschen Gedanken, ferner fahren Faust und
Mephistophles in B n aiif dem schon im ältesten volksbuche ge-
nannten luftmantel nach Italien; in B m wird die abfahrt, wie
in B i, hinter die scene verlegt, in der scene zwischen der herzogin
und Faust sagt diese zu F. in B in und B i : Nun Herr Doktor usw.
in B II heifst es: Nun Herr Faust. ... — die Strophe des nacht-
wächterliedes , die um 10 uhr gesungen wird, schliefst in B n:
Sonst würdet ihr nicht geschlagen; in B iii dagegen heifst es, wie
in B i: Hat 10 geschlagen, die worte in B ii entstammen wol
einer andern, in B ii öfter benutzten fassung. — als Faust in
der äufsersten Verzweiflung Kasper um seine kleider bittet, bietet
er ihm dafür in Bii einen Wechsel von 500 Friedrichsdor, welcher
Morgen zahlbar ist, in B in, wie in B i, 500 Dukaten; von einem
Wechsel wissen diese hss. nichts.
Wir müssen hiernach , da die ältere hs. B ii nicht aus der
jüngeren B iii entstanden sein kann, annehmen dass die beiden hss.
B n und B in unabhängig von einander von einer hs. X abge-
schrieben sind, die ihrerseits wider mit der hs. B i auf eine ältere
unbekannte hs. zurückgeht.
Bei der herstellung des textes habe ich im allgemeinen die hs.
B I als die bessere und vollständigere zu gründe gelegt, abgewichen
bin ich von ihr, wo ausgefallene stücke der alten abschrift durch
neue, sehr schlechte abschriften , die z. t. nach einer anderen fas-
sung gemacht sind, ersetzt sind, und wo sich mit hilfe der anderen
fassungen ein irrtum klar erweisen liefs. wo dies nicht der fall
war, habe ich mich an den Wortlaut der hs. gebunden, auch wenn
die beiden anderen hss. einen ansprechenderen text boten, die hs.
habe ich so viel als möglich unverändert widerzugeben gesucht, ich
habe deshalb an der wortform und der Schreibung nie etwas ge-
ändert, von Satzzeichen begegnet überhaupt beinahe nur das komma.
112 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
dies aber um so häufiger, der Schreiber hatte eine so aufserordent-
liche Vorliebe dafür, dass er es sogar zu fragezeichen und ge-
dankenstrichen hinzusetzte, ich habe auch hier nichts hinzugetan
und nichts fortgenommen, der sinn ist ja auch so immer klar,
in dem Verzeichnis der Varianten der hss. B ii und iii habe ich
abweichungen von der aus B i entlehnten Schreibung und Zeichen-
setzung nie erwähnt, wenn sie nicht von Wichtigkeit für beant-
wortung irgend einer frage ivaren. ebenso habe ich verstöfse
gegen die grammatik — Verwechselungen von dativ und accusativ
und sonstige eigenheiten der Berliner mundart — nie verzeichnet,
die hss. setzen sich über diese dinge mit einer solchen Sorglosigkeit
hinweg, dass es ohne jeden wert geivesen wäre, die abweichungen
zu encähnen. vielleicht habe ich so schon zu viel getan in der
angäbe der lesarten; aber ich glaubte nach längerem schwanken doch
an meinem %irsprünglichen plane, die hss. möglichst getreu wider-
zugeben, festhalten zu müssen; denn da es in Berlin noch mehrere
hss. zu geben scheint, zb. die des JLinde, können auch jetzt wert-
lose lesarten später vielleicht wichtig werden.
Sommers bericht (Kloster v 739) und die fassung B.
Sommer, der im jähre 1844 einer Faustaufführung beiwohnte
und einen bericht darüber veröffentlichte, beschreibt eine fassung,
die von den beiden älteren hss. B i utid B ii nicht viel mehr
abweicht, als etwa B i von B ii oder B iii. eine kurze vergleichung
der hss. B und des berichts mögen dies beweisen.
Bei Sommer und in B — sonst mir noch in S und dem
mit B ganz nahe verwandten Schütz-Dreherschen texte — ist Faust
im ersten acte in Mainz, er klagt dass es ihm trotz allem stu-
dieren nicht gelingen wolle, den rühm zu erlangen, nach dem er
trachte, er will sich mit der hölle verbinden, doch fehlen ihm die
Stutlia der Magie, in B die Sludia der Nikromanlia (in den anderen
fassungen hei f st das buch, von dem aber erst später die rede ist,
Clavis Astarli de Magica oder ähnlich, und an dieser stelle erklärt
Faust nur, er wolle sich der magie oder der negromantie widmen).
Wagner kommt und berichtet dass ein Manu in schwarzer Klei-
dung (so beide!) ein buch vor ihn hin (an der Schwelle Sommer)
gelegt habe und dies sei das von Faust gesuchte buch (diese dar-
stellung kennen nur B und Sommers bericht). Faust geht mit dem
VOM DOCTOR FAUST 113
buche ab, ohne dass das nnmütelbar folgende auftreten Kaspers
vorbereitet ist — die verwandten fassiingen lassen Wagner bitten,
einen gehilfen für die hausarbeit annehmen zu dürfen, die erste
scene Kaspers ist im anfang bei Sommer etwas anders als in B,
aber der schlnss — Kasper verlangt 36 Groschen Lohn und
10 Thaler Trinkgeld — stimmt recht gut zu B ii und B in, wo
er 30 Groschen Lohn und 20 Thaler Trinkgeld haben will, die
beschwörungsscene Fausts weicht bei Sommer in einer imbedeutenden
bühnemceisung von B ab — Faust benutzt hier seinen gürtel als
zauberkreis, in B einen mitgebrachten zauberkreis — , dagegen stim-
men beide fassungen gegen alle übrigen darin überein, dass sie
erst hier den guten und bösen geist — bezw. B nur den guten —
erscheinen lassen, von den von Sommer genannten geistern er-
scheinen in B Vizlipuzli, Auerhahn (beide mit derselben geschwin-
digkeit) und Harihax, nach Auerhahn erscheint in beiden Mephi-
slophles (so ist die Schreibung in beiden), die von Sommer
erwähnten Asmodeus und Xerxes kennt B nicht, dagegen fehlt
bei Sommer Megera aus B. die reihenfolge der geister ist gleich-
falls verschieden ; die lateinischen worte, mit denen Faust die geister
entlässt, stimmen zu E (Engel, Puppenspiele i) und B (Sommer:
Aperli male spiriti, B: Dispare, E: Apage male spiritus). Faust
verlangt dann in dem Sommerschen bericht und in B, Mephistophles
solle ihm i8 jähre dienen; dieser kann darauf aus eigener macht-
vollkommenheit nicht eingehen, kehrt zurück zu Pluto und erhält
die erlaubnis, sich Faust für 24 Jahre zu verpflichten. Faust
willigt ein und der geist Merkurius holt den vertrag in gestalt
eines raben ab.
Die bedingungen, die Pluto Faust stellt, sind dieselben, nur
wird in B nicht ausdrücklich gesagt , dass das jähr zu 365 tagen
gerechnet sein soll; dagegen erscheint als fünfte bedingung die
Unterschreibung mit blut. bei Sommer fehlt das zweite auftreten
des guten und bösen geistes, das sich in allen älteren hss. findet;
dafür fordert Faust hier erst Mephistophles auf, in einer freund-
licheren gestalt zu erscheinen, und dieser kommt dann in einer
anderen unschönen Verkleidung, bei Sommer und in B ii fahren
darauf beide auf einem Luflmautel nach Parma, die beiden anderen
hss. wissen nichts von diesem luftmantel; in den anderen fas-
sungen fährt Faust wie im alten volksbuche auf seinem eigenen
mantel durch die luft. nach Fausts abfahrt erscheint bei Sommer
114 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
und in B Kasper und jagt die teufel, die er, ohne es zu wissen,
herbeiruft, durch sein perlicco, perlucco (perlippe, perlappe in
Sommers bericht) hin und her. diese scene folgt in allen anderen
fassungen außer in der mit B nahe verwandten Schüt%-Dreherschen
(s. u.) gleich auf Fausts beschwörungsscene. die Unterzeichnung
des Vertrags, die in Sommers bericht und in B gleich in der be-
schwörungsscene vollzogen wird, geschieht ja ursprünglich erst in der
auf die erste beschwörung folgenden nacht. Auerhahn führt Kasper
nach einer längeren Unterredung , die in beiden Puppenspielen den-
selben inhalt hat, hinweg , in B i auf seinem schwänze, in B u
und III auf einem drachen. Sommer scheint die abfahrt so ge-
sehen zu haben , icie sie B i darstellt, abweichend von B tritt
Auerhahn bei Sommer erst nach abgang der geister auf; in B
erscheint er schon vorher und entfernt sich noch einmal wider,
um das reitpferd zu holen, bei den auffuhrungen der Schütz-
Dreherschen gesellschaft , über die Hagen berichtet, tritt er gleich-
falls erst nach dem verschwinden der geister auf.
Act n. Kasper fällt in Parma zur erde nieder , weil er ge-
sprochen (halt ! geschrien B ii) , «nrf hat den kammerherrn Don
Carlos (so nur in B, bei Sommer und vdHagen s. u.!), so viel
sich sehen lässt, in derselben weise zum besten, die erscheinungen,
die Faust der herzogin zeigt (nicht dem herzog), sind dieselben:
Lucretia, David, Judith, Salomo, nur die reihenfolge ist bei Sommer
genau umgekehrt, auch die lateinischen worte, mit denen Faust
in B dem Mephistophles aufträgt , die gestalten zu holen und fort-
zuschaffen, finden sich bei Sommer, aber in keiner anderen fas-
sung, wider: es heifst hier Heuus, heuus, Mephistophles, bezw.
unio stenta, in B: Heus, heus, M , amove visum, beziv. hunc
ostenta. bei Sommer iverden die loorte, loie man sieht, nicht an
der richtigen stelle gebraucht: Hudc ostenta sagt Faust natürlich,
wenn die gestalten erscheinen sollen. Kasper erzählt inzwischen
dass Faust mit dem teufel im bunde sei. hierdurch gerät Faust
in gefahr vergiftet zu lo erden und muss fliehen. Kasper bleibt
zur strafe zurück; Faust und Mephistophles schwingen sich vor
den äugen des volks in die luft und gehen nach Constantinopel.
Kasper wird von Auerhahn nach Mainz gebracht , nachdem er ihm
versprochen, ihm nach der fahrt leib und seele zu verschreiben,
alles dies stimmt genau zu B. die abfahrt loar wahrscheinlich wie
in B III auf dem schwänze des geistes, da Sommer sonst lool von
VOM DOCTOR FAUST 115
dem drachen (der in B i und B u als Reitpferd erscheint) ge-
sprochen haben würde.
Auch der dritte act verläuft bei Sommer so wie in B. ab-
weichend sind nur die folgenden drei puncte: 1) Mephistophles
stellt bei Sommer ein bild der Helena auf , als Faust zum gebet
niederkniet, und ruft Faust, der das bild für die Helena selbst
hält, zu: Retrügeu ist mein Handwerk, in B ist Helena eine
Furie, wie in den anderen fassungen. 2) bei Sommer ruft eine
stimme dem vergeblich zum gebet niederknieenden Faust zu: Gott
verschworen, Alles verloren, diese worte fehlen in B ganz. 3) Faust
will noch einmal am grabe seines vaters beten, wovon B auch nichts
erwähnt.
Wie sich aus dieser vergleichung ergibt, findet sich in dem
von Sommer gesehenen stücke nur selten eine stelle, die nicht auch
wenigstens in einer der drei hss. von B vorkäme, der gang der
handhing ist gleichfalls derselbe wie in B. abweichungen sind so
selten, dass wir in der hs., die der von Sommer beschriebenen
aufführung zu gründe lag, nur eine vierte hs. von B, nicht eine
andere fassung sehen dürfen, wo die vier hss. nennenswerte ab-
weichungeti von einander zeigen, ist gewöhnlich Vermischung mit
anderen fassungen die Ursache.
Verhältnis zu anderen fassungen.
Von den schon herausgegebenen fassungen stehen B am näch-
sten E (und in folge dessen auch die Wiepkingsche Umarbeitung von
E, die Creizenach 0 nennt), L (die hs. Bonneschkys) und der von
Bielschowsky veröffentlichte text (der letzte rest der Schütz-Dreher-
schen fassung). diese hs. ist indessen so schlecht, dass die berichte
Horns und vdHagens von der ursprünglichen gestalt der fassung —
oder sollte man besser sagen fassungen? — ein besseres bild geben
als die hs. Hörn und vdHagen sahen die aufführungen der Schütz-
Dreherschen gesellschaft ja zu verschiedenen Zeiten und ihre be-
richte weichen sehr stark von einander ab. gemeinsam ist allen
diesen hss. die einführung eines kammerdieners des herzogs von
Parma, eine häufigere beschäftigung des Hans Wurst, bezw. Kasper,
die Verwendung Auerhahns als schutzgeist für den Hans Wiirst
und manches andere, die anordnung der scenen ist im wesent-
lichen dieselbe.
116 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Das Verhältnis von L zu B bestimmt sich nach dem Ver-
hältnis der ersteren zu E und Seh ( Schutz - Dvehersche fassung).
nach Creizenach hat L sich unabhängig von E durch zusätze und
auslassnngen aus der von ihm angenommenen Wiener bearbeitung
des Puppenspiels eiitioickelt, während E durch Vermischung mehrerer
fassungen entstand, diese annähme beruht auf einer verkennung
der tatsächlichen Verhältnisse: die hss. sind sich so ähnlich, selbst
in einzelheiten , dass man beide nicht in dieser weise gegenüber
stellen kann, einen beweis für ihre Zusammengehörigkeit zu er-
bringen, ist überflüssig: die oberflächlichste vergleichung der beiden
hss. beweist sie. übrigens hat C. nicht bewiesen dass E durch Ver-
schmelzung zweier hss. entstanden sei, und die annähme einer
Wiener bearbeitung ist, so lange sie nicht mit besseren gründen
gestützt wird, auch nicht unbedenklich.
Nach Bielschowsky wäre L nur ein abklatsch von E. auch
das ist ein inium , der wol durch die pomphafte , zum Widerspruch
reizende ankündigung der hs. von Seiten des herausgebers veran-
lasst ist. dass L nicht aus E entstanden sein kann, beweisen unter
anderem folgende zivei puncte: in der scene, in der Hans Wurst
erfährt, Faust sei nach Parma gereist, gibt er in den ältesten fas-
sungen einen schalen Wortwitz zum besten, indem er Parma als fisch-
namen auffasst für Barme, so zb. in der Augsburger fassung und
den mit E nahe verwandten W (von Schade veröffentlicht nach einer
Weimarer hs.) und S (Strafsburger hs.). dies hat sich in L er-
halten, in E fehlt es. in B versteht er Bärme statt dessen und
knüpft daran seine geistreichen scherze, zweitens sind Fausts worte
beim, erscheinen der buchstaben HF in L in Übereinstimmung mit
den hss. W und S, die mit E, wie gesagt, eine gruppe bilden;
während E eine abweichende lesart hat. L: Zu meiner Verwun-
derung zieht es (das blut) sich in zwei Buchslaben zusammen;
W: Es ziehen sich unter meiner rechten Hand zwei Buchstaben
zusammen; S: Es ziehen sich aus meinem Blute zwei Buch-
staben hervor; E: Wahrhaftig, zwei grofse Blutstropfen. Sie
iormen sich zu zwei Buchstaben (0, das würkiich E benutzte,
hat auch zwei Blutstropfen, geformt zu zwei Buchstaben), es sind
dies beides puncte, die die amiahme, dass L aus E etitstanden ist,
unmöglich machen.
Andererseits hat L auch viele neuer ungen, die sich in E noch
gar nicht finden, wol aber zum teil in den berichten Horns und
VOM DOCTOR FAUST 117
vilHagens. so erscheint Kasper bei Hörn und in L erst , nachdem
Faust die geister beschworen; er buchstabiert erst in dem zauber-
buche, nachdem er in dienst genommen, und ruft dadurch gleich
die geister herbei — dies ist allerdings vielleicht keine neuerung — ;
er buchstabiert Katzpudel heraus; er will in Parma vor dem herzog,
bezw. kammerdiener einen grofsen sprung machen, in E ein (euer
ohne rauch (die beiden letzten momente überliefert vdHagen); Lu-
cretia tritt unter den erscheinungen am hofe zu Parma auf —
in E fehlt sie — usio. L ist also eine E und Seh sehr nahe ver-
wandte, aber selbständige fassung , ein Zwischenglied zwischen E
und Seh.
Von diesen beiden steht nun Seh, namentlich in der von
vdHagen überlieferten gestalt , B viel näher als E. es finden sich
sehr wenige stellen, ico B mit E geht, und Seh — in folge einer
Verderbnis — abweicht, dagegen sind stellen, wo B mit Seh über-
einstimmt, und E einen anderen text bietet, au fser ordentlich zahl-
reich ; und zwar bieten B und Seh dann sehr häufig einen jüngeren
ziisatz oder eine änderung, während E der Überlieferung treu bleibt;
so buchstabiert zb. Hans Wurst in seiner ersten scene in B und
Seh Harbeutel und erfährt gleich hier, wie man die teufel be-
schwören kann, er fordert in derselben scene zu esseti von Wagner
und macht dabei törichte witze (dies überliefert Hörn, E hat es
nicht), unter den höllischen geistern finden wir in beiden fas-
sungen die in E und den anderen fassungen nicht vorkommenden
Haribax und Megera. Horns bericht folgt an dieser stelle einer
älteren fassung, die nur wenig geister auftreten liefs. der bericht
vdHagens hat bald namen aus B, bald aus E. Mephistophles er-
scheint in B und Seh erst auf Fausts wünsch als mensch icie im
alten volksschauspiele ; E und L lassen ihn gleich als mensch kommen
und zeigen sich auch durch diese neuerung als nahe verwandte
(s. 0.). in B und Seh wird der vertrag gleich bei dem ersten er-
scheinen des Mephistophles geschlossen, und Kasper beschwört die
teufel erst nach der Unterzeichnung des Vertrags; in EL — auch
im Hornschen bericht — und allen übrigen fassungen liegen eine
oder mehrere scenen zwischen Faiists geisterbeschwörung und der
Unterzeichnung, beide fassungen wissen nichts von dem erscheinen
der buchstaben HF beim unterzeichnen — Horti erwähnt es frei-
lich — ; in beiden schafft Auerhahn Kasper fort nach Parma , in
allen anderen Mephistopheles ; während Auerhahn bei der rück fahrt
118 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
auftritt, in B utid Seh wird der kammerherr, der nur in diesen
beiden fassungen Don Carlos keifst, von Kasper aufgezogen, in
L der kammerherr und der herzog selbst, in allen übrigen nur
der herzog von Parma. Kasper will in beiden dem kammerherrn
einen grofsen sprung vormachen, in E — und den übrigen älteren
fassungen — ein Feuer ohne Hitze, die hss. lassen die Lucretia
unter den geistererscheinungen auftreten, die in E fehlt usw. ich
will hier abbrechen, die lange reihe liefse sich leicht auf den dop-
pelten umfang bringen.
Wo B mit E übereinstimmt, während Seh abweicht, bieten
beide hss. einen älteren text als Seh. so zb. in der ersten Hans-
Wurst-scene, wo H. W. in E und B nach dem kellner ruft, in
Seh nicht — diese scene ist ja aufgezeichnet, dass diese darstel-
lurg auch für Seh als die ältere zu nehmen ist, beweist Horns
bericht , der H. W. sehimpfen lässt, ehe Wagner kommt , natürlich
loeil er im Wirtshaus zu sein glaubt, in EB will Kasper nicht
bei Faust dienen, weil der name ihm wenig gutes zu verkünden
scheint, in Seh tritt er gern in Fausts dienste. hier beweist die
Übereinstimmung aller älteren fassungen, die mit E und Seh ver-
wandt sind, dass Seh eine neuerung eingeführt hat; ebenso in
allen ähnlichen fällen.
B steht also Seh viel näher als E, sie stimmt mit ihr in einer
solchen fülle ganz junger änderungen überein, dass man sie fast
als eine schwesterhs. derselben ansehen möchte, abzuleiten ist sie
aus Seh nicht, dagegen sprechen, um von anderem zu schweigen,
alle die stellen, wo sie mit E übereinstimmt, während Seh abweicht.
L steht B natürlich viel näher als E, da sie sowol mit Seh
als mit E verioandt ist. viele von den zügen, die sie mit Seh ge-
mein hat, teilt sie auch mit B, während E allein steht.
Aus einigen übereinstimmenden änderungen der hss. G (Geif sei-
brecht) und B lässt sich etwas sicheres über das Verhältnis der
beiden hss. nicht ermitteln, wahrscheinlich ist die gemeinsame
vorläge von BLSch durch G oder eine nahe verwandte fassung
beeinßusst worden.
Braunschweig. H. LÜBKE.
VOM DOCTOR FAUST
119
DOCTOR
JOHANNES FAUST'S
LEBEN
TRATEN UND HÖLLENFAHET.
Schauspiel in 3 Acten. ^^^^1^^^
Personen. Geister.
Die Herzogin von Parma. Mephistopheles
Carlos Kammerdiener Haribax
Johannes Faust, Doctor Megera
Wagner, sein Famulus, Vitzlyputzli
Casper ein reisender Bedienter, Auerhahn
nachher in Fausts Diensten.
Erscheinungen
1 lens Der Riese Goliath, mit dem kleinen David
2tens Der weise König Salomon,
3tens Die Judith mit dem Haupt des Holofernes
4tens Die keusche Lucretia
6tens (so!) Die schöne Helena, eine Trojanerin
B II (teilweis zerstört) : Leben , Thaten Ein Trauer,
Schauer, Lust, Lach und Trähnen Spiel in 5 Akten (W. Wähnert).
B m: Dr. Faust's Leben, Thaten und Höllenfahrt. Zauberspiel in
3 Abtheilungen. Nr. 15 (nummer der theaterbibliothek). weiter unten:
Pfeiffer (name des früheren besitzers).
Bii B III
(der anfang ist zerstört) Herzog von Parma.
reisenden Bedienten. Helene dessen Gemahlin.
2) Ein angenommener Diener des Don Cäsar Kammerdiener.
Doktor Faust. Dr. Faust.
3) Ein Teufelsbeschwörer. Wagner sein Famalus.
4) Ein reisender Passagier durch die Casper reisender Diener.
Luft.
5) Ein Nachtwächter. Mephistofies. \
Geister. Harxparx. I
Pluto Fürst der Hölle, Mephistophles, Auerhan. j ^ollengeister.
Haribax, Megera, Vitzliputzly (dann Vitzliputzli. /
ist der rand der lis. wider zer- Ein Rabe. Ein Genius. Ein Unge-
stört, darauf:) heuer.
1 tens der R Erscheinungen.
2tens Simson Goliath und David.
3 tens der weise Der König Salomon.
4 tens dass Asirische Judith und Holofernes.
5 tens die keusche Lucretia Die keusche Lucrätia.
6 tens die schöne He Die schöne Helena eine Trojanerin.
120 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
1 Ackt^ Hölle It Ceae [anm. 1] Pluto Mefestoffeles und
Geister
^ B \i Ister Act (Saal des Höllenfürsten, welcher von allen Seiten
mit Feuerflanimen beleuchtet ist. Im Hintergrunde des Saals ein Thron,
auf welchen Pluto sitzt. Rechts und lings sieht man die Obersten des
Hollenreichs. Indem die Gardine aufrollt, hört man fürchterlichen Donner.
Der ganze Dialog des ersten Aktes wird von einer . . . (zerbröckeltei' rand)
lauten Musik . . .)
. . . wagte es . . . meine Befehle . . . tzen? Wer von . . . und Wasser
zu. . . . Wer liefs den Donner . . . . nd die Winde von . . . Gegend
brausen und heulen? Ich schwöre euch fürchterliche Musterung unter euch
zu halten und wehe dem Uhrheber, der meine Gesetze übertrat. Sagt an!
Wer liefs den Cerberus von seinen Ketten, und wer von Euch unterstand
sich, die verdammten Seelen, welche sich bei ihren irdischen Leben unserer
gerechten Strafe theilhaftig gemacht hatten , von ihren Qualen zu befreien.
Oberster meines Raths, Mephistophle ich. Rechnest
musst mir fürchte mein fürchterlichste geringster
verseh ? Fürst wollt e
Mep • . . Grofser Fürst, verzeihe Deinen . . . en Dienern, wenn sie Deine
Befehle übertraten. Höre mich geduldig an. Du sollst alles wissen, warum
wir am heutigen Tage uns Deiner Macht bedienten. Wisse dann, mein
Fürst, wir feierten ein Fest, welches auf ewigen Zeiten ein Andenken für
uns bleiben wird. In der Oberwelt lebt ein Mann, ein grofser Gelehrter!
der die Zierde Deines Reiches werden wird. Du hast lange gewünscht, ihn
näher kennen zu lernen, und bald wird dein Wunsch in Erfüllung über-
gehen, bald wirst Du ihn von uns in der Hölle einführen sehen, denn noch
heute fällt er in unsere Stricke!
Pluto. Wer ist der grofse Mann! wie heifst er?
Mephis. Es ist der berühmte Doktor Faust. Nun mein Fürst, thaten
wir unrecht, dass wir wegen dieses grofsen Geistes uns deiner Macht be-
dienten, und um seine Seele ein grofses Fest anstellten?
Pluto. Ein Mann wie Faust ist mehr werth und Gewinn für uns als
1000 der Schufte, die täglich herunterfahren. Wahrlich der Kerl ist ein
Genie, denn so wüthend hat noch keiner an die Pforten der Hölle ge-
schlagen als er.
Mephis. Mein Fürst! noch bedarf Faust aber unserer Hülfe ohne sein
Wissen. Ehe er den Kontrakt der höllischen Gesetze unterschreibt.
Pluto. Und worin besteht sie?
M. Er wünscht so gern die Studia der Nicormandi in seinem besitzt
zu haben.
P. So sei Dir es überlassen, M., dass für ihn so wichtige Werk in
sein Gevverk zu bringen. Fahre hinauf zu ihm und mache ihn mit den
höllischen Gesetzen bekannt, führe ihn nach seinen Wünschen doch so, dass
er nicht die Strafse, welche zu meinem Reiche führt, verfehle. Faust muss
ein grofser Geist sein , dass die Hölle mit seinen Wünschen so bekannt ist.
Wohlan, mein Fürst, auch ich will auf die Oberwelt eilen, will mich unter
VOM DOCTOR FAUST 121
Pluto Geister der Hölle, ich habe euch alle um mich ver-
sammelt so höret dann, es befindet sich aul der Oberwelt ein
Docktor mit Namen Faust, wenn ihr Geister es so weit bringen
könnt, das seine Seele die unsere wird, so sollt ihr, da ihr die
ersten meines Reichs seid, um 100 Grad Hitze begnadigt werden,
Faust befindet sich jetz hier in unseren Hüllenpfuhl, darum ver-
lange ich von euch Höllische Geister, das ihr alle eure Kräfte
aufbietet, das seine Seele die unsere wird, du Mefostoffelus, als
erster meines Reichs, Du wirst doch alles aufbieten, um seine
Seele im Reich der Hölle zu bringen,
MefestofTels Ihre Durchlaut Fürst Pluto, ich werde alles an-
wenden, das ich eure Gunst nicht verliere
Pluto Aber wehe euch Geister, wenn es euch nicht ge-
lingt, seine Seele die unsere zu nennen, so soll eure Strafe hart
sein , so lasse ich euch 1000 Klafter tiefer in den Höllen Pfuhl
stürzen, das soll dann eure Strafe sein, jetz seid ihr entlassen,
Mefostoffelus du bleibe ich habe mit dier noch zu sprechen
(Geister ab)
Mefestoffeles Refehle Fürst Pluto ich stehe zu Diensten:
Pluto So höre denn Mefostoffelus du weifst doch nach
unseren Gesetzen, das derjenege der in unseren Höllenfuhl fällt
3 Mordthaten begehen muss, dafür wirst du sorgen das es dier
gelingt, sonst wird er von der Göttlichen Macht beschützt, und
er wird nicht der unsere werden,
Mefestoffeles Mein Fürst, habe keine Sorge darum, ich
steige jetz in die Oberwelt, und werde meine ganze Kraft an-
wenden um den Docktor in unseren Reich zu bekommen.
Pluto Er wünscht das Ruch der Studjard Nekomandie zu
friedliche Eheleute mischen, buhlerische Liebe in ihrer Brust erwecken, da-
mit sie durch allerlei Sünden Euren Reiche entgegen eilen. Ja , mein Fürst,
ich werde mich nach Kräfte bemühen , dass das Reich der Hölle mehrere
Früchte geniefse als Faust ist.
Pluta. Wohl so erkenne ich euch ganz. Handelt nach
unseren Gesetzen mit eurer Vorsicht, und mein ganzes Reich wird stolz
auf ihre Fürsten sein. Mephistofeles, eile nun auf die Oberwelt und ihr
Furien begebt Euch auch dahin, denn wenn ihr zögert, so möchte Faust an
die Kraft seines Zaubers zweifeln und die Hölle verlöhre die Früchte seines
Frevels.
Die Furien: Nun Pluto! Wir eilen deine Befeiile zu vollziehen (Sie
verlassen ihre Plätze).
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 9
122 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
besitzen , du wirst ihn das Buch bringen , und dann bleibst du
ihn immer zu Seite, und suchst ihn zu umstricken, jetz bist du
entlassen (ab).
Erster Act altdeutsches Zimmer.
Iter Auftritt
Faust sitzt an einen Tische^ worauf allerlei Bücher liegen.
Endlich hat sich die Erde wieder einmal so gedreht, dass die
Sonne ihre Strahlen, Majestätisch auf das Gebiet von Main(z wirft). 2
Schon manche Nacht durchwachte ich, abe(r eine) solche Nacht^
wie diese, in der meine Sinne mächtig mit dem Himmel und der
Hölle kämften , eine solche schlaflose Nacht hatte ich noch^ nie,
gestern Abend, als die Glocke auf den nahen Thurm 11 schlug,
und schwartze Nacht auf der Erde lag, als der Sturm von Norden
heulte, und die^ Wolken den vollen Mond verhüllten^, da war
die ganze Natur' in Aufruhr, und noch schwankte^ ich immer
zwischen Ewigkeit und Verdammniss, eine herrliche Nacht, die
emphörte Einbildungskraft zu verwildern^ [anm. 2J, Wohlan ich
will wissen, was der düstere Vorhang verbirgt, dem eine ti-
rannischeio Hand vor unseren Augen gezogen hat, wie^i aber
Satan 12^ soll ich es anfangen das ich an der Pforte der Hölle
klopfe? (steht auf)i3 0! ich weilst* was mir fehlt meinen
•^11: 2 Act. Zimmer. Sei: Faust, sitzt an einem Tische; Biu: 1 Act
Zimmer. Rechts e. Tisch ns^w. ^ das eingeklammerte fehlt in Bi,
weil ein stück herausgerisseri ist aus dem ersten blatte. ^ eine solche
Nacht f. in B 11, weil der rand beschädigt ist. auf die anderen — ziem-
lich zahlreichen — durch zerbröckelung des randes ausgefallenen worte
werde ich nicht mehr hinweise?i. * noch nie f. B u; noch f. B in.
5 düstern B iii. ^ schaurig verh. B 111. "^ B 11 und in : ah !
die ganze Natur war in Aufruhr! ^ schwanke B 11. in. ^ ver-
wildern. Noch schwangt die Zunge der Waage; in dieser Schale tanzen
leicht Religion (Regionen B in) und ihre Stütze (Netze B in) , die Furcht
vor der Zukunft. Die Gegenschale schlägt sie stolz hinauf, Durst nach
Unabhängigkeit und Wissen, Stolz, Wollust, Groll und Bitterkeit füllen sie.
Ewigkeit und Verdammniss schallen nur dumpf in meiner Seele. Wohlan
usiv. B n. ni. '° tragische B in. " Ich will dass kühne Wage-
stück unternehmen, um unabhängig von den Menschen durch die Verbin-
dung mit den Teufel zu sein. Jede Seele, die mich noch am Rande der
Hölle von meinen so glänzenden Vorhaben abhalten will, soll erlahmen.
Wie ^n. III. '2 mächtiger Höllenfürst B m. '^ gteht nai f.Bn.ni.
" weifs es B 11. in.
VOM DOCTOR FAUST 123
Zweck zu erreichen, die Studia der Nikromantiai, dass ist der
Wurm der an meinen Herzen nagt, denn durch^ diese Wissen-
schaft^ kann ich nur den Gott Pluto^ zu meinen Beistände auf-
fordern ^
Wagner tritt aufo
Wagn Hr-Doctor, so ebend war eiü Mann in schwartzer Kleidung
draufsen, ohne ein Wort zu sprechen, legte er ein grofses Buch^
vor mich hinn , nachdem er sich entfernt hatte, sah ich nach
dem Titel des Buchs, und es isl^ das Werck, welches Sie so oft
zu besitzen wünschten,
Faust Wass führt es für einen Tietel?
Wagner Studia der Nikromantia^,
Faust 0!io so muss ich eilen um dieses längst gewünschte
Buch zu sehen; jetzt habe ich meinen Zweck erreicht (ab)ii
Wagner [anm. 3] Nun ich will wünschen, das ihm dies
Werck auf andere Gedanken bringt (ab)'^
Casper tritt auf mit einen Bündel auf den Rücken.
Casper Na 12 da war ich, (sieht sich um)i3 dass scheint mir
hieri* ein vornehmes Wirthshaus zu sein (sieht '^ das Buch
welches auf den Tisch ligt). Was, da liegt ja gar ein Buch,
was mag denn da drinnen stehn? [anm. 4] (fängt an zu buch-
stabiren)^6 Ha — a — r — Har — be — u ^'^ — beu, t — e — 1 —
Geldbeutel, ja^^ dass ist eine schöne Sache, wer einen rechten ^9
Grofsen Geldbeutel hat, denn wenn man heut zu Tage im Wirths-
* Studia d. Nicormandie B 11 ; Studia Nicormandi B iii. ^ nur
durch B m. ' Wissenschaften B i. * die Hölle B 11, in. ^ an-
pflehen B n. iii. ^ Sc. 2. Wagner u. Faust B n. iii. '' Buch von
ungeheurer Gröfse^m. ^ und ist also 5 n. ^ Studia Nicormandia
.Sil. in. 10 Würklich — ist es wahr — oh! 7is2o. B iii. " geht
ab Bn. '^ Sc. 3. Casper als reisender Bedienter mit ein Bündel auf
den Rücken. Nun ßii; Sc. 3 Casper. Nun Bm. '^ f. Bn.iix.
" hier f. 5 n. in. '^ gjei^t nach dem B. B 11. in. " B u: Legt
sich mit den Armen auf den Tisch und fängt a. z. b.; B ni /!, dafür: Das
ist gewiss hier der Speisezettel, ja Kasper, wenn Du nun nicht dein Schul-
geld vernascht hättest, denn könntest du das schon lesen. Ich muss mal
buchstabiren, ob das gut schmeckt. H — a — r usw. " be — e — u
Bn; be — u — beutel B m. ** ßm: Ja, das ist ein schönes aber
auch kurjoses Ding, denn dieser Beutel macht in der Welt den Mann. Na,
nun werde ich mal weiter b. *^ Bu: recht.
9*
124 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
haus kommt so sehen die Hr-Wirthe gleich nach den Geldbeutel,
wenn man etwas bezahlt, sehen sie das einer einen rechten
vollgespickten Geldbeutel hat, so sind sie auch so voller Höflich-
keit, wie der Pudel voller Flöhe', ist dis aber nicht der Fall,
und man kriegt den geringsten Streit, so fliegt man auch zur
Thür raus wie eine Kanonenkugel, muss doch mal weiter lesen,
(liest, nach einer Pause) Na dass ist kurios, da steht wenn man die
Teulel will kommen lassen, so sagt man Perlicco, und wenn man sie
will los sein Perlucco, ach^ dass ist dummes Zeug, der Teufel ist
schwarz, den kann ich nicht leiden 3, (Greift nach seinem BündeH).
Habe ich denn auch noch meinen Koffer. Ja — da stecken
charmante Kleiderstücke drein. Da habe ich einen ganz funkel-
nagel neuen Rock drinnen , nur dass der Schneider das Ober-
zeug und Unterfutter daran vergessen hat. Dann hab ich ein paar
ganz neue Schuh drinnen. Der Schuhmacher hat nichts als das
Oberleder und die Sohlen daran vergessen. Sonst sind sie noch
ganz neu. Aber einen recht feinen comishulh hab ich noch, der
Fils aber liegt noch beim Huthmacher.'' Na wass Teufel, wo bleibt
denn^ die Wirthin! oder der Marquer?' (ruft) He, da, VVirthshaus.^
Ist denn kein Mensch zu Haus? Heda, aufgetischt! Markuerl^
^ Bu: so sind sie auch recht freundlich. Ist dies aber nicht d. F. so
sind sie auch sehr gleichgültig. I — nun ich kann doch guth Buchsta-
biren, aber die Buchstaben kenne ich nur nicht. Es ist aber dies eine ku-
riose Sache, wenn man Buchstabieren will und kann nicht lesen. Was der
tausend, was steht denn da? (Nach einer Pause) Na dass ist kurios usiv.
^ B n: (indem er ins Buch...) ach. ^ Bin: weiter buchstabiren.
Warte mal, was steht denn hier: — Na, das ist ja närrisch. Hir steht
Wenn man die Teufel k. 1. will, so muss m. s. Perlico und wenn sie wieder
gehen sollen, s. m. m. s. P. Ach d. ist ein närrisches Zeug. D. Teufel
weifs , wer d. Teufel ist. D. T. soll schwarz sein , d. kann ich n. leiden,
* f. Bi.m. in Bi dafür gleich: Na, wass Teufel s. u. ^ Habe
— Hutmacher f. B i; Bin: Wenn ich nur meinen Benzel hier wohin
legen könnte, denn der wird mir nachgerade sauer, so auf den Rücken
herum zu schleppen. Da habe ich viele und schöne Sachen drinnen Erstens
einen alten Rock, der abgetragen ist bis auf den Anhängsei. zweitens ein
Paar funkelnagelneue Stiefel. Das Oberleder ist zwar etwas enzwei, aber
die Sohlen sind schon lange nicht mehr drunter. Und nun endlich habe
ich noch einen schönen Huth drin, aa, wie ein Huth aussieht, der in ein
Felleisen gepackt ist, das darf ich wohl nicht erst sagen. Der muss meiner
Ansicht nach grofse Ähnlichkeit mit einem Faaukuchen haben.
•^ denn hier B lu. ^ Bm: Marqui oder Marker wie es heifst.
« Frau W. (setzt sich auf den Tisch). Wagner tritt auf. Bu ^ f. B in.
VOM DOCTOR FAUST 125
Ein paar Schüsseln' Sauerkraut, ein paar Poutellin^ Knoblochs-
würstel Ich habe kannibalischen Hunger. Mein Magen ist so
leer, wie ein aufgeblasener Tabaksbeutel. Heda, Heda, Frau
Wirlhshauseu ! Halt! Da kommt jemand. Das ist gewiss der
Monkier.3 Den Kerl wer ich mal ein rechten Schreck einjagen
(er setzt sich hintern Tisch). ■*
Wagner^ tritt auf War's mir doch als hörte ich Geräusch
in Zimmer, und gleichwohl sehe ich niemand.
Casper (mit Geschrei hervorspringend)
Wagner Wie, mein Freund, kommt ihr in dies Zimmer?
Wer seid ihr? 6
Casper Das seht ihr ga, ich binn eine Mannsperson,
Wagner Ja, aber zu wem wollt ihr,
Casper Ach dass brauchst Du nicht zu wissen, hir ist ein
Wirlhshaus, und ich verlange was zu Essen, ich habe Ambition,
Wagner hier ist kein Wirthshaus, mein Freund, hier wohnt
ein gelehrter,
Casper Nun meinetwegen, so' bring mir eine^ Portion ge-
lehrten
Wagner^ Dass geht nicht an mein Freund,
Casper Nicht? — so gieb eine Portion Schweinebraten,
Wagner Wie ich Euch schon gesagt habe, hier ist kein
Wirthshaus, Ihr kommt wie ich sehe von der Reise —
Casper Ne, ich binn noch auf der Reise
Wagner Nun seid ihr etwa Herrenlos?
Casper Ne ich kann so gut höhren wie du^o,
* Schüsseln mit B in. - Butaillen wanne B iii. ^ Kellner
Bm. * versteckt sich ^iii. ^ Wagner tritt auf. Casper: Na
hör mal Wirth, du bleibst verdammt lange, W. Wer s. ihr? Bi; Wagner
tr. auf f. B II. III. ^ Wer seid Ihr usw. f. B ii. in, dafür: Casper: Weil
ich auf die Reise hungrig geworden bin und von dir was zu Essen haben will.
W : Ihr irt , mein Freund , ihr seid hier in kein W., hir w. e. grofser Ge-
lehrter. ' Na, denn B n. in. * bringen Sie doch eine B in.
" W. Ihr seid unrecht mein Freund. C. Sag mal, bist denn du nicht der
Marquer? W, Da müsst ihr ins (nachs B iii) Wirthshaus gehen , Ihr seid
wol herrenlos, mein Freund ? G. Du (f. B in) dummer Kerl, ich kann besser
hören als Du. B ii. in. i° darauf in B i: (er legt beide beine auf den
Tisch.) Siehst du wohl, dass ich mich in Autorität setzen kann (d. letzte
satz ist durchgestrichen). W. : Geht herrunter vom Tisch, und ich werde mit
Euch vernünftig reden, C: (springt vom Tisch). Nun so redet vernünftig
und macht, dass ich wass zu Essen kriege (die worte Kaspers sind durch-
126 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Wagner So meine ich es nicht; ob ihr ein Domestik seid?
Casperi Ne, ich bin nicht dick, ich bin auch nicht dinn,
ich habe meine richtige Constution. (Dreht sich nach allen
Seiten um.)
Wagner Mein Freund, ihr versteht Unrecht, ich meine, ob
ihr eine Herrschalt sucht.
Casper (erfreut) Ja du, ivannst du mir eine versch(affen) ?
Wagner Nun wenn ihr wollt, so^ könnt ihr hier bleiben,
sagt3 niir habt ihr schon gedient?
Casper Ja ich habe gedient,
Wagner Bei wem denn?
Casper Ja mein Herr liefs so Hunde tanzen,
Wagner. Und warum seyd ihr denn nicht in seine Dienste
geblieben ?
Casper Ja dass hab ich ihm nicht gefragt — Gestern fuhren
wir mit unsern Hunden über einen Berg und als wir den Berg
herrunter fuhren, da kamen wir in einen Hohlweg, und seht mal,
da wollt ich meine Sache recht gescheit machen , in den Hohl-
weg nehmlich da war Wasser, und durch das Wasser wollt ich
nicht fahren, fahre also an der Seite rum, und mit einenmal,
Bradadautz, fällt der Wagen mit den Hunden um und ins Wasser,
und da nun 2 bei der Geschichte versoffen sind, so nahm mein
Herr die Peitsche und haute mir Raisonabel durch , wie ich aber
spürte das die Hiebe zu grob kämmen, da lief ich fort, und
nun binn ich reisender Patachier geworden,
Wagner Seid ihr nun willens hier in Dienste zu treten,
so sagts,
Casper Ja sag maH, was giebst denn du^ Lohn?^
gestrichen) W.: Wenn ihr keinen Herrn habt, so könnt ilir hier Dienste be-
kommen, sagt m\t usw. ^ Was, dummes Ding sagst Du? Ich verbitte
mir jede dehmliche Redensart. B in. ^ so f. B in. ^ sagt etc. —
die geschickte von den hujiden bis ja sagt mal f. B ii. in.
■* so ^ II. 111. * giebste denn für Bin. '^ Bi: Casper: Ja, wenn
ihr mir geben wollt, was ich bei mein vorigen Herrn bekommen habe, so
habe ich wohl Lust mich zu verändern,
Wagner Wie viel habt ihr denn bei eurem Vorigen Herrn gehabt?
— Casper Ich habe die Woche 5 gr 9 ^ gehabt W. Nun hier sollt ihr
12 gr, und Essen und Trinken bekommen, C. Ne, wenn du mir nicht giebst
was ich bei meinen Vorigen Herrn gehabt habe, kann nichts daraus wer-
den, W. Ihr bekommt ja noch mehr, ist euch dass nicht lieb? C. Du
wirst mir doch wohl nicht wollen rechnen lernen, 5 und 9, ist doch
VOM DOCTOR FAUST 127
Wagner Ihr bekommt- 20 Thir. Lohn.
Caspar Ne du, da bleib ich nicht bei dir, denn^ bei meinem
letzten Herrn hab ich 30 Groschen gekrig.
Wagner^ Aber bedenkt doch Thaler und Groschen,
Casper Na, du wirst mir dochs Rechnen nicht lern . . . Ich
weis doch, das 30 mehr sind als 20; und was gehen mir deine
Thaler an, wen ich nur so viel Groschen habe, als ich brauche.
Wenn Du mir 30 groschen Lohn giebst und 20 Thaler Riergeld,
den bleib ich bei dir.
Wagner Nun auf solch eine Wenigkeit wirds meinem^ Herrn
auch nicht ankommen.
Casper (verwundert) Rist denn du nicht selbst dein Herr?*
Wagner Nein, ich bin nur der Famulus.
Casper Na,^ höre Du, denn kommen zwei Faselhänse zu-
sammen, dann bist du der Alte und ich der Junge Faselhans.
Wagner Ihr versteht Unrecht. Ich bin meines^ Herrn erster
Diener.
Casper Sag maP, wer ist denn Dein Herr?
Wagner Mein Herr ist der weltberühmte Doktor Faust.
Casper^ Ach Du hör mal, mit Fausten hab ich nichts zu
thun, da lass mich zufrieden,
Wagner Wie so, was fällt Dir bei diesen Nahmen auf,
wohl mehr als 12, W. Nun wir wollen uns mit keiner Rechnung ein-
lassen, ihr sollt hier ebend so viel haben, als bei eurem vorigen Herrn.
* denn mein letzter Herr hat mir auch 20 Thaler versprochen, aber
gekriegt habe ich nicht 6 pfennig und die Zeiten werden bei unsereinen
auch nicht besser sondern schlechter. Drum muss ich am Ende hier noch
was zu bringen ^ in. ^ B iii : Darum tragen Sie keine Sorge, Sie er-
halten hier pünktlich Ihren Lohn. C. Aber Du, wie stehts denn mit dem
Trinkgelde, denn ich habe mitunter barbarischen Durst. W. Auch das wird
Ihnen nach Umständen öfter zufliefsen. C. Umstände, wenn ich erst Um-
stände haben soll, dann will ich lieber kein Trinkgeld haben. W. Ich glaube,
Ihr werdet mit unserem Herrn zufrieden sein. ^ unserem B iii.
'• Na, bist Du denn nicht dein Herr? B in. Na, das ist gut, na, und
du bist jetzt mein Herr? Wagner Nein ich nicht, dein Herr heifst Faust Bi.
^ Na, das passt gut, dann bist du den Herrn sein Famelhans, und ich
bin sein Kasper Bm. ^ des Bm. '' mal du Bm. ^ Bn. ni:
Ne Du, den bleib ich nicht hier. Vor Fausten hab ich allen Respekt gekriegt.
Mir hat einer eine Fauste auf die Nase gedrückt, dass ich heute noch dran
denke. (Ich habe neulich mal eins mit der Faust auf die Nase gekriegt,
das sie mir aufgelaufen ist, wie ein Bauerbackofen so grofs. B iii.)
W. Aber mein Herr heifst ja nur mit dem (f. B in) Namen Faust.
128 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casper Dass will ich Dir gleich sagen , da war ich dir letz-
mal auf Bauer Kirmefs, es ging recht lustig her, aber auf der
letzt, als alles besoffen war, gings ans streiten und schlagen,
einer war dabei, der wollte dass Recht sprechen, und in der
Uebereilung musste er meine Nase vor dass Tischblalt angesehen
haben , der schlug mir doch mit der Faust dermafsen auf die
Nase, dass ich in 6 Wochen nicht gewusst habe, ob Oster
und Pfingsten auf einen fallen, oder nicht, Ne, Ne, da wird
nichts draus,
Wagner Freund ihr versteht mich nicht, der Herr bei den
ihr jetzt in Diensten seid, heifst Faust, und ist ein grofser ge-
lehrter Doctor
Casper So!» und wie heifst du denn?
Wagner Ich heifse^ Wagner,
Casper A, ha, dann^ bist Du wohl ein Rademacher?
Wagner^ Nein ich bin kein Rademacher, ich heilse nur
Wagner, künftig sagt ihr aber nicht du zu mir, sonder Mosje
Wagner, jetzt legt euren Bündel ab, und räumt ein wenig hier
auf, nachher könnt ihr nach der Küche gehen, und euch was
zu Essen geben lassen,
Casper Ach ja du Mosje Fabelhanns, wenns zu Essen und
Trinken giebt, da binn ich recht flink, (ab)
Wagner Ein drolliger Kerl, der wird Fausten manchen Spafs
machen , nun ich will wünschen dass er ihm oft die üble Laune
vertreiben mag, (ab)
Casper tritt auf (ohne Bündel)
1 So! und wer bist Du denn? und wie B i; C. So? Na das ist was
anderes ßii. iii. ^ Icli binn Famalus und heifse Bi; f. Bii.ni.
3 Du bist der Fabelhans und heifst Rademacher 5 1; f.Bii.iii. '' ^ii. iii:
W.: Doch noch eins! Wenn ihr mich künftig ruft, den lässt das du weg
und sagt: Hören Sie Musje Wagner.
C. (Wagner? Bm) Dann bist du wohl ein Rademacher?
W. Ich heifse nur mit Nahmen (f. Bm) so, aber das Du läss weg.
C. Na ja du, den lass das du weg, aber sagen Sie mal du Musje
Wagner, wo krieg ich denn hier was zu schnabelieren? Meine Magenblätter
reiben sich ganz entsetzlich (haben sich schon ganz wund gerieben B in).
W.: So räumt zuerst dies Zimmer auf, setzt Tisciie und Stühle bei
Seite, dann geht nach die Küche, da werdet ihr Speise und Trank be-
kommen. Alsdann kommt wieder hierher, damit ich euch euren neuen
Herrn vorstelle (geht ab).
VOM DOCTOR FAUST 129
Casper ruft Heda Musje Fabellianus, das Essen riecht recht
appelietlich aus der Küche
Wagner (kommt zurück) Sagt mir mal, wie heifst ihr denn
mit euren Nahmen?
Casper Ja, dass weifs ich seihst nicht, mein voriger Herr
nannte mich Casper,
Wagner Nun so werde ich euch auch so nennen, sagt mir
mal Casper, wass habt ihr denn für Religon?
Casper Bin ein Schuhmacher,
Wagner So, und wass habt ihr denn für Proffession?
Casper Da bin ich Katohsch,
Wagner (für sich): Den schärfsten Verstand traue ich ihm
nicht zu, und doch ist er so froh und munter, die dümmsten
Menschen sind oft die glücklichsten , (zu Caspern) Aber bald
hatte ich euch vergessen zu fragen, ob ihr auch einen Pass habt?
Casper ha, ha, ha, Ich bin doch kein Musikant, das ich ein
Bass brauche,
Wagner Ach ich meine ein Attesstat, oder Abschied,
Casper Ja so, ja einen Abschied habe ich wohl erwischt,
(dreht sich um) da seht mal die Gedankenstriche sind brau und
blau aufgelaufen
Wagner Da müsst ihr euch nicht gut aufgeführt haben,
Casper Na wenn Du dich gut aufführst, kannst Du auch
solch Ehrenvollen Abschied kriegen,
Wagner Na jetzt geht, und stillt euren Appetit und nachher
kommt hierher wieder, damit ich euch euren Herrn vorstelle (ab)
Casper 1 Ja da will ich nicht Casper heifsen, wenn ich^ ein
Wort^ weiter weifs, als dass ich nach der Küche gehen soll und
meinen Appitit stillen*, dass andere hab ich rein vergessen^, Ich
• (ihm nachsehend) B ii. m. ^ ich noch B iii. ^ Wort von
alle dem ^iii. ■* m. App. zu stillen B ii. iii. ^ B ii. iii: (alles
rein B\\\) vergessen. I nun, so habe ich doch die Hauptsache behalten;
den Tisch und Stuhl soll ich weg (fort B iii) räumen. Das hätte wohl
(noch bis B iii) nach den Appilit stillen bleiben können (Essen Zeit, denn
Appetit 5 III) und Appetit oh, den hab ich nicht wenig, aber Hunger desto-
mehr. Nun der Koch wird wohl den Hunger zu stillen wissen (Er will
gehen) Ach ja so, den Tisch soll ich ja wegräumen. Du armes Kasperchen
mit den leeren Magen den Tisch forttragen, das hat nicht wenig zu sagen
(das geht nicht B in). Ei was, der Tisch kann warten (stehen bleiben
und w. B in), bis ich mir satt gegessen (ich geschnabeliert B iii) habe
(geht ab).
130 DIE BERLIINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
glaube aufräumen soll ich, dass hat Zeit, bis ich mir satt gegessen
habei (ab).
Faust mit einem Zauberkreis, welchen er an der Erde zu
einen Kreis bildet^
Faust Jetzt will ich das grofse Werck vollenden , wozu meine
Wissenschaften mich fürten, durch die Magie lernt ich die Herzen
der Menschen kennen , durch die Theologie lernte ich Gott und
Menschen kennen^, durch beide Wissenschaften bin ich in den
Stand gesetzt, die Truggestallen* kennen zu lernen, welche die
Menschen umgeben^, mil^ Satanshülfe, vermöge der Nekromantie"
will ich den Menschen ihre Schwächen zeigen s, jetzt will ich
nach Vorschrift der Magie einen Kreis um mich^ ziehen, will es
versuchen, ob es den Satan gelingen wird, meine Seele die seinige
zu nennen , (indem er in den Kreis treten will , erscheint von
oben in 10 Wolken schwebend ^i ein Genius, Faust tritt zurück,
und setzt sich auf einen Stuhl) ^^
Faust Wo bin ich? welche Mattigkeit überfällt mich*^, (eri^
schläft ein) (Genius erscheint) (Adagio) i^
Genius Faust, lass ab von Deinen Vorhaben, Deine Seele
ist dem Himmel geweiht, lass Dich warnen, und gieb Dich nicht
mit Gewalt dem Reiche des Bösen preifs,
Faust (im Schlaf) Wer bist Du, der es wagt, mich in meinen
Vorhaben 16 zu stöhren,
Genius Ich bin der Genius der Menschheit, der Ewige will,
das dui' Satanskünste verachten sollst drum fliehe diesen Ort,
unterlass Dein Vorhaben und achte nicht des^s bösen Ralh, (Zieht
in Wolken vorüber) 1 9
^ f. B\. ^ Bii.m: Sc. 6 Faust trägt in der einen Hand ein Band
mit Hiroglyphen bemalt, welche er auf die Erde legt und in einen Kreis
bildet. 3 B ii. lu: kennen auch schätzen. ^ Truggebilde B in.
^ annehmen Bw.ni. ^ durch B ni. '' Nicromantie B ii; Ni-
cormandie B m. » zeigen, damit sie ihre Thorheiten und mörderische
Handlungen einsehen, die sie täglich, ja stündlich (in ihrem Wahne ^ iii)
begehen B u. in. ^ um mich f. B n. ni. '° in den B n. ni.
" schwebend f. B\\. ^- zurück, indem er nach und nach auf
seinen Stuhl zurück sinkt B\\; Will in den Kreis treten. Genius erscheint
schwebend; Faust tritt zurück, indem usw. zurückfällt Bm, ^^ hier
ist ein 7ieues stück eingesclioben s. anm.h. '^ erf.Biu. '^ Sc. 7
Faust Genius Bii; 7 Sc. Genius Faust B m. '^ Vorhaben und Unter-
nehmen B u. ni. " du dich mit göttlichen Beschäftigst und Satans
Künste usw. B ii. ni. '^ auf des B iii. *^ schwebt vorüber B ui.
VOM DOCTOR FAUST 131
Fausti erwacht^ Wie ist mir ? — kann ich meine Sinne
fassen? wass doch die Phantasie dem Menschen alles vorgaukelt^,
— träumte mir nicht, der Menschheit Genius^ erschien mir^, —
und warnte mich vor den Bösen, — Verdaintes Hirngespinst,
weg mit Dir, — wer^ kann mich hinderlich sein, wenn ich mir
des Satans Hülfe bediene'', — Göttliche Macht kann ich nicht
erlangen, drum sei es gewagt — (tritt in den Kreis) Jetzt wäre
ich also einen Riesenschritt, näher zu diesen § wichtigen Werke,
wohlan denn, ich höhre ja nicht das Gebeth der Fromen, auch
nicht das Geheul der Verdauiten, ich biu^ am Ziele, (laut)io
Audite foxii Fausti, Furiä, vox^^ Tartarie, parete, (es^^ erscheinen
Mephistophles^^, Auerhahn, Haribax, Megerai^, Vitzliputzli, die
Furien erscheinen unter i*» heulenden Getöse)
Faust [anm.Q] Nun^'', ihr Furien, seid ihr bereit, mir zu
dienen?
Furien 1^ Ja, wir sind es.
Faust zu einer 19 Furie die ihm am nächsten steht. Sage
mir du dienstbarer Geist, wie heifst du mit deinem Nahmen?
Haribax Haribax
Faust Wie'-o geschwind bist Du?"-i
Haribax22 Wie der Vogel in der Luft,
Faust Eine ziemliche-^ Geschwindigkeit, für mich aber nicht
geschwind genug, drum verlass'-* mich, Dispare (der Geist ver-
schwindet mit Geheul)'-^
* Faust allein ^ii. in. ^ e. nach einer Pause Bn.ui. ^ Wass
kann vorgaukeln? (steht auf) Bu.m. ^ der Genius d. M. B u.
5 vor mir B ii. iii. ® .... dir, wass kann mich abhalten den
dunklen Vorhang (Schleier 5 in) wegzuziehen, um die Geschöpfe (dieser Erde
B m) in ihren wahren Lichtgestalt (-en Bin) zu sehen! Wer usio. Bu.m.
' b. und die Menschen die Vergangenheit als ein bild vorzeige. Gött-
liche usw. B II. in. « dem ^ n. ^ drum bin ich B n. ni.
'" (mit Pathos) B n; f. B m. " vox B ii. in. »^ ^^s Tatar
Bu.m. >=* sogleich 5 n. «^Sc. 8. M. ^n. ^^ M. f. B m.
•® mit einem Bu; unter Donner und B m. " Bi: Ha was sehe
ich hir, seid ihr Teufel
Teufel: Wir sind die Teufel Faust du hast uns gerufen, wir wollen
dier dienen.
Faust: Wie geschwind eic. " Alle F. Bm. *' zu der ihm
zunächst stehenden Bm. *° Und wie ßii. ui. ^^ du Geist (letzteres
später zugefugt) B \. ^^ Hariback // ii. ^3 schöne 5 in. ^4 fliehe
und verlass B ii. in. -^ m. Geh. f. B u. in.
132 DIE BERLINER FASSÜING DES PUPPENSPIELS
Faust Feraer sage mir Geist, wie heifst Du uiit deinen ^
Nahmen,?
Megera2 Megera!
Faust Und wie geschwind bist du
Megera Wie der Fisch im Wasser,
Faust Für mich nicht geschwind genug, Dispare, (der Geist
verschwindet mit Geheul)^
Faust* Ferner sage mir Geist, wie heifst du mit deinen ^
Nahmen,?
Vilzli -c Vitzliputzh, !
Faust Wie geschwind bist Du?
VitzH Wie die Schnecke im Sande,
Faust Unverschämter Teufel, nicht mal so geschwind wie
ein^ Mensch, ich^ kann dich nicht brauchen 9, fliehe und verlass
mich, Dispare, (der Geist verschwindet)
Faust Ferner sage mir Geist, wie heifst du mit deinen Nahmen?
Auerhahn Auerhahnl
Faust Wie 10 geschwind bist du?
Auerhahn Wie die Kugel aus dem Rohre
Faust Eine grofse Geschwindigkeit, sage mirii bist Du be-
reit mir zu dienen,? —
Auhahn Nein Faust! mein Fürstin der hat noch viel ge-
schwindern,
Faust So sende mir einen ^^^ fliehe und verlass mich Dispare!
(der Geist verschwindet)
Fausti* Von diesen Geistern konnte mir keiner Dienen, doch
halt! trotz der gröfse dieses Geistes i^, habe ich ihm^c kaum be-
merkt. Sage mir Geist, wie heifst Du?
Mephis -/^amn. 7] Mephistoples! der geschwindeste i'' —
Faust Wie!** geschwind bist Du?
Mephis Wie des Menschen Gedanken '3,
' deinem f. B ii. iii. ''■ alles auf Megera bezügliche /'. B iii. ^ mit G.
f. B II. '• F. sich zum andern wendend B n. ^ f. B ii. iii. ^ V. ?/. A.
sind in B m u7ngestellt. ' der ^ iii. * Marsch ich ^iii. " ge-
brauchen Ä II. III. 1° Und wie B \\\. " f. Bwi. *- m. (der Bm)
Fürst der Finsternisse hat Z? ii. in. *^ einen solchen Bm, darauf Faust
zu einem Dritten (Vitzl. s. o.) Auch sage mir du kleiner Geist vsw.
" Sc. 9. Faust u. Mephisto. Faust (B ii. iii). ** Teufels B i.
^^ ihm doch B ii. iii. »"^ d. g. f. B in. '* Und wie B ii. iii.
^* Gedanke B n. iii.
VOM DOCTOR FAUST 133
Faust So bist Du der^ wie ich ihm mir wünsche sage mir,
bist Du bereit^ mir zu dienen? —
Mephis Mein3 Fürst [anm.8] der Herrscher der Hölle, schickt
mich deshalb hierher, um dich zu Dienen Befehle,
Faust Nun kalter Teufel, wie lange willst Du mir Dienen?*
Mephis. Gieb eine Zeit an, und ich werde^ antworten,
Faust 48 Jahre sollst Du mir Dienen
Mephis Was bildest Du Dir ein Faust? — denkst du länger
zu leben, als andere deines gleichen? 24 Jahr kann ich nach
unseren Gesetzen dir nur Dienen länger*^ nicht,
Faust Wie! — habt ihr Teufel auch gesetze,?
Mephis: 0, ja, Faust, und das schwere Gesetze vorzüglich
für HöUensühue des Erdballs", doch bedenke Faust, dass ich
Teufel heifse richte deine Fragen gelinder ein , und ich werde
gelinder antworten,
* der gewindeste und bist wie ich dich mir wünsche (wie du gew, wirst
Bm) sage usw. Bn.m. ^ bereit und entschlossen ^ ii. ^ ^n. ni:
Mein Fürst d. H. (Beherrscher B in) der Hölle hatte durch schrecklichen
Hörnerschall, der an der glühenden Scheibe der Sonne wiedertönte, allen
gefallenen Geistern auf der Ober und in der Unterwelt (Geistern der Ober
u. Unterwelt B in) kund thun lassen , dass er heute ein grofses (grofses
grofses B in) Freudenfest geben würde. Die Höllengeister versammelten
sich auf den mächtigen Ruf. Selbst seine Abgesandten am päpstlichen
Stuhl und den Herrschern Europas verliefsen ihre Posten (Ruf ihres er-
habenen Herrschers. Von allen Enden des Weltalls kamen die Furien der
Finsternisse denn B in) denn die Einladung liefs etwas grofses (und B in)
wichtiges vermuthen. Schon ertönte das ungeheure Gewölbe der Hölle von
den wilden Geschrey des Pöbels der Geister (G. der Verdammten B ni). Die
Fürsten traten hervor (da traten die Obersten unter sie B in) und gebothen
Schweigen der Menge, damit Satan die Berichte seiner Abgesandten der
Oberwelt vernehmen könne. Die Teufel gehorchten und eine schauervolle
Stille herrschte durch die ducke düstere Finsterniss, die nur dass Gewinsel
der Verdammten unterbrach (Stille trat an die Stelle fürchterlichen Gebrülls,
die nur durch ängstliches Gewin^el der Verdammten unterbrochen wurde.
Da B ni). Auf einmal, Faust, erscholl deine mächtige Stimme von der Ober-
welt durcli die Hölle. Hörst Du Faustens Ruf? sagte (sagt B lu) Pluto zu
mir. Ich fuhr schnell herauf, denn wenn ich zögerte, so möchtest du an
die Kraft deines Zaubers zweifeln und die Hölle verlöhre die Früchte deines
Frevels. Ich bin nun hier Faust (f. Bm) um dir zu dienen. Befehle!
F. Soll ich deine Worte unverschämt nennen oder bist du es?
M. Du wirst doch in den Teufel keinen Schmeichler suchen.
F. Nun kalter T. etc. * T. willst du mir dienen? Bm.
^ werde dir B n. in. ® und länger B n. in. ' Erdbodens B i.
134 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Faust Mephistoples, ! wenn Du nur 24 Jahre mir dienen
kannst, so sage mir, werde ich unter deiner Leitung Sünden i
begehen?
Mephis Nach Vollbringung der Jahre, werden deine Thaten
gewogen, und darnach empfängst du deinen Lohn,
Faust Gut2, so verlange ich auch 48 Jahr Dienste von dir
Mephis: Wenn du darauf beharrst, so muss ich erst zu
meinen Fürsten eilen, weile so lange hier P'aust, in einer Minute
bin ich wieder hier (will gehen)^
Faust Noch eins, kannst du mir* in keiner andern Gestalt
erscheinen,? —
Mephis 0 ja, befehle nur,
Faust So lass dich in der Gestalt eines Menschen sehen, ^
Mephis - Gute Faust, es soll geschehen, (ab)''
Faust^ Die Antworten des Teufels, sind ebend so trocken
und kalt9 als er selbst ist, wie aber wenn mir der Höllengolt^o
nicht 48 Jahre seine Macht geben will? — wass ist denn zu
thun, nichts^' anders, als das ich^'- mich drein ergebe, auf
24 Jahr des Teufels Macht^^ zu gebrauchen, — wohlan denn
ihr Menschen — bisher habt ihr meine Talente verkannt, —
habt mich für einen Thoren gehalten, aber nun will ich euch
zeigen , dass ihr Faustens Geist falsch beurlheilt habt,
Mephistophles in der Gestalt eines Menschen.^*
Mephis Nun Faust, hier bin ich wieder i^, wie gefalle ich
dir in meiner neuen Gestalt? ^^
Faust Gut^'^, und wie stehts mit der Zeit deiner Dienste?
Mephis Wie ich dir schönes gesagt habe, mein Fürst lässt
dir sagen 'ö, das 24 Jahr, die längste Zeit sei die er dir dienen
könne, und wenn du willens^o bist, dich in sein Geboth zu er-
geben , so bitte ich um deinen Entschluss —
Faust Rein Sterblicher wird es auch^i wohl nicht wagen
• unter dieser Zeit deiner Leitung aucli Sünden Bm. ^ Ha ^ii. iii.
^ wieder bei dir B ii. in. '' mir f. B in. ^ wieder erblicken
5 II. in. ^ Wotil All. III. '' (verschwindet) Bn. * Faust allein
Zfii.iii. 9 kalt u. tr. Äii. iii. "* Höllenfürst B ii. »» wahr-
scheinlich nichts B ii. iii. *'■* ich 24 Jahr gebrauche B i,
" list ßii. III. " Sc. 10. Mephistoples etc. Faustan. »^ w. /*.
Ä II. III. »8 Q unj yyje meine Kleidung? B ii. in. •'^ Wohl B n.
Ganz wohl 5 in. *« schon f. B n. in. *^ kund thun B ii; kund
machen Bm. ^'^ auch willenst ^iii. ^^ auch f'.Bui.
VOM DOCTOR FAUST 135
können, mit Gewalt euren Grillen zu wiederstehen — gut' ich
füge mich2 darinn
Mephis-So höhre denn die Gesetze^ meines Fürsten, Istens
Geht die Zeit von der verflossenen Nacht 12 Uhr an, und schliefst
nach 24 Jahren um dieselbe Stunde, 2tens darfst du dich nicht
Waschen, oder Kämmen, auch nicht die Nägel abschneiden, wäh-
rend der 24 Jahre
Faust Wass verlangst du Mephistopheles?^ da werd ich ja
einen Ungeheuer ähnlich sehn^
Mephis: Künier Dich nicht darum^, du wirst' bleiben wie
du bist, ob du auch gleich keine weifse Wäsche mehr anziehen
darfst, so^ wirst du doch^ immer Reinlich und geschmack-
voll sein 10,
Faust Wohl ich füge mich in euren Willen ii,
Mephis Ferner darfst du in keine Kirche mehr geheult
Faust Wass verlangst du alles '^ Mephistoples^* wass kann
euch das^^ schaden wenn ich in eine Kirche gehe,?i6
Mephis Vergesse nicht , das du dich Plutos Gesetzen unter-
werfen musst
Faust Noch steht es bei mir, ob ich mich euren Gesetzen
unterwerfen will oder nichts'', doch bin ich^s entschlossen mich
euren Forderungen preis zu geben,
Mephis 4tens darfst du auch kein Weib dir durch Priesters-
hand antrauen lassen ^^
Faust Deine Forderungen sind unverschämt zumal da ich
* gut f. B 11. III. 2 mich also B ii. iii. ^ in B i durchstriche7i,
stattdessen mit bleistift übergeschrieben: Nun Faust folge mir zu (meines
Fürsten) (ab). " Mephistoples B ii. iii. ^ werden B ii. in.
^ darum f. B ii. in. '' wirst immer B ii. ^ so f. B n. ^ doch
f. Bu.m, ^° ob — sein durc/istrichen B m. " Grillen i? ii. iii.
*2 gehen um zu beten Bni; g. um ein Gebeth zu verrichten Bu.
" alles f. B n. in. *■' Mephistophles mit später zugesetztem h B n.
*^ das euch B n. in. '^ diese worte Fausts sind in B ii durch-
gestrichen. " oder nicht f. B ii. '^ ich bin B ii. in. '^ lassen
und musst du einen Kontrakt unterschreiben mit deinem eigenen Blute
B ni; lassen, Faust: Deine Forderungen sind unver . . . . B \i. in B n sind
die Worte Was verlangst du bis unver durchgestrichen, daher folgt fälsch-
lich als dritte bedingung : 3tens musst du einen Gontrackt unterschreiben
mit deinen eigenen Blute.
136 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
entschlossen bin , mir ein Weib zu nehmen , nein Mephistoples
das kann ich nicht! —
Mephis So kann ich dir auch nicht dienen, doch bedenke
Faust, dass ich dir nach deinen Vergnügen so viel Frauenzimmer
verschaffen 1 kann, als du nur haben willst, nur vor des Priesters
Hand hüte dich,
Faust Gut! so bin ich auch damit zufrieden, doch verlange
ich jeden Augenblick, dass du mir zu Dienste stehst, in allen
Fällen des Lebens,
Mephis Allerdings Faust, aber noch eins, — 5tens musst Du
mit deinen Blut unsern Contrackt unterschreiben,
Faust Mit meinem eigenen Blute? Willst du, das ich mich
verletze ? 2 f^anm. 9].
Mephis Reiche mir deine Hand , setze dich an deinen Tisch
und unterzeichne, denn die kleine Wunde, welche ich Dir unbe-
merkt zugefügt habe3, heilt wieder in denselben Augenblick, so-
bald der Kontrakt unterzeichnet ist. 4
Faust (setzt sich um zu schreiben) Wie ist mir? — welche
Mattigkeit überfällt mich? — ich will schreiben, aber meine
Hand wird von einer unsichtbaren Macht zurückgehalten, Mephi-
stoples, warte so lange, bis ich geschlafen habe,
Mephis Nein Faust, dazu habe ich von meinen Fürsten keine
Befehle erhalten, um dich in Schlaf zu bewachen (ab)^
Fauste Wie geschiet mir? (schläft ein) (Ein Genius erscheint,
Adagio)
^ f. B 1. ^ diese loorle Fausts f.Bi. ^ zufügen werde B 11 ;
beigebracht habe ^iii. * Du den K. unterzeichnest ^iii; M.s worte
fehlen hie?' in B i, sie koinmen in etwas veränderter gestalt nach dem
erscheinen des Genius (s. %i.). * Faust setzt sich his bewachen (ab) f.
B\\.\\\\ dafür: ^ Bn.m: Eine Stimme unsichtbar: Faust unterschreib
nicht. M. (verschwindet CrfMrcA^e*^/'tc//e;i5in) ruft): Faust unterschreib. F.
Was ist das? Zu meiner Rechten ruft mir (mirs ^m), ich soll nicht unter-
schreiben und zu meiner Linken ruft (rufts B in), ich soll unterschreiben ? oder
war (wars B in) nur Täuschung doch ich will fragen, um Gewiss zu sein (Er
wendet sich zur Rechten (rechts B m)) Sagt mir, ihr Geisler zu meiner
Rechten, warum soll Faust nicht unterschreiben? Stimme: Faust, entgeht
seine (Du entgehst Deine Bm) ganze Seligkeit. F.: Wahr ist es doch ich
will weiter fragen. Sagt mir, ihr Geister zu meiner Linken, warum soll ich
unterschreiben? Einige Stimmen lassen sich hören: F. wird d. ansehnlichste
(angesehenste ^iii) Mann auf der ganzen Welt werden. F.: Ebendies ist
ja mein Wunsch, mir einen unsterblichen Nahmen zu machen. Halt, da fällt
mir etwas ein, ich kann und darf d. Himmel nicht verlassen, aber auch
VOM DOCTOR FAUST 137
Genius Faust 1 ich werde von Höchsten geschickt, erwache
nur einen Augenblick, und thue dich zum Höchsten wenden,
und lass dich nicht von Satan blenden i, Faust nun schlaf
in guter Ruh und fahre nicht der Hölle zu (der Genius ver-
schwindet)
Faust (erwacht) Wie war mir,! wass hörte ich? war es Traum
oder Würklichkeit? — Erschien mir nicht schon wieder der Genius
der Menschheit und warnte mich von dem Bösen? — Verdaniles
Hirngespinnstl — es soll mich jetzt nichts mehr von meinen
Vorhaben abhalten, denn nur durch des Teufels Macht, kann ich
der angesehenste Mann auf der Welt werden,
Mephistoples tritt auf-
Mephis Nun Faust, schreite zu Wercke, reiche mir deine
Unke Hand, (Faust ihut es), und unterzeichne den Contrackt,
Faust Du wirst mir doch erlauben, dass ich ihm erst
durchlese,
Mephis: Das steht Dir frei —
Faust (setzt sich und liesl^) Ich Endesunterzeichneter be-
merke hier, das ich mir des Höllen -Fürsten, Plutos Macht auf
24 Jahre bediene, und folgende Artiekel halten will,
Itens hat dieser Contrackt seine gültigkeit, vom heutigen
Dato, und endet nach 24 Jahren, Nachis um 12 Uhr,
2tens dass ich mir während der Zeit, nicht Käiiien —
Waschen und keine Nägel an Händen und Füfsen beschnei-
den will
3tens dass ich während der Zeit, kein Gebelh mehr ver-
richten auch in keine Kirche mehr gehen will.
4tens mir auch nie Verheyrathen will,
5tens diesen Contrackt mit meinen völligen Verstand und
mein Wunsch soll befriedigt werden; 12 Jahre soll nur d. Teufel mir dienen
und d. anderen 12 Jahre will ich anwenden , um mich wider mit dem Himmel
zu versöhnen. Ich unterschreibe also. Der Gontrakt ist fertig. (B iii unter-
schreibe (unterschreibt). So der Gontrakt ist fertig). ' wenden B i.
~ Bi: Mephistoples tritt auf.
Mephis Nun Faust, schreite zu Wercke, reiche mir deine linke Hand,
(Faust thut es) So, jetz setze Dich an Deinen Tisch, und unterzeichne, denn
die kleine Wunde welche ich Dir unbemerkbar zugefügt habe, heilt in den-
selben Augenblick, sobald der Contrackt unterzeichnet ist,
Faust Du wirst mir doch erlauben nsio.; B n. in f. die Verlesung des
contracts.
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 10
138 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
ßewusstsein unterschreiben will. Dahingegen verpflichtet sich
Pluto —
Itens Mir zu Wasser und zu Lande zu Dienen
2tens Mir alle nur ersinnliche Lust und Vergnügen zu Ver-
schaffen
3tens Mir überall reinlich anständig und geehrt zu machen,
und es mir auch nie an Gelde fehlen lassen will — Schliefslich
bemerke ich noch, dass ich nach 24 Jahren Plutos Eigenthum mit
Leib und Seele sein will — sobald er aber obige Artikel nicht
halten kann, oder will, so setze ich hiermit fest, dass ich Wort-
brüchig werden , und meine Contrackt jeden Augenblick zurück-
fordern kann, solches unterschreibe ich mit meinem Blute
Anno 1525, Johannes Faust
So der Contrackt ist fertig, i
Mephis^ Darf ich den Contrackt jetzt meinem Fürsten über-
senden?
Faust: Du darfsts^ (Ein Rabe schwebt herab * niifit den
Contrakt in seinen Schnabel^ und fliegt davon)
Mephisß Jetzt Faust befehle, wie kann ich dir Dienen,
Faust Mephistoples sage mir, gehört meine Seele noch dem
Ewigen?
Mephis Er weifs nichts mehr von dir, denn Du verschriebst
deine Seele so ebend dem Reiche der Verdammten , doch Faust,
was können diese Fragen Dir nützen, überlass dich von nun an
dem Vergnügen der Welt, der Herzog von Parma giebt heut ein
grofses Fest, willst Du nicht hinüber, um es mit beizuwohnen?
Das wäre so ein' Ort, wo Du^ deine Geschicklichkeit) zeigen
könntest,
Faust Wass sprichst Du Mephistophlesl'" wie kann ich heute
^ f. B\. - M. tr. auf ^iii; Bi: Mephis. Nun gut Faust, siehst
du, so ebend schwebt unser Merkurius aus der Luft herab und zwar in der
Gestalt eines Raben , um den Contrackt unsern Fürsten zu bringen (Ein
Raabe usw.). ^ Du kannst es B iii. " kommt geflogen B in.
^ vom Tisch Bw.m. ^ Bw.m: Mephis Nun Faust, jetzt gehören wir
uns beide an. Dein Name glänzt nun schon an den Pforten der Hölle.
F.: Ich glaube es. Ach das grässliche ist geschehen, und ich kann es
nicht wieder zurück nehmen. M. : Warum Faust solche schwere Gedanken.
Zerstreue dich überlass dich das (dem B in) Vergnügen der (dieser B in)
Welt. Der Herzog usw. ' Da wäre ein B ii. iii. ^ du heute B ii. iii.
® -en // II. III. *° Mephistoples ^ ii.
VOM DOCTOR FAUST 139
noch^ nach Parma, in Italien, der Ort ist ja gegen 200 Meilen
von hier2,
Mephis Hast Du vergessen Faust, dass ich so geschwind
binn^, als des Menschen Gedanken
Faust Nun so* führe mich hinn, aber an^ allen Höfen Europa's
die ich besuchen werde, darf ich doch auf deine Gesellschaft
rechen? 6
Mephis Ich werde imer dein Gesellschafter, und an^ deiner
Seite sein, —
Faust Aber auf welche Weise wirst du mich heule noch*
nach Parma schaffen ?9
Mephis:^ö Dagg sei meine Sorge, wir gehen durch die Luft
[anm. 10].
Faust Nun so lass uns eilen (beide ab^O
(Casper tritt auf Auerhahn setz sich auf den Slhul, ohne
von Caspern bemerckt zu werden) i^
Casper Dass weifs der Teufel, wass das hier im Hause ist,
wo ich hinkome, sind nichts wie lauter Teufel, heute früh, es
war noch soi3 in der Morgen-Dänierung, so ungefähr 3/4 auf 10^*,
da träumte mir so ebend von meiner Grofsmutter, ich wach auf^^,
und da kam ein Teufel, und krigt^^ mir bei der Nase, ich werde
falsch darüber, nehm^" also den Pantoffel unters Bette hervor
und schmeifs^s den Teufel damit, der Teufel verstand aber das
Ding 19 unrecht, nahm den Pantoffel, und Karbatschte mich armes
^ noch f. B II. 2 yQ„ j^ipi- entfernt B 11. iii. ^ als der M. in
Gedanken bin B\i; wie des Menschen Gedanke bin Bm. * Nun B\\;
Nun denn B in. ^ \a B 11. ® in dieser deiner Verkleidung rechnen
Zfii. III. ■' und dir steht (stets Bm) zur seile Bn.m. ^ f. Bi\.
^ schaffen. (Es fällt ein Luftniantel aufs Theater) B\\; in Bm nur:
Aber wie werden wir dort hinkommen? •" ^iii: Mephis: Wir gehen
durch die Luft. Komm Faust (beide ab); B\: ...Sorge, im Triumph will
ich mit Dir über die Stadt schwinden, dass jedermann erstaunen soll; ^11:
Sieh dich nur um Faust! Hinter dir liegt schon ein Luftmantel bereit, um
dich dorthin zu tragen. '* eilen (Er setzt sich auf den Mantel und
verschwindet) B\\. ^^ 5 iii nur: K. tritt auf; ^ii: Seil. Auerhahn
Mephisto ruft: Auerhalui ! A. von innen: Was giebt's Neues M, Ich habe
den Herrn, schaffe Du den Diener (geht ab) A. tritt herein u. setzt sich
auf d. Stuhl. Sc. 12 Casper. Casper allein ohne Auerhahn zu bemerken.
Das weifs etc. '^ %o f. Bw.wx. " 11 B\\\. ^^ erwachte darüber
B\\. iii. 'ß kriegte B 11. iii. >'' Icii wollte das Ding nicht verstehen,
ich nahm also i?ii. in. '^ schmiss damit nacli ßii. in. *^ das Ding
f. B u. in.
10*
140 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casperchen^ so raisonabel herrum das ich vor Angst nicht vvusste
wo ich bleiben sollte, und 2 wäre der Fäustling nicht dazu ge-
koifien ich glaube der Teufel hätte mich zu Tode gepantolTelt,
U, a, (gähnt) ich bin noch ganz^ Müde davon (Er will sich hin-
setzen auf den StuhH, Auerhahu fasst^ Casper um, welcher an
zu schreien fängt) Au weh! Auweh! Da hat der Teufel, schon
wieder ein Teufel, — Na^ höre mal, wer bist du denn?'
Auer: [anm. 11] Ich bin deines Herrn Leibjäger —
Casper Na, so sage mir doch* wo ist denn^ mein Herr,?
Auer Dein Herr ist nach Parma, zum Herzoglichen •" Bey-
lager, und er lässt dir sagen, du sollst zu ihm koinen,
Casper So! — Ich werde mir aber hüten, dass ich nicht in
die Berme koiüe, wenn mein Herr drinn ist, kann er drinn
sitzen bleiben n, Casper geht aber nicht hinni-,
Auer Dass brauchst du auch nicht, ich will dich auf eine
leichte^s Art hinschaffen,
Casper Dass brauchst Du nicht, ich geh nicht nach^* Berme,
ich glaubeis, du siehst mich für einen Bäckerjungen an? ne,
ne, wenn Du willst Berme haben, hohl Dir selberic welche,
Auer Casper Du verstehst unrecht, dein Herr ist nicht in
die Berme, sondern nach Parma in Italien^' beim Herzog, und
wenn du dich mir verschreiben willst, so sollst du in zwei
Stunden da sind,
Casper Wass soll ich dir denn verschreiben, ich hab ja nichts,
Auer Deinen Leib und Seele!
Casper 0, du dummer Kerl, Casper hat keene Seele, die
ist bei Caspern reene^s vergessen worden, und überhaupt kann
auch Casper 19 nicht^o schreiben,
* mir Bni; mir damit Bii. ^ und ich hätte allein mögen des
Teufels werden ich bin ^11. in. ^ ganz f.Bu.m. * Er w. sich
auf d. St. setzen, auf welchen der Teufel sitzt Bii; Gähnt und setzt sich
auf Auerhahns Schofs). Ich muss mich nur ein bischen setzen, au, wai,
da sitzt schon wieder einer da hat d. Teufel usiv. B in. ^ umfasst
Bn. ^ (Sieht sich um) Na Bu. '' denn du ^ii; Was bist denn
du für ein Bengel B in. * Sage mir doch du J^eibjäger B 11. iii.
^ denn eigentlich ^ iii. '° herrlichen ^iii. " so mag er immer
drin bleiben, wenns ihm nur drin gefällt B 11. in. '^ hin f. B ni.
" einer leichten und dir (f. B ni) bequemen Art B 11. in. " in die B.
B 1. '5 glaube gar Bu; gl. ja B lu. '^ selber f. B m. " in
Italien /". Bi. »s /; ßium. '^ der C. Bm. 20 Casper kann
nicht B II. ni.
VOM DOCTOR FAUST 141
Auer Ich will dir die^ Hand führen —
Casper I — da lachen mir ja die Jungens aus, wenn es
hiefs, Casper lässt sich vom Teufel die Hand führen, und üher-
haupt habe ich auch heute^ keine Lust zum schreiben, wenn ich
von Parma, oder wie das Ding heifst zu Hause^ kome, dann ver-
schreibe ich dir alles wass du haben willst, ^
Auerh. Nun gut! so räume Tisch und Stuhl fort ich werde
dir ein Reitpferd schicken^,
Casper Na hör mal^, wie heifst du denn Eigentlich?
Auerh. Ich ! ich heifs Auerhahn I — (ab)*'
Casper Ein Scharmanter Nähme Kuckelhahn ^, Na ich muss
doch wohl ein bischen hier Aufräumen wie mir^ Hr. Kuckelhahn
befohlen hat, (indem fällt er über den Kreis welcher an der Erde
liegt'') Aberi" wass ist denn das? da ist gewiss ^^ ein Schneider
hier gewesen und hat meinen Herrn Maafs genomen, und hat
dabei das Maafs verloren, aber da steht ja was draufgeschrieben
• — (bückt sich) '2 Ach so kann ich das nicht lesen, ich werde es
mir komode machen (setz sich in den Kreis) So! — da steht
drauf geschrieben, weun^^ man die Teufel will koinen lassen,
sagt man Perlicko! (die Geister Erscheinen) Ach das ist nicht
wahr, denn sonst wären die Teufel schon hier, (er sieht sich um
und fängt an^^ zu schreien) Au weh! Ach ichi^ armes Cas-
perchen, jetz binn ich aufi^ einmal in eine saubere Gesellschaft
gerathen, wenn ich nuri^ wüsste, wie ich die Herrn ^^ Schorn-
• deine B ii. m. ^ C. Da würden mir die kleinen Kinder auslachen
und würden sagen, Casper lässt sich vom Teufel die Hand führen; dass ist
ein rechter (recht ßni) dummer Casper und ich kann (muss ßiii) dir nur kurz
sagen ich habe heute keine Bw.m; B\ f. heute. ^ wir aber wieder nach
H. ß II. III. '• holen B m. ^ Höre mal du wie heifst denn du ^ii. iii.
® A. Auerhahn (geht ab) B ii. in. '' Scharmanter Kuckelhahn B in.
« wohl thun was mir B ii. in. ^ Er trägt (schlept B ni) Tisch und Stuhl
(Stühle ^ in) fort kernt aber gleich wieder zurück (f. Bm) und fällt über
seines Herrn vergessenen Zauberzirkel (sieht den Z.kreis Bm). '° Aber
f. B\\; was liegt denn da an d. Erde? Bm. '• da hat gewiss (wohl
B in) ein Schneider das Mafs verloren ich muss doch mal sehen , was er
da rauf geschrieben hat B ii. in. '^ Er liest 'Wenn man' usw. Bm;
(Beiseite) Ich werde mir es aber komode machen Bn. *' Wenn man
will den (die B iii) Teufel beschwören und man sagt P. so kommen sie (die
Teufel erscheinen B ni) (Bei Seite) Das ist nicht wahr denn wenn das wahr
wäre , so wären B n. ni. *'' laut an B ii. '^ Du B n. iii.
*o mit 5 II. III. " doch nur Bu.m. '^ die fatalen Seh. Bin,
142 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
steinfeger wieder lofs werden könnte — Na^ ich muss nur
weiter lesen, hilfts nichts, — so schadls nichts (hefst^) wenn^
man sagt Perlucco! so gehen die Teufel wieder fort, also Perlucco!
(die Teufel verschwinden*) A, ha, nun ihr lieben Teufel, wo hat
euch denn der Teufel,? — wartet ihr habt mir heute früh ins
Bette rumgepantoffelt, jetzt werde ich euch lassen en, Hopser
tanzen^ — Perlicco — (die Teufel erscheinen) hat euch der
Teufel schon wieder,? 6 —
Die Teufel' Du hast uns ja gerufen —
Casper Sagt mir doch wer seid Ihr denn? —
Die TeufeP Wir sind Furien —
Casper So! ihr seid Fuhrleute! Na^ ich danke für euch^
mit euch mag ich nicht fahren, Perlucco! (sie verschwinden)
Wart ich muss euch in Hitze lo bringen, Perlicco (sie erscheinen)
Die Teufelei Casper koiü aus diesen Kreis —
Casper Ne, dass werde ich bleiben lassen, was wollt ihr
mir denn thun,?i2
Die TeufeUi Wir brechen i3 dir den Hals —
Casper Na da müsst ich ein rechter^* Esel sein wenn ich
aus diesen Kreis trete^^^ also den Hals wollt ihr mir brechen?
Ne dass halt ich nicht^ß aus, Perlucco! (sie verschwinden) So^^
— aber ich habe doch vergessen, die Hr. Teufel noch wass^^
zu fragen, Perlicco! (sie erscheinen) Sagt '9 mir doch mal20 ihr
Hr: Teufel, könnt ihr mir denn gar nichts thun?
Die Teufelei Nein —
Casper Warum denn nicht?
Die Teufelei So lange du in den Kreis bist, haben wir
keine Macht an dir,
* Nun ^11. III. ^ er liefst weiter j5ii. iii. ^ und wenn Bii.m.
'S fort (d. Geister v.) Perlucco (Er sieht sich um) A , ha ! B ii. iii.
* tanzen dafür Bu; dafür einen Hopsa tanzen lassen. (Setzt sich in
den Kreis) So ! Erst werde ich es mir bequem machen und Nanun Perlicco
Bm. ^ w. hier 5ii.iii. ^ Geister B ii. in. ® Aho nun ^ii;
oho n. B III. ^ für eure Dienste und Dienerschaft B ii. iii. *° Schweifs
5 II. III. " Furien ^ii; Geister ^ iii. '- 0, ne, sagt mir mal (f.
B III), was etc. B ii. in. " Dann brechen wir B ii. in. " I da
möchte ich ja ein E. sein B n. in. ^^ gienge B iii. '" träte
(gienge Bm) Nein, nein, erst den Hals und hernach das Genick, nein dass
hält Kasper nicht Bu.m. " Abmarschiert, so! Bin. '« doch
noch wass v., d. Hr T. zu fragen B ii. iii. *^ Aber sagt B n. iii.
20 /: B 11. iii. 21 Furien B ii ; Geister B in.
VOM DOCTOR FAUST 143
Casper So?i na dass ist gut, nu passt mal^ auf Perlucco!
(verschwinden) Perlicco ! (erscheinen) Perlucco (verschwinden) Per-
licco (erscheinen) Perlucco (verscliwinden) Perlicco (erscheinen)^
(N:B: man kann das so oft machen als man will Die Teufel*
ergreifen Casper, und zerren ihn hin und her^ er schreit aus
vollen Halse^ Perlucco Die Geister'' lassen ihm fallen , und ver-
schwinden)^ Nein jetzt lasst mich zufrieden , jetzt hah ich nichts
mehr mit euch zu thun'^, denn ihr könnt doch am Ende"* eine
Spatzierfahrt nach der Hölle mit mir machen, und da hat Casper
keene Lust dazu,
Auerhahnii tritt auf.
Auerh: Nun Casper jetzt ist es Zeit, jetz werd ich dich
nach Parma bringen,
* So f. B\\.\\\. - f. Bw.m. ^ in Bn imal Perlucco 3ma/
Perlicco; in Bin zuerst Perlicco fälschlich, nach dem letzten Perlucco
gleich: — Nein, jetzt lasst mir. •• (man kann dies Erscheinen und Ver-
schwinden nach Gefallen machen) Perlicco. Die Furien B ii. ^ nehmen ihn
mit in die Höhe B ii. ^ a. v. H. f. B ii. ' und die Furien B ii.
* wieder fallen B n. ^ schaffen B m. '° könntet am (letzten Bm)
Ende doch mit mir Bii.m. '' B u: Auerhahn ruft in d. Entfernung
Casper setz dich auf, dein Reitpferd kommt. C. Wer ruft. A. Auerhahn.
C. Nun guth dass du kommst. A. Setz dich auf C, setz dich auf (es er-
scheint eine finstere Wolke) C. Da soll ich mir drauf setzen ! (Er besieht die
Wolke) dass hat ja keinen Kopf und keinen Schweif nicht (die Wolke ver-
wandelt sich in einen Sopha, er besieht es nochmals) Ei sieh da, der Kuckel-
hahn ist doch ein gescheiter Kerl, er macht es mir recht kommode und
bringt mir einen Kanapee (er will sich darauf setzen und es verwandelt
sich in einen Sopha, auf welchen ein schönes Frauenzirfier sitzt. Ei, Potz-
tausend Kuckelhahn, sag mir mal, wer ist dass? A.s Stinle: Das ist meine
Grofsmutter. C. Das ist ein scharmantes Frauenzimmer, zu der muss ich mir
zu setzen. (Das S. verwandelt sich in ein anderes, aufweichen ein hässliches,
grinzendes Frauenzimer sitzt). Casper an die Cuolisse trettend. Aber sag mir
mal Kuckelhahn, was ist denn das? A.s StiiTie: Das ist meiner Grofsmutter
Schwester. C. (sich schüttelnd): So? Nein Kuckelhahn, da gefällt mir deine
Grofsmutter besser als deine Grofsschwesler. Zu der sez ich mich nicht
hin. (Dass ganze Sofa verwandelt sich in einen fürchterlichen Drachen) A.'s
Stime Casper setz dich auf es ist ja dein Reitpferd. G. Er Br da habe
ich ein schönes Reitpferd erwischt Wartemal (er setzt sich verkehrt auf)
Warte. 0 ha , du warte mal (der Drache fliegt mit Caspern davon) Casper
schreit : du, ich habe mir verkehrt aufgesetzt, Kuckelhahn. Nicht so hoch,
nicht so hoch etc. wie oben; Biu: (A. kommt) Nanun Kasperchen, bist du
bereit? Wir wollen jetzt deinen Herrn nachreisen. C. Ja lieber K., wo
hast du usw.
144 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casper Na wie willst du mich denn hinbringen ?i Wo hast
du denn das Reitpferd?
Auerh: Das wird gleich kommen, Kasperchen, siehst Du,
da kommt es schon (ein Drache kommt). Das ist meine Schwester,
Rasperchen [anm. 12].
Casper Ei Wetter, ihr seid ja eine anständige Familie, Ne,
du Ruckelhahn, da setze ich mich nicht draul, da falle ich her-
runter,
Auerh: Immer setze dich drauf, du fällst nicht.
Casper^ Na denn will ich's mal Riskieren, lässt Du mich aber
fallen dann giebts Püffe, (er setzt sich verkert auf und ruft) Du
Rukelhahnl ich habe mir verkehrt aufgesetzt, Rukelhahn nicht
so hoch, das Geschrei verliert sich in weiter Entfernung
Ende des Iten Acts.
Zweiter^ Act Garten in Parma
Don Carlos, der Rammerdiener dann Casper in der Luft^
Carlos^ Der Tag ist heiter und schön, aber meine Geschäfte am
heutigen Tage sind häufig, denn dergleichen viele fremde Herr-
schaften, welche sich jetzt an unseren Hofe befinden, habe ich
meine Tage nicht gesehen, dass ist ein Leben und Gewühle bei
diesen hohen Feste, dass man kaum so viel Zeit übrigbehält,
hier im Garten ein wenig frische Luft zu schöpfen. Wenn alle
Tage solche Feste gegeben würden , so würde ich meines Lebens
gewiss nicht froh , und da möchte ich auch nicht Ranierdiener
sein, denn Leute meines Standes sind die geplachtesten Kreaturen
auf der Welt (Man hört in weiten Entfernung nicht so hoch
rufen: 6 Lass mich los) Was ist das? welches Geschrei in der
Luft und gleichwohl sehe ich nichts (Casper fällt von oben mitten
aufs Theater) Was'' ist das welch ein sonderbarer Zufall
^ B \: hinbringen. Auerhahn Setz dich hinten auf meinen Schwanz,
Casper Ach das ist eine Riskante Sache da fall ich herunter, Auerh: Habe
keine bange, du wirst nicht herrunterfallen, Casper, Na denn 7isio.
2 Casper (sätz sich rauf) Du Kukelhahn, das geht nicht, ich siz ja ver-
kehrt. Halt! Ich falle (Sie reiten durch die Luft, der Vorhang fällt) Bm.
3 Dritter ^ii. * Sc. i Don Carlos (Cäsar Am) dann Casper Bii.m.
'•> über B i s. anm. 13. ^ Man hört in der Luft rufen Caspers
Stiüie i^iii. ' Don: Wie! Ein Mensch aus der Luft, das ist auffällig.
C. (auf der Erde liegend) Nein, das ist runterfällig B\\\.
VOM DOCTOR FAUST 145
(Casper auf der Erde liegea) Casper Das war kein Zufall,
sondern ein Runterfall.
Carlos Ein Mensch? mitt sonderbare Kleidung. Er scheint
mir ein Domestique zu sein Ich muss ihn doch mal fragen
(sich zu Kasper wenden) Sagt mir, Freund, Wer seid ihr, oder
wo kommt ihr her?
Casper Du unverschämter Kuckelhahn, frag nur noch lange.
Warte, lass mir nur aufstehen, dann werd ich dir schon Mores
lehren. 1 Ich glaube, dass kein Glied an meinem^ Leibe mehr
ganz ist3
Don Ich weifs nicht, mit wem er* spricht; (zu Kasper) wen
meint ihr denn?
Casper Frage noch lange (Er springt auf und erschrickt, indem
er Don Carlos gewahr wird) ach verzeiht , euch meine ich nicht.
Don. Wen meint ihr denn.
Casper Fragt noch lange.'' Meinen Kulscher" den unver-
schämten Kuckelhahn ^, denn als ich von oben dies Schloss sähe,
da schrie ich halt, und plautz schmiefs mir der Kerl herrunler,
apropos 1* habt ihr meinen Herren nicht gesehen?
Don Nein. Wer ist denn euer Herr oder wie heifst er''
C. Doktor, Doktor (Kasper stöfst ihn mit der Faust)
Don Ihr stofst mir ja mit eurer Faust. Was soll das heifsen?
C. Ja, so heifst ja mein Herr.
Don Wie? Faust der grofse Gelehrte und Künstler
C. Nun ja! aber mein Herr kann nicht viel, denn was er
kann, dass hath er alles von mir gelernt.
Don Oh guter Freund, da es gerade hier die beste Gelegen-
heil ist, so wünschte ich wohl etliche Kunststücke von den Lehr-
meister des Dr'o Faust's zu sehen.
Casper 0 ja wenn ich ein Stück Geld verdienen kann, so
könnt ihr was zu sehen kriegen
Don Nun guth. Hier ist ein Dukaten, aber macht mir auch
dafür ein recht schönes feines Kunststück (giebt ihm Gehl).
* schon die Flötentöne beibringen ß iii. ^ es ist kein Glied an
meinem ganzen B in. ^ daratif: alle Knochen sind kaputt B iii.
'' ihr ßii. III. •'■ Fragt M*w. f. Bin. ^ Reitknecht 5 in. ^ K.,
meines Pferd sein Bruder. Don Da werde ein anderer klug. Doch ich werde
ja weiter hören. G. Der unverschämte Kuckelhahn, der als ich oben etc.
und halt rief, mich los liefs und plautz usw. B iii. ^ f. B iii. ® oder
usw. f. Bm. *° berühmten Dr. ^ni.
146 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casper (nimmt es) I, nun ja ! Ihr dürft nur sagen, ein feines,
ein grobes oder ein Mittels. i Ich mach's, wie ihr es^ haben wollt.
Don. Aber eilt, denn ich habe wenig Zeit.
Casper Nun so will ich ein grofses Wasser machen dass
ihr darin^ ersaufen miisst.
Don Ei bewahre, da würde ich ja mein Leben dabei^ ver-
lieheren. Nein, macht mir ein^ anderes.
Casper Nun so will ich machen, dass^ ein Mühlslein aus
der Luft' gefallen kommt, der soll euch 100 Klafter tief in Gottes
Erdboden hineinschlagen.
Don. Ach, da niüsste ich mein Leben auf eine schreckliche
Art enden.
Casper Isf* doch ein schön Stück I
Don Hier, Freund, habt ihr noch einen Dukaten; macht
mir ein anderes; aber nicht ein solches, wo mein Leben dabei
in Gefahr ist.
Casper (Nimmt das Geld) Nun, wollt ihr etwas von meinen
Balletsprüngen sehen?
Don Gleichviel, wenn ich nur was zu sehen bekomme.
Casper Nun passt auf, ich werde einen grofsen Tiampo-
linensprung machen 9, dass ich die ersten 4 Wochen nicht her-
unterkomme.
Don Das wünschte ich wohl zu sehen.
Casper Nun passt auf, aber lasst euch dabei die Zeit nicht
lang werden (Fängt an, sich herum zu drehen i") W'art nur,
gleich wirds kommen (er bewegt die Füfse und dreht sich einige
Male herum). 11 Nun habt ihr das gesehen?
Don Nein bis jetzt habe ich noch nichts gesehen 12
Casper W^isst'^ ihr auch, warum ihr nochi^ nichts ge-
sehen habt
Don Nein.
Casper Weil ich noch nichts gemacht habe. Also ihr wollt
wirklich ein Kunststück sehen
Don. Ja, und ich muss eins sehen.
' mittelmäfsiges B lu. ^ es f.Bii. ^ wo ihr drin Bin.
'^ f. B III. ^ mir f. B 111 ; ein f. B 11. ^ dass hier B in. ^ vom
Himel fällt und Euch schlägt! ^ni. ^ Ja ist doch aber B\\\.
^ Trompolinensprung ausführen B iii. '" herumzuhopsen B in.
" (hopst) B\\\. 12 jet2t noch nichts ^ni. '^ Na wüsst ^ni.
» f. B III.
VOM DOCTOR FAUST 147
Casper Nun, weim ihr eins sehen müssl, so macht euch
allein eines Kasper kann nichts i (rennt fort)
Don (ihm nachsehend) Ein kurioser Mensch verspricht, was
er nicht leisten kann. Aber ich bedauere nur meine Dukaten^,
dass ich sie^ nicht besser verwendet habe. Aber warte, Betrüger,
ich werde mich schon au Dir Rächen^, Doch ich muss eilen
dass ich wieder am Hofe erscheine (ab)''
Die Herzogin und Faust treten auf*^
Herz -Nun Hr: Doctor"^ ich bin erfreut, dass ich die Ehre
habe, mit euch zu sprechen, Ihr habt euch mit dem Herzog
unterhalten , und seid gewiss^ von ihm zum heutigen Feste einge-
laden worden ?9
Faust Ich bin es Ihro Durchlaut, und werde nicht verfehlen,
.mich als ein Deutscher Künstler , dieser hohen Einladung würdig
zu machen,
Herzo -Eure Talente, ob ihr gleich in Deutschland gelebt^o
habt, sind uns hier in Parma ii nicht unbekannt geblieben,
Faust Wass man auch über den deutschen trockenen ^2 paust
Dispotiert haben mag ist unverdienter i3 Lohn
Herzo: Dann aber nicht mehr, wenn der Künstler durch
seine Gegenwart bewiesen hat, dass er das^^ würklich ist, wofür
er sich ausgab
Faust Ich habe diese Tücke lange empfunden, und fühle
den Vorwurf Ihro Durchlaut nicht einmal, weil ich Deroi^ Ge-
danken jetzt errathen habe,
Herzo: Wenn dass wahr ist, und ihr^*^ mir beweiset, dass
ihr würklich meine Gedanken i'' errathen habt, so lass ich euren
Namen in allen Ländern ^^ rühmlichst bekannt machen,
Faust Ich werde gebrauch von dieser hohen Gnade machen,
— Ihro Durchlaut wünschten i" einiges von meiner Kunst zu
• keines B in. ^ hier ist das neue stück in B i zu ende. ^ mein
Geld B u. III. " rächen wissen Bii. ^ geht ab Bw.m. ^ Sc. 2.
Die H. u. F. ßii; D. H. u. F. B iii. '' Hr. Faust B\i. » doch wohl
B III; doch B 11. ^ v/. f. B ii.iii. '" gelebt ist in B\ dui'chgesti'ichen
und da fü7' euren 'Wohnsitz gesetzt. '^ Italien 5 11. iii. ^^ trockenen
Deutschen B 11. iii; in B i ist das betreffende wort nicht mehr zu lesen,
weil der rand an dieser stelle ganz abgegriffen vnd beschmutzt ist.
" verdienter .ff 11. in. •'' f. B 11. iii. ** Deroselben Bium.
»E f. B II. iii. " m. G. würklich B 11. iii. >« Teilen der Welt B 11. in.
'^ wünschen B 11. ni.
148 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
sehen, uud zwar Menschen wollen Dieselhen sehen', die in ver-
gangenen Zeiten gelebt haben,
Ilerzo Wie Hr: Doctorl mit solcher Genauigkeit, könnt Ihr
mir dass wieder sagen, was ich so ebend^ dachte? — Nun so
lasst mich etwas 3 von eurer Kunst sehen, [anm. 14]
Faust Wollen Ew4- Durchlaut, die keusche Lucretia gnädigst
sehen? —
Herzo 0, jal zeigt sie mir,
Faust (bei seile) Mephistophles lass erscheinen, die keusche
Lucretia, mit dem Dolch in der Brust, hunc ostenta ! — (Lucretia
erscheint) Dies ist sie, Ew^- Durchlaut, Sie wiefs alle Freyer ab,
die um ihre Hand warben, Senckte^ sich daher selbst^ den Dolch
in der Brusf», ehe sie sich entschloss einen Mann zu nehmen ^
Herzo Ja so beschreibt man sie, doch ich bitte euch, lasst
sie wieder verschwinden,
Faust Sogleich^ — (bei seite) Heus, heus, Mephistop(hles)9
— Amove, visumi", (Lucretia verschwindet)
Herzo Jetzt '^ lasst mir doch einen Helden der Vorzeit sehen,
wenn ihr wollt, —
Faust Sehr gern Ew'2-Durchlaut, (bei seite) Mephistophles,
lass erscheinen den Riesen Goliath mit dem kleinen David,
hunc osteula, (Goliath und David erscheinen) Merkwürdig ists^^,
dass der kleine David den grofsen Riesen in Zweykampf zu
Boden warf, doch durch Hülfe seiner Schleuder, die er in seiner
Rechten hält,
Herzo 0, ja! die Geschichte ist sehr merkwürdig, aber am
merkwürdigsten Eure Geschicklichkeit, die man sonst bei keinen
Deutschen findeti^
Faust Jedes Land hat seine Künstlerin, doch ich werde Evv-
Durchlaut mit einer andern Erscheinung aufwarten ^^
• in Augenschein nehmen B ii. iii. ^ so e. f. B ii. iii. ^ f. B ii. iii.
'' Ihre B ii. in. ^ warben und stiefs sich selbst den D. durchs Herz
ehe sie sich entschi. lionnte 5iii. ^ Brust, welchen Ihre Durchlaut noch
in ihren Busen sehen Bii. ' wählen i^ii. ni. * /'. B\\.\n.
^ Mephistoples B ii. in. *•• Arno vesium B ii. in. " f. B n, in.
'2 Ihre i? II. III. '3 ]y] jgt /; ji; Hier sehen Sie das grofse Ungeheuer, das
damals alle Welt in Schrecken setzte, nebenan der kleine David. Er be-
siegte den Riesen und heule noch wird er von Millionen bewundert Bm.
•* in k. D. sucht Bw.m. ^^ hat immer seine Grillen; ich Bu.m.
'^ meine Aufwartung machen B n. ni; in B n sind die worte, die
diese erscheinung begleiten, durchgestrichen.
VOM DOCTOR FAUST 149
Herzo - Thul es, —
Faust (bei seile) i Heus, heus, Mephistophles! — amove^
Visum, (David und Goiialh verschwinden)
Mephistophles^ lass erscheinen, die Judith mit des Holofernes
Iluupt, hunc*, ostenta, (Judith erscheint) Dass ist^ Judith, eine
Jüdische VVittwe, welche dem Holofernes, Feldhauptmann der
Assierer'^, den Ropf^ abschlug, als er schlief, welchen* sie in
der linken hält, und das Schwerdt in der Rechten,
Herzo - Es war eine freche Dreistigkeit, von einer Wittwe
wie sie war, lasst sie verschwinden, — •'
Faust Heus, heus, Mephistophles,! — amove visum (Judith
verschwindet)
Herzo -Ich bin hinlänglich von Eurem Talenten überzeugt,
Ihr seid ein grofser Mann, und macht den Deutschen i'^ viel Ehre,
der Herzog hat euch zur Tafel eingeladen, und ich wiederhohle
diese Einladung 'i, mit der Bitte, dass ihr der Erste seid der
mir zur Linken sitzt,
Faust Ihro Durchlaut, sind sehr gnädig, ich werde nicht
verfehlen, dero'^ Wunsch zu Erfüllen i3,
Herz -Das freut mich, doch'^ zuvor habe ich noch eine
Bitte au euch, sie betrift eure sublime i^ Kunst,
Faust 0, sagen Ew22-Durchlaut , ich^*^ bin bereit, Dero^''
Wunsch zu 18 befriedigen,
Herzo -Den weisen König Salomon wünschte ich'^ zu sehen,
und dass^o in seineu Ornat,
Faust Sogleich^i werde ich Ew22-Durchlaut damit aufwarten,
(bei seite)23 Mephistophles lass Erscheinen den weisen König
Salomon hunc2*, ostenta, (Salomon erscheint)
* f. Bn.m. 2 amore B\i; amo B\\\. ' Jetzt sollen Sie die
Judith mit dem Haupte Holofernes sehen, hunc o. B\\\. '' hunco Bn.
^ die J. B II. III. ^ F, den Assires B ii ; Feldherr der Assierer
J5iii. '' Haupt B III. * In der linken Hand sehen Sie den Kopf,
in der rechten das blutige Schwert Bm. ^ sich entfernen Bn.m.
'" Deutschen eures Geschlechts Bn.m. " E. bitte mir von euch aus,
wenn es euch so beliebt, dass Bn.n\. '- den Bm. '^ j^ Erfüllung-
zu bringen B ii. iii. ^'' aber doch habe ich z. B ii. in. ^^ f. B \;
aufserordentliche Bni; sublimen Bn. *^ und ich Zf ii. in. »^ den
Bm. '* mit den besten Willen zu Bn.n\. '** ich noch ^iii; ich
wohl noch Bn. ^° zwar B n. m. ^' 0, sogleich B ii. in.
^'^ Ihro B II. III. ^^ f. B II. III, ^'* hunove B in.
150 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Herzo - Würklich er ist es, die ganze Bildung^, wie er be-
schrieben wird, erlaubt^ dass ich diesen weisen König berühren
darfä, (will auf ihm zu, Faust hallt ihr zurück^)
Faust Nein Ew- Durchlaut, das darf ich nicht zugeben,
denn sowie sie^ ihm berührten, würde er in einen Aschhaufen
verwandelt werden 6, (Salomon drolh mit der rechten " Hand)
[anm. 15]
Herzo - Was ist das,? er scheint uns zu drohen^
Faust Erschrecken sie nicht Ew-Durchlaul^, Wahrscheinlich
ist er Erzürnt, dass er aus dem Wohnsitz der Seeligen ^^^ hat
zurückkehren müssen, Mephistophles, heus, heus, amove vi-
seum", (Salomon verschwindet)
Herzo -Nun so verzeiht meine Voreiligkeit ^2, ichjiebe diesen
König um seiner Weisheit, willen, ob er gleich ^^ der Welt
längst entsagt •^ hat,
Faust Er'^ ist bis jetzt'ß, noch Lehrer auf der Erde,
Herzo - Er hat sich verewigt, — doch^^ wäre euch nun
gefällig mir nach dem Schlosse zu folgen ? damit ich den grofsen
deutschen Künstler am Hofe vorstellen kann,
Faust Zu schmeichelhaft für mich ^^ — Ich habe die Ehre
Evv-Durchlaut^9 nach dem Schlosse zu begleiten,
Herzo -So folgt mir, (ab)2o (Mephistophles vertritt Fausten
den Weg)
Mephistophles^!
Mephis - Faust was willst du wagen ?
Faust Wie Mephistophles, warum vertritst du mir den Weg?
da ich die Gnade der Herzogin erhalten habe^^
Mephis -Du kannst nicht der23 Herzogin folgen, du bist
* Bekleidung i?m. - erlaubt mir Bu; erlauben sie mir Bm.
3 kann B ii. in. "* vertritt ihr den Weg B ii. iii. ^ dieselben B ii.
^ Aschenliaufen sich verwandeln B in. '' f. B iii. * bedrohen
5ii. iii. ^ sich Ihro D. nicht Äii. lu. *" der ewigen Ruhe gestört
worden ist B iii. *• visum B ii. in. ^^ mein Voreilen B ii.
" obgleich er schon seit langer Zeit B\u. '* seit lange Zeit Valet
gesagt B II. iii. '^ Doch ist er noch Bni. *^ bis j. f. Bu.
" doch f, B II. III. '^ Diese schmeichelhafte Gnade soll meinen
deutschen Freunden gelten B n. iii. ^^ dieselben B ii. in. ^o jjgiije
gehen j9ii. iii. -• f. Bu.m. " habe f. B u.m. ^^ ans der
Herzogin ist in B i dem Herzog verbessert wegen des vorn eingeschobenen
Stücks s, anm. 13.
VOM DOCTOR FAUST 151
verralhea , man hat schon Anstalten getroffen dich fest zu neh-
men S ich rathe dir^, sogleich Parma zu verlassen^
Faust Erkläre mir Mephistophles, woher diese Veränderung,
Mephis: Dein Diener der Casper^ hat dich verralhen, und
zwar an den Kamerdiener des Herzogs, ferner ist dein Diener in
einer Schenke gegangen ^ dort hat er erzählt'^' das sein Herr
aus Deutschland hier wäre welcher Faust hiefse", und dass er^
mit dem Teufel durch die Luft gefahren ist, die Herzogin erzählt
so ebend deine Künste unter den Hofpersonen, und ihr Glaube
wird dadurch noch mehr^ bestärckt, darum schnell fort von
hier 10,
Faust Aber Mephistophles** hättest du das nicht verhindern
können *2, das mein Diener auf den Einfall kam,
Mephis: Dass hättest du ausmachen sollen, ehe du den
Contract unterzeichnetest, jetzt habe ich keine Macht dazu*^,
Faust So 14 soll mein Diener sogleich meines Dienstes ent-
lassen sein, zur Strafe mag er hier in Parma bleiben und sich
ein unterkommen suchen, wir Mephistophles, wir^ä fliehen nach
Deutschland*^,
Mephis: Willst du dir*^ Dein heutiges Vergnügen, welches
dich hier in Parma erwartete *^ nicht vergelten?
Faust Wie kann ich dass?'^
Mephis: In Constantinopel wird heut ein ähnliches Fest-^
gefeiert, lass uns hineilen 2* Faust, da, wirst du Freude und
Wonne geniefsen,
Faust Gut!22 so lass uns im Triumpf über die^s Stadt schwin-
den, das es Jedermann sehe^-i, damit die Nachwelt meinen Nahmen
noch nenne^s, (beide ab)
* arretieren B i\; haflieren i? iii. - dich also B ii. m. ^ /^j
B I darauf von anderer band: und die Herzogin ist todt durcli deinen
Gift. '* der Diener des Gaspers B ii. ^ f. B ii. iii. ^ ausge-
sagt B II. III. 7 heifse B ii. in. » jagg er f. B i. ii. in. ^ wird
schwer b. B ii. in, '» drum lass (lasst B in) uns eiligst von h. B ii. iii.
" A. M. f. Bm. ^'^ Warum hast du dies n. v.? warum hast du
meinen Diener dies nicht benommen, dass er auf den Einfall nicht geriet.
Bw.m. " zu dergleichen Dingen keine Gewalt Bii.wi. •'• Nun so
^11. III. '5 f Bw.m. '6 D. hinüber // II. in. " ^n f. B\.
•8 dir hier in Parma vereitelt B in. »^ dies B ii. ni. ^o ^esi heute
B n. III. 21 hinüber eilen B in. 2- f. B 11. in. -^ die hiesige
B II. in. ^* das — sehe f. B 11. 111. ^^ nenne und so lass uns so-
gleich nach dem Orte der Freude eilen B \\. ni.
152 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casper tritt aufi
(Eine Stimme hinler der Scene)2 Ja du hast meiner Mutter
2 Flaschen entzwei geschlagen, und die musst du hezahlen, wo
nicht, so wird dir der Rock^ vom Leibe gezogen,
(Casper hinter der Scene)^ Wer sagt das?
(Stimme ebend so)^ Meine Mutter
(Casper tritt auf)ß Sage deine Mutter, sie ist nicht gescheid''
und du mach das du fortkomst, denn hier ist des Herzogs
Garten, da darfst du nicht hinein^ das ist ja'' ein fatales Land,
das Italien, hätt ich nicht gemacht das ich mit guter Manier aus
der Schenke kam, man würde mich armes Casperchen schöne ^"^
zurecht gemurckselt^^ haben, wenn ich nur wüsste wo mein Herr
wäre, da soll ich nun bezahlen, und habe kein Geld nicht i^,
das ist eine verwünschte Geschichte, ich wollte wünschen, ich^^
hätte das Land hier niemals gesehn, denn in der Bärme koni
ich doch nicht, wie mir'* Kuckelhahn versprochen hatt^^,
(Auerhahn tritt auf'^)
Auerh:^^ Nun Casper '^j was machst Du hier?i^
Casper (volpo Freude) Ach Bruder Kuckelhahn ^i, bist du22
da? sage23 mir mal, warum hast Du24 mich allein gelassen? da
soll ich bezahlen, und habe kein Geld,
Auerh: So^ö musst Du machen dass Du fortkomst^e, denn
hier schlagen sie dich um einen Kreutzer todt,
Casper Ach her jel'^^ und ich habe noch 2 Kreutzer bei
mir28, da schlagen sich mich ja29 zweimal todt, höhre^o Bruder
Kuckelhahn, weifst Du nicht wo mein Herr ist?
1 Scene 4 Casper Bii; Casper hinter der Kulisse Bni. '^ Scene
spricht Bu; Eine Stinie ^ in. ^ jas Kleid ^ii. iii. * C. hinten
Bin. 5 D. St. hinter der Bühne ßii; die Stimme ^ in. ^ kommt
heraus Bu; kommt vor ^iii. '' sie ist ein Narr ^ii.iii, * hinein
(bei Seite) Bii.m. ^ ja f. B n.ui. 'o schon i?iii. '• ge-
iiiukzelt B III. *2 nicht f. B ii. in. '^ dass ich B ii. in. " mir
der if II. III. *5 halte 5 n. in. »^ Sc. 5 Casper Auerh. Z^ii; Auer-
liahn ohne v. Kaspern gesehen zu werden Bin. '^ A. ohne v. K. ge-
sehen z. w. Bu. 'ä Kasperchen Bin. *^ hier f. Bn.m.
2° sieht sich um voller ^ii. ni. -' K., liebstes (1. bestes Bin) Kuckel-
hähnchen//ii. in. 22 (]u denn-ßn. ni. ^3 Nun sagifn. in.
2* du denn B n. in. ^^ Ja nun da B n. ni. ^^ fortkommst von
hier B ii. in. ^'^ Casper (bei Seite) B n. in. ^^ bei mir f. B ii. in.
"ja f. Bn.m. ^° (zum Auerhahn) .ß n. ni.
VOM DOCTOR FAUST 153
Auerh: Der ist schon wieder fort, will* dich auch^ nicht
mehr zum Diener haben,
Casper Ach 3, wass soll ich nun anfangen? da muss ich ja*
verhungern, hühre mal Bruder^ Kuckelhahn, bring mich wieder
nach Deutschland ß,
Auerh: Jal wenn du dich mir verschreiben willst, nach
12 Jahren mein Eigenthum zu sein, dann^ bring ich dir nach
Deutschland hinn, sonst nichts,
Casper Na sag mal^, was soll ich dir denn*" verschreiben**
Auerh: Dein Leib und Seele —
Casper 0'2, du duiner Teufel, ich bah es Dir (ja*^) schon
gesagt** Casper hat*^ keine Seele, die ist bei Caspern vergessen
worden '^ doch wenn ich*^ wieder nach Deutschland koiTie, dann
verschreib ich Dir alles was ich nicht brauche,
Auerh: Nun gut! — in Maintz ist ein Nachtwächter*^ vor
2 Stunden gestorben, wenn Du Nachtwächter werden willst, so*^
will ich dich nach Mayniz hinbringen,
Casper Sol — Sag mir^o Kukelhahn, wass muss ich denn
da machen, wenn ich Nachtwächter binn?
Auerh: Das will ich dir sagen 2*, da bekomst Du einen
Spiefs, und ein Hörn, da musst Du drauf Ihuten, wenn es 10,
11, 12, u. s. w. schlägt22 gehst des Nachts auf den Strafsen23
herrum, und siehst ob alles ruhig ist^*, und wenn du Jemand
bei der Nacht findest der sich herrumtreibt, und kein Quartier
hat so kannst Du ihm^» arretieren, und nach dem'^c Arrest
bringen,
• und will nichts mehr von dir wissen, mach B u; er mag Bm.
2 gar nicht B ii. in. ^ ach ach B u; ach du lieber Hiniel Bm.
* ja hier B ii. m. ^ bloß K. Bm; Kuckelhähnchen Bn. ^ D. ja
Bruder Kuckelhahn? B u. iii. '^ so B ii.m. s sonst nicht f.
B n. in. 8 Na, hör mal Bruder Kuckelhahn sage mir doch B ii. m.
'° denn eigentlich Bm. " v. ich habe ja nichts ^ii. in. ^- Ach
sei doch nicht närrisch Kerl! Casper usw. Bm. '^ f. B\. ** ich
— gesagt f. Bii. '5 hat ja B ii. in. 'o w. /*. Bu; die — w. f.
B III. " wir B II. ni. '* eine Nachtwächterstelle offen, vor 2 Stun-
den ist er (d. ehemalige Nachtwächter B in) g. B ii. in. '^ kannst du
den Dienst (Posten B in) bekomen und ich bringe dich nach Deutschland hin
B n. ni. -0 mir mal B n. in. ^i Das — sagen /. B u. m. *2 ^^
du darauf thutest B u. iii. ^3 ]„ j gtr. des Nachts Bu.m. 24 jg^
und schläft i? n. in. 25 denselben kannst du ^11. in. ^e jj,^ j„
dem (im B u) B 11. in.
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. U
154 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Casper Horei Bruder Kickelhahn, da bin ich Nachtwächter
das2 soll ein Freudenleben sein^, wenn^ ich da mal den Fäust-
ling erwische des Nachts^ den allementireß ich gleich"*, und
bringe ihm nach^ den Morast, siehst du, und das thue ich
darum, weil er mir den Abschied gegeben hat,
Auerh: Das kannst du halten wie du willst^. Es bleibt
* Hör mal Bm. - (freudig) das soll mal B u. iii. ^ werden
B HI. '' Aber höre mal Bruder K. wenn B ii. iii. ^ Nachts auf der
Strafse B u. ui. ^ verall. Bm. '' auf der Stelle u. br. ihm in d.
schwarze Loch blos darum weil er mich hir hat sitzen lassen Bm.
8 in den Marost B ii. '•• B \. w: willst (es erscheint ein Drachen)
Casper (furchtsam) Kukelhahn was ist denn dass? (dafür: (es schwebt
eine Wolke aus der Luf herab) Casper du Kukelhahn K., was ist denn das
da? (das Gewölk bleibt auf den Theater liegen) A.: Auf dieser Wolke sollst
du nach Deutschland fahren (die Wolke verwandelt sich in einen Sopha)
C. Wie Kickelhahn, du machst mirs ja recht kommode. Da will ich mich
auch gleich hinaufsetzen. (Der Sopha verwandelt sich in einen Ungeheuer,)
was ist denn dass? A: Dass ist meine Schwester, sie liebt dich, und du
kannst sie zur Braut erwählen. G: (bückt sich) Gehorsamer Diener, ich
danke, deine Schwester muss ich dir sagen, gefällt mir nicht ein bisgen.
Br, lass es nur guth sein Kikelhahn, ich bin gar nicht so verliebt, als du
glaubst (das Ungeheuer verwandelt sich in ein Sofa, wo ein reizendes Mäd-
chen darauf liegt) Na, höre Kikelhahn wenn dass deine Schwester ist, die
lass ich mich gefallen zur Braut. In die bin ich wirklich verliebt. A: Nein,
Kasper dass ist nicht meine Schwester, sondern meine Grofsmutter. Sie ist
COO Jahr alt. K: Das schadet nichts, potz Blitz! das soll meine Frau werden
(er will sie umarmen , das ganze verwandelt sich in einen fürchterlichen
Drachen) Kikelhahn, K.! (furchtsam) was ist denn das? ^ii). Auerh: Setz
dich nur auf Casper, dass ist dein Reitpferd — darauf sollst du nach Deutsch-
land reisen (reiten B ii) Casper dass (bei Seite Dass B ii) wird (w. mir B n)
eine schöne Reiterrei werden dass (laut dass Bn) ist ja ein kurioses Reit-
pferd das ist ja so wild Höhre (Ach ^ ii) Bruder Kukelhahn, darauf reit
ich nicht (kann ich nicht reiten 5 ii) Auerh: Setz dich nur auf, du musst
heute noch den (sollst noch heute deinen B ii) Nachtwächterposten antreten
(in Deutschland B ii), Casper Ach du (ich 5 1; du ist dtirchgestj'icheii) armes
Casperchen, wenn ich doch nur erst in Deutschland wäre, (Br, br, Bu),
potz Wetter dass Pferd will gar nicht stille stehen (Er will (er macht Anstalt
zum B n) aufsitzen) Br, (f. B ii) br, o, ha, (er setzt sich verkehrt auf (end-
lich gelingt es B ii)) Br, br, Kukelhahn, das geht so (Nicht so hoch, nicht
so B\\) hoch, ich falle herrunter (ja herrunter ^n). Auerh: Halt dich nur
fest (ab) (verschwindet B ii). Casper (Indem der Drachen mit ihm (Kaspern
B\i) davon fliegt schreit (schreit er Kuckelhahn B\\)) Halt stille ich habe
mir verkehrt aufgesetzt. Au, weh, Au weh, (Au, Au, das geschrei verliert
sich in weiter Entfernung B\i), das geht so hoch, Au, weh, (der Drachen
spriet Feuer, das Geschrei verliert sich).
VOM DOCTOR FAUST 155
dabei, ich (so die hs.) du bekommst den Nachtwächterposten in
Mainz und ich bekomme dafür nach 12 Jahren deine Seele.
Casper I, meinetwegen, was du haben willst, meine Stiefel,
meine Mütze, meinen Rock, kurz alles. Bringe mich nur nach
Deutschland.
Auerh: (der sich umdreht und Kaspern den Schwanz hin-
hält, damit er sich drauf setzen kann) Nun Casperchen, setz dich
recht bequem drauf.
Casper Nanun, was ist denn das für ein fatales Gepinsele.
Pinselt mir der Kerl immer um die Nase herum.
Auerh: Casperchen, du sollst dich auf meinen Schwanz
aufsetzen.
Casper Ach sol Na, denn komm her. Wirds denn? Du
Bruder Kuckelhahn, es geht nicht. Halt! Halt! läss mir aber
nicht wieder fallen 1 hörst du 1
Auerhahn Nein, nein, sitz nur stille.
Casper Na, denn vorwärts mit den reitenden Nachtwächter
(sie fahren durch die Luft).
Ende des zweiten Acts.
Dritter^ Act Strafse^ in Mayntz.
Faust tritt auf^
Faust Zwölf Jahre sind nun^ bereits verflossen, wo ich den
Pluto meine Seele verschrieb, und aus Parma fliehen musste, wo
mein Diener^ den ich damals hatte mich verrieth — 0, ja, es
ist wahr Faust, du hast in dieser Zeit manche schöne^ Stunde
verlebt, bist an allen Höfen Europa's umhergestreift, England!
welche schöne Zeit habe ich in dir verlebt, — Ach' und in
Russland nicht minder, was^ können mir aber^ alle diese schönen
Zeiten nützen, die ich mir nur^o durch die Hölle erkaufte, wass
können diese glückliche Stunden mir^o nützen, die ich noch
12 Jahr geniefsen solH^, werden denn diese 12 Jahre auch ebend
so froh im Rausche der Freuden dahinn gehen ? — als die ver-
lebten 12 Jahre? — Nein — nimmermehr — denn meine Seele
* 4ter B ii. ^ Saal statt des durchgestrichenen Strafse B i.
3 Ister Auftritt (f. Bin) F. allein Bu.m. " nun f. Bin. ^ Diener
Casper B m. « sensible Bii; glorreiche Biu. ' oh ^ii, iii.
8 ach was i? ii. in. ^ f. Bu.m. '° f. Bu.m. " was — soll
f. Bm.
11*
156 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
gehört ja nicht mehr den Ewigen , — doch^ warum binn ich
so2 verzagt,? — warum treibt mein Blut mich nicht zu neuen
Freuden au,?^ — und leitet mich zur Schwermuth? — Faust
fasse Muth — noch ist deine Seele nicht ganz verlohren*, — noch
ist die Zeit nicht verflossen, die mich verdammen soll, — und
noch steht es bei mir, das ich durch Bufse mir die Ewige Glück-
seligkeit verdiene,
Mephistophles tritt auf^
Mephis Nun Faust, so verzagt? — begehrst du^ nicht einmal
wieder, Freude und Vergnügen?''
Faust Verlass mich, ich habe mit dir nichts^ zu schaffen**,
deine Künstelt sollen mich nicht'' vom Pfade der Tugend bringen,
(Helena erscheint)
Mephis: Faust 1'^ warum bist du so verzagt, warum hast
du dein Gesicht'^ von mir gewendet Sieh dich um, Helena, die
schönste ihrer Zeit steht hinter dir, sie liebt dich würdige ihr
doch''' nur einen Blick,
Faust Verlass mich schändliches Ungeheuer, Deine Lockungen
haben keinen Reiz'^ mehr für mich"',
Mephis: Sie breitet ihre Arme nach Dir aus, bedenke dass
sie schön ist, und Dich Glücklich machen kann,
Faust Wohlan sehen will ich sie, aber ich werde sie ver-
achten, (sieht''' sich um) Wiel welche Schönheit 1 — Nein solche
Schönheit sah ich noch'^ nie (Helene breitet ihre Arme aus)'^
Sie breitet ihre Arme nach mir aus 0, komm^o ich will dich zu
meinen Weibe wählen, unwiederstehlich dringt es in (meinem^i)
Innern, ich kann ohne sie nicht Leben, (indem er sie abführt)
Ach22, Mephistop(hles) Was für ein glückliches Leben bereitest
du mir (beide ab)23
1 oh Bn.m. ^ so ganz 5 ii. iii. ^ warum rinnt es in mir
zaghaftem B ii. iii. * v, und der Ewige wird mir Linderung verschaffen
B n. ^ 2ter Auftritt (f. B iii) M. Faust, hernach Helenens Gestalt B n. iii.
^ du den B ii. iii. '' dass wir zur Freude eilen B ii. in. ^ nichts
mehr B ii. in. ^ theilen ^iii. '° Dienste ^iii. ^^ nicht wieder
5 II. in. *^ Ha, was ist das! Ein Augenblick und er ist auf immer für
uns verlohren. Doch halt, versuchen wir das letzte: (Helena ersch.) usw.
B in. »3 Geschick B n. iii. *" /". B u. in. »^ si^n B ii. iii.
'^ für mich mehr B n. in. " wendet B ii. in. i» niemals B ii. m.
^'^ bülmenweisimg f. B \\. m. ^'^ kommt und nacliher ^\xc\i B\\.\\\.
^* f.B\; in mir Äii. in. *^ ohZfii. in. -^ geht ab mit Helenen
B II. in.
VOM DOCTOR FAUST 157
Mephis:! (höhnisch Iachend2) Nun mein lieber Faust, dein
Loos ist geworfen, du hättest dich wiirklich bekehrt, aber von
nun an, da Du dich in Helenen verliebtest, gehört deine Seele
mein, TriumpP, Triumpf. Faust ist zum zweitenmale* ge-
fallen (ab) 5
Faust stürzt auf Theater
Faust^ Ha was war dass? welche höllische Furie hielt ich
in meinen Armen,? — Teuflische Otterbrut, ich binn aufs neue''
in euren Schlingen gefallen, Als ich Helenen^ umarmte, halte
ich auf einmal^ eine Schlange in Meinen Armen, sie entwand sich
meiner Umarmung, und verschwand. Hu, jetzt binn ich der Hölle
geweiht — kein Flehen, kein Gebet zum Ewigen, kann mich
mehr '*^ Retten, hinaus, hinaus, alles, alles, ist dunkel vor meinen
Augen, hinaus, ins Freie, (ab)ii
Nacht, Strafse^^^ Casper als Nachtwächter '^ (mit einer La-
terne^*, man^^ hört*^ 9 schlagen)
Casper (von innen) ^^ Gretell — es hat^^ 9 geschlagen, steh
auf und zünde Licht an, ich muss^^ die Runde machen, (tritt
auf)2o Na da war ich endlich '^* wieder, nach so langer Zeit, ach
ich binn recht froh dass ich den Nachtwächter Posten22 erwischt
habe, denn dass Reisen binn ich recht sattes, und vorzüglich in
der Luft, wo man nicht einmal ein Wirtshaus antrifft. Gestern
binn ich bei den Hr: Ober-Nachtwächter gewesen, der sagte zu
mir, dass ich nach 10 Uhr, jeden welchen ich auf der Strafse
fände. Arretieren, und in 24 Arrest bringen sollte, und da bekam
ich für jeden 2 Groschen, Na2ä, da will ich auch gut Aufpassende,
damit ich so viel Trinkgeld, als2' Monatliches Gehalt bekome,
denn wenn mir einer 4 Groschen giebt, lass ich ihm28 laufen,
1 dritter Auftr. (f. Bm) Mepliis. Dann Faust B ii. in. 2 f^ ^n. ni.
' 0 Tr. ^11. III. ^ in B i übergeschrieben: 3. male. ^ geht ab
B II. III. ^ F. koint von der andern Seite Ha welclie höllische Furie
war sie? Teuflische usw. Bn.wi. ' f.Bii.m. ^ sie^ii. iii.
^ auf einmal f.Bui. ^^ mehr f. Bu.m. '' geht ab f. Bn.in.
»2 5ter Act Strafse. Erster Auftritt B ii. »^ n_ gekleidet B ii. iii.
" L. in der Hand Bn. '^ ^g ist Abend, man ^ii. iii. ^^ h.
von einem nahen Thurme Neune schlagen darauf fängt er von innen an
B II. " hinler d. Kolisse B in. i* f. ßu. '^ muss nun B ii. iii.
2^ (Er gähnt und kommt heraus) Z> ii. iii. ^* endlich einmahl 5ii. in.
22 Dienst B ii. in. -^ überdrüssig B ii. ni. ^4 j^ ^gjj ß „ jjj_
25 nun B II. III. 26 acht haben B ii. in. 27 jj.^ bekonle als
B n. ni. 28 ich vier sgr. bekomme, so lass ich jeden ^11. m.
158 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
und schliefs ihm^ noch obendrein das Haus auf, Nun 2 frisch ans
Werk, heut will ich 3 zum Ersten mal thuten,(thutet hinter der Seen e)^
Singt^ Hört ihr Herrn, und lasst euch sagen
Ihr seid wahrlich zu beklagen.
Ihr habt viel Kinder und Kein Brod
Ach da ist ja grofse Nolh,
Hat 9 geschlagen, Tralalalalala^ (geht tanzend ab)
(Faust" tritt auf)
Faust Schon ist die Hälfte der Jahre dahinn, Ach war ich
doch niemals zu den Wissenschaften geschritten , die mich dazu
verführten, den Menschen ihre Schwächen^ zu zeigen. Ach hätte
ichö doch niemals mit dem Bösen einen Bund geschlossen, so
könnte ich doch den Natürlichen Todt entgegen sehen so aber, —
ach — ich habe keine Thräuen mehr, der Ewige hört mein
Flehen nicht, 0, ich binn ein elender ^^ verworfener Mensch,
(Mephistophles tritt auf)^^
Mephis: Nun Faust treffe ich dich hier? in Deiner Woh-
nung hast Du wohl keine Ruhe? Doch jetz^- bereite dich Faust ^3,
Deine Zeit ist verflossen, noch 3 Stunden , dann bist du mein,
und meine Dienstbarkeit hört auf,
Faust (erstaunt) Wie, wass sprichst du Mephistophles? Deine ^*
Zeit wäre verflossen? Das'^ lügst Du*^ Es sind erst 12 Jahre ver-
flossen, folglich sind noch 12 Jahr, die^' du mir Dienen musst,
Mephis: Ich habe dir 24 Jahr gedient,
Faust Aber wie ist das möglich? Du wirst doch die Zeit-
rechnung der Welt nicht ändern wollen'^,
Mephis - Nein dass kann ich nicht, aber höhre mich Ge-
duldig an. Du verlangst noch 12 Jahr '^,
Faust Und dass^o mit Recht, ist nicht 2' 24 Jahr im Contract
geschrieben ?
Mephis - Ganz recht —
' und bin im Stande und mag B 11. in. ^ j^g was hilfts. Nun nur
^n. iii. ^ So will icli denn heute Bw.m. ^ er blas ^11. m.
5 f. Bu.m. « la-la-la-la i? 11. iii. '' 2ter Auftr. F. M. Bu.
8 Schwäche B 11. iii. ^ ich mich B i; ich doch n. das Licht der Welt
erblickt, dann könnte ich ruhig dem unvermeidlichen Tode entgegen gehen
(so!) Bu.m. »« /. Bin. " f. Bn.m. ^- treffe — jetz /". 5u. iii.
«3 f. B n. III. »* meine B 11. iii. '^ py ß 11. iii. «s f. B iii.
" weiche ^11. iii. ** wollen f. Bn.m. »^ Jahr und — ^il. in.
20 dies B II. III. -' nicht im C. geschr. 24 Jahr Bn. iii.
VOM DOCTOR FAUST 159
Fausti Nuü was willst Du mir^ vorreden? so sind doch erst
12 Jahr verflossen, —
Mephis Nach deiner Berechnung ganz richtig, aber weifst
du nicht, das ich dir Tag und Nacht gedient habe? — auch
wird dir bekannt sein, das der Tag3 12 Stunden, und die Nacht
12 Stunden hat, folglich^ ist jeder Tag zu 2 Tage gerechnet,
und diese 12 Jahre machen nach meiner Berechnung'^ 24 Jahre
aus, folglich^ ist deine Zeit um, und in 3'^ Stunden bist du mein
mit Leib und Seele
Faust Ich habe doch aber^ berechnet^, den Tag zu 24 Stunden,
da 7 Tage die Woche hat,
Mephs - Wohl wahr, aber die Nacht hast Du vergessen
Faust 0, Gott, so biun ich schrecklich i*' betrogen,
Mphis: Du hast dich selbst betrogen, Faust, Ich eile jetzt
zu meinen Fürsten, um die Befehle zu holen '^, wie ich mit
Deiner Seele verfahren soll, mit den Glockenschlag 12 sehen wir
uns wieder, (ab) '"-
Faust Ich weifs nicht, lebe ich noch, oder Träume ich nur,
— doch vielleicht finde ich Trost in meinen Büchern , (ab)
(Es schlägt 10, Casper von innen) '^
Casper (hinter derScene)^^ Gretel! zünds Laternel an oder
es giebt Püffe,
Gretel (ebend so) ^^ Hür mal, lässt einen heut auch gar*^
nicht schlafen,
Casper (ebendso) ^'^ Halts Maul Frau, oder geh du, und mach
die Runde 1*, (tritt auf) Das ist ein heiloses Weib^^, wenn sie
was^" thun soll brunt sie-', doch- ich muss man^^ abthuten^^
(er thutet 2 Mal) (Singt) ^^
* F. das Jahr zu 52 Wochen oder 12 Monathen oder die Woche zu
7 Tage, Tag und Nacht zu 24 Stunden, M: Ganz recht, Faust. F: Nun e«c.
^11. III, ^ mir denn B ii. iii. ^ Tag zu 12 Stunden und die Nacht
auch 12 Stunden hat (zu 12 St. gerechnet wird Am) jßii. in. ■* also ist
folglich B II. III. ^ machen also B ii. in. ^ daher B in. "^ etlichen
B \\.\\\. * aber doch 5 II; aber 5 III. ^ gerechnet ^ ii. ni. ^"also
binich^u. lu. " erhalten Ä n. in. ^'^ (%^hla\)) B ii.iii. *^ (geht
ab) es schlägt zehn B ii. ni. *'» 3ter Auftritt G. allein von innen B\i; G. von
innen B in. '^ von innen B ii. in. ^* auch heute gar B ii. iii.
" von innen B ii. ni. '^ Runde in die Stadt (kommt heraus) B a. in.
*^ ein weiberisches Gebrumme B ii; Gebr. von den Weibern B m.
20 mal was B n. iii. ^* sollen B n. in. ^^ na B in. 23 „yp ß u^
2* man thuten (thutet 2 mal) B in. -* f. B 11. m.
160 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Hört ihr Weiber und lasst euch sagen,
Wenn Euch eure Männer schlagen,
So tragt nur alles mit Geduld,
Denkt eurer Maul hat's oft verscliuldt
Hat 10 geschlagen 1, Tralalalalala (ah) 2
Faust tritt auP
Faust Schon wieder eine Stunde meines Lehens dahinn, Achl
Ewiger Gott, warum lebe ich noch? warum* liefsest du mich zur
Qual so lange Leben ?5 Ach!^ — (Adagio, ein Genius erscheiut)^
Genius^ Faust was zauderst du, warum haderst du mit den
Allmächtigen, Er weifs nichts von dir, der Hülle hast du dich
mit Deinem Blute verschrieben, darum bereite dich, 2 Stunden
kannst du nur noch leben*, dann aber fährst du der Hölle ent-
gegen. So spricht Pluto der Fürst der Unterwelt, (schwebt laug-
sam ab)9
Faust Ha schrecklich! schrecklich, naht sich meines Lehens
Ende, (Es schlägt ll^^) schon 11 Uhr, nur noch eine Stunde,
und dann binn ich auf Ewig verlohren •', 0, wo wende ich mich
hinn,? Die^- Verzweiflung bricht mir noch das Herz, (ab)'^
Casper^*
Casper (hinter der Scene) ^^ Gretel, es hat 11 Geschlagen (eine
Kinderstinie) Mutter, Mutter ^^ der Vater lässt ein gar nicht schlafen,
Casper (hinter der Scene^') Mach doch den Jungen en, Lutsch-
heutel, von en Hauklotz ^^, damit '^ ers Maul hält, (tritt auf)***
Ein Nachtwächter ist doch-' eigenthch ein recht geplagtes Qreatur,
wenn andere Menschen schlafen, so muss der Nachtwächter für
die schlafenden 2 2 wachen, und sich in Sturm und Regen umher-
treiben, I, nun, es schadet nichts, dafür bekoüit auch der Nacht-
• Sonst würd Ihr nicht geschlagen. 10 ist die Glocki/ii. ^ lala-
lala (geht trällernd ab) B 11. iii. ^ 4ter Auftritt. Faust B u.
^ Gerechter Gott w. B\\. * mir z. (Ju. erstehen ^ii; Warum muss ich
hier zur Qual ruhelos herumwandeln B m. ^ f. B 11. m. ' Eine
Stimme von oben herab im harten Tone B 11 ; Eine St. ^ in. « unter
den Lebenden wandeln Bii.m. ■' f.Bii.m. '** 11 Uhr Bn.m.
" V. (Einige Stimmen aus derLufl) Stimmen: Faust Retirad Retirad, Retirad.
Faust: 0, wo usw. Bu; Eine Stimme: F. zurück, z.,z., Faust: 0, wo ^ m.
*- ich möchte beten, doch ich kann nicht, die ^ in. *^ geht ab
B II. III. '^ 5ter Auflr. C. dann Auerhahn B 11. *^ von innen B 11. in.
*® /. Bm. " C. von innen Bin-, G.s Stimme ^11. " v. e. H.
/". B u. ni. »3 das B in. ^o kommt heraus B 11. iii. 21 ^_ ß u. m.
^'^ schlafende Menschen B ni.
VOM DOCTOR FAUST 161
Wächter das beste Neujahrsgesclieok ', na ich muss nur thuten,
(er thutet2 3 Mal) (Singt) 3
Hört ihr Junfern und lasst euch sagen
Wenn euch jemand sollte fragen
Ob ihr würcklich noch Junfern seid*,
So sagt nur ja, es thut uns leid,
Hat 11 geschlagen, Tralalalalala, (ab)''
Faust tritt auf'
Faust Nirgends finde ich Ruhe, die Angst peitscht njich umher,
Ach welche Qual muss ich leiden, 0, grässlicher Gedanke, —
Hölle' — darum Menschen, ich rufe es euch in der Seele zu^,
spiegelt euch an meinem Beispiel^, wass half mir Ehre, und
zeilliche Glückseligkeil, da ich nun Ewig dafür büfsen muss,
Gott erbarme dich meiner armen ^o Seele,
Casper komt heraus ^^
Casper^^ Wer ist denn das hier? hört mal, ihr seid jetzt
verallemenlirt, und müsst in Morast, ihr seid verdächtig, nur^^
vorwärts Marsch,
Faust Guter Freund kennt ihr mich nicht ?i*
Casper (beleuchtet ihm)*^ Potz Blitz seid ihr nicht der
Fäustling, Haha, treffen wir uns jetzt wieder nach 12 Jahren,
hier in Mayntz,? hört ihr habt mir damals^® in der Berme sitzen
lassen'^ und seid mir noch en ganz Monat Miethe^^ schuldig,
jetzt *^ heifst es ausgezahlt, oder nach den Morast ^o,
Faust Nun höre Casper, ich will dir alles drei doppelt er-
setzen, wenn du mir eine Gefälligkeit^^ erzeigen willst,
Casper Ne^^ — jetzt heifst es ausgezahlt ^3, oder —
Faust Höre Casper, du hast solch altes Kleid an vertausche
" Neujahrsgeld 5 III. ^ bläst ß ii.iii. ^f.ßu.iu. 'einen Mann,
wollt haben, So sprecht nur ja und seid gescheidt B ii. iii. ^ la-la-
lalala geht ab (von d. anderen Seite ßn) Bu.m. ^ (6ter Auftritt ß u)
Faust, dann Casper ^ii. in. '' Gedanke der Hölle ^ii. iii. ^ in die
Seele hinein ß iii. ** meinem Thaten ^ i; Schicksal B in. '" /". B ii. in.
" heraus /". ß iii. '^ f ß „ m 13 jg^ jg^ ^ur ß u, m.
" nicht mehr B 11. in. *5 you Verwunderung ß 11 ; verwundert B iii.
1^ f. ß II. III. »^ zurückgelassen ß 11. in. '^ Lohn B iii;
Tracktement B n, '^ also jetzt ß 11. in. ^° ausgezahlt, ausgezahlt
B M. III. 21 Gefallen ß iii. 22 jjg ß u i„_ 23 g q^\^ her
B n. iii.
162 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
es gegen dass meinige, ich will dir noch 500 Dukaten zu geben',
du kannst dir damit helfen^,
Casper Ne Fäustling das Ding geht nicht, der Teufel möchte
unrecht verstehn, und möcht mir, statt euch erwischen, und
denken ich war der Fäustling, Ne, Ne,
(Es schlägt zwölf)
Faust Ha! es schlägt 12, — die letzte Stunde meines Lebens,
jetzt hab ich keine Ruhe mehr, alles ekelt mir an^, (in Ver-
zweiflung) 0, ihr höllischen Furien, kommt, lasst euch erbitten*,
meine Zeit ist verflossen, 0, Faust, grofser Mann der Höchste
will nichts mehr von dir wissen'^, 0, komt denn kein Gewitter,
dass mich zerschmettert, damit ich schnell von der Welt kome,
fort von hier, (ab) [anm. 16].
Casper Na lauft nur hin^, ich will euch^ das Geld schenken,
denn mit euch ist es doch bald alle^ ich muss nur 12^ ihuten,
und dann will ich mich bei meiner Grelel ins Belle einquetschen 'o
(er Ihulet" erst 1 Mal, dann 3 Mal und singt) i-
Jetzt'^ merckt ihr Menschen'* alle wohl auf
Wass hier geschieht in diesem Haus
Löscht aus das Licht und auch die Kohlen,
Der Teufel wird Doctor Fausten bald'^ holen
Hat 12 geschlagen"' Tralalalalala, (ab)
' dir 500 D. für diese kleine Gefälligkeit g. B iii; d. einen Wechsel
von 500 Friedrichsdor g., welcher Morgen zahlbar ist Bii. ^ Gieb mir
dein Kleid und Waffen (Waffe B iii) und nimm du (ziehe du B in) meinen Anzug
(Kleider i/ III] dafür an. Sieh, du kannst dir mit dem Gelde helfen Bii.m.
^ an und stinkt mir zu B ii. in. ■* in — erbitten f. B ni. * d. H.
nichts m. von der wissen kann, komm ein Gewitter, zerschmettere meine
Glieder, das Faustus nicht mehr weifs, was Retirade heifst (geht schnell ab)
^11; d. H. n. m. von dir wissen mag, o käme doch ein G., das meine Glieder
jetzt zertrümmerte. Ja, das man selbst nicht fände, wo einst mein Fufs
gestanden (geht schnell ab) B iii. ^ Na lauf nur lauf i/ii. m. '' dir
B in. 8 denn — alle f. B n. in. ^ f. B n. in. ^^ und — einquet-
schen /. j?ii. in. ^' bläfst ^11. ni, '^ u. singt f. Bn.m. >3 i^
B n. in 2 strophen:
Hört ihr Junggesellen und lasst euch sagen.
Die Gloke, die hat 12 geschlagen. .
Bewahrt das Feuer und auch das Licht
Dass in der Stadt kein Schadn geschieht. Drum merkt etc.
1' Leute Bm. '* gleich Bii.\n. •* 12 ist die Glocke La-la-la-
la-la-la B n. ni.
VOM DOCTOR FAUST 163
(Faust' tritt auf)
Faust Nun Du schöne Welt, jelz muss ich^ auf Ewig von
Dir scheiden, Ich habe nichts zu verlassen^ als meine scböue
Bibliothek diese^ sei jetzt^ eines anderen Eigenthum welcher
einen bessern Gebrauch davon machen kanu^ als ich''
(Die Furien erscheinen)^
TeufeP Nun Faust, deine Zeit ist um, mache dich bereit,
du sollst^" jelz den Lohn deiner ^^ Thaten emfangen, den du
verdient hast, ^"^ denn du hast uns Teufels in der Hölle keine
Ruhe gelassen, und'^ dein Siindenmafs ist volP^
Faust '^ Wehe dreimal Wehe über mich und meiner Seele "^
welche ich euch Teufel verschrieben habe. (Die Teufel ver-
schwinden mit Faust unter schreckliches Geheul und Blitz und
Donner)
(Kasper tritt auf)'^ Na glückliche Reise Herr Doctor, da mag
ich nicht mitreisen '^, denn für sollche Reiserei habe ich allen
Respekt, Potswetter was schleicht denn da für ein Kerl herum
das ist gewiss ein Schornsteinfeger, der^'^ sich ins Wirihshaus
verspätet 2** hat (er ruft) Du höre mal schwarzer Kobold, was
machst du denn hier^i
(Auerhan tritt auf)22
Auerhan Na^^ bist du hier das ist gut das ich dich Treffe^*,
ich habe dich schon in der ganzen Stadt gesucht.
* 7ter Auftr. (f. B in) Faust und die (dann Bin) Furien. F. allein
Bn. m. ^ dir dein Liebling (ich dir B iii) verlassen und B ii. in.
3 V. und zu verliehren B ii. iii. '• nun auch diese B ii. in. ^ f.
i? II. III. ® möge ^ III -en^il; bei welcher beginnt ein neues stück in
der hs. B i von anderer hand. ' du. Ha, wie wird mir, mich schwindeln
meine Sinne, ich höre Geheul, der Donner rollt ^ in. * (Die F. koriien
angeschrien) B ii; (Es donnert und blitzt, es erscheinen d. F.) B iii.
^ Furien Bu.ui. *" empfange Bn.m. " der Bii; für Deine B m.
'2 den du wohl verdienst B n; f. B in. '^ dg^n ^^^ |,ast uns
teuflisch, überteuflisch gequält, schon ist B i\; f, B in. *'• überhäuft,
empfange Deinen Lohn, fort mit dir B \i\ voll drum hinfort mit dir zur
Hölle B ni. '^ Faust's Stimme (Faust B iii) 0 wehe B n. in. '^ über
meine arme S. (Die Furien verschwinden während der Donner und starken
Blitze mit Fausten (Unter Donner Blitz und heulendes Getöse gehen die
Teufel mit Faust ab B iii)) B ii. in. " 8ter Auftr. Kasper allein dann
Auerhahn B n; Casper tritt geschwind vor Bm. ^^ mit dir reisen
Bni. ^^ welcher ^n. ni. ^o verkrochen Bi. ^^ Du, hören Sie
mal (wer da Halt Bm) Bn.m. -^ f. Bn.m. 23 Aj,a i?ii. ni.
2^ das — Trefi'e f. B n. m.
164 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Kasper Kennst Du mich denn* du schwarzer Kobold.
Auerhan Warum soll^ ich dier nicht kennen^, du bist ja
der Casper, welcher bei den Doctor Faust im Dienst war, nicht
so liebes Casperkin*
Casper (beleuchtet ihn)^ Ach jetz kenne ich dich du bist
ja6 Bruder Kukelhan na sage^ mal, was willst du denn hier%
willst du9 auch Nachtwächter werden, du oller Kukelhan'^
Auerhan Nein das nicht ^' Carper ich will dich abholen
Casper Mier^^ wohin denn Kukelhan ^'^
Auerhan Na du sollst mitkommen ^^ nach der Hölle
Casper (schüttel sich) Bur da habe ich keine Lust mit zu
gehen'*, du '^ mach ja das du weg kommst Bruder Kukelhan,
wenn du nicht mein Freund wärst, so hätte ich dier schon lauge
nach den Morest gebracht, sage mal Bruder Kukelhan ist denn
der Faust glücklich in die Hölle angekommen
Auerhan Das versteht sich, er ist jetz Gelangen in der Hölle
(fasst Casper) und Du musst auch mit, weil Du sein Diener warst
Casper 0 ne du da wird nichts draus jetzt las mier los sonst
sind wier die längste Zeit gute Freunde gewesen,
Auerhan Du bist nicht gescheid Casper in der Hölle ist es
auch gut, denn der Faust, und deine Grofsmutter befinden sich
ganz wohl in der Hölle
Casper Meine Grosmutter ist auch in der Hölle, was macht
denn die alte gute Frau da'^
Auerhan Sie ist da^'' wo Heulen und Zähneklappern ist
^ f. B i; denn in aller stockfinster Nacht, wer ich bin (bin und wer
bist Du denn? i? iii) Bii.m. ^ sollte ^ii. ^ Warum — kennen f.
B Ml. ■* nicht — Casperkin /'. B ii. m; in Bin dafür: und ich bin
Auerhan, dein Freund, ich kome um dich nach der Hölle zu holen (über
den sc/duss von B in s. u.). ^ ihn mit der Laterne B ii, ^ der B ii.
'' na nun sage mir Bii. ^ in Mainlz Bii. ° du willst wohl ^ii.
'° du 0. K. f. Bii. '^ nicht ich kome dir abholen B ii. '- f.
B 11. 1^ Na — mitkommen f. B ii. " dahin habe ich keine Lust
B II. '^ Höhre Br. K., grüfse doch meine Grofsmutter , die olle Frau
soll in die Hölle sitzen, wo Heulen und Zähneklappern ist und meine Grofs-
mutter hat schon gar keine Zähne mehr. A: Nun sag mal Kasper, was
bist Du denn für ein Landsmann (s. u.) B ii. '"^ statt der worte ztoi-
schen abholen nnd da in B in : Casper: So, das ist ja ein allerliebstes
Freundschaftsstück von dir. Also du bist der Kukelhahn? Na sage mal
kommste jetzt aus der Hölle? Auerh: .la direkt aus der Hölle, ich soll dir
von deiner Grofsmutter grüfsen. Casper Danke, Sage mal wo ist denn
die da? " Die ist Bm.
VOM DOCTOR FAUST 165
Casper^ I du dummer Kerl die hat ja keine Zähne mehr
gehabt, womit soll sie denn klappern.
Auerhan2 Aber du musst mit
Casper'^ Ne ick will aber nicht mit
Auerhan Sage^ mal Casper was bist du^ für ein Landsmann
Casper Ich — 6 Ich bin ein Berliner Kind'-
Auerhan Br Br denn kann ich dier nicht brauchen du
dummer Casper. (ab)"^
Caspers (sieht ihm nach) Na was ist denn das, der Teufel
krigt ja das Auskratzen weil ich ein Berliner bin. A ha, jetz
besinne ich mich, kein Berliner holt der Teufel nicht vor die
hat er Respekt, das merken sie sich meine Herrschaften, sie
können sich immer den Teufel verschreiben , wenn er kommt,
so sagen sie nur ich bin ein Berliner gleich kratzt er aus. Na
jetz will ich aber machen das ich zu meine Grete kome denn
mir fängt jetz an zu frieren, sonst muss ich nach der Hölle
gehen und mich wärmen, aber ich will mir lieber bei meine
Gretel wärmen.
Ende des Stücks.
' C. Ja ich besinne mich, es hat ihr bei ihrer Lebenszeit immer ge-
froren, nun ist sie wo sie sich wärmen kann, mier friert aber noch nicht,
also will ich auch nicht in die Hölle spazieren B\. ^ Na Kasperchen
denn komm nur mit ich muss dich mitbringen Bm. ^ G. Meine In-
struktion als hiesiger Nachtwächter lautet, wenn ich nach 10 Uhr auf der
Strafse ertappe, wird als Bummler arretirt also fort mit nach der Wache.
A: Nein Casper lass nur dann will ich lieber gehen (ab) C: ruft ihn nach
Adeu Kukelhan. Den Kasper holt der Teufel nicht i^iii. '' Nun sag
Bn vgl. sA^^ var.Xb. ^ Dn A&nn B\\. ^ f. B\i. "^ Br-Br-
(verschwindet) B w. ^ B\i: G: Aha also so stehtst, ein Berliner holt
d. Teufel nicht da kanns man schon einmal mit den Teufel versuchen (ab).
das letzte blalt ist erst später eingeklebt, die tinte ist ausgelaufen.
Ende.
M. Wähnert.
Anmerliungen.
1. das Vorspiel ist sowol in B\ als in B\\ sehr entstellt. B u
steht hier ganz unter dem einflusse des Klingerschen Faustwerks, das in
dieser hs. auch sonst benutzt ist, wo B\ keine beeinßussung zeigt: vgl.
zb. die antwort des Mephistopheles auf Fausts frage, ob er ihm dienen
wolle: Mein Fürst der Herrscher usw. (s. 133 var. 3). in B i ist die scerie
nur in einer ganz jungen abschrift erhalten , die kaum, noch an die ur-
sprüngliche gestalt des Vorspiels erinnert; einmal bezieht sich der über-
166 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
arbeite?' auch auf die von mir in der eiyileitung erwähnte schauer-
tragödie. nichts desto tveniger habe ich diese hs. für meinen text be-
?iutzt, weil hier doch wenigstens der höllenfürst selbst die anregung zu
der teiifelsversammlung und zur Verführung Fausis gibt, während er in
B II von der ganzen suche erst durch seine untergebenen hört, was in
dieser hs. (B u) alt zu sein scheint — Plutos entrüslung über die Störung
am anfang und Mephistopheles versprechen, in glückliche ehen tinfrieden
zu bringen — , stammt aus Kliiiger.
In Bi sind, gleichfalls in ganz junger Überlieferung, noch folgende
teufelsscenen erhalten :
2t (mit rolsiift ist aus der 2 eine 3 gemacht) Ackt Hölle
Pluto MefestofTelus
Pluto) Nun MefestofTelus, ich sehe das du dein ganzes Höllenwerk in
Anwendung bringst, ich bin mit dier bis je(z zufrieden — MefestofTelus) Mein
Fürst trage keine Sorge, es wird mier nicht schwer fallen, denn Faust ist
ein Freund der Weiber, ich hoffe, das bei den heutigen Feste, seine erste
Mordthat wird fallen, denn er hat sich schon in der Fürstin von Parma ver-
liebt, welches sein erster Sturz wird sein. — Pluto) Recht so MefestofTelus,
er darf aus unser Netz nicht wieder heraus, seine Seele niuss ganz die unsere
werden, — MefestofTel) Und dann mein Fürst, dann liebt er noch ein Mädchen,
mit Namen Margarethe sie ist in Mainz wohnhaft auch die muss fallen, ich
werde es suchen dahin zu bringen, das es einen Doppelmord giebt, — Pluto)
Recht so, dafür sollst du der erste meines Reichs werden, Mefostoffels du
musst die Menschheit zeigen was der Teufel für Kraft besitz, jetz steige
herauf zur Oberwelt, das Faust dier nicht bei den Feste vermisst, denn du
weifst wie wankelmüthig Faust ist, also jetz ans Werk, keine Minute darfst
du ihm nicht aus die Augen lassen — Mefestoffe) Mein Fürst ich werde deine
Befehle pünktlich handeln (ab) — Pluto) Ja mein Faust, du brauchst des
Teufels Macht, aber 3 mal wehe über dich wenn der Teufel seine Macht an
dier zeigen wird (ab).
3t Ackt (Margarethe liegt in einen Gewölbe todt) Faust) 0 Unglückseliege
Stunde, wie bereue ich meine That die ich begangen haben, 0 meine Mar-
garete, bald würdest du Mutler geworden, und ich bin dein Mörder, vergieb
mier denn ich weis nicht was ich gethan habe, denn die Hölle hat mich
mit ihr Netz umgarnt, o vergieb mier meine M., denn ich bin ja ein Doppel-
mörder ja ich will sehen ob ich noch bei deiner Leiche beten kann, ob der
ewiege noch mein Gebet erhören wird, 12 Jahre sind nun bereits verflossen,
wo ich den Teufel meine Seele verschrieb, und aus Parma fliehen musste,
wo das erste Opfer durch meine Hand fiel, die Fürstin von Parma, o Faust
du hast eine schöne Stunde bei ihr verlebt aber was können mier aber
alle die schöne Zeiten nützen die ich mier durch die Hölle erkauft habe,
werden die anderen 12 Jahre auch in Rausche der Freude dahin gehen, als
die verlebten 12 Jahr — Nein — Nimmermer denn meine Seele gehört nicht
mehr den Ewiegen, doch warum bin ich so verzagt, warum treibt mein
Blut mier zur Schwermuth — Ja Faust fasse Muth, vielleicht ist deine Seele,
nicht ganz verlohren, o ich will sehen ob ich Beten kann, ja ich will bei
der Leiche meiner Margarete Bufse thun, ich will sehen, ob der ewiege
VOM DOCTOR FAUST 167
meine Seele, noch einmal wieder aufnimmt (kniet nieder) | 2te MefestofTel [
Letzte Cene | Pluto die Teufel Faust | Hölle | Pluto) Itz Faust ist deine Seele
die meinige 3 fachen Mord hast du begangen du hast gegen Göttlich und
gegen Menschlich gehandelt, du hast deine Seele an den Teufel verkauft,
um deinen Namen auf der Welt zu preisen, du hast den Teufel in der
Hölle keine Ruhe gelassen, also hat das Straf Gericht beschlossen, dier die
das strengste Strafmafs zu geben welches die Hölle besitz, Merkur der Hülle
erscheine, und sprich Fausten sein Urlheil wo seine Seele bleibt. (Merkur
erscheint) Merkur) Faust deine Seele ist verdammt, auf ewieges Fegefeuer
in Pech und Schwefel nie soll deine Seele mehr unter uns Teufel sein du
bist verdammt auf Ewig (schwebt ab) — Pluto) Hz nehmt ihn in eure Gewalt
ihr Teufel jetz ist er der euriege | Teufel schleudern | Fausten fort | Rothes
Feuer | brennt Ende.
j4lle diese tei/felssce?ie?i stehen auf blättern , die mit der ks. ?iicht
zusammeyigeheftet sind.
2. auch diese loorte sind aus dem anfang des Klingerschen Faust
entlehnt.
3. nur in B, U (Ulmer) und der JViener fassung wird Hans Wursts
auftreten nicht vorbereitet, alle übrigen puppe7ispiele lassen an dieser
stelle Wagner bitten, einen gehilfen an?iehme?i zu dürfen.
4. die aus Marlowe stammende buchstabierscene ist in den jüngeren
fassungen arg entstellt, ursprünglich verlief sie wol wie in der engli-
schen vorläge, es finden sich wenigstens noch spuren, dass Hans Tf^urst
dieselben buchstaben las, wie Robin in der ausgäbe C (von 1616) des Mar-
loweschen Stückes, nämlich a und o. vgl. die erste Hans- fFurst-sce?ie in
E und S und Marlowe, text C ii 2 (fFagnersche ausgäbe 1877 s. 65
im. critical com.), in U ist diese Hans-ffurst-scene, wie Hans fViirsts
beschtvörungsscene , die gleichfalls auf eine Marlowesche scene zurück-
geht, und wenigstens noch zwei aiidere ausgefallen, das alte volksschau-
spiel 7var keineswegs so arm a7i Pickelhärtngsscenen , wie Creizenach
annimmt.
Die witze Kaspers über seine nicht vorhandene kleiders ammlung habe
ich aus Bii in den text gesetzt, weil alle anderen fassringen, die mit B
verwandt sind, in dieser scene ähnliches bieten. B i ist an dieser stelle
wenig zuverlässig , so fehlt zb. die erklärung von Wagners frage Seid
Ihr etwa herrenlos? ä'. versteht das wie überall falsch, wird aber über
sei?ien iri'tzim gar nicht aufgeklärt, statt dessen kommt eine stelle, die
sich nur noch in der Wiener bearbeitung findet: Kasper steigt auf den
tisch, man sieht nicht recht, warum (in der Wiener fassung setzt er sich
auf das buch, um so die Weisheit in sich aufzu7iehmen) ; die frage Kaspers,
wer sein herr sei, wird auf eine ganz ungeschickte art angebracht usw.
ich habe daher, wo die beiden anderen hss. mit den so?istigen auf die Ber-
liner bearbeitungen zurückzuführenden fassungen gegen B i überein-
stimmten, diese liss. für den text in dieser sce7ie be7iutzt,
Wag7iers fordei'ung, Kasper solle ih7i ehrfurchtsvoller anreden, findet
sich schon bei Marlowe (Wagner s. 14):
Clown: ßut do you hear, Wagner?
168 DIE BERLINER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
Wagner: Villain, Call me Master Wagner 7isw.
Alle übrigen fassungen haben dieseji zug nicht mehr.
5. in B I folgt hier avf zwei später eingehefteten blätterji von der-
selben hand wie die oben angeführten geisterscenen eine jüngere Um-
arbeitung:
Ein Genius erscheint in die Luft
Faust Wo bin ich welche Mattigkeit überfällt mich, was geht mit
mier vor,
Genius kommt herunter
Genius Faust lass ab von deinen Vorhaben, deine Seele ist den Himmel ge-
weiht, lass dich warnen, und gieb dich nicht mit Gewalt, den Bösen preifs
Faust Wer bist du der es wagt mier in meinen Vorhaben zu stören,
denn ich sehe hier Niemand
Genius Ich bin der Genius der Menschheit, der Ewiege will das du des
Satans Künste verachten sollst, drum fliehe diesen Ort, unterlas dein Vor-
haben, und achte nicht des bösen Ralii, höre die Warnung Faust es ist zu
deinen guten | zieht in die Wolken |
Faust Wie ist mier meine Sinne schwinden, mier, mier ist als habe
ich einen Flohr vor die Augen, ist es Phantasie oder Träume ich bei offne
Augen, oder ist es ein Gaukelspiel, was mann mit mier treibt, mier ist
doch, als erschien mir der Genius der Menschheit, doch fort mit der Phan-
tasie, ich muss mier Luft verschaffen, hinaus ins freie, um meine Sinne
wieder zu fassen (ab)
6t Gene Kasper
Kasper Aber nun habe ich aufgeräumt, ich habe alles herumgeschmissen,
das es eine Lust war, aber jetzt werde ich erst nach der Küche gehen, und
werde mal nach sehen was es da zu Schnabeliern giebt, denn ich habe
grofse Ambitsion im Leibe, mein Magen knurrt so sehr, als wenn ich ein
halbes Dutzend junge Katzen drein hätte, aber ich werde mier ans Essen
drann halten das es eine Lust soll sein (ab) Acktus.
6. in B I ist hier ein stück papier übergeklebt in letzter zeit; ich
folge daher B\i.
7. die gewöhnliche form des namens in den alten stücken der hss.
B I und n ist Mephistophles oder Mephistoples ; wo sich andere formen
finden, hat der abschreiber sich versehen oder verschrieben.
8. die lange rede des Mephistophles in Bii.m ist aus Klinger entlehnt.
9. Fausts entsetzen darüber, dass er mit blut unterschreiben soll,
findet sich in fast allen älteren fassungen; ich habe daher die betreffende
stelle aus B II in den text gesetzt.
10. in B\ und Bin ist die abfahrt hinter die scene verlegt, in Bu
fahren beide auf einem luftmantel vor den äugen der Zuschauer ab. ich
muste hier einmal Bin folgen, denn B i hat hier schon worte, die erst
bei der abfahrt von Parma gesprochen werden dürfen, und B n lässt die
beiden im gegensafze zu B i und B iii (s. hssverhältnis) auf offener bühne
abfahren. Hagen berichtet zwar auch, Faust und M. hätten sich in die
luft geschwungen, aber es ist nicht ganz klar, ob sie dies vor den äugen
VOM DOCTOR FAUST 169
der Zuschauer taten. Sommers bericht stimmt zu Bi und ni; jedoch er-
wähnt mich er den luftmantel.
11. in Seh und auch m Sommers bericht ei'scheint Auerhahn erst,
nachdem Kasper die geister gequält hat. er ist einer der beschworenen
geister und bleibt zurück, die anderen fassungen haben Kaspers geister-
beschwörung je an einer anderen stelle.
12. trotzdem AuerJiahn vorher (s.\\\,^) dem Kasper in allen hss. ein
reitpferd versprochen hat, schickt er in Bi keins , sondern nimmt ihn
auf dem schwänz mit. so scheint auch Sommer die scene gesehen zti
haben, beide hss. müssen entstellt sein, wie eben dies vergessen des Ver-
sprechens , ein reitpferd zu schicken , beweist, auch lassen die anderen
fassungen, Seh nicht ausgenomme?i, Kasper auf einem dracheji abfahren,
und erst auf der rückreise benutzt er Auerhahns schtvanz. B li hat hier
und bei der rück fahrt Verwandlungen, die in B i, B \n 7ind Sommers be-
richt nicht vorkommen , folglich auch in der urhs. nicht vorgekommen
sein können (s. hssverhültnis). — Hörn und Leutbecher berichten von
einer ähnlichen darstellung bei der rückfahrt. es hat hier und bei der
rückfahrt also die schlechteste hs. den besten text. in B i ist eine ver-
tauschung der beiden luftfahrten eingetreten : die hinfahrt entspricht der
rückfahrt in B in und umgekehrt,
13. in B I sind 4 blätter mit folgendem Inhalt eingeklebt von dein
mehrfach erwähnten abschreiber:
2t Ackt Garten Don Karlos
Karlos Es ist heute zum toll werden mann hat jetz so viel zu thun
da Faust an unseren Hofe eintreffen soll, der Herzog iiat alle Freunde ein-
geladen, um diesen Herrn zu emfangen, es wird heute ein grofses Fest
hier geben, (Kasper in Luft schreit) Was ist das für ein Geschrei in der Luft
ein Mensch kommt herunter
2t Kasper
Kasper Na warte du niederträchtiger Kukelhan, dier werde ich es schon
besorgen, das du mier hast aus den Sattel geschmissen, aber wo bin ich
denn nun, bin ich schon in die Bärme drinn | Karlos Aber mein Freund wo
kommt ihr her, und wer seid ihr, ihr scheint ein Diener zu sein | Kasper
Ja ich werde dier gleich bei Diener, ich bin eine Mansperson , sieh mal
her könnst du diese (zeigt die Fäuste) hier sehe sie mal recht an, verstehst
du I Karlos Aber mein Freund ihr seid doch nicht der Faust | Kasper Na
versteht sich, hast du nicht ebend gesehen, wie ich mit den Teufel aus die
Luft gefahren bin, oder bist du blind ] Karlos Das passt mier grade, da sehe
ich den Faust, und der Herzog weifs noch nicht mal das der Faust schon
hier ist, sagt mal könnt ihr mier nicht von euren Künste etwas zeigen, ich
möchte was sehen | Kasper Ja wenn ihr mier gut bezahlt, dann sollt ihr
Gleich was zu sehen bekommen | Karlos Ich werde euch einige Dukaten
geben hier habt ihr 3 | (Kasper) Nun werde ich euch zeigen, wie der Teufel
seine Grofsmutter zu Markte trägt | Karlos Das ist wohl eine Schauder Ge-
schichte, die möchte ich später sehen etwas anders | (Kasper) Oder soll ich
den ganzen Garten, das unterste nach oben bringen, das alles auf den Kopf
steht, du aber auch, | Karlos Nein das will ich nicht sehen, da komm ich
Z. F. D. A. XXXL N. F. XIX. 12
170 DIE BERLllNER FASSUNG DES PUPPENSPIELS
ums Leben ( (Kasper) Du hast ja grofse bange um dein Leben , sage mal bis
du ein Freund von Ballet Sprünge, denn werde ich dier den Trampelien
Sprung machen | (Karlos) Ja von Ballet bin ich ein Freund, nun fängt aber
an I (Kasper) Jetz geht es los, wenn ich 3 zähle, dann bin ich in die Luft,
nun pass gut auf und nimm deine olle kulbs Nase in acht, das ich sie dier
nicht abschlage (Kasper springt umher) hast du schon was gesehen | (Karlos)
Bis jetz noch nicht, ihr habt ja noch nichts gemacht ] (Kasper) Ja Kasper
kann auch nichts, aber jetz geht es los 1 2 jetz kommt gleich 3, (schlägt
Karlos in Gesicht Ab) | (Karlos) Das ist ja ein sonnderbarer Mensch, das kann
der Faust doch nicht sind, was kommen denn da für ein paar Herrn, ich
werde mier in der Grotte stellen
3te Gene Faust MefestofTeles
Faust) Nun MefestofTeles wie gefällt dier die Herzogin ein schönes Weib,
ich muss sie besitzen, du musst mier helfen das sie mein wird, so steht es
im Kontrakt | (MefestofTeles) Faust ich werde sie dier zuführen, aber bedenke
Faust, das du weitgehst, es könnte üble Folgen haben | (Faust) Ich bleibe
bei meinen Vorsatz und weiche keinen Schritt zurück, die Herzorin ist
mier gewogen | (Mefestoffeles) Du sollst deinen Willen haben Faust, wier
werden jetz zur Tafel schreiten , doch Faust gieb auf alles Acht was da
vor kömmt, denn alle Augen sind auf uns gerichtet | (Faust) Hauptsächlich
hat man dier im Auge Mefestoffeles, du hast eine schlechte Maske gewählt,
denn der Teufel sieht dier schon aus die Augen , lass uns jetz zur Tafel
gehen | (MefestofTels) Noch eins Faust setze dich zur rechten der Herzorin,
mann hat die Tafel so eingerichtet, der Herzog sitz zur linken Hand, ich
werde mier hinter dier halten, damit ich die Herzorin, gleich nach der
Tafel kann im Emfang nehmen , Faust wier werden schon gesucht | (Faust)
Verlass mich Mefestoffel der Herzog kommt ich will mit ihm allein sprechen!
14. m dem bericht über die älteste bekannte Faust- auf fühming in
Deutschland, aufgezeichnet vom ratsherrn Schröder, findet sich die be-
merkung, Faust habe auch Karl den grofsen erseheinen lassen. Creizenach
weifs sich diese neuerung nicht zxi erklären und ist geneigt an einen
irrtuin zu glauben. Schröders angaben erklären sich jedoch, luenn man
den text (C) des Marloweschen stücks ansieht, sehr einfach, hier steht
(ff^agners ausg. s. 80):
And he intends to show great Carolus
The race of all his stout progenitors . . .
The royal shapes and warlike semblances
Of Alexander usio.
Hier nahm der bearbeiter des deutschen stücks, das Schröder sah,
Carolus fälschlich als acctisativ, während es natürlich dativ ist, und da-
her kam Karl der grofse unter die erscheinungen, die Faust dem herzog
zeigt, man sieht hieraus übrigens dass aus Schröders bericht überhaupt
nicht mit Sicherheit auf die ursprüngliche gestalt des volksschauspiels
geschlossen werden darf, weil sich aus der eben angeführten stelle ergibt
dass das betreffende stück von Marlowe stärker beeinflusst war, als das
Volksschauspiel m allgemeinen, das aus Marloives stück zwar den Alexan-
der herübernahm, aber nicht defi grofsen Karl, weil der Überarbeiter
VOM DOCTOR FAUST 171
richtig übersetzte, derselbe übersetzzingsfehler findet sich rnerkwürdiger
weise auch in der übersetzimg von Wilhelm Müller (Kloster 5, 977) Und
dieser will den grofsen Karl hier zeigen Jisw.
15. bei Marloioe will der kaiser den geist Alexanders umarmen und
wird von Faust zurückgehalten, von den erhaltenen Puppenspielen hat
nur B diesen zug betuahrt. Seh hatte ihn auch, wie vdHagens be-
richt zeigt.
16. die verse in B il sind jung, ich habe daher die prosa von B i
beibehalten , obiool hier ursprünglich verse gesprochen wurden im volks-
schauspiel, wie sich aus mehreren der ältesten texte (E, U zb.) ergibt.
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE
IN TIROL.
I. Von der mitte des xiii bis zur mitte des xivjhs.
Im folgenden veröffentliche ich eine archivalische Studie, zu
der ich vorzugsweise durch die schritten von FVogt, Leben und
dichten der deutschen spielleute im mittelalter, Halle 1876, und
von JStosch , Der hofdienst der spielleute im deutschen mittel-
alter, Berlin 1881, angeregt wurde, das ganze leben und treiben
der varnden diet bietet des interessanten so viel, dass es mir die
mühe zu lohnen schien, diesem lustigen wandervolke etwas schärfer
nachzuspüren, vor allem war mein streben dahin gerichtet, zu
ermitteln, ob für Tirol sänger und überhaupt spielleute urkundlich
nachweisbar wären, mehrere umstände liefsen von vorne herein
ein günstiges resultat erwarten, besonders der, dass ich durch
die gütige vermittelung des k. k. statlhalterei-archivars in Inns-
bruck, dr David von Schönherr, die erlaubnis erhielt, eine reihe
wertvoller Codices benützen zu können, welche, vormals im Wiener
Staatsarchiv, jetzt im statthalterei - archiv zu Innsbruck verwahrt,
eine fülle bisher unbenutzten materiales erschlossen, diese kost-
baren, umfangreichen archivalien, meist diplomatare und rait-
bücher der landesfürsllichen kanzlei aus dem ende des 13 und
insbesondere dem 14 jh., sind eine wahre fundgrube für die
kenntnis der culturzustände Tirols in jener zeit zu nennen, in
das hofleben, in den haushält der landesfürsten , in Verwaltung
und justizpOege gewähren sie einen einbhck, wie uns ein solcher
kaum durch ein umfangreiches zeitgenössisches geschichtswerk er-
möglicht würde, erwägt man ferner die tatsache, dass in Tirol
12*
172 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
zu ende des 12 bis zur mitte des 13 jhs. ein reiches poetisches
leben sich entfaltete', so scheint es vvol kaum glaublich, dass
der unmittelbar iolgendeu zeit jede lusl an dichterischem schaffen,
alles Interesse am singen und sagen abhanden gekommen sein
sollte, freilich Sängern, wie etwa herrn Leutolt von Sehen, Rubin
werden wir voraussichtlich auf unserer kleinen entdeckungsfahrt
nicht begegnen, die zeitperiode, welche ich ins äuge fasste —
die zweite hälfte des 13 bis zur mitte des 14 jhs. — , ist ja
allenthalben durch einen raschen verfall der poesie in Deutsch-
land gekennzeichnet; aliein dessen ungeachtet schienen mir auch
jene sänger und spielleute von untergeordneter bedeutung es zu
verdienen, dass sie endlich aus dem staube der Vergessenheit an
das tageslicht gezogen werden, jene mäuner, welche unsere lit-
terarhistoriker mit recht als die hervorragenden fortpQanzer und
Verbreiter der herlichen deutschen heldensagen betrachten.
Es ist zwar schon vor vielen jähren von berufener seite^
die Vermutung ausgesprochen worden , dass es in der erwähnten
zeitepoche in Tirol gewis an fahrenden Sängern nicht gemangelt
hat^, allein diese ansieht rausle, wie viele umstände auch für ihre
berechtigung sprechen mochten , so lange blofse mutmafsung
bleiben, als nicht urkundliche daten sie zu stützen und zur vollen
Sicherheit zu erheben im stände waren, diese letzteren beizu-
bringen soll im nachfolgenden versucht sein.
Hinsichtlich der anordnung des Stoffes habe ich nur weniges
beizufügen, die einzelnen nachweise sind der besseren Über-
sicht wegen chronologisch geordnet, wobei stets auf die betref-
fende quelle hingewiesen ist. der weitaus grösle teil der belege
ist, wie bereits eingangs erwähnt wurde, den rechnungsbücheru
der landesfürstlichen kanzlei entnommen, leider sind die Ver-
rechnungen der beamten über ihre ein - und ausgaben so an-
gelegt, dass nur annäherungsweise auf das jähr geschlossen werden
kann, in welchem die aufgeführten ausgabeposten an die einzelnen
*.die reiclien belege hierfür siehe Sitzungsberichte d. phil.-hist. cl. der
k. academie d. Wissenschaften in Wien, jahrg. 1869 s. 607, 1870 s. 143;
Zs. 23,336fr. 26,157.297.
^ IVZingerle, Tirols anteil an der deutschen nationallitteratur. pro-
gramm des k. k. gymnasiums in Innsbruck 1851 s. 11.
^ die vielen alten hss., selbst umfangreiche bildliche darstellungen aus
der deutschen lieldensage in tirolischen bürgen , namentlich im Etschtale,
sprachen nur zu deutlich dafür.
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 173
Parteien verabfolgt wurden, am mislichsten steht es in dieser
beziehung mit den ältesten raitbüchern vom ende des 13jhs.,
insbesondere jenen aus der kanzlei des Herzogs Meinliard ii
(t 1295). in diesen finden wir zwar die angäbe, wann und über
welche gefalle und eiokünftc der beamte rechnung legt, des-
gleichen das Verzeichnis der ausgaben, allein man erfährt leider
nicht, von welchem zeitpuncte an die ein- und ausgaben be-
rechnet sind, ist nach der in den folgenden Jahrzehnten be-
stehenden praxis der beamten auf die vorausgehenden jähre ein
rückschluss zulässig, so dürfte die annähme einer 3 — 4jährigen
amtsperiode der Wahrheit am nächsten kommen, von den zwanziger
Jahren des 14 jhs. an lässt sich in den raitbüchern, was die an-
läge der rechnungsabschlüsse betrifft, eine dankenswerte neuerung
wahrnehmen, indem die beamten sich meist ausdrücklich auf die
letzt vorausgegangene abrechnung mit genauer angäbe von jähr
und tag berufen, damit ist uns der terminus a quo und ad quem
bekannt und folglich wissen wir genau , innerhalb welches zeit-
punctes die einzelnen ausgaben, also auch die spenden an die
spielleute, fallen, die genauesten Zeitangaben finden sich im
codex nr 284 des k. k. statthalterei-archives, glücklicher weise
gerade jenem raitbuche, welches für unsere zwecke die reichste
ausbeute (34 belege) liefert, in demselben verrechnet Ottelin,
der kämmerer des herzogs Ludwig, seine ausgaben von 1300
bis 1305, wobei fast jeder einzelne posten mit dem tagesdatum
versehen ist. in den wenigen fällen, wo letzteres mangelt, lässt
sich die zeit auf grund der streng chronologischen reihenfolge,
welche stets eingehalten ist, mit grofser Wahrscheinlichkeit angeben,
1253april29. Trient. vor mehreren zeugen, darunter FeZ-
chelinus loculator, belehnt herr Heinricus de Predaplana den
Omnebonus Cardesentus und dessen erben mit gewissen zehnten.
— Innsbr. statth.-arch. schatz-archiv nr 3749.
1274 april 15. dorf Cembra. Ballabenus iugulator^ be-
findet sich unter den zeugen in einer Urkunde, laut welcher
Volchemar, söhn weiland Gotefrids von Cembra dem herrn Pe-
legrin ein grundstück verkauft. — ib. Trient. arch. nr 3.
1274 december 28. beim schlösse Belvesin. herr Sicherius
iuculator von Metz bezeugt neben anderen , dass herr Adalpert
* über die (namentlich in südtirolischen Urkunden) öfters vorkommende
form iugulatoi', iuculator statt ioculator vgl. Du Gange in 921.
174 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
von Metz von den brüdern herrn Warimbert und Conrad von
Thunn für ablretung mehrerer leibeigener sowie eines zehnten
in Bordiana (Sulzberg) 710 pf. kleiner Veroneser denare er-
halten habe. — orig. im gräfl. Thunnschen archiv in Brughier.
1291 märz 11. auf schloss Tirol, herzog Meinhard belehnt
Konrad seinen goldschmied in Meran und dessen erben mit jähr-
lich 12yhrm wein aus einem hofe zu Algund. unter den zeugen:
magister Heinricus vigellator. — Ferdinandeum (cod. Ferdi-
nandus f. 197).
1291 juui 13. auf schloss Tirol, herzog Meinhard bestätigt
dem Friedrich und Abraham Schilher als inwohnern zweier häuser
in Bozen befreiung von allen steuern , forderungen und dienst-
leistungen , wie solche bereits die bischöfe Friedrich und Aldriget
von Trient den insassen derselben verliehen hatten, unter den
zeugen Heinricus vigellator. — ib. f. 196.
Zwischen 1292 und 1294. Konrad, kämmerer von Fried-
berg, verrechnet unter den einkünften seines amtes item de ma-
gistro H. liratore Aquil. marc. im, den. lxx. de magistro H. lira-
tore marc. xv pro curia una. — Innsbr. st.-arch. cod. 278 f. 7.
1294 juli 21. im schlösse Petersberg. Wernher, richter in
Hörlenberg, legt rechnung und verausgabte unter anderen posten:
item ioculatori diclo Vreufdeurich Ib. i. — Innsbr. st.-arch.
cod. 279 f. 30.
1294 September 23. auf schloss Petersberg. Al(bert), kastner
in Thauer, legt amtsrechnung und verausgabte: item Hafichampf
cantori Ib. m. — ib. cod. 279 f. 34.
Gleich im folgenden jähre begegnen wir demselben sänger
wider: 1295 august 7. im schlösse Petersberg. Wernher, richter
in Hortenberg, legt amtsrechnung: item ystrioni Hanencamp
Ib. in. — ib. cod. 279 f. 7.
1295. Jakob Hosser legt rechnung und verausgabte: item
Hovelich^ ad portam sancti Francisci ab anno, qui incepit v.
exeunte Marcio Ib. xx bone monete. — Innsbr. st.-arch. cod. 278
f. 26.
Ferner: item dicto Ho flieh ad portam sancti Francisci de
anno, qui incepit Georii marc. viii. — ib. cod. 278 f. 28.
Desgleichen: item Hoflicho ad portam s. Francisci de
• dass Hovelich identisch ist mit dem 1304 juni 14 urkundlich nach-
weisbaren Hoveleich caiitoi', unterliegt keinem zweifei.
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 175
anno, qui exspiravit heri s. v. exeunte Marcio marc. viii. — ib.
cod. 278 f. 28.
1296 juli 6. Tirol. Ber(told), richter in Mühlbacli, legt amls-
rechnuDg, verausgabte: item liratoribus de Charinlliia venientibns
sol. L. — Innsbr. st.-arch. cod. 280 f. 36.
1298 mai 27. Tirol. Nicolaus, richter io Petersberg, legt
rechnung und verausgabte: üem cantori fanmlo ducis Ludwici,
cum dextrario et spadone ad ebdomas iv pabuli m(odios) 6V2. —
Innsbr. st.-arch. cod. 282 f. 55.
1299 juni 22. Tirol. Cursius Foresii et Vannius Dulcebene
socii de Friscobaldis verrechnen: item pro v pellibus variis et
totidem havaris(?) emptis a joculatoribus in sancto Vito (=SVeit
in Kärnthen) vent. Ib.'iv, sol. viii. — ib. cod. 281 f. 34.
1299 august 17. Innsbruck, herr Heinrich von Aufenstein,
richter in Thauer, legt rechnung, verausgabte: ex hiis ystrioni
dicto Vrowenlop pro dextrario marc. xv. inssu domini ducis
Heinrici ex litteris. — München, reichsarchiv, tirohsches Steuer-
buch 1299—1304 t. 5.
1300 februar 18. herr Heinrich de Prayde legt rechnung:
item hystrioni Ib. xxvni per litteras ducis Heinrici. — ib. f. 21.
1300. Ottelinus, kammerraeister des herzogs Ludwig, ver-
ausgabt: in ebdomate Simo7iis et Jude Alhaidi fingellatrici in
Merano pro Guglerio Ib. lui. sol. viii. — Innsbr. st.-arch. cod.
284 f. 51.
Desgleichen 1300 august 28 verrechnet derselbe Seitlino
cantori Ib. i. — ib. f. 21.
1300 november 13: item Bawaro, marito Alh(eidis) fingel-
latricis Ib. xxv. — ib. f. 51.
1300 zwischen december 1 und 13. in Innsbruck: item ibidem
singaerio uni Ib. 11. — ib. f. 52.
1301 december 28: H. phifario gros. in. — ib. f. 27.
1301 um neujahr. Eugelmar Schilher, bürger zu Meran,
verrechnet unter den ausgaben: item Schoentlino ioculatori
Ib. XXII per litteras ducis Heinrici. — Innsbr. st.-arch. cod.
280 f. 86.
1302 jänner 28: Ottelinus, kammermeister des herzogs Lud-
wig, verausgabt: item die solis ante purificationem beute Marie
cuidam cantori Ib. i. — Innsbr. st.-arch. cod. 284 f. 37.
1302juli23. inPetersberg: item cantori uno(!) Ib. i. — ib.f.33.
176 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
1302 um mitte august: item nni cantori diclo Minsser
Ib. X et Ulli liratori Ib. i. — ib. f. 33.
1302 zweite liälfte august: item in Media silva (dorf Mitte-
wald im Eisacklal unweit Sterzing) cuidam cantori dicto Regen-
bogen Ib. n. — ib. f. 34.
1302 September 1 : et eodem die cantori diclo V all er Ib.v. —
ib. f. 33.
1302 September 8 : item in nativilate sancte Marie vigella-
trici de Wirtenberch Ib. xv. — ib. f. 33.
1302 September 24. Chünrad Gandner, vormals burggraf
auf Tirol, legt recbnung und verausgabte: item Ellendo fistu-
latori pro xx urnis vini in sanclo Zenone (Zenoberg bei Meran)
exfensis Ib.L per litleras dncis Ottonis. — M uneben, reicbsarchiv,
tirol. Steuerbuch 1299—1304 f. 103.
1302 September 26: item fistulatori diclo Pruzzin die Mer-
ciirii ante Michahelis Ib. v. — Innsbr. st.-arch. cod. 284 f. 32.
1302 oclober 24 — 30. Ottelinus, kammermeister des herzogs
Ludwig, verausgabt: item phifario domini episcopi Brixinensis Ib.n.
— ib. f. 32.
Desgleichen 1303 .... ilem H(einrico) figellatori pannum
pallikinnm. — ib. f. 3.
1303 april 6. Innsbruck: item ibidem eodem die Lanrentio
diclo Hüntli et Heinrico figellatori, quod comederunt cum domino
meo gros m. — ib. f. 25.
1303 märz 20. Hall: item ibidem die Mercnrii post domini-
cam , qua canlatur lelare, dnobus ioculatoribus cum equo curiali
Ib. X. — ib. f. 25.
1303 niai 9. Zenoberg. computaverunt Nicolaus et Cantus
de Friscobaldis , habitantes in Gries: item dnobus yslrionibus de
Bawaria Ib. xx. — München, reicbsarchiv, tirol. Steuerbuch 1299
bis 1304 f. 78.
1303 mai 21. in Hall verrechnet Ottelinus, kammermeister
des herzogs Ludwig: item .. . cuidam figellatori et fistulatori de
Babaria Ib. vui. — Innsbr. st.-arch. cod. 284 f. 24.
1303 juni 22 verausgabt derselbe: item eodem die H. figel-
latori eo, quod comedit cum domino duce Ludioico gros. i. —
ib. f. 23.
1303 juni 15. Tirol. HStuder, probst in Ulten, legt amts-
rechnung und verausgabte: ilem Mihsnerio cantori Ib. xx per
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 177
lüteras ducis Otlonis, — München, reichsarchiv, tirol. Steuerbuch
1299—1304 f. 114.
1303 juni 20. Berthold, burggraf auf Tirol, legt amts-
rechnung und verausgabte: item H(emrico) spileho Ib. xxx de
stiura. — ib. f. 59.
1303 juli 9. der erwähnte kammermeister Ottelinus ver-
rechnet: item eodem die cuidam cantori Ib. v. — Innsbr. st.-
arch. cod. 284 f. 23.
1303 oclober 11: item figellatori dicto Schawprüllen
Ib. m. — ib. f. 20.
1303 zwischen november 3 und 5: item cuidam figellatori
et fistulatori Ib. iii. — ib. f. 20.
1303 zwischen november 8 und 11. Brixen: item ibidem
duobus figellatoribus Ib. vi, item cuidam sagario Ib. i. — ib. f. 20.
1304 zwischen mai 1 und 12: item cuidam cantori Ib. i.
— ib. f. 6.
1304 juni 14: item Hoveleich cantori Ib. v. — ib. f. 6.
1304 um august25: item duobus figellatoribus episcopi de
Vrisinga Ib. vi. — ib. f. 8.
1304 um September 12: item figellatori domine mee ducisse
Ib. m. — ib. f. 8.
1304 September 16: item cantori Awvenstainerii de Karinthia
Ib. II. — ib. f. 8.
1304 um december 30: item ceco cantanti gros. i. —
ib. f. 10.
1305 jänner 13 oder 14: item figellatori de Inspruk Ib. n.
— ib. f. 10.
1305 zwischen mitte februar und mitte märz: item Seidlino
et socio suo cantoribus Ib. ii. — ib. f. 11.
1305 april 18: «Yern cantori dicto Nernsnabel Ib. i. —
ib. f. 11.
1305 mai 21 (oder 22): item tribus cantoribus Ib. ni. —
ib. f. 12.
1305 juli 4 oder 5: item cuidam cantori de partibus Rem
Ib. I. — ib. f. 12.
1305 juni 6 oder 7: item cantori dicto Cluchent ot Ib. i.
— ib. f. 12.
1305 juni 13. bürg Percine. in gegenwart des Christ an
ioculator und anderer zeugen lässt Tomasius, notar in Meiano
178 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
eine eingerückte Urkunde der herzöge Otto und Heiurich d. a.
1304 vom notar Galvanus beglaubigen. — Innsbr. st.-arch. scliatz-
archiv nr 3745.
1305 october 21. Obermais. Wilhelm von Stainach verkauft
vor zeugen — darunter Hainricus spilarius — dem Wilhelm
genannt Svvenno von Metz einen hof um 70 Veroneser denare. —
ib. Schatzarchiv ur 3842.
1305 october 17. Niedermais. vor mehreren zeugen —
darunter auch Heinricns dictus spilaer — bestätigt Wilhelm
von Stainach, von herrn Ulrich von Rubin 70 kleine Veroneser
denare erhalten zu haben. — ib. schatzarchiv nr 3824.
1314 juli 15. herr Wernher von Tablat, richter in Gries,
legt amfsrechuuug und verausgabte: item cutdam iocnlatori misso
domino regi a domino purchgravio de Nürnberch pro spadone Ib. l.
— Innsbr. st.-arch. cod. 286 f. 51.
1314 august 10. bischof Johann von Brixen erwirbt den
Aeblinum vigellatorem de Stuvels (bei Brixen) von Dietmar,
dem meier von Vintel. — Redlich, Acta Tirol, i nr718.
1315 lebruar 14. herr Peter Troutsun legt rechnung über
die erbzinse in Rodeneck und verausgabte: item iocnlatori diclo
Saul spadonem unnm pro Ib. xxxvi. — Innsbr. st.-arch. cod.
286 f. 64.
1315 mai 31. Hall. Purchard Wadler, salinen -verweser in
Hall, legt amtsrechnung: item cuidam cantori diicis Austrie Ib. iii.
— ib. f. 90.
1316 märz 23. Zenoberg. ebenderselbe verausgabte laut
amtsrechnung: item dnobus cantoribus salis carradasn. — ib. i. 91.
1317 mai 7. [ in Gries. rechnung desselben Wadler: item
Chuntzlino , genero Strudlonis de Inspruka pro spadone empto
et dato cuidam istrioni Ib. lx. — ib. f. 92.
1320 december 8. Bozen, herzog Heinrich belehnt den
Heinrich von Niederthor in Bozen mit einem hause nebst garten
angränzend an das gul Haitizlini fistulatoris. — orig. im gräÜ.
Khunschen archiv in Gandegg.
1320 juni 2. dorf Prissian. Chimrad genannt Plaeterle,
fistulator befindet sich unter den zeugen, als herr Otto von Wer-
berg für sich und seinen bruder Franz den Walther von Prissian
mit einem stück weinland belehnt. — Innsbr. st.-arch. schatz-
archiv nr 3723.
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 179
1322 mai 11. clorf Cembra. Bonus von Cembra, söhn weiland
Adalberts von Cembra, verleiht dem Hendricus joculator von
Castelruth , jetzt sessliaft in Cembra , 2 sliick ackerland als erb-
pacht. — ib. Schatzarchiv nr 3621.
1322 märz 16. bürg Percine. Colla, joculator von Viarago
unter den zeugen, wie Huele für sich und seine erben dem herrn
Oluradinus von Percine sein erbpachtrecht auf eine hübe auf-
sendet. — ib. Schatzarchiv nr 3728.
Derselbe Co/ ^a/ocHtoor erscheint in uichtweniger als 16 Ur-
kunden — sämmtlich 1324 mai 30 in monte Florop, pfarre Percine
ausgestellt — als zweiter zeuge bei erbpachtverleihungen, welche
herr Aeltlin von Schönna vornimmt. — ib. Schönnaer Urkunden.
1322 mai 21. Tirol, herr Konrad von Arberg, castcUan
in Taufers, legt amtsrechnung und verausgabte: item Heinrico
fistiilatori domini (sc. herzogs Heinrich) pro uno equo emendo
verons. Ib. xxx per litteras domini. — München, reichsarchiv, tirol.
raitbuch von 1322—25 f. 3.
1322 juni 16. dorf Cembra. frau Marchesana, mutter des
Bonus von Cembra, und deren erben verleihen dem Hendricus
joculator, jetzt sesshaft iu Cembra, und dessen erben ein haus
sammt hof und keller zu erblehen. — Innsbr. st.-arch. schatz-
archiv nr 3622.
1322 juni 13. Cembra. Hendricus joculator von Castel-
ruth, sesshaft in Cembra, quittiert der frau Marchesana den
empfang von 50 i^ kleiner Veroneser denare für den verkauf
eines hauses sammt zugehör. — ib. schatzarchiv nr 3622.
1325 juni 12. in Hall. Gotschalk , verweser der saline in
Hall, legt amtsrechnung über die Salzsiederei von Weihnachten
1324 bis 23 juni 1325 und verausgabte unter anderem: item
Chunrado joculatori dicto Nimmerselich lib. vni. — München,
reichsarchiv, tirol. raitbuch von 1322 — 30 f. 43.
1325 november 6. Tirol. Hermann von Ried, richter in
Nauders, legt amtsrechnung und verausgabte: item domino Eblino
de Voitsperch pro duobus spadonibus (vvallachen) ab eo emptis
et datis duobus istrionibus verons. marc. vin. — ib. f. 143.
1326 jänner 13. dorf Cembra. vor mehreren zeugen —
darunter Henricus joculator von Castelruth, nun sesshaft in
Cembra — verkauft Zanetus dem herrn Ronus von Cembra mehrere
guter. — Innsbr. st.-arch. Trient. arch. nr 5.
180 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
1326 des naechsten an dem rain mitichen(t). Nycla der
Pfeiffer unter den zeugen, wie Albrecht der Seile und seine
tochter Katherina dem herrn Wilhelm von Schenlienberg und
dessen hruder die wiese Windau um 15 ^. Berner verkaufen. —
orig. im Ferdinandeum (Dipauliana nr 1360).
1326 jänner 16. Cembra. vor mehreren zeugen verspricht
Hendricus ioculator von Castelruth der frau Marchesana oder
deren bevollmächtigten Zahlung der schuldigen 20 ^. — Innsbr.
sl.-arch. Trient. arch. nr 6.
1327 juli 31. Meran. Gotschalk, richter zu Enn, legt amts-
rechnung vom 5 juni 1325 bis 5 juni 1327 und verausgabte: item
fistulatori Torler sil. mod. ini. — ib. cod. 159 f. 171.
1327 anf Tyrol an vnser frawentdk ze phlantz(!). herzog
Heinrich belehnt den Heinrich von Annenberg mit einem anteil an
der feste Annenberg nebst vielen anderen zehnten und lehen in
Vintschgau, darunter auch mit einer halben hofstat, diu was e\
Heinrichs des spilers. — orig. im schlösse Tarantsberg.
1328 uovember 21. Tirol. Gwido von Florenz legt rech-
nung über die zolle in Innsbruck und Hall und verausgabte: item
domino Jacobo Greifoni pro nno dextrario emendo et in servi-
tutem tenendo verons. marc. \n et pro uno spadone ab eo empto
et dato cuidam joculatori lih. xxx. — München, reichsarchiv, tirol.
raitbuch von 1322—30 f. 83.
1328 februar 28. die Augsburger baumeisterrechnungen
von 1320 — 1331: item dnohus hystrionibus missis civibns de
nnptiis dncis Carinthie v lib. Hall. — Zs. des bist. Vereins f.
Schwaben und Neuburg v 1, 121.
1329 februar 15. Zenoberg. Tschanito, kellermeister auf
Zenoherg, verausgabt anlässhch eines 16tägigen aufenlhalles der
töchter herzogs Heinrich, Adelhaid und Margaretha Maultasch,
sowie des jungen Johann von Luxemburg, unter anderem: item
fistulatori sil. mod. i. — Innsbr. st.-arch. cod. 159 f. 91/92.
1330 märz 13. Cembra. frau Marchesana verpachtet ^en-
rico sartori, sesshaft im dorfe Cembra, gebürtig aus Castel-
ruth, auf 15 jähre einen weinberg nebst haus bei Lisignago. —
ib. Schatzarchiv ii serie 148.
Aus den in diesem regeste auftretenden personen, nament-
lich aus den angaben, welche diesem Henricus sartor betreffs
Wohnsitz und herkunft beigefügt sind , ergibt sich wol mit ziem-
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 181
lieber sicheiheit dass letzterer mit dem früher öfters aufgeführten
Henrkus ioculator identisch ist (vgl. die rogesteo von 1322 juni 16
und 1326 jäuner 16).
1331 april 17. Tirol. graf Heinrich von Eschenloch,
richter in Ulten, legt rechnung von Jacobi 1328 — Jacobi 1331
über die 3 jähre 1328, 29 und 30 und verausgabte: item jocu-
latori illius de Pregentz^ spadotiem unnm pro Ib. xlv. — ib. cod.
159 f. 45.
1335 juni 27. in Tirol. Egno von Galsaun, richter in
Laas, legt rechnung über die letzten 4 jähre und zwar von Job.
Bapt. 1331 — Job. Bapt. 1335 und verausgabte: Johanni diclo
sager de Laetsch (= dorf Latsch in Viutschgau) silig. mod. vi,
caseos schoet v. — ib. cod. 169 f. 91.
1336 april 20. Gwido von Florentz legt rechnung über die
erbzinse und sonstigen einküüfle der probstei Innsbruck vom
jähre 1335 Job. Bapt. — 1336 Job. Bapt. und verausgabte:
item dedit Heinrico fistulatori domini (herzogs Johann von
Luxemburg) Ib. 30. — Innsbr. st.-arch. cod. 287 f. 64.
1337 märz 24. Volkmar, burggraf auf Tirol, legt rechnung
über die zolle am Kuntersvveg und an der Toll und verausgabte:
item ioculatori domini Karoli (sc. von Luxemburg, des späteren
römischen kaisers) Ib. xiv. — ib. cod. 159 f. 104.
1337 april 24. Volkmar, burggraf von Tirol, legt amts-
rechnung und verausgabte: item duobus buccijiatoribus Ih. m item
uni cantori Ib. x. — ib. cod. 159 f. 103 und 104.
1337 october 26. im dominikanerinnenkloster zu Steinach
bei Meran. Geroldus fistnlator unter den zeugen, wie frau
Christina, tochter weiland herzogs Meinhard von Tirol, mit Zu-
stimmung ihres gatten, herrn Konrad von Partschins, dem kloster
daselbst anlässlich ihres eintrittes mehrere allode schenkt. —
orig. in der Urkundensammlung des kaufmanns Leop. Ettel in
Innsbruck.
1338 juni 23. Egno von Galsaun, richter zu Laas, legt
rechnung vom 25 juni 1335 — 25 juni 1338: item dedit Johanni
cantori de Laetsch Ib. in. — Innsbr. st.-arch. cod. 159 f. 112.
1338. herr H(einrich) Raspo, richter auf SPetersberg, legt
rechnung und verausgabte: . . cuidam vago Scolari ex ordinatione
' dieser ille de Pregcntz dürfte sehr wahrscheinlich ein graf von
Monlforl sein.
182 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEÜTE IN TIROL
domini (sc. herzogs Johann von Luxemburg) gros vi. — ib. cod.
287 f. 106.
1338 juli 19. Herr Volkmar von Burgstal legt rechnung über
den anteil der Görzer grafen an den zollen am Kunlersweg, an
der Toll, in Passeier und Bozen: item dedit . . . dicto Hasen-
sprunch fistulatori in exitu domini Karoli Ib. x . ... et remisit
H. fistulatori dtii de censn domus Ib.xx. — ib. cod. 159 f. 220.
1339 april 16. herr Berthold von Rubeln, richter in Land-
eck, legt amtsrechnung von Georgi 1338 bis Georgi 1339 und
verausgabte: item dedit vigellatori imperatoris Ib. xl item cantori
ducis Saxonie Ib. x et pro uno equo Ib. lx ; item alio (!) cantori
Ib. V. — ib. cod. 287 f. 124.
1340 mai 22. Engellinus Engelschalch, propst von Inns-
bruck, legt rechnung vom 6 dec. 1338 bis fasten 1339 und ver-
ausgabte: item Dyetlino vigellatori imperatoris pro phantlosa
Ib. XX. — Innsbr. st.-arch. cod. 287 f. 133.
1340 juni 3. herr Urel von Reichenberg, richter zu Nauders,
legt amtsrechnung vom 1 mai 1339 — 1 mai 1340 und veraus-
gabte: item ipsi domino Urello pro uno spadone ab eo empto per
dominum (sc. herzog Johann) et dato cuidam ioculatori in carnis-
privio verons. marc. vii. — ib. cod. 159 f. 135.
1340 juni 14. dorf Tirol. Volkmar, burggraf von Tirol,
legt rechnung über das burggrafenamt, die Steuer in Meran
usw. von Job. Bapt. 1338 — Job. Bapt. 1340; er verausgabte:
item tubicinatoribus de Feltrs Ib. xl; item dominus remisit per
unam litteram suam Heintzlino , fistulatori suo de uno anno
tantum cesum(?) domus sue videlicet Ib. xx. — ib. cod. 159 f. 137.
1340 december4. in Tirol, herr Otto von Auer legt amts-
rechnung über die erbpachtzinse des gerichtes in Passeier vom
23 august 1339 — 29 august 1340 und verausgabte: item dedit
in Prunekka domino (sc. herzog Johann) ad ludum et joculatori
dicto Ekstein pro uno sephiro Ib. xvni. — ib. cod. 159 f. 141.
1342 märz 3. in Tirol, herr Taegen von Vilanders, richter
in Enn, legt rechnung über die erbzinse und einküntte des ge-
richtes Enn und Sela (?) vom 28 märz 1341 — 28 märz 1342:
item dedit per litteram unam ipsius domini Johannis Fridlino
Haydelbergerio pro uno dextrario ab ipso empto et dato dicto jo-
culatori Schillinch verons. marc. x. — ib. cod. 159 f. 151.
1342 märz 23. Schino von Florenz und seine gesellen
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 183
legen rechnuug über die ein- und ausgaben in der wechselbank
zu Meran: et dederunt magistro Heinrico fistulatori Ib.xx, etiam
per litteras domini (sc. niarkgraf Ludwig von Brandenburg). —
Münclien, reichsarcbiv, cod.: Pfannhaus und Zölle in Tirol vorn
jähre 1340 f. 61.
1342 juli 22. Innsbruck, markgraf Ludwig von Branden-
burg weist Fr i edel seinem pfeiter und dessen erben jährlich
15 mark zahlberner aus den zollgefällen am Lug an und beauf-
tragt den dortigen zollner, demselben diesen betrag alljährlich
gewissenhaft zu verabfolgen. — Wien , h. h. und st.-arch. cod.
398 f. 16.
Einen gleichlautenden vergabbrief vom selben datum gibt
der markgraf seinem zweiten pfeifer Oettlinus. — ib.
1343 märz 11. herr Konrad von Schönna legt amtsrechnung
über den halben zoll am Kuntersweg und an der Tüll vom
1 märz 1342 — 28 februar 1343: item dedit Fridlino et Ott-
Uno fistulatoribus marc. xxx. — lunsbr. st.-arch. cod. 159 f. 169.
1343 november 17. frau Ofmia, witwe weiland Gotfrieds ge-
nannt Zukswert, richters zu Neuhaus, legt rechnung: item pro
spadotiibus duobiis datis fistulatoribus verons. marc. xini. — ib.
f. 185.
1344 august 16. in Innsbruck, herr Konrad von Schönna,
burggraf von Tirol, legt rechnung über die hälfie der zolleinkünfte
am Kuntersweg und an der Toll per 1050 Veron. mark vom
1 märz 1343 — 29 februar 1344; verausgabte: item dedit per
unam litteram domini marchionis Fridlino et Ort Uno fistu-
latoribus imperatoris^ marc. xv. — ib. cod. 288 f. 12. item dedit
joculatoribus Ib. xx. — ib. f. 13.
1345 märz 7. Meran. Schyno von Florenz, salinenverwalter
in Hall, legt rechnung über 1664 Veron. mark vom 13 märz 1344
bis 12 märz 1345: item dedit Fridlino et Öttlino, fistulato-
ribus domini verons. marc. xv. — ib. cod. 288 f. 17.
1345 december 7. in Hall. Albert genannt Salier, notar an
' obwol sich im codex deutlich imperatoris findet, so ergibt sich auf
den ersten blick dass ein Schreibfehler des copisten vorliegt, denn Fridün
und Ortlin waren die spielleute des markgrafen Ludwig von Brandenburg
und nicht seines valers, des kaisers Ludwig von Baiern. ich vermute dass
wahrscheinlich in der von Konrad von Schönna der kammer eingesandten
rechnung es geheifsen hat: in parat(is) marc. xv, was alle weiteren
Schwierigkeiten hebt.
184 URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL
der saline, Konrad Kirchmayr und Heinrich judex senior von
Hall, Salinenverweser, legen amtsrechnuug über den sud des
Salzes vom 12 märz 1345 — 3 december 1345 und verausgabten:
item fistulatori diclo Snurre?ipheyl catradam i (sc. salz). —
Innsbr. st.-arch. cod. 288 f. 22.
1350 juni 26. Friedrich von Greifenstein bezeugt dass
Alphart von Greilenstein seinem vetter verschiedene geldbeträge
schulde, darunter auch 3 fl., die Alphart und mein pfeifet^ gen
Mailand verzehrten. — Innsbr. st.-arch. serie ir nr 332.
1352 jänner 6. Botsch von Florenz legt amtsrechnung über
die Zölle iu Bozen und in Perchmauu von Georgi 1345 bis
Georgi 1352 im betrage von 1592 Veron. mark und 5 pfuud,
und verausgabte: item et ioculatoribus domini marchionis marc.
VI. — ib. cod. 288 f. 60.
1355 um jänner 6. dominus marchio depntaoit Johanni pro-
thonotario pro sumptibus suis in infirmitate sua xx marc. de
theoloneo conpuland.(as). datum Tyrol. item cuidam ioculatori
domini regis Dacie dicto Swab x marc. super theoloneo habendas.
datum ut supra. — Wien, h. h. und st.-arch. cod. 402 f. 135.
1359 jänner 11: item marc. vni ioculatori domini datis. —
Wien, h. h. und st.-arch, cod. 402 f. 142.
1359 juni 23. die salzmeier Wernher Zelherr und Eber-
hard Hopfner legen rechnung über die einkünfte bei der saline
in Hall von 25 december 1357 — pfingsten 1359 und veraus-
gabten ua. : item dederunt ßor. v. datos fistulatoribus Frawnbergerii.
— Innsbr. st.-arcb. cod. 288 f. 87.
1359 november 19. Tirol. Petro de Schennano (= Schönna
bei Meran) data est littera pro marc. vni datis fistulatoribus domini
ad proximam computationem de dimidia parte theolonei in Antra,
item similis data est littera Ottoni de Auer etiam pro marc.
vni datis eisdem fistulatoribus ad proximam rationem conputan-
das. — ib.
1359 november 19. in Tirol, data est littera Hainrico cani-
pario pro marc. xv datis Ottlin(o) et Fridl(ino) fistulatoribus
domini ad proximam rationem conputando (!) de dimidia parte
theolonei in Antro. — ib. f. 181.
1360 november 11. Item Ottlino et Fridlino iocula-
toribus domini deputate sunt etiam ad Hainricum caniparium Tirol
marc. xv ad proximam rationem suam computandas de dimidietate
URKUNDLICHES ÜBER DIE SPIELLEUTE IN TIROL 185
thelonei in Antro et in Teil. Datum Tirol die s. Elyzabeth lx. —
ib. f. 1S2.
Eine genauere analyse der durch die beigebrachten daten
gewonnenen ergebnisse behalte ich mir für den schluss des ii teils
dieser Studie vor, welcher die urkundlichen nachweise von der
mitte des 14 jhs. bis auf kaiser Maximilian zum gegenständ haben
wird, das mitgeteilte dürfte vorläufig, wie ich glaube, zur genüge
beweisen, welch frohe sangeslust, welch reiches geistiges leben
und streben damals in unseren schonen alpentälern herschte.
Innsbruck, 15 September 1886. LUDWIG SCHÖNACH.
REINMAR VON HAGENAU UND AUBOIN
DE SEZANE.
Die erste Strophe eines gedichtes von Reinmar (MF 162,
7 ff) lautet:
Ein wiser man sol niht ze vil
versnocheti noch gezihen, de'st min rdt,
von der er sich niht scheiden wil
und er der waren schulde auch keine hat.
swer wil al der loerlte lüge an ein ende komen,
der hat im dne not ein herzelichez leit genomen.
man sol boeser rede gedagen;
und frage ouch nieman lange des
daz er doch ungerne hcere sagen.
in einem altfranzösischen liede, welches beginnt bien cuidai toute
ma vie, findet sich als zweite Strophe:
Je di que c'est grans folie
d'assaier ne d'esprover
ne sa ferne ne s'amie,
tant com on la vnelt amer;
ains se doit on bien garder
d'eyiquerre par Jalousie
cou qu'on n'i vodroit trover (PParis, Rom. franc. s. 126).
Wenn man beide Strophen mit einander vergleicht, findet
man eine so merkwürdige Übereinstimmung in dem gedankeu
und teilweise auch in den worten , dass ein zufall ausgeschlossen
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 13
186 REINMAR VON HAGENAU UND AUBOIN DE SEZANE
scheint und eine entlehnung — die natürlich auf Seiten Reinmars
ist — stattgefunden haben muss.i zur beseitigung etwaiger zvveifel
diene noch folgendes: der scharf pointierte gedanke der letzten
verse, der auch von Reinmar ausgedrückt ist, dürfte sich schwer-
lich bei einem gleichzeitigen trobador oder trouvere und auch
kaum bei einem minnesinger finden, sodass ein gemeinsames
ideenrepertoir nicht in erwägung kommen kann, ferner empfahl
sich die altfranzösische strophe wegen des originellen Inhalts und
des gelungenen ausdruckes zur nachahmung, und hat sich tat-
sächlich sowol in Nord- als in Südfrankreich einer gewissen be-
liebtheit erfreut; im Roman de la violette nämlich, der gewöhn-
lich in das erste viertel des 13 jhs. gesetzt wird, singt sie Gerard,
als er sich von seiner geliebten verraten glaubt, mit einer leichten
durch den Zusammenhang gebotenen änderung des anfanges:
Par Dieu! je tienc a folie
d'asaier ne d'esprover
ne sa ferne ne s'amie usw. (Roman de la viol. ed. Michel s.68).2
aufserdem kommt sie als 'cobla esparsa' in zwei provenzalischen
handschriften vor, in denen sie fast ganz genau übereinstimmt:
in G (Herrigs Archiv xxxv 108) und in Q (Gröbers Zs. f. rom.
phil. IV 518):
Gie mit qe il soit grant folie usw.
man beachte noch den gleichen gedankengang zwischen str. 1
und 2 von Reinmar und str. 2 und 3 des allfranzösischen liedes,
er ist in beiden fällen: was mich betrifft, so habe ich meine ge-
liebte weder auf die probe gestellt noch geladelt, und doch zeigt
sie sich mir unfreundlich und lässt mich im stich, erst in der
dritten slrophe entfernt sich Reinmar ganz von seinem vorbilde,
indem er mit einer anklage und Schmähung endigt, während der
* Abc geben in der zweiten zeile der Reinmarschen strophe sinwip ver-
suochen ?ioch gezihen uuA E sin wip geziken nocli versuechen (MF s. 297),
was also noch genauer zu dem aitfrz. texte stimmen würde; doch verdient
dieser umstand keine berücksichtigung, da ja der vers durch einselzung
obiger lesart zu lang werden und sin wip zu dem Inhalte der folgenden
Strophen , in denen es sich um eine geliebte und nicht um eine gattin
handelt, nicht passen würde: es ist vielmehr eine schreibervarianle, die der
sinn des ganzen nahe legte und die zufällig mit dem französischen über-
einstimmt.
2 die Identität ist von dem Herausgeber erkannt worden, s. die an-
merkung s. 331.
REINMAR VON HAGEMÜ UND AUBOIN DE SEZANE 187
allfr. dicliter, Irolzdem ihn die geliebte gefragt hat, ob er nicht
bald übers meer gehen werde, in ihrem dienste verharrt und um
erhörung bittet, schliefslich sei darauf hingewiesen , dass bei
den bis jetzt constatierten directen entlehnungen deutscher und
italienischer dichter von den trobadors und Irouveres^ wenige
stellen eine auffallendere Übereinstimmung, viele hingegen eine
vagere beziehung zeigen.
Obige strophencongruenz würde also einen zweiten beweis
für die frühe beeinflussung des minnesangs durch die trouvöre-
dichtung liefern, den ersten hat Haupt gegeben, indem er ent-
deckte, dass der schwäbische ritter Bernger von Horheim eine
altfr. Strophe ains del beveraige ne hui nachgebildet hat (MF
s. 277). diese entdeckung ist um so wichtiger, als Berngers lied
wie solt ich armer der swcere getriuwen (MF 114,21) auf grund
der ersten Strophe eine genauere dalierung zulässt. Haupt hat
die fragliche stelle entschieden richtig auf den tod Wilhelms ii
von Sicilien und Apulien (16 november 1189) und auf die heer-
fahrt Heinrichs vi nach Apulien (1190) gedeutet (MF s. 278).
Bernger von Horheim gehört mit Friedrich von Hausen und
Bligger von Steinach in den kreis Heinrichs vi2; und wenn es
noch einer chronologischen bestätiguug bedürfte, so würde sie
durch die oben erwähnte nachbildung gegeben , da die Strophe
ains del beveraige ne bui dem liede d'amours qui m'a tolu a moi
angehört, welches gemäfs der Überlieferung der hss. TaR'^ nach
den gründlichen Untersuchungen von Schwan (Die altfr. lieder-
handschriften 1886) so gut wie unzweifelhaft dem Chrestien von
Troyes zuzuteilen ist^, der um die mitte des 12jhs. geboren
wurde, leider kennen wir keinen lerminus ad quem für das
todesjahr Chrestiens, da das Tournoiement de Tanlichrist, worin
er als tot erwähnt wird, sich nicht genauer datieren lässt; daher
ist auch das lied Berngers nu enbeiz ich doch des trankes nie
in keine engeren gränzen als ungefähr 1180 — 1200 einzu-
schliefsen.
1 Haupt MF s. 277; Barisch Germania 1480—482 und Zs. xi 145— 162;
Gaspary, Geschichte der italien. litteralur i 80. 97 und vortrefflich in Gröbers
Zs. f. rom, phil. 1x572—573.
2 Burdach, Reinmar und Walther s. 34 ff".
' von der ersten gruppe schreibt es AI dem Guiot de Dijon zu, allein
in der vorläge von MT gehörte es dem Chrestien an, s. Schwan s. 28; ab-
gedruckt bei Holland, Chrestien von Troies s. 231.
13*
188 REINMAR VON HAGENAÜ UND AUBOIN DE SEZANE
lu dieselbe zeit nun fällt das gedieht Reinmars ein loiser
man sol niht ze vil, allein hier lässt sich mit grofser Wahrschein-
lichkeit die abfassungszeit bestimmter festsetzen; die nachgebildete
altfr. Strophe gehört nämlich, wie oben bemerkt, dem liede bien
cuidai toute ma vie an (PParis aao.; Wackernagel, Altfr. lieder
und leiche nr 5), das den trouvere Auboin de Sezane zum verf.
hat.t Auboin stammt höchst wahrscheinlich aus Sezane, dem
heutigen Sezanne, das im arrond. Epernay (Marne) gelegen ist,
und muss zwischen august 1221 und november 1229 gestorben
sein. 2 seine litterarische hiuterlassenschaft besteht aus drei liedern,
von denen das erste conh^e le dons tems tioveP eine pastourelle ist,
in welcher sich die politischen anspielungen schwer deuten lassen
(Zs. f. rom. phil. vi 388), das andere kwit voi lou tens felon
[rasoagier] ^ kein biographisches material gewährt und das dritte
bien cuidai toute ma vie^ eben dasjenige ist, dessen zweite Strophe
Reinmar als vorläge gedient hat. in der ersten Strophe dieses
liedes nun sagt Auboin dass die gräfin von Brie ihm befohlen
habe zu singen und dass er sich ihrer Weisung nicht zu ent-
ziehen wage, in dieser gräfin von Brie ist gewis mit Jubainville
(Hist. des comtes de Champagne iv 643) und Longnon (aao. s. 71)
Marie, tochter Ludwigs vn, die gönnerin Chrestiens zu sehen,
welche seit 1164 mit Heinrich i von der Champagne und Brie ver-
heiratet 1181 — 1186 und 1190 — 1197 die regentschaft führte
und 1198 starb (Jubainville m 82. vi 450). dass das lied Auboins
1164 — 1181 entstanden sei ist uuwahrscheinlich, weil er erst
nach 1220 starb; 1190 — 1197 ist auch nicht recht annehmbar,
weil Marie damals schon ziemhch alt war und sich schwerlich
mehr um die dichtung bekümmert hat, und ferner weil die an-
nähme nahe liegt, dass Reinmar nicht erst in Wien, wo er
spätestens 1198 gewesen ist (Walther ed. Paul s. 3ff indirect),
sondern als er noch in Westdeutschland weilte das gedieht Auboins
1 auf grund der lis. T (bibl. nat. f. fr. 12615) und der vorläge von
MT, s. Schwan, Die altfr. liederhss. s. 28. 36,
2 Longnon nach authentischen Urkunden im Annuaire-buUelin de la so-
ciete de l'histoire de France 1870 s. 71. 72.
3 Raynaud, Bibliogr. d. chans. fran?. ii 60; abgedruckt bei Bartsch,
Rom. und past. iii 40 unter Jehan Bodel, dem es jedoch nach Schwans
Untersuchungen nicht angehören kann; auch chronologische gründe sprechen
gegen Bodel , s. Zs. f. rom. phil. vi 388.
" Raynaud iil37; abgedruckt in Herrigs Archiv 42,358 s. Schwan.
5 Raynaud ii 130 s. Schwan.
REINMAR VON H AGENAU UND AUBOIN DE SEZANE 189
kennen lernte, wir werden daher dem letzleren als entstehungs-
zeit c. 1181 — 1186 anweisen können.
Das ergebnis unserer betrachtung ist, dass die meinung, Rein-
mar sei mit der 'nachtigall von Hageuau' identisch, eine neue
stütze erhält, dass er von der trouveredichtung beeinflusst worden
ist und dass daher die ansieht von Becker (Altheimischer minne-
sang), Reiumar habe die österreichische einheimische dichtungs-
weise fortgesetzt, gerechtlertigte bedenken erregt (vgl. Burdach
im Anz. x 13 ff).
Altenburg. OSCAR SCHULTZ.
BEITRÄGE ZUR SGALLISCHEN LITTERATUR-
GESCHICHTE.
I. Der sog. mag ist er Ruodpert und sein sog. brief.
Die SGaller sammelhs. 556 enthält auf s. 394 — 401 eine
kleine Irief Sammlung, die Goldast Älaman. rerum Script. (1606) ii75,
87 — 88 zum ersten mal vollständig veröffentlicht hat, darunter den
berühmten brief des magisters R%iodpert, bei Müllenhoff und Scherer
s. 202. der erste brief über einen klosterraub steht auch bei Wart-
mann, Urkundenbuch in s. 34 nr 820, der den Vorfall in das
Jahr 1022 verlegen möchte, als abt Purchhard ii, an den er ge-
richtet sei, sich auf dem Römer zuge Heinrichs ii befand, bei Wart-
mann ist auch die berichtigung der stelle in IvArx, Geschichten
1, 240 nachzusehen; dazu GMeyer vKnonau, Continuatio casuum
sancti Galli, SGaller Mitteilungen 17, 31 anm. 91. über die hs.
vgl. Scherrers Verzeichnis 175/. zu der folgenden kleinen Unter-
suchung wird es erwünscht sein, alle 8 briefe der Sammlung in
einem neuen genaueren abdruck zu besitzen, der erste beginnt
unmittelbar ohne weiteren absatz oder irgend welche Überschrift, ab-
gesehen von einer m.odernen randglosse, nach einer Vita Cassiani
auf s. 394 zeile 4. auch die folgenden briefe sind in der hs. nicht
auseinandergehalten; bei beginn eines neuen ist nicht einmal eine
neue zeile angefangen, die arabische bezifferung der einzelnen
episteln am rand geschah ebenfalls durch eine jüngere hand. was
das alter der selten 394 — 401 betrifft, so stammen sie ganz un-
zweifelhaft aus dem 1 1 jh. ; nur ist der erste brief von einer
190 ZUR SGALLISCHEN LlTTERATüRGESCHICHTE
anderen hand geschrieben ah die folgenden, ivelche einen unge-
übteren Schreiber verraten, die abkürznngen si7id hier mit aus-
nähme des letzten briefes, den auch Piper in der Zs. f. d. phil.
11, 285 und in seiner Nolkerausgabe neu abgedruckt hat, aufge-
löst, sonst sind alle eigentümlichkeiten der hs. getreu widergegeben,
sämmtliche briefe sind in Gräters Bragur v 1, 39 — 47 übersetzt,
freilich mit gänzlich irriger beziehnng auf den Chronisten Radpert
und nicht ohne komische misverständnisse im einzelnen; so ist in
brief \n vasculum == srtmeH einer gewissen pflanze, die im loalde
gesucht werden soll, mit 'geschirr' tcider gegeben , die zeile 7 in
brief \m lautet nach der Übertragung bei Gräter: 'dem die heiligen
hold sind, der mag rossen (horsko ! !) gebieten.' der ausdruck von
dem 'schon alternden Moeris' in brief vi bildet offenbar eine an-
spielung auf Vergils Buc. ix 53.
[i] Domino et abbali nostro. P. iios fratres veslri discipuli
debitas oraciones. De his, quae erga vos sunt, laetificasti nos
Scripte, quia gralia dei recte aguotur. Contigit etiam vestris ora-
cionibus aput nos, quod ad communem laeticiam pertinet, de
ecclesiastico censu, qui furto raptus est, partem nos non mini-
mam recepisse , et ipsum furem captum in vinculis nos tenere.
Est enim servus keroUi de pettenhusen filii alberici , et nomen
eins gunzo, et nomen patris eins richolf, qui nunc in comitatu
militantis sui domini est. Reddidit ergo coronam et auream
capsam absque opercuio et aureae crucis quasi terciam partem.
Maioris quoque capsae quaedam fragmeuta, quamvis de gemmis
paucae admodum redditae sunt. Spes autem de residuis manet,
quia venundata sunt in manum cuiusdam merchatoris de bu-
chouua, qui pero dicitur, et quondam ibi monetarius erat, multa
quoque in manus constanciensium mercatorum, quorum nomina
sunt eccho' chomeli" woueli* albeli' engezo* tegenharth. Deus
vero (juendam extraneum hominem [395] ad nos mittere dignatus
est, qui oculte sibi pactum ßeri peciit de precio duarum librarum
pro delatura, ut hec patefaceret. Ipse vero accepto pacto sine
mora Iratrem annonem ad constanciam duxit, ubi particulas auri
fabre factas, quas cognovit, a tegenhardo tecit praesentari sibi.
Sed ille a perone de puochouua se emisse eos testatus est. Inde
frater idem ad peronem veniens per hugonem vestrum militem
furem sibi in domo sua latitantem monstrari l'eciL Qui statim
captus sub terra ocultatum tesaurum, quantum sibi remansit, red-
ZUR SGALLISCHEN LITTERATURGESCHICHTE 191
(lidit. Nunc vobis ageodum est cum rege , ut advocati ulriusque
ecclesiae tantae rei exactores fiaot, et in suum locum restituant.
Nee illud minus intimandum est vobis, quia longe minora et
pauciora sunt, quam putastis, quae a vestris ministralibus in usum
nostrum exhiberi iussistis, et quanta grassatur in nostra terra
boum omniumque peccodum mortalitas, ut rex per nos reditum
ceperit decernere ipsi habeatis de bac quasi egypti plaga sug-
gerere. Qui est autem altissimus vobis domino nostro prospera
cuncta concedat.
[396] Parentibus suis A. agnus ablactatus pium balatum. [n]
Nuperrime a vobis sanus abiens adhuc me valere profiteor. Feto
ergo, ut promissio vestra de remunerandis sudoribus magistrorum
meorum ad effectum veniat. Mihi etiam veluti peregre consti-
tuto omnium indiguo, necessaria, quae locuti estis, inpendite.
R. celesti rore inbuto T. quicquid boni potest. Ex quo [ui]
sub ditionis vestrae iugum adductus sum , educastis me absque
omni remuneratione amicorum meorum, non minori dilectione,
quam si ex vestro progenitus essem corpore. Quia enim in
evangelio scriptum est, operarium dignum esse mercede sua, pro-
posui ire ad sorores meas in insulam , quae vocatur lindouua.
Ibi arbitror me acepturum esse aliquod munusculum, quo pos-
sim vestram venerari faciem.
R. spiritali cibo saturato [397] certitudinem famulaminis. [iv]
Pietati vestrae dolores nuditatis meae erubescerem dicere , si mi-
seriam quam patior nesciret, Ea ratione coactus imploro misera-
tionem vestram, mihi prestari licentiam exire ad matrem meam,
quae ut spero non dedignabitur mihi subvenire in necessariis rebus.
Parentibus suis H. coronatus habitu clericatus fidelem in [v]
Christo orationem. Optimum invenistis consiHum me transmit-
tendo in monasterium sancti galii ad disciplinae et doctrinae
aedificationem. Ibi me illa duo invenisse abundanter, confiteor.
Hec est autem postulatio mea, mihi velocius ex vestra largitate
transmitti tercium miserationis vestrae munusculum, id est duas
camisias et lineam tunicam, quibus incedere possim cum aliis
consodalibus meis ho[398]norifice, non cum dedecore nuditatis.
Domno R. T. ultimus vester amicus, fidelia orationis et fa- [vi]
mulatus. Dum occurrit animo, quanta a vobis dilectione et bene-
ficiis dignor , magnus pudor est, nihil congrui forsan posse re-
pendere. Sed rogo, ne ideo vos pigeat ceptorum, quia nobis
192 ZUR SG ALLISCHEN LITTER ATURGESCHICHTE
deest copia redibitionum. Nam perpetem restituet vicem, qui
neminem praemii patietur extorrem. Quod autem de docendo
puero per nostrum Vodalricum demandastis, licet ipsa vox et
memoria iam senescentem fugiat moerim, libentissime gratia vestri
nostram inpendimus operam. Valete. Ne obliviscantur me sacra-
tissimae orationes vestrae.
[vii] [399] H. karissimae nepli R-Mp- plurimam salutem, ser-
vitutera et orationem. Milto tibi, dilectissima, duos homines et
rogo, ut tu bis tertium de tuis addas, ut eo ducente et te auxi-
liante saltum circueant(!), ut aliquod vasculum inveniant et meis
usibus deferant. Memento igitur fidei et servitutis et hanc me-
cum iac misericordiam , ut eos ibi adiuves, et ad me redeuntibus
tuum adiutorium inpendas. Vale karissima. [tiach diesem bhefe
ist eitle viertelsseite leer, dann folgt auf s. 400 der sog. brief des
sog. Ruodpert:]
[viii] Quia uirtus cstillationis inictu pungentis e. Uuända des
kestiruis chräft fergät ünde uirlöufit in so längere uiriste so man
einin stüpf ketüon mag. Informis materia. Täz chit skäffelösa
zimber. Inteperies. Intrerteda. fides e sperandarü substautia
5 rerü. arguiiitü ii appareuin. Täz chit küish6it t6re nöh üröugöu.
Que ds diligit. hunc ex audit. Cui deus placabilis. huic ex
orabilis. Temo die lieiligen holt sint. ter mag hörsko geb6töu.
In humilitate iudiciO ei§ sublatü e. Täz In nioman zerehte neliez
täz uuärt ze leibe, ümbe sina döumöti. In pasca annotino .i.
10 pascale festü. [401] prioris anni .i. ter feroerigo osler tag.
Ypapanti .i, cuentus omuiü etatum.
Nomen, nämo. Pnom. füre däz nom. verbü. uuört. Ad-
uerbiO. Züoze demo uerbo. Parlicipiu teil uemuuga. Ciunctio
geuügeda. Pposicio. füre sezeda. Interiectio. ünd6ruuerf.
15 Nomini qd accidunt? uui mänegiu uölgent temo nomini .vi.
Que? qualitas te uuilichi. que? sub auditur. ubiz eigen si.
aide gemeine ter substantie. aide des accidentis. Cöparatio.
teuuidermezünga, cuius? tiscomparatiui. aide dis suplatiui. Züo
d6mo posiliuo. Genus tiz chünne. cuius? sin aide.
Zu zeih 9 ist nun unten s. 400 loider von anderer hand ein
Zusatz angebracht ,■ dessen letzte zeile sich noch auf s. 40\ hin-
über erstreckt, es ist aber keineswegs, wie man aus dem willkür-
lichen abdruck bei Goldast geschlossen hat, ein neuer brief. er
beginnt auch nicht, wie Goldast druckt, mit den warten: Quaeris
ZUR SGALLISCHEN LITTERATURGESCHICHTE 193
a me, quid sit pascha annotinum?, sondern diese randglosse
lautet:
Aliter pascha est Annotinum. Conventus compatrinorum ad
missas eins modi per omnes octavas sabbati sancti id est bap-
tismi per annum et per ordinem cuiuscunque cum caeteris cod-
vivium. Quod vidimus, hoc testamur. Presbyter symbolum super
infantem dicit et meusae participat aquam sapientiae. [40 1 oben]
Pascha prioris anni rememori neque fidei est.
Die folgenden bemerkimgen richten sich gegen Müllenhoff und
Scherer s. 570 — 73. ich icill dabei die frage bei seile lassen, ob
wir es hier — den ersten vielleicht ausgenommen — mit würk-
lich geschriebenen briefen, wie die hei^ausgeber der Denkm.
annehmen, oder blofs mit formelbriefen zu tun haben, nach
meiner meinung sind es formelbriefe, was schon Goldast in der
Vorbemerkung zu seinem abdruck gesehen hat: sunt autem for-
mulae conscribendi epistolas, quas (Ruodpert) discipulis suis in
schola dictavit. in brief u — v wenden sich offenbar schüler mit
danksagungen und bitten an ihre lehrer und eitern, brief vi rührt
aber von einem erwachsenen her. einzig in brief vii nennt sich
ein Ruodpert und richtet sich an H, seine geliebte enkelin. ganz
irrig hei f st es in den Denkm. hl \: (in dieser epistel) 'schreibt ein
H. karissimae nepti Ruodep.'(!!) ein magister Ruodpert starb be-
kanntlich in denselben tagen mit Notker m am 16 /m?« 1022.
Nr VIII aber ist es, worüber hier eingehender die rede sein
soll, die allgemeine ansieht über dieses stück geht dahin, dass hier
ein gewisser P. den rat Ruodperts in litterarischen absichten, zu
übersetzungszwecken einholt, um es aber gleich zu sagen: der sog.
brief Ruodperts ist erstens augenscheinlich gar kein brief, sondern
irgend eine Schularbeit und zweitens ist dieselbe bisher
ohne jegliche berechtigung dem magister Ruodpert
zugeschrieben worden. Goldast hat in seiner willkürlichen
weise ohne einen anderen anhält, als dass in nr vii ein Ruodpert
genannt ist, die ganze briefsammlung und so auch nr viii dem Ruod-
pert magister zugelegt und nach ihm alle weiteren herausgeber von
Wackeriiagel bis auf Müllenhoff und Scherer. dazu findet sich in
Goldasts und sämmtlichen neueren abdrücken folgender eingang zu
nr viii : P. dilecto suo salutem et profectum in doctrina. Verba,
quae ad me misisti, ut tibi exponam, in theodiscam linguam
transluli. sie enim sonare debent. dann folgt der Wortlaut von
194 ZUR SGALLISCHEN LITTERATÜRGESCHICHTE
VIII : Quia virtus usw. also doch ein brief? und wie kommt
es, dass xoir diesem briefeingang in unserem abdrucke oben
nicht begegnet siiid? einfach deswegen, weil er nicht in der hs.
steht, stand er aber zti Goldasts Zeiten oder überhaupt jemals
darin? die Denkm. s. 570 sagen, von der hs. sei 'jetzt nur ein
mit zeile 4 Quia beginnendes und der hs. 556 als s. 400. 401
beigebundenes quartblatt erhalten' und fügen hinzu, dieses quart-
blatt sei von bibliothekar dr Henne wider aufgefunden worden, sie
nehmen also an, es sei seit Goldast der anfang (sowie der schluss)
dieses sog. briefes verloren gegangen, 'dass dieser nach wenigen
Zeilen abermals abbricht und hierauf der neunte und letzte wider
vollständig ist', wissen sie sich vollends nicht zu erklären, es ist
schon gezeigt worden dass der angebliche neunte brief nur eine
randglosse ist, der Goldast als eingang eine gut findende epistel-
wendung verlieh, über den anderen wichtigeren eingang zu nr viii
erhob sich, wie man loeifs, bereits eine kleine controverse in bezug
auf den adressaten P., in welchem Wackernagel den abt Purkhard ii
erblickte, icogegen die Denkmäler auf einen Purchard bouae in-
dolis adolescens (f 1022) hinwiesen.
Mir war dieser eingang schon lange verdächtig, namentlich
war nicht einzusehen, dass auf dem vorgeblich verlorenen blatte,
das Goldast benutzt haben will, nur die par zeilen des eingangs
gestanden haben sollen, um so weniger , als ja die vorausgehende
blattseite 399 zur hälfte unbeschrieben ist. wie, icenn dieser ein-
gang überhaupt unecht loäre, ein neueres machioerk Goldasts? so
etwas war ihm von vorne herein wol zuzutrauen, diese und andere
zweifei veranlassten mich, genaue einsieht von der SGaller hs. 556
zu nehmen, meine Vermutung hat sich als völlig richtig erwiesen,
der eingang P. dilecto bis sonare debent ist gefälscht, es
handelte sich für mich einfach darum zu constatieren, ob vor s. 400
ein blatt fehle oder nicht, dann darum, welche bewandtnis es mit dem
angeblichen, 'von dr Henne wider aufgefundenen quartblatt' habe, ob
dasselbe dem codex etwa erst nachträglich beigebunden worden sei.
nichts von alle dem. vor s. 400 fehlt absolut kein blatt und das
blatt s. 400 — 401 ist, seit der codex so gebunden ist, dh. seit
400 — 500 Jahren immer ein bestandteil der hs. 556 gewesen, das
blatt gehört zum gleichen quaternio, es trägt dieselben aus dem
vorigen jh. stammenden Ziffern der pagination , wie alle übrigen
blätter , es ist liniert und hat genau so viele zeilen wie das dem
ZUR SGALLISCHEN LITTERATURGESCHICHTE 195
quaternio entsprechende vordere Matt, hat genau dasselbe formal wie
die übrigen blätter ; unten ist es etwas aufgerissen, oben durchaus
nicht, weifs der himmel, was dr Henne, der damalige bibliothekar ,
den hüten vorgab ! der Sicherheit wegen hatte der jetzige stiftsbiblio-
thekar in SGallen, herr Idtensohn, welchen ich um eine Unter-
suchung der hs. seinerseits angieng, die freundlichkeit , den be-
währten hsskenner Gustav Scherrer herbeizuziehen, wir sind alle
drei zu demselben resultat über die absolute Unversehrtheit der betr.
•partie des codex gelangt, (nach den genannten herren gehören die
SS. 394 — 401 ganz sicher dem \1 jh. an.) Goldast wüste offenbar
mit nr viii nicht gleich etwas anzufangen und schrieb unbeküm-
mert einen briefeingang dazu, nach aufdecknng dieser seiner
fälschung hat somit zukünftig dreierlei dahin zu fallen:
1) das ganze ist kein brief, sondern eine Schul-
arbeit; 2) ist der magister Ruodpert, mit dem diese
Schularbeit nichts zu schaffen hat, von der litteratur-
geschichte aufzugeben; 3) da die eingangszeilen eine
fälschung Goldasts sind, ist die controverse über den
P. diieclus gegenstandslos geworden.
Nun hat die angelegenheit aber auch ihre ganz eminent wich-
tige positive Seite, namentlich auf diesen brief stützten sich
alle die, welche von einer SGallischen übersetzerschule neben Not-
ker sprachen. Ruodpert galt für einen Vertreter derselben, sein
schaler P. ebenfalls und man glaubte vorschnell, einen blick in die
art und weise der SGaller übersetzerschule gewonnen zu haben,
der vermeintliche Ruodpert und P. sind nach der obigen ausführung
in nichts zerflossen, über die unwahrscheinlichkeit der existenz
einer übersetzerschule in SGallen wird meine demnächst erschei-
nende Geschichte der deutschen litteratur in der Schweiz handeln,
dass neben den Psalmen die ganze Roethiusübersetzung , die des
Marcianus Capella, der Kategorien und der Hermeneutik des Aristo-
teles von Notker m herrühren, hat Kelle unwiderleglich erwiesen,
schließlich eine kleine beleuchtung der vorliegenden Schularbeit nr viii
aus der SGaller brief Sammlung.
Zeile 1 — 3 Quia virtus — kelüon mag ist modificiert nach
Marcianus Capella, Hattemer 3, 325^ vgl. Kelle Zs. 30,309.
Zeile 3 — 4 Informis — zimber stammt aus dem 3 buch des
Roethius, Hattemer 3, 128'.
Zeile 4 Intemperies — Intrerteda stammt entweder aus Roe-
196 ZUR SGALLISCHEN LITTERATURGESCHICHTE
thius 145'' oder Capella 355'', ico freilich das lat. wort anders
verdeutscht ist. Kelle aao.
Zeile 4 — 5 fides — üröugöu ist Hebräerbrief 11,1. bekannt-
lich steht diese stelle vervollständigt auch in der aus SGallen her-
rührenden hs. C 129 bl. 96'' der Ziiricher Stadtbibliothek, zuletzt
gedr. von Piper in der Zs. f. d. phil. 13, 456.
Zeile 6 — 7 Quem — gebetöo. diese sprichwörtlichen Sentenzen
mögen ursprünglich etwa der psalmstelle 145, 20 (nach der Vul-
gata 144) : custodit dominus omnes diligentes se nachgebildet sein.
ZeileS — 9 In hurailitate — d6umuoti. Apostelgeschichte S,d3.
Zeile 9 — 11 In pasca — aetatum rühren aus einem computus
(dem Notker sehen?) her.
Zeile 12 — 19 Nomen — aide sind dem eingang des Donat und
anderen grammatikern nachgebildet.
Was somit nach weg fall des unechten briefeinganges bleibt,
ist eine blofse Schulaufgabe, offenbar aus Notkers schule und zu-
nächst aus Notkerschen Schriften zusammengetragen, nicht aber
die atitwort eines selbständigen Übersetzers, der einem schuler auf
vorgelegte fragen bescheid gibt, 'litterarische absichten' liegen nir-
gends vor.
II. Notkers Computus.
In dem bekannten brief an den bischof Hugo von Sitten führt
Notker in unter seinen Schriften einen neuen Computus in lateini-
scher spräche auf. unter comput versteht man eine anleitung zur
bestimmung von ostern und der übrigen christlichen feste. Beda
venerabilis und nach ihm Hrabanus Maurus haben solche verfasst.
vgl. Ebert, Allg. gesch. der litt, des ma.s 1, 605 und 2, 127. nun
war aus der Zs. 23, 436 und aus LDelisle, Melanges de paleo-
graphie et de bibliographie (1880) s. 456 zu ersehen dass in der
aus Deutschland stammenden Pariser hs. Nouv. acq. 229 ua. auch
der Computus eines Notker enthalten sei. dies ist natürlich das
verschollene werk Notkers in von SGallen. vgl. p. Gabriel Meier im
Jahrbuch f. Schweiz, geschichte 10, 87. der die ss. 252 — 60 der
hs. einnehmende Computus soll im nächstjährigen schulprogramm
des klosters Einsiedeln abgedruckt loerden. auf die spur einer
ziceiten hs. führt Montfaucons Bibliotheca bibliothecarum manuscr.
(1739) tom. II 1334: unter den mamiscripten der bibliotheca Pon-
tiniaci erscheint aufser der Notkerschen Rhetorik ein Computus
Notgeri.
ZUR SGALLISCHEN LITTERATÜRGESCHICHTE 197
III. Wer ist der Verfasser der gereimten ahd. lisalmen-
üb er Setzung (Müllenhoff und Scheiter s. 22 — 24)?
Zu unser aller erstaunen hat sich jüngst der alte 'mönch von
SGallen', der verf. jener prächtigen Gesta Karoli magni (MG 2, 726,
Jaffe, Bibl. 4, 619, vorzüglich übersetzt durch Wattenbach in
den Geschichtschr. d. d. vorzeit) entpuppt und zwar als keinen
geringeren denn Notker i Balbulus. schon Goldast und Basnage
haben im 17 und \8 jh. die ansieht geäufsert. sie wurde später
als unbegründet verworfen, aufgenommen wird sie nun von Karl
Zeumer in den Historischen aufsätzen dem andenken an Georg
Waitz gewidmet (1886) s. 97 ff. der mönch bezeichnet sich in den
Gesta selbst als balbus et edeotulus, stammelnd und zahnlos, was
mit anderen aussagen, die Notker Balbulus zb. im formelbuch,
dann in seinem hymnus über den hl. Stephan (Dümmler SGallische
denkmale 228 aeger et balbus) über sich tut, auffallend überein-
einstimmt. man schloss — so ist der gang der Zenmerschen be-
weisführung — aus jenen attributen 'zahnlos und stammelnd' bis
jetzt ohne weiteres mit unrecht, der mönch müsse sich in einem
entsprechend hohen alter befunden haben; aber die betreffenden
ausdrücke berechtigen durchaus nicht, weder ein besonders hohes
alter, noch ein höheres, als das damalige Notkers, der etwa den
fünfzigern nahe war, als er auf veranlassung Karls in um 883
an die Gesta gieng, vorauszusetzen, allerdings könne balbus et
edentulus zur characterisierung eines greises gebraucht werden,
aber diese beiwörter seien hier gerade characteristische zunamen für
einen jüngeren, ferner weise die dem Salomonischen formelbuche
angehängte notatio Notkers eine fülle von ausdrücken, Wendungen
und anschauungen auf, die auch den Gesta eigentümlich seien, das-
selbe treffe zu bei dem übrigen bedeutenden anteile Notkers an dem
formelbuche usw.
Wie man weifs, weisen die geretteten reste einer gereimten
psalmenübersetzung, der 138 und etliche verse aus dem 139 psalm,
nach SGallen, jedesfalls in die Umgebung Salomons iii hin und mögen
noch dem letzten Jahrzehnt des Q jhs. angehören, da dieselben in
der alten Wiener hs. des Salomonischen formelbuches stehen (vgl.
Dümmler, Das formelbuch des bischofs Salomo (1857) s. xxv,
Müllenhoff und Scherer s. 311), dessen inhalt zum grofsen teil von
Notker Balbulus herrührt, möchte ich mit der Vermutung nicht
198 ZUR SGALLISCHEN LITTERATURGESCHICHTE
ziirücMalten , dass in diesen deutschen versen möglicher weise ein
werk von Notker Balbulus vorliegt.
Zürich, november 1886. J. BAECHTOLD.
BRUCHSTÜCKE EINES GEBETBUCHES.
(1^) an dir alle vnser helle lit
hilf vns frauwe an der zit
vnd in der engistlichen not
wan vns beuellet der grime tot
5 das wir danne gnade finde
andirvnddinem Ifben kinde. aiii.
Avon unser frauwen.
ve der himele koniginne
aller lügende ein keiserinne
10 vnd ein frauwe der engele köre
wir grüzen dich das höre
gegruzit sistu heiiger stam
des frucht vns alle we benam
das vns da brachte in padis
15 ein stam ein boüm ein apfel ris
vz der werlde vff gegangin ist
ein sonne die heizet ihüs crist
0 aller erin bort biz fro
dine riebe schone ho
20 vber allez das himel vn erde treit
far wol du vFolgezogene meit
vnd bite vor uns zu aller stüt
ihm diu kint das wir gesunt
an der sele werden genzliche
25 mit dir in himelriche. amen.
Als dicke als du diz gebet
spriches so hastu sehs
tusent vnd sehs bundH
tage ablazis.
30 T\Er himelische konig
JL/vnser herre ihüs crist
der hing an dem cruze alleine
mit gotlicher minne
(1'') mit senftender sele
mit betrübetem sinne 35
mit verwontem herzen
mit verhouwenem libe
mit krachenden geUdern
mit gesperten armen
mit verdeneten ädern 40
mit rufendem munde
mit heiser stimme
mit bleicher varwe
mit einem totlichen antlicze
mit weinenden ougen 45
mit swindelme hirne
mit betrubeteu geberden
mit burningem ernste
mit eime vSvonten geneigete
höhte
mit einem toden libe 50
mit eine v^scheiden reinen ende
mit offener siten
mit filzenden bechen
der da ist ein born des lebinden
burnen. die minne brach im 55
das herze, von vnser frau-
wen.
Freuwe dich koniginne
des hiraels keiserinne
wan der von dir geborn ist
der da heizet ihesus crist 60
als die ppheten hatten gesaget
BRUCHSTÜCKE EINES GEBETBUCHES
199
bite in vor vus du edel maget
das wir in müzen sehin vnd dich
in dem fronen himelrich. amen.
65 von vnserm herreu gote.
(2*) jch bite dich herre ihü crist
jLdas du diz gebet entphahist
in ere des heiigen gebetis
das du zu dime himelische vat^
tetis
70 vff dem berge zu syna
das er dich des todes wolde erla
den du doch williglich liden w^e
für vns armen sundere
durch die du ouch vff erlriche
75 komen were. vnd maue dicii
der grozen engisle. daniite
din reines herze, vnd din heil
ge sele befangen was an der
stunde, do du nicht alleine di
80 nes valir helfe an riffe sunder
ouch von diner gescheffede ge
sterket woldes werden, vnd
mane dich des blutigen sweizes
den du vor der engiste des grü
85 welichen todes guzze
vnd bite dich durch die craft
des gebetes das din vatir er-
hörte zu sinen grozen eren
vnd zu vnserm ewigliche heile
90 das du min gebet erhores an
diser sache da ich mit ganzen
truwen biten füre mich, daz
du mir zu helfe komes in alle
minen noten libes vnd sele
95 vnd an minen iungislen ziten
vnd das ich alle mine angist
mit diner helfe gnediglich
(2'') vberwinde. amen, von
vns^ fvven.
Maria du hochgelobtes padis
du wol gepflanztes mandel ris 100
du rose von iericho
du uiolblume rod
du zarter lilien zwig
dinem kinde stete in oren lig
vnd bite iz für mich zu aller stüt 105
das ich an libe vnd an sele w^de
gesüt
maria bite ihesum crist
der durch mich din kinlvA^den ist
das er mir helfe vz aller not
zu der stunde so ich tot HO
bin vnd von hinnen varn
das er mich gutlich wolle bewarn
vor allem dem das mir wider sie
also das ich werde frie
von sunden vnd von helle wizll5
dar an lege frauwe dinen fliz
vnd las mich des ouch w'den
gewar
als ich von diser werldevar. ame.
Ich mane dich von vnserm
h^ren
herre du lebendiger burne des 120
durstes den du nach der men
scheit an dem cruze lide. da din
reiner lib von also grozer mar-
til gekrenket wart das du be-
gertes das du gelabet wordesl25
wie freueliche du des worde gewH
vnd ich mane dich des innern
durstes dines geistes nach vn-
serm heile, vnd wie vnbesibehch
(3^) iubilirnde vmmer dar
des namen sine lungern war
zu ougen anegesichte
da er in sin riebe ging
200
BRUCHSTÜCKE EINES GEBETBUCHES
5 das wölken in balde alvmbfing
mit grozen freuden in enpfing
das himel her mit schalle
sich da besiezet er gar schon
ewigliche sines vatir tron
10 da singen inne vil süzen don
die himel forsten alle de dna nrä
Fro aber frauwe saltu sin
maria here konigin
das dich so wirdiglicher schin
15 der himel hat enphangin
mit wonniglicher clarheit
die dir der fiirste hat bereit
in ewiglicher stetekeit
des hat dich vmbfangin
20 ein cleit das ist von golde dar
von Schönheit liecht vTi offinbar
mit grozer zirde al für war
gar herliche vnderdrungen
da hastu frauwe ane endes zil
25 iungfrauwen dinst vnd engil spil
dir wirt ouch suzes sanges vil
zu lobe da gesungen.
Evon vnser frauwen
y wunnegliche vnd vz irkorn
30 maria rose sunder dorn
nü wende vö vns dins kindes zorn
sint du die guade funde
(3'') an dinem liebin kinde
die dich so riebe wesen lut
35 das vns der konig hocbgemw^
ouch wese an vnserm ende
gein vnser sweren sunde
du frauwe selig vnd zart
erwirb vns gute hinet'art
40 in disme enelende
din minne vns w^de hie enzunt
vnd dort din ewige ireude kunt
das wir seschauwin sa lustunt
got ewigliche ane ende.
Nabir von vnserm h^n. 45
u helfet mir alle biten got
durch sin heiiges gebot
vnd durch die claren minne
die zu der koniginne
der hochgelobte furste treff 50
an die er Schönheit hat geleit
vnd also groze wirdekeit
in sinem riebe ane vuderscheit
das er sin turiz beilges hlut
das vz sinen wunden wut 55
das er vor vnser missetat
der konig her gegozzen hat
er wolde ouch vns behaldew
das wir icht worden \erschalden
des ewighchen lebins 60
das er icht vergebins
die martil habe durch vns ge-
llten
do er so iemerliche vor&mten
an dem fronen cruze stuat
{¥) das er vns in sine frunt 65
ze dem lestin tage wolle zeln
vnd vns darzu tu erweln
des bilen wir den heilant
dem alle herzen sin bekant
die ie von libe quamen 7Ö
nn sprechet alle amen.
y^ De canticis cantico«/
-f luude ich nü wirdigliche kose
von der hochgelobeten rosen
diu frauwe ober allen frauwe ist 75
vnd unser herre ihesus crist
ze siner muter erweihet hat
so solde ich linden einen rat
das niemant dar an darf v^zage
ich mm gar luzil von ir sagen SO
von der lobelichen vart
BRUCHSTÜCKE EINES GEBETBUCHES
201
loie die koniginne wart
gefuvi so wunuigliche
wol vff zu bimelriche
Sbka7i ich danne gereden wol
uu horel was ich uch sagin sol
und ich eigentliche spreche mag
Maria hüte vff disen tag
hat uns verkündet d^ mlnen brif
90 den her salomon der konig rif
durch des heiigen geistes müt
der machte im alle wisheit küt
--«-Canticum canticorum
IfJin sele mich gelazin hat
95 da mich min fruut gekoset hat
da hau ich in zustunden
(4'') gesucht vud doch nicht
funden
ich rief mit inneglicher gir
kein anlwerte gab er mir
100 die stetin wechler mich da sahin
sie hegenden mir ouch vaste nahin
sie wunten vnd slugen
mich sere in vngefugen
der muren wechter vnder in
trugen minen mantil hin 105
von iherusalem ir meide
mine frunde sit gereide
saget im ich sie von mlnen halt
die himel köre manigfalt
sungen vnd waren Iro lio
hine vor die koniginne do
lilien vnd roselin
Violen vnd ziteloselin
vnd allerhande blumen
warn ir da zu rumen 115
zu dinste harte wol bereit
sie leiten ir an das wize cleit
sie hatte dinstes keinen bruch
do was ouch y der beste geruch
von mirren balsmen aloe 120
kardemümen vnd gamendere
muschaten vnd nelekin
cobebin galgan zinemin
vnd aller adelicher gesmag
der von würzen riechin mag 125
der was allersamt da
Do'
mit der koniginne sa
die himelische schar
Vorstehendes bruchstück wurde mir von dem besitzer, Herrn
geh. wid ober-regierungsrat Franz Liidwig Mittler in Kassel zur
Veröffentlichung freundlichst überlassen, es ist ein pergamentdoppel-
blatt , dessen formal 35 X 25 cm. ist. jede seite hat 2 spalten mit
32 Zeilen, die schrift ist groß und deutlich und dürfte dem ende
des lAjhs. angehören, der dialect ist hessisch, wie eine auf schrift
besagt, hat das pergament als deckenumschlag einer Lehen Rechnung
anno 1637 gedient und ist in folge dieser bestimmung am zweiten
blatte etwas beschnitten worden, sodass der text dadurch betrof-
fen wurde.
Das bruchstück enthält eine reihe gereimter und ungereimter
gebete und war wol teil einer Sammlung von gebeten, die sich ein
reicher herr hat zu seinem gebrauche zusammenstellen lassen, viel-
leicht auch, wofür das format spricht, von ofßciellem liturgischen
character. dem verf. mögen zum teil ältere gebetsammlnngen vor-
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 14
202 BRUCHSTÜCKE EINES GEBETBUCHES
gelegen haben, zum teil hat er auch selbständig aus gedichten excer-
piert. die letzten stücke von Abir von vnserm h^Q ab sind der
Erlösung entnommen, das erste gebet Nu helfet mir alle biten
got entspricht dem Schlüsse der Erlösiing von 6568 an. Kunde
ich nfl wirdigliche kosen bis saget im ich sie von minnen halt
ist = Erlös. 5614 — 5648 und die fortsetzung = Erlös. blObff.
um die beiden stellen in eins zu verbinden, brauchte der ver-
fertiger des gebetbuches in der zeile der Erlös, daz ich si von
minnen kranc statt kranc nur halt zu schreiben.
Ob das zweite prosaische gebet des bruchstückes , dessen her-
sagen einen ablass von 6600 tagen gewährt, so loie es ist, als
vollständig gelten kann, erscheint mir zweifelhaft, da die bitte fehlt,
im Hortulus anime teutsch, wo es fast wörtlich ebenso lautet, schliefst
sich als bitte an: in der liebe bitte ich dich aller miltester iesu
in der dein minsammes hertze brach: dz du mir genedig seyest
über meiner Sünde manigfaltigkeit, vnd ein heihges vii seliges
end meines lebens, vnud auch ein wunnekliche vnd fröliche vff-
erstenntniss durch deyne allermilteste barmhertzigkeyte mir ver-
leyhen wollest. Der du mit gott dem vatler vnd dem heiligen
geyst lebest vnd regnierest in ewigkeyt. Amen, hier werden dem
Sünder jedoch blofs 5475 tage ablass zugebilligt.
Ich möchte hieran eine kurze nachricht von einer interessanten
hs. anschliefsen , die meinem freunde Edward Schröder durch die
liebenswürdigkeit des besitzers, herrn pro f. Alfred Schöne in Göt-
tingen , zugänglich gewordeti ist. es ist ein niederrheinisches gebet-
buch des 14/15j7is. auf pergament in kleinstem octav und enthält
vor einer reihe von gebeten ebenfalls ablassversprechen mit roter
Schrift, diese ablassversprechen sind dann aber später mit schwarzer
tinte überzogen, jedoch fast immer noch leserlich, und zum teile
gar herausgeschnitten, wodurch die hs. culturhistorisches interesse
gewinnt.
Münster. KARL KOCHENDÖRFFER.
HELIAND V. 2.
Es war mir aufgefallen dass neben den verschiedenen er-
gänzungsversuchen niemand auf den gedanken gekommen zu sein
schien, dem schlechten verse 2 des Heliand durch die Streichung
HELIAND V. 2 203
von Word godes aufzuhelfen, nachträglich sah ich — zuerst aus
der entgegDung von Sievers, Beitr. 10, 587 — dass derselbe Vor-
schlag schon von Schumann Germania 30, 65 gemacht war, es
ist wol der mühe wert die gründe für und wider einmal ein-
gehender zu erwägen.
Sievers wirft zunächst ein dass der vers that sia bigunmm
reckean that girüni 'mit nichten ein normaler erster halbvers' sei.
'reckean that girünf sagt er 'ist, wie sich jetzt nach meinen uoler-
suchungen über die rhythmik des germanischen allitterationsverses,
Beitr. x 209 ff. 451 ff ergibt, ein vers des typus A mit doppelaliit-
teration, und solche verse werden im Heliand nicht mit auftacten
von der länge versehen, wie sie Schumann annimmt.'
Es ist wahr, die verse, welche gewöhnlich als beispiele
langer auftacte im Heliand angeführt werden, haben keine dop-
pelte allitteration , oder gehören nicht dem typus A (grundform
— X I — X) au; vgl. auch 144 hwanda wit habdiin aldres er;
228 ac wita is thana fader frdgon; 1875 so sculun gi undar
iuuua fiund faren; 2270 so huene so thar mid hluttru hugi; 2402
bigan imu an themu wege imahsen; 2505 that he it gio an is
hertan gihngid (die vorschlage von Boediger und Behaghel gihugdi,
gihugda werden durch diese Zusammenstellungen nicht empfohlen);
5427 thxio uuard thes thie uuredo ginuaro. auch hierin liegt
eine treffende bestätig ung für Sievers schöne resultate. aber bei
dem geringen werte, den die Senkungen im Heliand beanspruchen,
würden auch verse des typus A mit doppelallitteration und doch
langem auftacte nicht besonders auffallen, sie fehlen denn auch
in der tat nicht ganz: 545 folgodun e'non berehton bökne; 2110
than is sdn thiu lefhed löset, 4860 biforan theru derebeon dddi;
5419 hwö thiu thiod habda dnomos adelid. beweiskräftig sind
auch die zum gesteigerten typus D resp. E zu stellenden verse
3990 weldun thi mit stenon starcon awerpan; 5975 söhta imo
that hüha himilo riki; 5693 gengun imo mid nithscipiu ndhor.
die beispiele haben zum teil gleich viele — sia einsilbig gefasst
— und gleich schwere, oder schwerere silben im auftact.
Ad zweiter stelle läugnet Sievers 'dass Seh. im rechte ist,
wenn er sagt, dass wir nach der Streichung von word godes einen
völlig genügenden und treffenden ausdruck für den hauptinhalt
des Heliand haben.' dem gegenüber hebe ich hervor dass wir
mit der Streichung eine wörtliche Übersetzung der quellenstelle
14*
204 HELIAND V. 2
gewinnen, die nichts mehr hat, als conati sunt ordinäre narra-
tionem quae in nohis completae sunt rerum. durch die Zusätze
des dichters wird dies genügend verlebendigt und ausgeschmückt;
ich hegreife darum nicht Sievers worte: 'es zeugt wahrlich von
geringem Stilgefühl, wenn die magere zeile, die Seh. durch seine
tilgung herstellt, nicht als dürftig und ihrer Umgebung unange-
messen empfunden wird.'
Drittens meint Sievers: 'warum soll denn nicht gleich der
anfang eines werkes eine 'solche' lücke zeigen? haben wir zb.
nicht im Hildebrandslied genau das nämliche? und können wir
das argument Schumanns nicht ad libitum umkehren, und sagen,
es sei 'eine immerhin auffallende erscheinung', dass gleich der
anfang 'dieses Werkes eine 'solche' interpolation erfahren habe'?'
man braucht auf dieses argument von Seh. kein besonderes ge-
wicht zu legen, fühlt sich jedoch zu den gegenfragen gedrängt:
ist es denn einerlei, ob jemand ein werk nach einer ihm vor-
liegenden hs. copiert, oder ob er ein ihm nicht mehr ganz gut
erinnerliches lied nach dem gedächtnis aufzuzeichnen versucht?
und darf man das unbeabsichtigte überspringen einiger worte mit
demselben mafsstabe messen, wie eine interpolation, die doch
mit Überlegung geschieht?
Ich nehme also gleichfalls an dass der Schreiber von C in
seiner vorläge fand that sia bigunmm reckean that girüni, worauf
that thie rikeo Crist als 2 halbzeile reimte, dazwischen ist nun
Word godes aus zeile 7 geraten, wahrscheinlich absichtlich und
durch den Schreiber von C selbst, dieser hat sich ja nicht selten
Zusätze erlaubt, vgl. Sievers Zs. 19, 63. hier motiviert Sievers die
einschiebung von suno drohtines in v. 1049 damit: 'der Schreiber
übersah wol die richtige allitteration helandan : hugi und schob
die citierten worte mit rücksicht auf den vorhergehenden vers
mit s-allitteration ein.' noch gröfsere willkür legt er ihm v. 5200
zur last. M liest werden mid wdpnun an themu loihdage, C statt
dessen werthan mid wdpnon an them wihdage huand it ni wdri
iro giwono. Sievers betrachtet den causalsatz als einschiebsei von
C; 'der Schreiber von C scheint werthan zum vorhergehenden
verse gezogen und die dadurch entstehende vermeintliche lücke
durch jene unpassenden worte ausgefüllt zu haben (werthan jj mid
wdpnon an them loihdage j hwand it ni wdri iro giwono).' es
wäre ungefähr ganz dasselbe, wenn er bei v. 2 in der eile über-
HELIAND V. 2 205
sehen hätte dass that sia bigimnun als auftact zu den folgenden
Worten gehörte — was um so leichter geschehen konnte, wenn
er bigunmm als vollverbum fasste — und er dann auf eigene
faust dem vermeintlich ersten halbverse den reimenden word godes
hinzugefügt hätte, die conjectur an der einen stelle wird durch
die an der anderen gestützt, und in beiden von C fabricierten
halbversen steht z. ^ als hauptstab am Schlüsse 1
Die gründe sind denn doch nicht so von der band zu weisen,
die diese emendation empfehlen und in frage stellen, ob man
die notbehelfe noch gelten lassen solle, als welche man die er-
gänzungsversuche sich wol gefallen lassen konnte, einen höheren
anspruch können sie jedesfalls nicht machen, sie sind 'unbeweis-
bar', wie Schumann mit recht sagt, sie sind nicht einmal durch
schlagende analogien empfohlen, und in der tat scheint man
mir die vorhandene Verderbnis zu allerletzt daraus erklären zu
dürfen, dass ein oder zwei Wörter am anfang des gedichtes zu-
fällig ausgelassen worden seien, oder dass gar, wie Sievers vor-
aussetzt, daneben auch noch Umstellung stattgefunden habe.
Trifft Schumanns Vorschlag das richtige, so haben wir einen
kräftigen beweis mehr dafür, wie schlecht der Schreiber von C,
der wenigstens in der nähe des fränkischen gebietes safs, sich
auf allitteration verstand, nicht lange nach der zeit, da man bei
den benachbarten Sachsen die innerlichsten gesetze derselben
noch lebendig fühlte, einem Angelsachsen dürfen wir diese
äufserungen eines gänzlichen mangels an Verständnis der kunst
nicht zuschreiben , sie sind vielmehr für die geschichte dieser
dichtungsart in Deutschland von interesse.
Bonn, november 1886. JOHANNES FRANCK.
ERO.
Ahd. ero im Wessobrunner gebet hatte bisher nur einen
anhält an ere der Wiener Genesis (Fundgruben ii 74, 14 und Diemer
104, 16). ich habe im Korrespondenzblatt des Vereins für nieder-
deutsche Sprachforschung x 29 auf erende : fines (terrae) GlI.
Lipsii 261 (Heyne) aufmerksam gemacht als ein wort, welches
in seinem ersten bestandteile dies selbe ero enthält, hierzu kommt
ein neuer beleg: Fischer, Das hohe lied des Brun von Schone-
206 ERO
beck (Germ. abh. vi) führt s. 32 ere — durch den reim gesichert —
als die einzige form an, welche ausfall des d nach r zeige, aber
der dichter hat sonst d nach r erhalten nach ausweis der von
Fischer daselbst angeführten reime herverden : werden , leheharde
: warde, virde : zirde, orden : worden, norden : worden, worden : bor-
den. wir haben also dies ere zu ahd. ero zu stellen.
Mit der gleichsetzung dieser formen ist zugleich gesagt, dass
ero als starkes femininum aufzufassen ist = griech. ega. wir
haben hier einen von den lautgesetzlich zu erwartenden west-
germ. nominativen auf ~u. bekanntlich ist das -u der endung
gemeinwestgermanisch nach langer silbe abgefallen, nach kurzer
jedoch erhalten, im ahd. ist zwar dies Verhältnis durch das ein-
dringen der accusativform auf -a verloren gegangen; wir haben
aber noch spuren des ursprünglichen zustandes. aufser den be-
kannten fällen eines endungslosen nominativs wie buoz, halb udgl.
— vgl. Braune, Ahd. gramm. § 207 anm. 2 — gehören hierher
die wenig beachteten, aber in ältester zeit gar nicht so selten
vorkommenden nominative auf -u, -o. Kögel, Keronisches glossar
s. 149 hat folgende accusative sing, auf -o : gamahhido Pa. 8, 12;
scerco Pa. 34, 14; manaliho Pa., manaUhho Gl. K. 186, 37; moaz-
zico Gl. K., muazigo Ra. 208, 6; aßerhlaibo Ra. 233, 35; mana-
Uhho Gl. K., manaliho Ra. 248, 3 ; nnuuatlihho Gl. K., iinuuald-
liho Ra. 263, 33; ferner s. 175 von adjectiven die nominal flec-
tierten nominative sing. fem. : salauuo (salno), souuarzo (suarzo),
finstre (finistro), tunclo (timchlo) Pa., Gl. K., Ra. 12, 11 — 14 und
wahrscheinlich auch uuislihho Gl. K. 260, 16; ebenso s. 176
nach nominaler flexion den nom. sing. fem. eimi Gl. K. 255, 1
= einu Murbacher hymnen 10, 4, 2. dass die lautgesetzlich nur
dem nom. zukommende form auf-w, -o auch auf den acc. über-
tragen wurde, ist nicht wunderbar, setzt doch die spätere allein-
herschaft der accusativform eine zeit voraus, in der beide formen
durch einander geworfen waren.
Auffällig scheint das -o der endung für eine so frühe zeit
zu sein, allein das Wessobrunner gebet zeigt auch in seo und
dino ebenfalls ~o für westgerm. -u. übrigens kommt ein solches
-0 selbst in der ältesten ahd. zeit gar nicht so selten vor. ich
führe aus dem Keronischen glossar nach Kögel an: 1 sg. praes.
inginno Gl. K. 41, 23; pinuerfio Gl. K., pmuerbio Ra. 107,8;
inhezzo Gl. K. 111, 14; spano Gl. R. 177, 35; kikhnntheo Gl. K.
ERO 207
211,29; sab Gl. K., Ra. 239, 29 1; iastr. mezzo Pa. 128,32;
rehto Gl. K. 129, 31; steteo (i-siamm) Pa. 116, 21. 22; dat. sing.
fem. stimno Gl. K. 79, 28; acc. sing. fem. die oben genannten
formen; ferner von adjecliven dat. sing. fem. uflihhero Pa. 32, 30^;
cascafanero Pa. 116, 21; kiscaffanero Gl. K. 117,21; haohero Pa.
116, 22; ferner den pronominalen instr. theo Gl. K. 179, 15.
* wol nicht zisceido mit Kögel s. 179; Ra. 247, 9 steht zisceidu;
Graff Diutiska i 273' hat freilich auch zisceido.
2 nicht mit Kögel s. 176: Pa. 22', 31. 32.
Leipzig, den 11 juli 1886. OTTO BREMER.
NAHANARVALI.
Zs. 9, 255 erkannte Müllenhoff in dem namen Nahanarvali
die um das suffix al vermehrte wurzel narv (alts. naru, ags.
7iearo enge; ags. nearvian bedrängen; nord. Nörvi). den ersten
compositionsteil anlangend warf er die frage auf, ob nicht naha
aus nava (got. naus) verderbt sei, und verwies auf die Schreibung
Nahanarvali.
Ich glaube dass Müllenhoff in der tat das richtige vermutet
hat, nur sind wir nicht mehr genötigt, die schlecht beglaubigte
lesart Nahanarvali zu hilfe zu rufen, da nach den ausführungen
von Sievers Beitr. v 149, Paul ebenda vi 538, Ostholf ebenda
vni 256 ff eine form naha mit got. naus vereinbar ist: naha aus
*ndhwa aus nokhw; naus aus *nawis aus *na'5ivis aus *nokhjis.
vgl. zd. na^u, gr. vä'/.vg.
Darnach hiefse Nahanarvali 'totenbedränger' (der erste be-
standteil als modale, nicht als objective bestimmung zum
zweiten gefasst), 'totenkämpfer'.
Dazu stimmt, was Tacitus Germ. c. 43 von den Hariern be-
merkt: ceternm Earii super vires, quibus enumeratos paulo ante
populos antecedunt, truces insitae feritati arte ac tempore leno-
cinantur. nigra scuta, tincla corpora, atras ad proelia noctes
legunt, ipsaque formidine atque umbra feralis exercitns terrorem
inferunt nullo hostium sustinente tiovtim ac velut infernum aspectum.
Dass dies nur von den Hariern berichtet wird, kann bei
den innigen gegenseitigen beziehungen der lugischen Völker-
schaften nicht beirren.
208 NAHANARVALI
Durch die vorgetragene deutung ergibt sich auch eine deut-
liche Übereinstimmung in namen und Vorstellungen mit dem
nordischen mythus von Nörvi (wurzel narv s. oben und Müllen-
hoff Zs. 9, 255), dem vater der Nött und bruder der Hei (vgl.
-narmli, — atras ad proelia noctes legnnt, feralis exercüus, infernus
aspectus). darnach hätte -narmli eine mythische bedeutung.
Der mythus Snorra Edda i 138 c. 43, wonach das tolenschiff
Naglfar aus den nageln der verstorbenen bestand, trägt den
Stempel der unursprünglichkeit an sich; er wäre nur dann ver-
ständlich, wenn eine langwierige und mühevolle arbeit damit ver-
sinnlicht werden sollte, die Schwierigkeit entfallt, sobald man als
grundform Kwnagl ein *na'Swäl ansetzt, sodass das wort ursprüng-
lich 'totenschifl" bedeutete, und der mythus von dem materiale,
aus dem das schiff verfertigt war, auf ein misverständnis des
ersten compositionsgliedes nagl zurückgeht, von dem schiffe er-
hielt der mann der Nött den namen Naglfari, Sn. Edda i 55 c. 10.
ich verdanke diese bemerkung über Naglfar einer mitteilung herrn
prof. Heinzeis.
Vielleicht gehört hierher auch der name der göttin Neha-
len(n)ia (s. Brambach Corp. insc. Rhen.), der dann die dem vocale
nach genauere entsprechung des gr. j^r/tg repräsentierte.
Die reguläre nordische entsprechung eines nehal wäre nidl,
als fem. niöl; die nordische entsprechung eines nahal wäre ndl.
Beide worte kennt die nordische mythologie: Niöl als bei-
namen der Nött, s. Alvlssmdl 30, Snorra Edda ii 485, 569; Ndl
als mutler Lokis und Helblindis (sonst Laufey).
Wien, 27 november 1886. FERD. DETTER.
VIERZEILIGE GLIEDERUNG IN OTFRIDS
EVANGELIENBUCH.
Dass Otfrid eine composition in vierzeiligen abschnitten an-
strebte und durchführte, lehrt ein blick in die capitel i 3, i 4 ua.
und macht der umstand erklärlich, dass er den Prudentius als
muster und quelle benutzte, wie ich es für dessen Diptychon Zs.
29, 342 ff des näheren nachwies, wie weit aber die anwendung
dieser strophenform geht, zu welcher zeit des Schaffens 0. sie
erstrebte, ob gleich zuerst oder später, ob noch zuletzt, darüber
hat zwar Erdmann bemerkungen fast zu jedem capitel in seinem
VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENBÜCII 209
commentar gemacht, aber aus ihnen kann man eine bestimmte
ansieht nicht herauslesen.
Leider hat 0. selbst über diesen punct in der Zuschrift an
Liutbert sich nicht ausgesprochen, denn die worte z. 85: sensus
enim hie interdum ultra duo vel tres versus vel etiam quattuor
debet esse suspetisus. ut legentibus . . . apertior fiat sind bisher
falsch verstanden worden. E. sagt dazu: 'als bemerkenswerte
ausnähme bezeichnet 0. es also, wenn der Zusammenhang der
Sätze über zwei oder sogar über drei und vier versus hinausgeht,
er kann deshalb, wie Kelle i 94 richtig gegen Wackernagel be-
merkt, mit versus nur langverse bezeichnen.' so aufgefasst müste
diese stelle bei der frage nach der abrundung zu vierzeiligen ab-
schnitten in betracht kommen, allein was sensus und versus be-
zeichnet, welches der sinn der stelle ist, lässt sich nur aus dem
vorhergehenden erkennen. 0. belehrt von z. 74 ab den leser
über den reim mit besonderer berücksichtigung des lauten Vor-
trags: series scriptionis hnius Schema omoeoteleuton assidue quaerit
und z. 82 : quaerit linguae huius ornatus et a legentibus sinali-
phae lenem et conlisionem lubricam praecavere et a dictantibus
omoeoteleuton (id est consimilem verboriim terminationem) obser-
vare. setisus enim usw. der Zusammenhang der gedanken ist
also folgender: 'die characteristische form dieses deutschen ge-
dichts ist der reim, derselbe muss daher durchaus zur geltung
kommen, die leser und dichter dürfen ihn des sinnes wegen
durchaus nicht übersehen oder vernachlässigen, denn der sinn
erstreckt sich oft über zwei oder drei verse.' — es liegt offenbar
ein gegensatz zwischen reim und sinnesabschluss vor. jener ist
an diesen nicht gebunden, sondern muss an der ihm gehörenden
stelle eintreten — so ist aptam sonoritatem (z. 76) mit Lachmann
und E. zu verstehen — , während der sinn oft in den zweiten
oder dritten oder vierten vers hinein über den einen vers, d. i.
über den reim hinausgeht, da nun der reim am ende jedes halb-
verses steht, so hat 0. unter versus eben den halbvers verstanden,
über den der Zusammenhang der worte (so übersetzt E. an anderer
stelle richtig) hinausgeht. 0. war sich dessen bewust, was jeder
auch aus dem Vortrag moderner dichtung kennt, dass der reim
dann am besten zur geltung kommt, wenn mit ihm eine sinnes-
pause eintritt, zwingt aber der Zusammenhang der worte in den
nächsten vers ohne pause hineiuzulesen, so kann man durch ge-
210 VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENBUCH
hobenere betonung doch noch dem reim gerecht werden. 0. denkt
an verse wie:
I 5, 61 nust siu gihnrdinot thes kindes so dinres;
14, 3 then situ ouh, then io thie altun fordoron irvultun;
23, 52 ouh harto gislimit tliemo, then si rinit;
25, 20 ih wane, therer fülle allaz, thaz ih wille;
4, 14 then Hut, ther ginada tharuze beitota;
IV 27, 3 leitun sie ouh tho thare scachara urmare
zwene zi themo wize, thie stalun er zi flizeA
die stelle der vorrede muss also bei der frage nach der vier-
zeiligkeit aufser acht bleiben.
Was sollen wir aber unter abrundung zu vierzeiligen ab-
schnitten verstehen? muss durchaus immer, wenn wir von ihr
sprechen wollen, am ende des vierten langverses satz und Zu-
sammenhang abschliefsen ? wir nehmen unsere Zuflucht zu Pru-
dentius, O.s muster, und sehen nach, wie er seine längeren ge-
dichte anlegte. Prudentius hat den Horatius in seinen versmafsen
nachgeahmt, und dass dieser alle seine öden, auch die in stichi-
schen Versen, aus vierzeiligen Strophen zusammengesetzt hat, ist
jetzt feststehende tatsache, so sehr dieselbe auch früher ange-
zweifelt wurde, aber natiirhch war dies erst damit bewiesen,
dass die zahl der echten verse sich durch 4 teilen liefs. auch
die hymnen des Prudentius, in denen derselbe vers immer wider-
holt wird, bestehen aus vierzeiligen Strophen, und das ist das
erste und wichtigste, so einfach es auch klingen mag, was ich
E. gegenüber betone, entweder ist ein capitel vierzeilig oder
nicht, man kann zb. nicht sagen dass ein capitel vierzeilig sei
mit ausnähme von zwei versen, wenn diese verse ganz notwendig
sind für den Zusammenhang und von vorn herein dazu gehört
haben, will man bei einem capitel von versen absehen, so muss
man sie als später hinzugefügt nachweisen können, hat das
capitel von vorn herein eine zahl von versen gehabt, die durch
4 nicht teilbar ist, so ist es nie vierzeilig gewesen.
Es ist allerdings nicht nötig, dass am ende eines vierzeiligen
* 0. scheint hier und da absichtlich eine pause durch ein eingeschobenes
so hergestellt zu haben: Ludw. 17 deiner o githanko so ist ther selbo
Franko uö,; oder dadurch, dass er das Substantiv durch das pronomen wider-
aufnimmt: in 18,49 Abraham ther allo er blidta sih thes ha7'to; iv 32,2
theso selbu?i quisti thio ruartun iro brusti.
VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENBUCH 211
abschnitts auch der Zusammenhang der sätze abgeschlossen ist.
das hat weder Horatius ängstlich durchgeführt noch auch Pru-
dentius. bei diesem begegnet uns im Liber cathemerinon an
erster stelle ein im iambischen dimeter verfasster, aus 25 vier-
zeiligen Strophen bestehender hymnus, und zweimal geht in ihm
der Zusammenhang über die Strophe hinaus:
suadet quietem linquere
iam iamqne venturo die,
21 Ut, cum coruscis ßatibus
aurora caeluni sparserit,
omnes lahore exercitos
conformet ad spem himinis.
ebenso v. 32. der zweite hymnus enthält 28 Strophen desselben
versmafses, in denen kein mal der sinn in die nächste Strophe
sich hinein erstreckt, im fünften hymnus, der in asklepiadeen
gedichtet ist, wird bei 41 Strophen zweimal die regel verletzt , in
den 29 Strophen des elften hymnus dreimal; der achte hymnus
ist in der sapphischen Strophe gedichtet, dreimal ist der sinn
mit ihr nicht abgeschlossen, es will also gegen die vierzeiligkeit
nichts besagen, wenn hier und da der Zusammenhang über 4 lang-
verse sich hinaus erstreckt.
Untersuchen wir nun die vierzeiligkeit bei 0., so ist zunächst
festzustellen dass er sie in der letzten periode seines Schaffens auf-
gegeben hatte, denn bei den capiteln, die übereinstimmend zu den
letzten partien gerechnet werden , kann von einer Zerstörung der
vierzeiligkeit durch spätere redaction nicht mehr die rede sein,
und diese sind nicht mehr vierzeilig. so hat iv 1 eben 54 verse.
E.: 'vierzeilig aufser 9 — 10, gewandter periodenbau 1 — 10.
37 — 46.' das heifst für uns: nicht vierzeilig. il hat 126 verse,
und hier spricht auch E. nicht von vierzeiligen abschnitten, v 25:
'anfangs gehören je sechs, später meist je vier zeilen zusammen.'
auch in den Widmungen ist die vierzeiligkeit 'nicht ganz durch-
geführt'; hier kam es freilich dem 0. nur darauf an, das akro-
stichon zu ermöglichen, in späterer zeit des Schaffens also war
dem 0. an durchführung der vierzeiligen gliederung nichts mehr
gelegen, er hatte sie als ein unbequemes gewand abgetan, er
hat nun aber doch einmal darin gedichtet, und wir vermuten,
dass er zu anfang seiner arbeit sie erstrebt hat. und das muss
im gründe auch E.s meinung sein, wenngleich er zu cap. i 6, das
212 VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENßUCH
auch er zu der ältesten partie rechnet, bemerkt 'die einfache aus-
führung in kurzen Sätzen ohne vierzeilige gliederung sind zeichen
früherer abfassung.' sagt er doch zu c. 10: 'zu den ältesten
abschnitten, doch ist er vierzeilig'; zu c. 14 — 16, welche auch
in diese periode des dichtens gehören, heifst es: 'diese drei zer-
fallen auch deutlich in vierzeilige abschnitte.' wir können nun
doch wUrklich nicht glauben, dass 0. erst zwei oder drei capitel
ohne vierzeilige abrundung verfasst habe, und dass ihm dann
plötzlich der gedanke gekommen sei , seine capitel aus vierzeiligen
abschnitten zusammenzusetzen, allerdings hat 0. gleich zuerst
daran gedacht und die vierzeiligkeit auch durchgeführt, das sehen
wir aus c. i 3, das recht eigentlich nach des Prudentius tetra-
stichen gedichtet ist; E. hat recht, wenn er die letzten 6 verse
als bei der schlussredaction hinzugefügt ansieht, das sehen wir
bei c. 4 besonders aus dem anfang, wo der zweite abschnitt durch
merkliche füllung abgerundet ist, auch c. 9 ist ganz vierzeilig,
wenn auch E. bemerkt: 'vierzeilig aufser 9 — 10. 27 — 28.' es
macht eben, wie wir bei Prudentius sahen, nichts aus, wenn
bei V. 12 der Zusammenhang nicht abgeschlossen ist, sondern in
den nächsten abschnitt hinein sich erstreckt, und wenn die ab-
schnitte in der mitte auch nicht so gut abgerundet sind, auch
c. 13 mit seinen 24 versen hat 0. aus vierzeiligen abschnitten
zusammengesetzt, wenn auch einmal die regel der abrundung nicht
so genau gewahrt ist bei v. 4 :
thaz wir ouh mit then gowon thaz gotes wort scowon,
Thaz druhtin diian wolta, int iz hera in worolt santa.
da im übrigen die abschnitte vorzüglich als vierzeilige abgerundet
sind, ist das ganze capitel eben vierzeilig und nicht: '1 — 12
sechszeilig, 13 — 24 vierzeilig gegliedert.' so verhält es sich auch
mit c. 14. 16. 20 und c. 21, wo es widerum nichts besagen
will , wenn über v. 4 der Zusammenhang der Sätze sich hinaus
erstreckt bis v. 6. auch c. 24 ist die füllung zu vierzeiligen ab-
schnitten recht merklich, die meisten anderen capitel des ersten
buchs sind, so wie sie uns vorliegen, nicht so einfach vierzeilig;
oft lässt die zahl der verse sich durch 4 nicht teilen, und doch
müssen die capitel zur selben zeit, wie die vorhin erwähnten,
gedichtet sein, hier wird es uns möglich sein, durch methodi-
sches verfahren die vierzeiligkeit zu retten , wir müsten sonst
überhaupt verzweifeln an dem versuch uns darüber eine be-
VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENBUCH 213
stimmte ansieht zu verschaffen, heginnen wir mit c. 8. E. sagt:
'auch hier nur am Schlüsse 25 — 28 vier verse zusammenhängend.'
vielmehr ist von v. 9 ah die vierzeihge gUederung deutlich, in
den ersten acht versen unterbrechen v. 3 — 6:
Ih sagen thir in loar min, si ni mohta inberan sin
in fluhti joh in znhti, theiz alles wesan mohti;
Onh, so iz zi thisu wurti, iz diufal ni hifunti;
joh thiu racha sns gidan nam thes huares thana wan
die erzählung recht empfindlich; sie sind gedichtet nach Bedas
bemerkung zu dieser stelle, lassen wir sie bei seite, so lautete
der erste abschnitt:
Ther man, theih noh ni sageta, tlier tliaz wih mahalta —
was imo iz harto nngimah, tho er sa hafta gisah.
7 Er sia erlicho zoli, in Aegyptum miti ßoh
joh hrahta sa avur thanne zi themo ira heiminge.
die Vermutung, dass 0. die verse 3 — 6 zuerst nicht mit den
anderen in einem zuge mitgelesen wissen wollte, sondern sie als
anmerkung neben oder unter dem text gedacht hat, wird bestätigt
durch c. 22. und wenn vorher jemand denken konnte, dass auch
mit jenen vier versen noch allenfalls die vierzeiligkeit bestehen
bliebe, so fällt das hier fort, denn c. 22 hat 62 verse. E. sagt
dazu: 'vierzeilige abschnitte 1 — 52 und 55 — 62 merklich.' da
nun aber v, 53 und 54 die antwort Jesu enthalten:
Waz ist, quad er, so hebigaz, thaz ir mih suahtut hi thaz?
jah limphit mir, theih werbe in mines fater erbe,
so haben sie notwendiger weise zu dem ursprünglichen bestände
gehurt, und danach hätte hier 0. die vierzeiligkeit nie angewandt,
aber die sache verhält sich anders, allerdings müssen von den
62 versen 2 oder 6 usf. herausgenommen werden, und wir brauchen
nicht lange zu raten, welche, auch hier sind vers 59 und 60:
Er wolta unsih leren, loir unsan fater eren,
joh thia muater tharmit; bi thiu ist iz Mar gibilidit
nach liedas anmerkung gedichtet: ut eins videlicet exemplis ad-
moniti, quid parentibus debeamus, agnoscamus. freilich steckt Beda
noch einmal in diesem capitel; und da sind es vier verse, nach
deren herausnähme die vierzeiligkeit somit bestehen bleibt und
unsere annähme bestätigt wird, ich meine die verse 13 — 16:
Ni si ihih thes wuntar, thiu wib thiu giangun suntar;
thie gomman fuarun thanne in themo afteren gange usw.
214 VIERZEIL. GLIEDERUNG LN OTFRIDS EVANGELIENRÜCH
in der form werden wir an 8, 3 ih sagen thir in war min
erinnert und auch so sind diese stellen als erläuterungen gekenn-
zeichnet, die zur eigentlichen erzählung nicht gehören.
Zu c. 12 sagt E. : 'die erzählung 1 — 24 ist vierzeilig ge-
gliedert, die erläuterung und der erzählende schluss aber nicht.'
auch der letztere teil ist von 0. vierzeihg gemeint, denn es sind
zwei verse, die den Zusammenhang empfindlich stören und eine
erläuternde anmerkung nach Gregors Homil. enthalten:
31 Bisco f, ther sih wachorot uhar kristinaz thiot,
ther ist oiih wirdig scones engilo gisiunes.
den letzten vierzeiligen abschnitt bilden dann:
29 Wir sculun iiaben thaz sang, theist sconi gotes antfang,
wanta engila utis zi bilide brahtun iz fon himile.
33 Thie engila zi himile ßngun singente
in gisiht frono. tJiar zamun se scono.
wenn hierbei das enge zusammenstehen von engila fon himile und
engila zi himile auffallen sollte, so ist das gerade O.s art bei einem
vierzeiligen abschnitt, man vergleiche i 19,26:
ni scribn ih Mar in urheiz, thaz ih giwisso ni weiz.
Ob ih giwisso iz westi, ih scribi iz hiar in festi,
i4, 77 — 80 und andere stellen, so wäre die erläuterung gerade
wie auch die des vorigen capitels ursprünglich von 0. als vier-
zeilige verfasst.
Zu c. 15 sagt E.': 'vierzeilige gliederung lässt sich 1 — 48
verfolgen.' nun sind aber gerade 49 und 50 nach der biblischen
erzählung gedichtet und haben so sicher gleich zur erzählung
dieses capitels gehört, dass wir von ihnen nicht absehen können;
wol aber von v. 47 — 48:
Thu sihis snn liaban zi martolonne ziahan,
so riuzit thir thaz herza thuruh mihila smerza,
welche gedichtet sind nach Bedas bemerkung: quae Christum ut
sua carne procreatum non sine doloris affectu potuit videre cru-
cifigi. sonst spricht es nicht gegen die vierzeiligkeit, dass v. 16
der Zusammenhang der Sätze nicht abgeschlossen ist. dass 0.
auch in c. 17 die abrundung zu vierzeiligen abschnitten erstrebt
hat, erkennt man gleich aus dem anfang, wo die fiillung der ab-
schnitte recht merklich ist. so geht es bis v. 64 fort; dann
folgen noch zwei verse der erzählung, die erst v. 73 fortgesetzt
wird, dazwischen steht eine deutung von 6 versen , gedichtet
VIERZEIL. GLIEDERUNG IN OTFRIDS EVANGELIENßüCH 215
nach Beda, die gewis nicht von vorn herein so hier gestanden
hat, denn sie stört den fortgang der erzählung empfindlich, auch
die formel ih sagen thir thaz in wara, mit der sie beginnt und
die gleich ist dem vers 3^ in c. 8: ih sagen thir in war min,
fordert uns auf, diese verse ebenso wie jene als anmerkung auf-
zufassen, dann hat c. 17 eine erzählung von 72 versen, die in
lauter vierzeilige abschnitte zerfallen.
In c. 23 ist, wie auch E. annimmt, die vierzeilige gliederung
durchgeführt; nur gehören notwendig zu einem abschnitt zu-
sammen V. 27 — 30:
Thie loega rihtet alle, the ze herzen in gigange,
mit werkon filu rehten so ilet sie gislihten.
Ob iz werde wanne thaz er tharana gange,
thaz er in zi grunne tharana ni firspiirne.
hier wäre also die vierzeiligkeit gestört, aber diese verse sind
nach Beda gedichtet und wir haben bei der frage nach der ur-
sprünglichen vierzeiligkeit von ihnen abzusehen.
Das 25 capitel hat 30 verse, ist also nicht vierzeilig und ist
es nie gewesen, wenn es von vorn herein aus dieser verszahl be-
stand, aber die eigentliche erzählung wird unterbrochen zunächst
durch v. 19 — 22, welche ebenso wie die letzten 6 verse nach
des Hrabanus bemerkung gedichtet sind, sehen wir von ihnen
ab, so haben wir abrundung zu vierzeihgen abschnitten, es
spricht nicht dagegen, wenn erst in v. 25 steht: er was dubun
gilih, was man vielleicht in der erzählung lesen möchte, hierauf
wies 0. eben hin in v. 23 : gisah er queman gotes geist fon himil-
riche, so thu weist und schloss seine erzählung mit v. 24:
in krist er sih gisidalta, so slium er nan gibadota, wie die biblische
vorläge mit venientem super se endet.
0. hat also in der ersten periode seines Schaffens in vier-
zeihgen abschnitten gedichtet nach dem muster Prudentii cete-
rorumqne multorum, qni sua lingua dicta et miracula Christi de-
center ornabant.
Greifswald. WALDEMAR OLSEN.
216 ZU OTFRID
ZU OTFRID.
Im schlusscapitel seines Werkes (v 25, 1 ff. 97 ff) vergleicht
sich Otfrid mit einem schiffer, der glücklich den hafen erreicht
hat, das segel niederlässt, dessen rüder nun am ufer ruhen soll.
PPiper bemerkt hierzu in seiner ausgäbe: 'das bild macht es
mir wahrscheinlich dass der dichter in der nähe des bodensees
längere zeit verweilt habe; weder in Weifsenburg, noch in Fulda,
selbst nicht auf dem Oberrhein bot sich gelegenheit für eine
wasserfahrt, wie sie hier vom dichter im gleichnis geschildert
ist.' es ist ja möglich dass Otfrid einmal oder auch öfter 'in
der nähe des bodensees', in SGallen nämlich, wie das Piper gern
beweisen möchte, sich aufgehalten hat, allein aus dem angeführten
vergleich im letzten capitel folgt dafür gar nichts, das hübsche
bild von dem heimkehrenden schiffer ist nämlich nicht Otfrids
eigene erfinduug, sondern einer alten verbreiteten schreiber-
unterschrift entlehnt, über deren verschiedene lateinische und
griechische fassungen mau sich bei VVattenbach Das schriftvvesen
im mittelalter^ s. 231 ff orientieren kann, wie der schiffer sich
freut, den hafen zu erreichen, so freut sich der Schreiber über
die Vollendung des buches.
AIcuin gehören die verse (Dümmler Poetae latini aevi Ca-
rohni i284):
Nauta rndis pelagi ut saevis ereptns ab nndis
In portum veniens pectora laeta tenet:
Sic scriptor fessus calamum sub calce laboris
Deponens liabeat pectora laeta satis.
nie deo dicat grates pro sospite vita,
Proque laboris agat iste sui requie.
denselben gedanken drückte VValahfrid Strabo aus (Dümmler n402) :
Ut gaiulere solet fessus iam nauta labore,
Desiderata diu litora nota videns:
Haud aliter scriptor optato fine libelli
Exullat viso, lassus et ipse quidem.
Marburg i/H. 8. x. 86. JOHANNES STOSCH.
DAS HARBARDSLJÖD 217
DAS HARBARDSLJOB.
Härbard, den namen von Thors rätselhaftem Widersacher,
nach welchem unser lied benannt ist, hat man verschieden ge-
deutet. Uhland (Schriften 6 s. 52) erklärte das wort als 'heer-
schild' von einem älteren harr = herr exercitus und einer starken
nebenform zu bardi m. clipeus, wozu sich gut das deutsche Her-
bort fügen würde, in dem zweiten teil der composition scheint
aber das sonst durch skegg vertretene seltene neutrum bard barba,
welches in starker und schwacher form vielfach zu Zusammen-
setzungen benutzt wird, enthalten zu sein: man vgl. die analogen
bildungen HUbardr Härbl. 20 'schattenbart' (MüUenhoff Runenl.
s. 57), Ldngbardr, im Eddubrot heiname Odins, 'barba longa' (Sn.
E. n 473. 556), endlich das fem. pnrrbord 'die dürrbärtige', eine
der troUkvennur (Sn. E. i 553), und schwach helugbardi (Egilsson
s. 322^). die erste silbe wird nun in Grimms Mythologie m 56
als kurz angesetzt und das wort als flachsbart (von horr linum)
erklärt, was jedesfalls ein recht nichtssagender name wäre, ebenso
wenig dürfte die Egilssonsche erkläruug, die auf einer hslichen
Variante (FAS II 203, 3) fufst: Hardbardr 'barba aspera, hispida',
der gestalt des vornehmen kriegsmanns und liebesabenteurers, als
welchen sich Härbardr im liede geriert, entsprechen, demnach
ist die deutung 'graubart' von hdrr canus gewis die einzig be-
rechtigte (Bugge Edda s. 97. MüUenhoff DA 5, 293. Bergmann
Das Graubartslied s. 76 f. Vigfüsson s. 774''), weil sie sprachlich
ohne Schwierigkeit ist und ein wolpassendes epitheton für den
alten tatenreichen fergen abgibt.
Ferjukarl nennt die prosaische einleitung den Harbard und
fergendienste verrichtet er auf befehl seines herrn (v, 3. 7. 52.54):i
das lied deutet aber zugleich selbst an dass die gestalt des fähr-
mauns nur eine angenommene ist (v. 50).
Nachdem die hypothesen, welche in Härbard einen riesen,
ja auch einen winterlichen dämon, der den donnergott aufhielt,
' wenn er v. 52 fehiritir heifst, so ist dies wort dort ebenso wenig
am platze wie in der prosa zu Skirnisf. 11 (DA 5,132). schon Egilsson
setzte das durch die Grägäs mehrfach belegte farhiräir (161") dafür ein,
aber der vers erfordert ferjuhirctir , was in der unechten IjoJahättvisa am
eingang des gedichtes (Bergmann aao. s. 77) gebraucht wird und in ferfu-
kai'l, ferjinnactr (Vigfüsson 152") seine analoga hat.
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 15
218 DAS HARBARDSLJOD
finden wollten, durch die Kph. ausgäbe (i s. 89) widerlegt und
dort zugleich die ansieht ausgesprochen war, dass unter Härbard
kein anderer als Ödinn zu verstehen sei, der hier in gestalt
eines fergen seinen söhn höhne, hat diese annähme lange als die
einzig berechtigte gegolten, sie setzt ühlands sinnige deutung
des mylhus voraus (Schriften 6 s. 52 0"), und auf ihr fufst vLi-
liencrons analyse des gedichtes (Zs. 10, 180 — 196). da behauptete
Bergmann in seiner ausgäbe des liedes (Das Graubartslied, Leip-
zig 1872) s. 1 ff: 'man merke bald dass die hinter dem ange-
nommenen namen Graubart versteckte person keine andere als
der boshafte Loki sei.' Kölbing (Germania 18, 116 — 121) stimmte
ihm zu und meinte, er habe einen ebenso richtigen wie neuen
gesichlspunct aufgestellt, auch Edzardi (Germ. 23, 417) und
Liebrecht (Gült. gel. anz. 1872 s. 1851—1863) traten Bergmanns
ansieht bei, und Vigfiisson erklärte, allerdings ohne begründung,
im Dictionary 1874: 'Bergmann has conclusively shewn, that the
Härbardr of the lay is not Ödinn, but Loki', und noch später in
den prolegg. zu seiner ausgäbe der Sturlunga saga (Oxford 1878):
'Bergmanns theory is certainly right' (§ 33). ^ dagegen hielt
Mülleuhoff in seiner kurzen, aber treffenden characteristik des
liedes die alte ansieht fest (DA 5, 293 f vgl. 158).
Nach der planmäfsigen anordnung im codex Regius erhielt
das lied seine stelle hinter den vier Ödinsliedern und vor den
vier Thörsliedern , der redactor der hs. hat es also jedesfalls als
ein Ödinn -Thörrlied betrachtet, welches schicklich den Übergang
beider liederreihen bildete (DA 5, 158). hätte er es als ein Loki-
lied angesehen, so würde er ihm, da Härbardr die hauptperson
ist, füglich seinen platz vor oder hinter der Lokasenna ange-
wiesen haben, wir haben hierin also ein sicheres zeugnis für
die annähme des Harbardr-Ödinn schon in altnordischer zeit.
Deutlich hat ferner der dichter der Grimnismäl unser lied
vor äugen gehabt, wenn er v. 49 Odin sich Härbardr med go-
dum nennen lässt. in v. 48, 5 — 7 nämlich sagt Grimnir-Odinn:
einu nafni hetumJc aldregi, siz ek med fölkum för, und v. 49
werden dann beinamen aufgezählt, deren er sich, wie man aus
1 — 5 sicher sieht, bei bestimmten abenteuern bedient hat, nicht
bedienen wird: Härbarilr aber, der gewisser mafsen seinen höchsten
' doch heifst im Corp.poet.boreale (Oxford 1883) 1 117 Härbantr: 'Woden
in disguise'.
DAS IIARBARDSLJOD 219
triumph andeutet, ist wolbedacht an den schluss gestellt. ^ der
einwand Bergmanns (s. 121), dass dinn unter Ödem beiuamen
Härbardr von Thor sofort hätte erkannt werden müssen, ist
also nichtig. Odinn legt ihn sich bei diesem anlass ebenso zum
ersten male bei wie den namen Grimnir bei Geirro^dr oder Gang-
leri bei Vaf|3riidnir.
Härbardr nun, den als namen Odins auch das Eddubrot ver-
zeichnet (Sn. E. I 86. n 472. 555), und die verwandten beinamen:
Ldngbardr (Sn. E. ii 473), Sidskeggr (Grimn. 48) und Sidgrani
(Alvissm. 6) 'barba promissa' malen Odin als den alten bärtigen
mann, als solcher ist er in den sogur eine ganz volkstümliche
figur. so begegnet Sigurdr (Volsunga s. c. 13) einem manne gom-
lum med sidu skeggi, der kein anderer als Ödinn ist (Grimm
Myth. 121). vergeblich sucht man aber nach einem beispiel, wo
Loki sonst als alter mann aufgetreten wäre.
Ödinn-Härbardr als ferge ist eine ganz gewöhnliche erschei-
nung. so nimmt er dem Sigmund den toten Sinfiotli ab und fährt
ihn auf einem kleinen schiffe davon (Bugge Edda s. 202). als Hni-
karr geht er zu Sigurd und Regin auf das schiff, und beim er-
scheinen des göttlichen fährmanns legt sich der stürm (Sigurdarkv.
II 16 — 18. Volsunga s. c. 17). als nachenmaun (nokkva madr)
zeigt er sich dem könige Olaf Tryggvason (EMS ii 181, 1). ver-
möge seiner herschafl über die runen (vgl. die brimrmiar Sigr-
drifum. 10) ist er im stände, wind und see zu zähmen, wenig-
stens rühmt der spielmann im Ljödatal, der sich für Odin aus-
gibt, sich dieser kunst: nind ek kyrri vägi ä ok svcefik allan sce
(Müllenhoff aao. 271 ff. 291 ff), von Loki wird dagegen sonst
nur berichtet dass er am jüngsten tage den kiel, auf dem Hels
leute fahren, steuert (Volusp. R 48).
Härbardr erscheint im liede durchweg als kriegsmann. sein
herr heifst Hildolfr (von hildr kämpf) v. 8.'- er hat mit Fjolvar
auf der insel Algroen gekämpft: vega par kndttum ok val fclla
v. 16. er war in einem beere, welches das kampfbanner vor sich
wehen liefs, um den speer zu röten v. 40. er war endlich in Val-
land und lag kämpfen ob ; er reizte die beiden und versöhnte sie
nimmer v. 24. Fjolvarr ist wie Fjplsvidr (Grimn. 47) ein beiname
Odins, hier wie v. 8 macht er scherzend eine seiner haupteigen-
^ denn v. 50 gehört nicht zum gedichte (vgl. Müllenhoff aao. s. 159).
2 Sn. E. I 554, 1 wird ein söhn ÜJins so benannt.
15*
220 DAS HARBARDSLJÖD
Schäften: 'kampfheld' oder 'vielvervvahr', wie Bergmann (aao. s. 134)
passend übersetzt, zu seinem 'herrn oder gesellen'. Algroen aber
bezeichnet vvol nur die erde (vgl. igroen Alvissm. 10, jord idja
grcena Volusp. R 56), sodass Härbardr-Ödinn v. 16 wie v. 40 von
irdischen kämpfen , in die er ja oft eingriff, spräche, dem ent-
sprechend ist Valland v. 24 nicht wie gewöhnlich als Wälschland,
sondern als 'kämpf land' (Petersen Nord. myth. s. 227 vgl. Helr.
Brynh. 2. Edzardi aao. s. 417) zu fassen und mit den Worten
ya//'o^r (Volusp. 1), valkyrjur (Volusp. R 31), valglaumr (Griran.21),
valholl (Grimn. 8 ff) und Valgrind {Gvimn. 22) zusammenzustellen.
Harbardr-Ödinn rühmt sich demnach irdischer kämpfe (vgl. FAS
I 157. 380 USW.) und himmlischer mit den Einherjar (Valj^r.
40 f. Grimn. 8. 14. 23). er selbst bestimmt dann seinen gegen-
satz zu Thor dahin, dass er sagt (v. 24,5 — 7): Odinn d jarla
er i val falla, enn Pört^ d prwla kijn. natürlich muss odinn,
um nicht erkannt zu werden, von sich in dritter person reden,
wenn Bergmann (s. 132 ff. 147 ff) und Edzardi (Germ. 23, 417)
hier und v. 16 annehmen dass Härbardr-Loki seinen gefährten
Odin prahlend nenne, so geht aus Lokas. 9f allerdings hervor
dass die beiden götter i drdagi gesellen waren , nirgend aber er-
scheint Loki sonst als kriegsgott, noch rühmt er sich einer kriegs-
tat, wozu in seiner senna doch die beste gelegenheit war. auch
ist von gemeinsamen kriegerischen jugendtaten beider götter sonst
nirgend die rede, vielmehr deutet die mahnung Friggs (Lokas. 25),
dass die zwei äsen nicht alles erzählen sollten, was sie in ihrer
Jugend verübt, wie schon Edzardi bemerkt, auf ganz andere pi-
kantere abenteuer hin. man müste also, um den Härbard-Loki
zu retten , annehmen dass Loki dauernd lügnerisch sich für Odin
ausgäbe.
Härbardr ist im liede immer der geistig überlegene (v. 18:
efri at rddum). sein herr ist der ratkluge rekke (rddsvidr vgl.
Häv. 64: rddsnotr, \. 102 rddspakr). er wohnt m Rädseyjarsnnd
(v. 8).^ Härbardr ist endlich runenkundig, denn wenn er sich
rühmt (v. 20), mit hilfe des gambanteins, den ihm der riese Hle-
• ein fingierter nanie wie die SefafjoU, Sigriins woiinsitz (HHund. ii
25. 36. 42. 45. 48), die von Müllenhoff (Zs. 23, 169) mit recht als 'herz- oder
minneberge' erklärt werden, oder wie Munarheimr (HHiorv. 1) 'wunsch-
oder wonneheim'. Bädrsey bedeutet aber nicht 'insula imperii' (Kph. aus-
gäbe) noch 'Robinsonsinsei' (Bergm. s. 110), sondern einfach 'ratsinsel', wo
der geistig überlegene thront.
DAS HARBARDSLJÖD 221
barttr gegeben , myrkridur ihren männern abspenstig gemacht zu
haben, so zeigt die austührliche Schilderung in derSkirnisfor 32 — 36
dass, um riesinnen damit zu bezaubern, runen in denselben geritzt
wurden. Ödinn hat also hier, um sich die weiber gefügig zu machen,
die gamanrünar (Sigrdrifum. 5 vgl, Häv, 120. 130} angewandt,
da ein runenstab in Lokis bänden ernsthaft undenkbar ist, so
müste auch hier Härbardr-Loki Odin wider lügnerisch copieren.
Härbardr ist den frauen überhaupt gefährlich, er hat im
Osten mit einer leinweifsen heimliche finge gehabt und die gold-
glänzende erfreut (v. 30). er hat mit Fjolvar (dh. mit grofser
umsieht) die munteren und klugen, aber spröden Schwestern durch
seine geistige Überlegenheit gewonnen und ihrer aller liebe und
Umarmung genossen (v. 18). nun kann man Bergmann allerdings
zugeben dass Loki seinem wesen nach sich auch wol als frauen-
held hinstellen konnte, die Gylfaginning sagt von ihm , er war
fridr oik fagr synum (Sn. E. i 104), auch die manvelar könnten
seinem character wol entsprechen, davon aber, dass er bei den
V. 18 geschilderten Schwestern geschlafen habe, ist nirgend etwas
bekannt, die characteristik dieser weiber (z. 1 — 8) weist auch
keineswegs darauf hin, dass, wie Bergmann annimmt (s. 137),
riffe darunter zu verstehen seien, vielmehr ist deutlich auf die
in der Voluspä hin skamma (Hyndl. 35 — 38) berichtete sage an-
gespielt, nach der Ödinn mit neun jötenmädchen den Heimdali
erzeugte, wie wir später zeigen werden (s. 254 ff), nimmt man
dazu dass der ausdruck: hafdak ged peirra alt ok gaman wört-
lich in der schönen episode von Odin und dem Billingsmädchen
widerkehrt (hugdak at hafa ged hennar alt ok gaman Häv. 99),
und dass auch in der dem Ljödatal angehängten visa (Häv. 161)
der |iulr, welcher sich als üdion aufspielt, sich rühmt: ef ek
vil ins svinna mans hafa ged alt ok gaman: hugi ek hverfi hvit-
armri konu ok sny ek hennar ollum sefa, so wird man eine
Verwandtschaft unseres liedes mit dem ersten Odinsbeispiel, die
schon Müllenhoff (aao. s. 296) andeutete, nicht läugnen können.
Noch weniger kann die schöne v. 30 von Loki gesprochen
gedacht werden, wir wissen von Lokis weiberberückungen nur
durch seine senna, wo er behauptet, von Tyrs frau einen söhn
zu haben (v. 40) und der Sif buhle gewesen zu sein.^ da wir
' kinder hat Loki aufser mit seiner treuen gattin Sigyn mit Angrboda,
seiner riesischen gemahlin, erzeugt, nämlich den Fenrisülfr, den Jcrmungandr
222 DAS HARBARBSLJÖD
von Tyrs gattin sonst gar nichts wissen, hier also wol sicher eine
fiction Lokis vorhegt, so bleibt nur seine buhlerei mit der Sif
übrig, nun galt die Sif sonst, wie auch Bergmann (s. 174) zu-
gibt, stets als die ehrbarste und keuscheste der göttinnen, worauf
schon ihr name deutet, in der Sn. Edda (i 340 vgl. 336) wird
von einer buhlerei nichts erzählt, vielmehr nur, dass Loki der
Sif ihr goldenes haar aus bosheit abgeschnitten habe und daher
den beinameu härskadi Sifjar führe, wenn aber in unserem
liede (v. 48) Härbardr dem Thor vorhält, Sif habe zu hause einen
buhlen, so ist das natürlich ebenso eine lüge, wie wenn er (v. 4)
behauptet dass Thors mutter gestorben sei. beidemal soll dadurch
des armen Thors zorn noch vermehrt und ihm das ohnmächtige
seiner Situation recht fühlbar gemacht w-erden. fingiert ist dem-
nach auch Lokis buhlschaft Lokas. 54, und sie müste es in
unserem liede (v. 30) sein, wenn man hier Härbard als Loki
annehmen wollte, aber wie sollte wol in der Umschreibung 'der
leinweifsen' oder 'der goldgläuzenden' Thörr seine gemahlin er-
kennen 1 war dies aber nicht beabsichtigt, warum wurde die
ganze sache von Loki erlogen? dazu kommt dass Odins angaben
nicht auf eine göttliche geliebte, sondern auf thürsenmädchen
deuten: austr vark sagt er z. 1 Thors worte parodierend, ist
aber Härbardr Üdinu, so ist alles klar, von den vielen abenteuern
Odins mit riesinnen — Thörr selbst ist ja, wie Liliencron (aao.
s. 191) schon bemerkt, das kind einer solchen Verbindung —
haben vor allem zwei, Odins betrug durch Billings maid (Häv.
96—102) und Gunnlods berückung (Häv. 103—110) in über-
mütigen unserem liede ähnlichen spielmaunsgedichten eine dich-
terische verherlichung erfahren, es zwingt uns nichts, die lin-
Jivita und gullbjarta mit Bergmann als eine person zu fassen,
die heimlichen tiuge, dieödinn mit der 'leinweifsen' gehabt zu haben
vorgibt, werden ihm von der 'sonnenweifsen' tochter Billings
wenigstens versprochen (Häv. 98). Ödinn erzählt offenbar hier
das für ihn keineswegs ehrenvoll ablaufende launliing (v. 100. 101)
als einen seiner triumphe. die gullbjarta aber, die er erfreut und
die an seiner umarmung gefallen findet, ist Gunnlod (Häv. 104.
107. 110), die arme betrogene rieseutochter.
Härbardr- Ödinn besitzt die gäbe des Proteus, auf sie spielt
und die Hei. aufserdem hat er als state das loss SIeipnir geboren (Sn. E.
I 132— 13S. Lokas. v. 23).
DAS HARBARDSLJiiD 223
er in unserem liede v, 50 an, wo er dem Thor vorhält: lange
wärest du am ziele, wenn du mit gestalten führest (ef pü litnm
fcerir Zs. 8, 75) dh. wenn du dich verwandeln könntest — wie
ich. vel keypts litar heß ek vel nolid rühmt er sich im Gunn-
lodliede (Hav. 107), und die merkwürdige sage in der Sn. Edda
I 218 — 223 erläutert dies dahin, dass Ödinn in Schlangengestalt
(i orms liki) zur Gunnlod gedrungen sei und den geraubten
dichtermet in adlersgestalt (i arnarham) davongeführt habe, die
Ynglinga saga (c. 3) sagt von ihm: kann skipti litnm ok likjnm d
hverja lund er kann vildi. nun ist dieses skipta oder vixla lüum
oder hpmum, wie der technische ausdruck lautete (Grimm Myth.
III 317), auch dem Loki eigen (Weinhold Zs. 7, 27). er begleitet
als magd den Thor in Thryms reich (frymskv. 20 fl"), er weigert
sich in der gestalt eines riesenweibes Pokk, wie wir aus einem
liedfragment in der Ijödahältvisa sehen (Sn. E. i 180 vgl. 172),
über Baldrs tod zu weinen, auch kühe soll er als weib gemolken
haben (Lokas. 23) , als stute gebiert er das ross Sleipnir (Sn. E.
I 136 f), in lachsgestalt wird er von Thor im foss gefangen (prosa
zu Lokas. 65), ja der Sorla|3ättr (c. 2) erzählt sogar dass er als
floh die schlafende götliu Freyja ins kinn gestochen habe, dass
er aber je die gestalt eines alten mannes angenommen, ist, so
oft auch von Odin, von ihm niemals bezeugt.
Härbardr tritt Thor gegenüber auf, wie Udinn öfter in der
volkssage. ich will nur auf die merkwürdige erzählung der Gaut-
reks saga verweisen , in welcher die beiden äsen — Üdinn heifst
hier Hrosshärsgrani — rivalen sind (FAS lu 32 f). Thörr sucht
dem Starkad dort zu schaden, weil Alfhild, dessen vatermutter,
einem jölen vor ihm den Vorzug gegeben, und häuft eine fülle
von Verwünschungen auf ihn. Ödinn -Hrosshärsgrani dagegen,
der repräsentant des ^julrtums, hebt alle diese Verfluchungen
durch grofsere gaben, die er seinem liebling erteilt, auf. die
beiden götter sind in jener erzählung auch in ziemlich heftiger
senna begriffen, und Udinn als der mächtigere, 'den alle grUfsen',
behauptet den sieg, dagegen ist es nicht glaubhaft dass Loki
versucht haben sollte oder vermocht hätte, dem Thor so nach-
drücklich zu schaden, wie er es hier durch die Verzögerung des
gottes tun würde, hängt er ihm auch zuweilen etwas an (wie
Hymiskv. 37), so ist er doch fast immer sein treuer gefährte,
besonders auf den gefährlichen fahrten zu Thrym und zu Utgar-
224 DAS HARBARDSLJÖD
daloki. wenn er den Thor ohne hammer, kraftgürtel und eisen-
handschuhe zu Geirrod bringt, so tut er dies nach der Skälda
nur, weil er sich, um sein leben zu retten, dem riesen eidlich
dazu verpflichtet halte, nicht aus reiner bosheit (Sn. E. i 284 ff),
überhaupt ist aufser dem allgemeinen gegensatz, in dem Loki zu
den äsen steht, von einem besonders gespannten Verhältnis Thors
und Lokis nichts bekannt.
Ebenso wenig kann endlich Bergmanns mythologische er-
klärung (s. 20) einen Härbard-Loki erweisen. Loki, ursprüng-
lich der gott des schädlichen vulkanfeuers, soll dem gott des
befruchtenden himmlischen feuers, Thor, entgegengesetzt sein,
wenn Thörr einmal etwas später von Jotunheim zurückkehrte
dh. der winter sich ungewöhnlich lange hinausschob, soll das
Volk dies mit bezug auf ihre feindschaft dem bösen Loki zu-
geschrieben haben (s. 8). wie die redensart Skirnir ferr den an-
lass zur dichtung der Skirnisfor geboten habe, sei das Sprich-
wort: Loki hefir Pör talum dvaldan die Ursache für die entstehung
unseres liedes geworden (s. 21). der dichter habe dann das talum,
was in der mythischen formel trug bedeutete, als reden aufge-
fasst und darnach den Thor von Loki durch eine senna auf-
gehalten werden lassen (s. 28). dass Loki einmal feuergott ge-
wesen, ist wol sicher (Weinhold Zs. 7,6 0"), ebenso sicher aber
dass in unserem liede, wäre er Härbardr, nirgends mehr auf
diese seine eigeuschaft angespielt würde, ganz abgesehen davon,
dass wir in dem liede kaum mehr einen reinen mylhus haben
(Liliencron Zs. 10, 196), so hat Bergmann recht im gegensatz
zu ühland (Schriften 6 s. 50 fl") sich diesen mythus einfach nach
seinem gutdünken construiert. aus v. 51, wo Thörr zu Härbard
sagt: Härbardr inn ragi, heldr hefir pü m'i mik dvaldan bildet
er die formel, die er dann bis zum überdruss widerholt (s. 9. 21.
24. 28. 184), wobei er aber einfach Loki für Härbard einsetzt
und das doppelsinnige talum erfindet, denn tala f. = ahd. zala
rGran'v641) numerus, oratio ist schon lautlich ein ganz anderes
wort wie täl f. = ahd. sa/a (Graffv654) periculum, fraus. wer auf
diese art mylhen deuten wollte, könnte genau mit demselben
rechte behaupten, im norden wäre das Sprichwort verbreitet ge-
wesen: Odinn hefir Pör talum, dvaldan!
Es bleibt für Bergmanns 'sicher richtige' hypothese (s. 218)
als einziger slülzpunct die angebliche Verwandtschaft unseres liedes
DAS HARBARDSLJOD 225
mit der Lokasenna übrig, sie schien Kölbing (aao. s. 118) be-
sonders einleuchtend, und Vigfüsson (prolegg. § 33) schrieb vor-
eilig beide gedichte demselben 'nordischen Aristophanes' zu.
Jessen (Zs. f. d. ph. 3, 75) hält unser lied für eine nachahmung
der Lokasenna, auch Edzardi (Beitr. 8, 369) meint dass sie von
ihm benutzt worden sei. aber das Verhältnis ist, wie sich gleich
zeigen wird, umgekehrt. Bergmann selbst (s. 58) bemerkt richtig
dass die senna jünger sein muss, da ihre v. 60 ganz deutlich
eine weitere ausmalung von Härbl. 26, 4 f ist. i aber der schluss
der Lokasenna überhaupt von dem erscheinen Thors an (v. 57
bis 63) ist nichts als eine breite, plumpe nachahmung unseres
liedes. man vgl. v. 27, 2 mit Lokas. v. 57. 59. 61. 63. aus inn
ragt (Härbl. 27, 1) ist rog vcettr (Lokas. 57, 1) geworden, im
anschluss an die erwähnung von Thors handschuhabenteuer wird
Lokas. 62 noch von Skrf mir weiter erzählt, ebenso ist die visa 54
der Lokasenna vermutlich durch die notiz Härbl. 48 veranlasst,
ja es scheint fast, als wären die zweifellos falschen formen hör
(nom. sing.) und hös (gen. sing.) Lokas. 30. 33 neben richtigem
acc. sing, hör' (v. 54) von hörr (got. hors, ahd. huordri) adiilter
bildungen nach dem Härbl. 48, 1 in beiden codd. fehlerhaft über-
lieferten acc. sing. hö.
Auch anderen liederu entnahm die Lokasenna ihre worte.
Edzardi (Beitr. 8, 369) hat bereits bemerkt dass v. 6, 1 — 3 gleich
Vafjjr. 8, 1 — 3 ist. ist schon hier eine entlehnung der visuhel-
ming durch das andere lied sehr unwahrscheinlich, so ist eine
nachahmung der Skirnisfor in der Lokasenna unverkennbar. Lokas.
31,4: reidir 'ru per cesir ok äsynjur ist deutlich eine nachbildung
der zweiten visa des runenliedes (in der Skirnisfor v. 33). v. 34.
63 erinnern lebhaft an Skirnisf. 35. vor allem aber die erste
Strophenhälfte von Skirnisf. 37, die in jenem liede unentbehrlich
ist, ist unverändert in die Lokasenna aufgenommen, v. 53, 1 — 3:
heill ver pü ok tak vitt hrimkalki fullum forns mjadar.
Da hier die senna dem älteren gedieht poetische Wendungen
entlehnt, nehmen wir mit recht an dass der Verfasser, ein ge-
schmackloser compilator der gemeinsten unflätigkeiten (vgl.Müllen-
hoff aao. s. 293), auch unser gedieht nachgeahmt hat. es ist mög-
• die seit Rask mit recht getilgte halbzeile 5 (Bugge s. 100) ist also
nicht aus der Lokasenna in die Strophe 26 geraten, sondern jene hat die
interpolation im Härbaritsljöd bereits vorgefunden.
226 DAS hARBARDSLJÖD
lieh, wenn auch nicht notwendig, dass er Härbarct fälschlich für
Loki hielt und von diesem gesichtspuncte ausgehend eine poetische
Vorgeschichte der im Härbardslied enthaltenen handlung zu liefern
beschloss, in der Loki alle götter lästert, vor Thor aber zurück-
weicht, weil er weifs dass er zuschlägt: um so Lokis Verkleidung
bei seinem spott im Graubartslied zu motivieren, sein misver-
ständnis kann aber nur beweisen dass man den sinn des liedes
schon in isländischer zeit — denn ein norwegisches gedieht wage
ich die Lokasenna kaum zu nennen — zum teil verkannte, was
zumal bei einem so mittelmäfsigen köpfe wie dem dichter der
senna nicht wunder nehmen wird.
Da nach dem bisher gesagten nur sehr weniges für einen
Härbard-Loki, dasselbe aber mindestens ebenso für einen Här-
bard-Ödin spricht, da ferner die gestalt und der character des
fergen im liede, wie wir ausführlich nachgewiesen, der person
Odins, wie sie sonst geschildert wird, zug für zug gleicht, so
müssen wir doch wider zu dem 'alten Irrtum, der das Verständnis
des liedes erschwert' (Bergmann aao. s. 52), zurückkehren und
unser lied als ein Zwiegespräch der beiden höchsten götter, Ödinn
und Thörr, auffassen, wir hoffen aber zu zeigen dass nur unter
dieser Voraussetzung ein Verständnis des schönen liedes mög-
lich ist.
Wenn (»dinn seinem söhne Thor hemmend gegenübertritt,
so ist natürlich an einen ernstlichen gegensatz beider nicht zu
denken, daher erscheint Odinn unter der angenommenen gestalf,
deswegen bemerkt er, nachdem er v. 24, 5 — 7 den unterschied
zwischen ihnen bestimmt hat, v. 28: saktr 'ro alls migar, darum
gibt er Thor am Schlüsse selbst an , auf welchem wege er wider
zu Odins land komme, wo also die v. 42 bereits angetragene
Versöhnung beider stattfinde (v. 56).' demgemäfs kann von 'einem
spöttisch -satirisch -boshaftwitzigeu' ton, in dem Härbardr gegen
Thor streiten soll (Bergm. s. 37. Kölbing aao. 118) nicht die
rede sein, vielmehr erscheint derselbe, wie es auch Odin an-
gemessen ist, in der laune souveränsten humors (vgl. Liliencron
aao. s. 181). derselbe äufsert sich besonders von v. 30 an, wo
er den mannjafnadr , mit dem er es im ganzen liede nicht recht
• trefTend bemerkt Uhland (aao. s. 60): 'Odins weitschauender rat und
Thors unermüdliche tatkraft würken am ende doch wider hilfreich und
heilend zusammen.'
DAS HARBARDSLJüD 227
ernsthaft nimmt, fallen lässt und rein zu parodieren anfängt.
V. 30, 1 sagt er 'auch ich war im osten.' v. 32, 1, als Thorr
gefallen an den mädcheubekanntschaften ßndet, meint er scherzend:
'da hätte ich dich (tölpel) vvol nötig gehabt, um die leinweifse
maid zu erlangen.' v. 38, 1 unterbricht er Thors senna mit den
moralisierenden Worten: 'wie kann man aber auf weiber schlagen,
Thörr!' v. 42, 1 bietet er ihm Versöhnung an ganz in dem sinne:
'wir wollen uns einmal wider vertragen' (vgl. v. 28). wenn er
V. 4.48 falsches über Thors mutter und gattin aussagt, so ist
schon oben (s. 222) der gruud angegeben; dass die letzere nicht
tot sei , gesteht er ja am Schlüsse ausdrücklich zu (v. 56).
Dem allen widerspricht nun nicht dass Thörr Odins worte
Imoefiligu ord er ek heyrda aldri hncefdigri (v. 43) nennt, denn
wenn er die harmlos humoristische redeweise Odins als 'schneidende
höhnende rede' betrachtet, so zeigt er eben nur dass ihm jedes
Verständnis für humor abgeht (Liliencron aao. s. 195). desto
mehr besitzt er selbst unfreiwilligen humor. hier haben schon
die alten lieder unserem gedichte vorgearbeitet, wenn in der
Voluspä (R 27) bei erwähnung der episode vom riesischen bau-
meister über ihn erzählt wird: Pörr einn par vä prunginn mödi:
kann själdan sitr , er slikt of fregn, so hat diese characteristik
ebenso einen humoristischen zug, wie wenn die äsen in gefahr
nach Thor rufen und dieser stets willig erscheint, um unver-
züglich dreinzuschlagen (Sn. E. i 272). komisch würkt in der
frymskvida sein sträuben sich in weiberkleider hüllen zu lassen,
noch mehr aber die ess- und trinktaten, die er als Freyja ver-
kleidet in Thryms behausuug, kurz bevor erden grofsen riesen-
mord verübt, vollbringt (v. 17. 24 ff), unter seinen leistungen
bei Ütgardaloki, mit denen er zu seiner grösten wut keinen
erfolg hat, ist besonders die trinkprobe, bei der er einen grofsen
teil des Weltmeeres in drei zügen vertilgt, mit sichtlichem humor
geschildert (Sn. E. i 154 ff), sagte doch der volksmund: keiner
kann den Asathör übertrinken (Grimm Mylh. 157). unser ge-
dieht treibt diesen humor auf die spitze, im gegensatz zu Här-
bard-Ödin, dem golt des rdd oder der hyggja (Häv. 160) ist
er durchweg der kraftgott. er hat aß oerit , aber ekki hjarta
(v. 26). er nennt sich triumphierend 'vater des Magni' (9. 53)
und prüdvaldr goda (v. 9 vgl. prüdugr äss frymskv. 17. prüdr,
prüdvangr , prüdhamarr). alle taten, deren er sich rühmt, sind
228 DAS HARBARDSLJÖD
ein triumph seiner kraft (v. 15. 19. 23. 29. 37). dieser urwüchsige
kraftkoloss nun, der sonst sofort zuschlägt, wenn er gereizt wird,
der 'water' xot' i^oxtjv unter den güttern, der allein im stände
ist die Elivägar zu durchschreiten, dessen asenkraft nach dem
alten schönen liedfragmente (Sn. E. i 286) die angeschwollenen
ströme überragend in Geirrodargardar bis zum himmel aufwächst,
der beim fang der Midgardsschlange den boden des schiffes durch-
tretend auf dem boden des meeres steht, ist nicht im stände,
über den sund zu kommen! welch köstlicher humor, wenn der
biedere kraftase die im korb mitgebrachte kost 'häring und haber-
mus' dem verwöhnten kriegsmann bietet, wenn er widerholt
gütlich Härbard zur überfahrt zu bestimmen sucht (v. 7 und 53),
wenn er v. 13 noch so tut, als wolle er nicht hindurchwaten»
während er nicht kann, wenn er über seiner grofsen wut nicht
dazu kommt, was nach dessen andeutungen doch so unendlich
leicht wäre, Odin zu erkennen, wie komisch muss es dem alten
nordmann vorgekommen sein, wenn er hörte, wie Thörr v. 47
dem höchsten gölte droht, er werde ihn schlagen, dass er wie
ein wolf heule, oder wenn er v. 49 den denkergott Odin einen
feigling und lügner nennt, der aufs geratewol schwatzt, oder end-
lich, da ihm jede hoffnuug auf überfahrt genommen ist, ihn zu
allen teufein flucht (v. 60 nach hs. R).
Wir sehen: der grundton des liedes ist ein urkräftig hu-
moristischer, der selbstbewusteste souveränste humor Odins steht
dem unbewusten Thors gegenüber, die meisterhafte durchführung
dieses gegensalzes aber gibt dem gedieht seinen eigentümlichen
character.
Schon nach dieser kurzen betrachtung rechtfertigt sich, wie
man sieht, das harte urteil Jessens (Zs. f. d. ph. 3, 75), dass
das Härbardsljöd ein 'kraftloser, trockener, langweiliger' versuch
sei, den frivolen indifferentismus der Lokasenna nachzuahmen,
aber mit dem würklichen humor dieses gedichtes nichts gemein
habe, auf keine weise, wäre, wie Jessen (aao.) meint, der zweck
des dichters in der tat nur der gewesen, seine forna stafi dh.
seine kennlnisse in den Ödius- und Thörsmythen, besonders in
denen, welche in isländischen Schriften weniger behandelt wurden,
paradieren zu lassen, dann, müste man sagen, hätte er es wunderbar
genug angefangen, jeder unbefangene wird zugeben dass, wer es
darauf anlegte mit gelehrsamkeit zu prunken, doch, auch wenn
DAS HARBARDSLJÖD 229
er ein ganz inittelmäfsiger dichter war, leicht mehr mythologische
beziehungen in das lied bringen konnte als die dürttigeu notizen
Thors von seinen kämpfen mit Hrungnir und Thiazi — beides
doch wol recht landläufige mythen — und die anspielungen Odins
auf das handschuhabenteuer und die par liebesaffaireu. welche
ausbeute hätten ihm die sagen von Thrym, Hymir, Geirrod usw.
geboten, von seltenen mythen konnte er höchstens auf seine
kenntnis der erzählung von den Svärangssöhnen (v. 29) pochen,
aber es scheint überhaupt gewagt, diese geschichte mit Uhland
(aao. s. 54) und Bergmann (aao. s. 157) mythisch zu deuten.
schon v. 23 führt Thörr gar kein bestimmtes abenteuer mehr
an, sondern erzählt nur im allgemeinen von kämpfen mit riesinnen
(jotna bolvisar hrüdir). dem parallel wird er v. 29 von riesen-
kämpfen im allgemeinen sprechen. Svdrangs synir^ (von Berg-
mann gut 'Schwerenöters söhne' übersetzt) sind einfach die jotuar
(vgl. Sn, E. I 550, 1), d (v. 29, 2) ist aber der fluss 'Ifing',
der götter- und riesenweit scheidet (Vaf|3r, 16), den Thörr also
bei jedem riesenzuge überschreiten muss. die annähme Jessens,
dass wir in dem liede einen späten isländischen litterarischen
versuch haben, ist daher sehr unwahrscheinlich.
Dagegen muss ich ihm durchaus beistimmen, wenn er eine
mythische grundidee in ihm läugnet. dass der Inhalt des liedes
nicht im eigentlichen sinne ein raythus sei, sondern nur eine in
die form des mythus gekleidete reflexion, hat übrigens Lilien-
cron (aao. s. 196) schon richtig bemerkt, es ist möglich dass
der vom dichter zur einkleidung seiner idee benutzte mythus
ursprünglich den sinn hatte, welchen Uhlands schöne deutung
ihm gibt (aao. s. 52 f), aber in unserem liede wird er sicher als
mythus nicht mehr empfunden, es liegt dem dichter ganz fern,
mit der erwähnung von Jord-Fjorgyns lode etwa auf die 'winter-
lieh tote erde' oder mit der erzählung von Sifs buhlschaft auf
die der fremden gewalt zugefallene 'letzte ernte' zu deuten: er
beutete die ursprünglich mythischen züge lediglich für seinen
zweck aus, wonach sie Stoff für lügen abgeben.
Über die idee selbst kann nun seit Liliencron kein zweifei
mehr sein. Thörr, ursprünglich der gott des anbaus, der durch
seine riesentötungen das land urbar macht, tritt hier seinem
^ vgl. den ganz parallelen ausdruck: berserkja brüd'ir für riesin-
nen (v. 37).
230 DAS HARBARDSLJÖD
kriegerischeu valer Odin gegenüber, die beiden götter sind
ideale repräsentauten zweier stände, des bauern- und krieger-
standes. wer diesen grundgedanken läiignet, wie Jessen (aao,
s. 74), der setzt sich einfach über die directen angaben des ge-
dichtes fort, von Odin ist bereits früher (s. 219 ff) alles nötige
gesagt, schon durch die titulierung karl (v, 2) gegenüber der
benennung Odins sveinn (v. 1) wird Thörr als Vertreter der 'karle'
hingestellt, darauf deuten ferner die prjü hu göd (v. 6), darauf
die kost: 'häring und haberraus' (v. 3), darauf die characteristik
Thors (v. 26). Thörr erscheint aber nicht nur als Vertreter der
armen kleineu bauern (Liliencron s. 194), sondern als repräseu-
tant des bauernstandes schlechthin.' der Vertreter des jarlslaudes
zeigt sich nun aber als der geistig überlegene, er pocht über-
mütig auf seine macht, er ist sich zwar vollbewust, dass beide
stände im gründe dasselbe erstreben müssen, nämlich ihr beider-
seitiges wol, für das einer dem anderen unentbehrlich ist, dass
daher ihr gegensatz versöhnbar ist (v. 56. 28) ; er schaut aber
auf das verzweifelte bestreben des bauernstandes, der vorteile des
jarlstandes auch in vollem mafse teilhaftig zu werdeu, mit humor-
vollem behagen herab, die insel, zu der der bauerugott eben
nicht gelangen kann , ist ja die 'ratsinsel', wo die höhere Intel-
ligenz thront, vermittelst deren der jarl den vorrang behauptet,
dieser social -politische gedanke, und nur dieser liegt unserem
gedichte zu gründe und ist zuerst richtig von Liliencron hervor-
gehoben (aao. s. 194), allerdings nicht in vollem umfange aus-
geführt.
In den Hävamäl nämlich, die einstimmig als norwegisches
gedieht betrachtet werden (Jessen aao. s. 39. Vigfüsson aao. s. cxc),
ist von einem eigentlichen gegensatz der stände noch nicht die
rede (MüUenhoff aao. 5, 281): nur eine geistige aristokratie wird
anerkannt (snotr, svidr, horskr). dagegen in der Rigl)ula, einem
tendenziösen gedichte zur verherlichung des königtums (Edzardi
Beitr. 8, 367), dessen ebenfalls norw'egischen Ursprung Bugge
(Arkiv for nord. filol. i s. 311 f) überzeugend nachwies, steht der
' die kost war eben norwegisches nalionalgericht und durch die natur
des landes geboten; wenn aber Härbaritr daraus, dass Thörr berbeinn da-
steht, schliefst dass er ein buniniler und armer schlucker sein müsse (v. 6),
so ist das nur ein beabsichtigter iioniischer trugschluss: natürlich nicht aus
armut, sondern weil er, bevor er den bösen fergen entdeckte, hindurch-
waten wollte, ist er barbein.
DAS HARnAUDSLJÖD 231
unterschied der stände fest und ihre enlsteliung wird leidenschafts-
los mit einem gewissen trockenen humor erzählt: streng ist der
jarl vom karl, aber auch streng der karl vom prmll unterschieden
(Rigj). 7. 21. 34). den Übergang der socialen zustände der Hä-
vamäl zu denen der Rigjiula stellt unser lied dar, indem es den
im ersten gedieht noch unbekannten, im letzteren als selbstver-
ständlich vorausgesetzten gegensalz der stände im augenblick der
höchsten gäluung zeigt, daher ignoriert Härbardr-Odinn vornehm
den unterschied von freiem und unfreiem bauer und nennt über-
mütig, was nicht jarl ist, einfach A-ar? oder /rfp// (v. 24,7: Pörr
d prcela kyn).
Man hat auf diesen letzten punct meiner ansieht nach viel
zu wenig gewicht gelegt, gewis liegt in der bezeichnung [)7'cell
eine Übertreibung Härbards (Grimm Myth. s. 111). aber dass
er hier, um das geschäft Thors recht zu betonen, statt der Standes-
bezeichnung karl den ausdruck prcell gewählt haben sollte, weil
die knechte der feldarbeit oblagen, ist wol eine etwas künstliche
erklärung (Liliencron aao. s. 196). viel eher könnte man mit
Uhland (s. 53) den gegensatz der waffenfähigen ödinsleute gegen
die gesetzlich nicht waffenfähigen knechte darin finden (Grimm
RA 320. FAS m 8), und zum teil liegt er gewis in den worten.
aber erschöpft wird der gedanke der v. 24 damit keineswegs,
der dichter, der seinem publicum eine solche Zweiteilung der
stände zumutete, muss in einer zeit gelebt haben, wo der vor-
nehme stand ein gewisses recht hatte, dem bauer schlechtweg
diesen titel zu geben, und er muss in einem kreise gesungen
haben, wo man dies als etwas selbstverständliches hinnahm, be-
merkenswert ist jedesfalls dass der biedere Thörr (v. 25) nicht,
wie er wol sonst pflegt (v. 49), die behauptung Härbards als eine
lüge hinstellt, sondern nur allgemein antwortet, Härbardr wäre,
wenn er gewalt hätte, wol ein schlechter Verteiler des gefolges.
nehmen wir nun hinzu dass in den Hävamäl, die man mit recht
ihrem ganzen character nach vor die politische einigung Nor-
wegens durch Harald setzt (Müllenhoff aao. s. 287. Jessen aao.
s. 39), der zustand des reichen bauern noch ein volksideal zu
sein scheint (Häv. v. 36 f) neben dem jarl-kriegerideal (v. 97), dass
in der RigjDula aber, welche auf die zeit Harald harfagris reflec-
tierend zurückblickt (Edzardi aao.), die Schilderung des karl und
prcell lediglich als folie für die hervorhebung des jarl und des
232 DAS HARBARDSLJÖD
kommgr dient, so müssen wir die entstehung unseres gedichtes
mitten in dem socialen kämpf am ende des 9 jhs. suchen.
Bekannt ist nun der bedeutungsvolle eingriff, den könig
Harald harschön zu dieser zeit in die rechte des Volkes sich er-
laubte, die Heimskringla erzählt uns in der Haralds saga här-
fagra c. 6 dass der könig alle odul- guter einziehen liefs, und
dass ihm alle bauern, reiche und arme, abgaben und Iribut ent-
richten musten. über jeden gau wurde ein jarl gesetzt und
dieser sollte den dritten teil des tributes für sich haben für seinen
tisch und seine ausgaben, diese jarle musten dafür heerfolge
leisten, 'und so sehr', fügt die saga hinzu, 'hatte der könig ab-
gaben und steuern vermehrt, dass die jarle da mehr macht hatten
als ein könig vorher gehabt- hatte, als man dies aber zu Thrond-
heim hörte, da kamen viele mächtige männer zu Harald und
wurden seine Untertanen.' ähnlich verfuhr der könig auf den
Orkneys (c, 32). mit diesem bericht der Heimskringla aber
stimmen die übrigen quellen völlig überein (KMaurer Germ.
14, 34). Haralds harte mafsregel soll später könig Häkou der
gute wider aufgehoben haben (Häkonar saga göda c. 1). er gab
den bauern die odulgüter zurück, die Thröuder wählen ihn
daraufhin zum könige, und in Uppland wird die künde bekannt,
dass die Thrönder sich einen könig gewählt haben, der in allem
wie Harald härfagri war, nur mit dem unterschiede, dass Haraldr
hafdi allan lydi landi prwikat ok dpjdt, Häkon aber den bonden
all das genommene gut widergeben wollte, dies geschah im
4 Jahrzehnt des 10 jhs.
Es kommt nun für uns wenig darauf an, ob wir dem ge-
meinsamen Zeugnis der quellen folgend eine wUrkliche definitive
einziehung der odulgüter und eine neuschenkung durch könig
Hakon annehmen oder nach KMaurer (aao. s. 37 ff) die beschlag-
nahmung der bauerngüter als eine pfändung ansehen, bei der
eine künftige einlösung durch dieselben besitzer oder ihre erben
vorgesehen war, sodass also Häkon nur die widereinlösung der-
selben freigab: das steht fest, dass durch den gewaltact des
grofsen königs gegen 'die reichen und armen', wie die saga aus-
drücklich hervorhob, das freiheitsgefühl des bauernstandes litt,
sie waren eben, wie der bericht sagt, prwikat (geknechtet) und
konnten in diesem sinne durchweg prcelar genannt werden, der-
selbe für die bauern ungünstige Staatsstreich Haralds hob aber
DAS HARBARDSLJÖD 233
den jarlstand , wie wir aus den deutlichen angaben der saga
sehen, auch sie waren ja freilich in der theorie nicht mehr un-
abhängig wie die alten fylkir , hersir oder pjödnar, aber durch
die gewalt , welche ihnen Harald verlieh , standen sie und ihr
kriegerisches gefolge sich sehr gut, oft besser als die alten könige.
sie hatten die macht und das interesse, die bauern auszunutzen,
da sie den dritten teil der abgaben bekamen, und das früher
gute Verhältnis gestaltete sich zu einem gespannten, wie kluge
jarle diese Verlegenheit der bauern auszunutzen verstanden, zeigt
deutlich der bericht c. 32. hier ist den Orkneyingern ein hoher
tribut auferlegt, den sie nicht zahlen können, da bot ihnen
der jarl Einar an, er wolle die Zahlung einstweilen für alle über-
nehmen , aber er müste dafür alle odulgüter als eigentum haben,
die veräufserung geschah, sie blieben dann in den bänden der jarle,
bis sie der jarl Sigurd den bauern zurückgab, wir sehen hier deut-
lich den jarl noch in seiner alten eigenscbaft als Vertrauensmann
seiner untergebenen, aber auch schon in der beginnenden neuen
als nicht uneigennütziger Vermittler zwischen volk und könig.
Wenn also schon Müllenhoff (DA 5, 294) richtig sagt dass
der dichter unseres liedes selber einer edlen droit oder hird, wie
die des Hildölfr, in welcher sich Härbardr zu sein rühmt, ange-
hört, dass er aber im gedichte der exclusiven empfindung seiner
gesellschaft den geistreichsten und entschiedensten ausdruck gibt,
so können wir nach dem gesagten nur an einen mann aus der
gefolgschaft Haralds oder eines seiner jarle denken, überlegt man
nun dass in den berichten der sogur gerade die Thröndener jarle
es sind, die sich Harald mit Vorliebe anschliefsen, erwägen wir
ferner dass dort, wo zu Hladir der könig seine residenz hatte,
am schärfsten dieser gegensatz sich ausbildete und am bofe am
leichtesten seine dichterische verberlicbung fand, so dürfen wir
wol mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit behaupten dass ein Thrön-
dener kriegsmann, der zugleich die |3ulr-kunst pflegte, aus der
gefolgschaft eines grafen an Haralds hofe der Verfasser unseres
liedes ist. das Härbardsljöd ist nach alle dem ein norwegisches
gedieht und noch unmittelbar unter dem eindruck, den Haralds
historische tat (c. 872) auf die Zeitgenossen machte, gedichtet:
wir müssen es also in einem der beiden letzten Jahrzehnte des
9 jhs. entstanden denken, der dichter aber ist den l^ulir des
Gunnlodliedes (Häv. 103 — 110) und des gedichtes von Billings
Z. F. ü. A. XXXI. N. F. XIX. 16
234 DAS HÄRBARDSLJÖD
maid (Häv. 96—102) geistig nahe verwandt, ja die Vermutung
liegt nahe, dass alle drei lieder von demselben ühermiitigen aristo-
cratischen sänger stammen.
Gegen diese annähme streitet nun in der tat nichts, für
die vvestnordische herkunft des gedichtes hat Vigfüsson nicht den
scliatten eines beweises vorgebracht. * nichts weist auf Dänemark
oder Schweden, wol aber deutet die kost: 'häring und habermus'
(Jessen s. 36) entschieden auf die Westküste von Norwegen, eben-
falls weist das local, auf dem die handlung des gedichtes sich
abspielt, auf eine der kleinen, nur durch einen engen meerarm
vom festlande geschiedenen inseln oder schären derselben küste.
ferner spricht für norwegische abkunft die dreimalige laconische
notiz ek var anstr (v. 23. 29. 30) = ich war im riesenlaude, was
nur nach norroenischer geographie , wo für die küstenbewohner
das hochgebirge natürlich im osten lag, wol verständlich ist. end-
lich, wenn nicht nur in einer interpolierten visa (22) die 'eiche'
sprichwörtlich verwandt wird, sondern auch der kahn des fergen
Härbardr ein eichkahn^ (v. 7) genannt ist, so geht auch dies auf
die skandinavische halbinsel und nach den vorigen indicien auf
Norwegen (Jessen s. 35). dagegen weist nichts auf späteren islän-
dischen Ursprung: denn bua i skögum für 'exsulem fieri', worauf
v. 44 f deuten, war, wenn auch die Wörter skögarmadr, sköggangr
hauptsächlich der isländischen gesetzessprache anzugehören schei-
nen, gewis eine altgermanische bezeichnung (vgl. ags. vealdgenga
und Grimm RA s. 733f). auf isländische local- oder zeitverhält-
nisse fehlt aber jede hindeutung.
Ebenso wenig kann der in unserem liede ungewöhnlich
häufig auftretende suffigierte artikel, wie Jessen (s. 31) und Ny-
gaard (Eddasprogets synlax s. 47 f) wollen, für das geringe alter
des gedichtes sprechen, man hat ihn in den übrigen liedern
bereits mit vollem rechte getilgt, aber in unserem bisher als eine
eigentümlichkeit belassen, nun wies bereits Grimm (Gr. iv432ff)
darauf hin , dass hsliche Varianten andeuteten dass der angehängte
artikel im Härbardsljöd nur auf kosten der Schreiber komme, ich
will hier blofs v. 56 hervorheben, wo hs. A dreimal mit artikel-
losem stokks, Steins, vegs gegenüber der Schreibung stokksins,
' dassValland (v. 24) nicht dafür sprechen kann, wie Vigfüsson meinte
(Corp. poetic. boreale i 488), ist nach dem s. 220 gesagten klar.
^ \g\. norweg. eikj'a und schwed, ekorna Weinhold Altn. leben s. 138.
DAS HARBARDSLJüD 235
steinsins, vegsins von R steht, vergegenwärtigt man sich dass der
nüchterne, pedestre ton des liedes, der an vielen stellen erfordert
wurde, sehr leicht die Schreiber dazu verleiten konnte, auch in
diesem puncte den text dem zu ihrer zeit üblichen prosaischen aus-
druck anzuähneln, dass sich der artikel7mal (3. 13.55.56) in fälsch-
lich für poesie angesehener prosa oder interpolierten versen, wie
wir später zeigen werden, findet, von da also leicht in den
poetischen text eindringen konnte, dass aber im liede selbst der
artikel in 13 fällen von 14 (v. 1. 2. 3. 4. 7, 1—4. 8. 13. 15. 29. 53),
von denen widerum nur 2 in hs. A und R überliefert sind, das
alleinige hindernis für die metrische richtigkeit der halbzeile bildet
(s. 259): so wird man mit Sicherheit annehmen dürfen dass in
dem einen falle v. 40 (i hernum) eine corruption vorliegt, dass
also der suffigierte artikel dem text unseres liedes ebenso wenig
eigentümlich ist wie den übrigen Eddaliedern.
Noch ungerechtfertigter ist es, wenn Jessen aao. s. 40
'wegen des Stiles, der sich wenig von dem der prosaischen rede
entfernt' und 'wegen des regellosen potpourris seiner verse' unser
lied als ein unantikes bezeichnet und es in dieser hinsieht gar mit
den Alliliedern, den Hamdismal und zum teil auch mit der Hymis-
kvida auf eine stufe stellt, er selbst muss zugeben dass die an-
näherung an die art der täglichen rede im liede mit mehr geschick
als in den anderen , übrigens 'ungleichmäfsig' durchgeführt ist.
Ein prosaisch-pedestrer stil findet sich allerdings in unserem
liede, wo der humoristische spott ihn erheischt, wie v. 6. 8. 12.
26; daneben aber ein hochpoetischer, zum teil ebenfalls mit be-
absichtigter humoristischer würkung, besonders im emphatischen
mannjafnadr: ich wüste nicht, worin v. 16. 24. 29. 30 veesent-
lich von der antiken form der Voluspä, der I*rymskvida oder der
älteren heldenlieder abwichen, die spräche des liedes entfernt
sich nirgend so von der zb. der Hävamäl, dass wir dasselbe nicht
auf demselben boden mit der alten Spruchsammlung erwachsen
denken könnten ; der Wechsel des Stiles aber innerhalb des ge-
dichtes ist stets dem wechselnden gedanken conform. in pro-
saischen Zusätzen dagegen laufen allerdings sonst nicht gewöhn-
liche ausdrücke unter, so stehen in v. 59, die mau mit unrecht
bisher als verse genommen hat, die ccTta^ Xeyö/xeva skoeting und
farsynßm den entsprechenden poetischen ausdrücken hoetmgr
(v. 53) und syn (v. 56) des liedes gegenüber, auch hier nur findet
16*
236 DAS HÄRBARDSLJÖD
sich das in der prosa gewöhnliche, in der Edda nur in den At-
lamäl angewandte i sinn annat für das poetische odru sinnt
(Volusp. R 56). so hegegnet ferner in einem anderen zusatze,
aus dem man sich vergebens bemüht hat, verse zu construieren
(v, 13, 4 — 6), neben den prosaischen worlen kanginyrdi und ko-
gursveinn, welche lebhaft an eine stelle der Snorra Edda erinnern,^
die in den alten liedern sonst nicht belegte, später häufigere und
im neunordischen gewöhnliche ausdrucksweise: kpgursveini pinum
(dir dem lotterbubeu) vgl. Grimm Gr. iv 295.
Ebenso ist die metrische Zerfahrenheit des liedes nicht so
arg, wie es auf den ersten blick scheint, sie schwindet zum
gröfseren teil, wenn man die manigfachen interpolationen^ tilgt,
besonders aber die vielen pseudoverse, auf die schon andere,
vor allem Grundtvig (Edda s. 200) hingewiesen haben, die stro-
phenform ist unstreitig der kviduhattr, wenn man auch eher den
Ijödahätt erwartete (Mülleuhoff aao. 294); in v. 16 und auch
nach lilgung des kehrverses in v. 23 und 29 tritt sie deutlich zu
tage, nun kommt allerdings Wechsel der beiden strophenarlen
vor, wie in den Fafnismäl, der Sigurdarkv. ii und der Helgakvida
Hiprvardssonar; aber die spuren des Ijödahättr in unserem liede
sind doch nicht reinlich genug — nur v. 47 ist tadellos über-
liefert — als dass man sie als berechtigt anerkennen könnte,
vielmehr scheinen die besagten stücke verloreneu liedern anzu-
gehören, die unserem liede vom dichter einverleibt und damit
auch in die neue strophenform umgewandelt wurden, so wird die
reine Ijödahättvisa 47 aus einem unbekannten Thörsliede stam-
men, aus demselben uns verloren gegangenen Ödinsliede aber
vermutlich die in v. 19, 3 — 8 und in v. 20, 1 — 6 deutlich zu
tage tretenden Ijödahättstrophen, nimmt man hierzu slrophen-
ausgänge wie v. 18, 12, die, wie die verwandten Strophen der
Hävamäl bezeugen, mit geringer änderung sich auch dem Ijöda-
hätt anpassten, ferner v. 24, 4 — 7, welche eine, wie man aus
der bindung Ödinn-val schliefsen darf, ziemlich altertümliche
Ijödahältvisa beschliefsen , so erscheint es kaum zweifelhaft dass
unser dichter aus verwandten liedern manche Strophe, die ihm
* I 150: ekki immu Idrämenn Utgardaloka vel pola pvilikum kp-
gursveini kopiwyrti.
2 die von Jessen aao. behauptete interpolationslosigkeit unseres liedes,
welche er auch zum beweis für das jüngere alter desselben ins feld führt,
werden wir unten s. 240 ff widerlegen.
DAS HÄRBARDSLJüD 237
für die komische persilTlage geeignet schien, entlehnte und ihr
mit geringer äuderung die gleiche metrische form gab, dass aber
die Schreiber entweder die ursprüngliche form der Strophe aus
dem benutzten liede, weil sie ihnen geläufiger war, fixierten, oder
auch die abweichungen commentierend an den rand schrieben
und dass diese dann fälschlich in den text aufgenommen wurden,
diese visur konnten dann leicht, zumal man gemäfs dem der
Skirnisfor ähnlichen dramatischen character des liedes an und für
sich schon den Ijödahätt erwartete, zu weiteren Zusätzen in diesem
versmafs verleiten, indem die Schreiber entweder kviduhättzeilen
in dasselbe umformten (v. 27, 3) oder Ijödahdttzeilen einschoben
(v. 9, 3) oder endlich bruchstücke gnomischer lieder anfügten
(v. 22, 1 — 3). so wurde der kviduhättr vielfach entstellt: ihn
überall widerherzustelleu wird später (s. 240 ff) unsere aufgäbe
sein, man betrachte nun aber genauer die obengenannten, aus
dem text leicht herauszuschälenden Ijödahättvisur :
V. 18, 9. 10. 12: Vardk einn ollum efri at rddum
hafdak ged alt ok gaman.
V. 19, 3 — 8: Uip'p ek varp augum Audvalda sonar
d pann inn heida himin;
Pat's merki mest mmna verka,
er allir menn sidan um se.
V. 20, 1. 2: Miklar manvelar vid myrkridur hafdak,
V. 20, 3 — 6: er ek frä verum veltak:
hardan jotun Hiebard hugdak:
gaf mer gambantein.
V. 24, 5 — 7: Odtnn ä jarla, er i val falla,
enn Pörr d karla kyn.
vgl. V. 30, 1 — 3: Ek var austr, vid einher jar doemdak
(vgl. cod. A),
lek ek vid lindhvitu (cod. R).
sollten diese alle ein Ödinslied voraussetzenden visur und halb-
visur nicht einem unserem liede ähnhchen gedichte im anderen
versmafs angehört haben, das denselben stoff behandelte, aber
ernsthaft gehalten war und sich ähnlich wie die eigentlichen Hä-
vamäl die ganze herlichkeit Odins zu zeigen zur aufgäbe machte?
ist nicht die existenz einer solchen Härbardsmäl in der alten
litteratur an sich sehr wahrscheinlich? sie würden in der scala der
lieder, wo Odins hyggja im wortstreit mit mächtigen gegnern den
238 DAS HARBARDSLJÖD
Vorrang behauptet, die oberste stufe eingenommen haben, wie
in den Vaf})rüdnismäl gegenüber dem übermächtigen jöten, in den
Grimnismäl gegenüber dem auf seine eigene kraft vertrauenden
menschen würde in den Härbardsmäl Allvater gegen den äsen
Thor, der gelegentlich, wie wir aus den Alvissmäl sehen, einem
solchen redeturnier nicht abhold ist, den sieg behalten.
Eine solche geistreiche Verwertung eines in einem ernsteren
liede vielleicht noch mythologisch verständlicher (s. 229) behan-
delten themas, um ein höchst humoristisches götterdrama zu
schaffen, in welchem die social -politische grundidee durch die
entrückung in die asenwelt ihre irdische strenge und bitterkeit
verlor — sie sähe dem übermütigen |iulr, der unser lied dichtete,
ganz ähnlich und täte seinem künstlerischen ruf gewis keinen
eintrag. wir würden dann um so eher berechtigt sein, unseren
spielmann mit den grofsen hellenischen komikern zu vergleichen,
wie das schon andere kritiker getan haben, noch manches andere,
was wir jetzt nicht mehr übersehen, konnte er fremden liedern
entborgt haben, um es zu persifflieren. die benutzten lieder, vor
allem die vermuteten Härbardsmäl , brauchten aber nicht wesent-
lich älter zu sein: eine solche parodierende poesie konnte sich
neben den ernsten poetischen Schöpfungen ebenso gut entwickeln
wie in Athen neben dem drama die alte komödie. wie Aristo-
phanes dem armen Euripides, so hat gewis auch unser dichter
manchem liedersänger übel mitgespielt, und ebenso wie verse
von diesem den Fröschen oder dem Frieden des griechischen
komikers parodierend einverleibt wurden, so haben wol viele
dichter von Odins- und Thörsliedern den oder jenen ihrer verse
oder auch ganze Strophen in der wundervollen dichtung komisch
travestiert widergefunden.
Will man aber unser gedieht mit einem werke des Aristo-
phanes vergleichen, so erinnert die einfachheit der fabel, der
politische hintergrund, auf dem die handlung sich abhebt, und
die ideale einkleidung , welche die herbe würklichkeit nicht ver-
tuscht, aber in milderer traumhafter beleuchtung erscheinen lässt,
unwillkürlich an die Vögel, wie in jenem stücke der dichter die
von der entsetzlichen sicilischen catastrophe niedergedrückten
Athener durch sprühenden witz, dem kein Hellene widerstehen
konnte, erheitert, aber das ganze windige, unbeständige, leicht-
fertige wesen seiner mitbürger geifselt, so ergetzt unser J)ulr
DAS IIÄRBARDSLJÖD 239
das durch den Staatsstreich des oeuen oberherschers seiner alt-
ererbten rechte beraubte, geknechtete volk durch den urkräftigen
humor, der bei dem alten nordmann stets anschlug, und zeigte
zugleich in diesem idealen spiegelbilde die unnatürlichkeit der
bestehenden , allerdings seinem stände grofse annehmlichkeiten
bietenden Verhältnisse, wie aber der Hellene die schwächen der
götterwelt dabei mit beifs^endem witze aufdeckt, so weifs der
dichter des Härbardsljöd die der nordischen asenwelt mehr mit
trockenem humor zu veranschaulichen, dass eine zeit, wo die
bestehenden socialen Verhältnisse einen totalen Umschwung er-
fuhren und eine gewaltige gährung in alle Volksschichten kam,
das aufblühen einer derartigen dichtung begünstigen muste, liegt
auf der band.
Wollte nun aber jemand trotz den völlig analogen helleni-
schen Verhältnissen wegen des freien und reflectierenden tones,
den unser lied der volksreligion gegenüber anschlägt, auf einen
jüngeren Ursprung, wo möglich in christlicher zeit schliefsen,
so kann ich nur auf die trefflichen bemerkungen KMaurers (Be-
kehrung des norwegischen Stammes n 247 — 253 vgl. auch i 158.
160. 163) verweisen, aus ihnen geht zur genüge hervor dass es
schon im heidentum weder an glaubenslosen leuten fehlte, die
auf ihre kraft vertrauten, noch an solchen, die sich zu einer
freieren beurteilung der götterlehre aufschwangen, zu den letz-
teren haben wir den begabten dichter unseres liedes offenbar zu
zählen, und gerade in Harald härfagris zeit konnte eine solche
freiere denkungsweise wol um sich greifen: halte doch diesen
heidnischen herscher schon das vollbewustsein seiner eigenen un-
ersättlichen herschsucht zum monotheismus geführt, wer das
scharfsinnige glaubensbekenntnis dieses genialen königs in der
Fagrskinna § 17 liest, der wird verstehen, wie zur zeit seiner
regierung ein aufgeklärter Untertan unter dem beifall seines
publicums eine so köstliche götterfabel ersinnen konnte, in der
er, tiefsinnig und schalkhaft zugleich, ein sociales problem seines
Volkes behandelte.
Wenn nun die Sn. Edda unser lied nicht benutzt hat, selbst
nicht in ihrer jüngeren fassung,' auch bei den gleichaltrigen
oder späteren skaldendichtern keinerlei beziehung darauf sich
' obwol aufser der s. 236 bemerkten Übereinstimmung Harbl. 13, 1 f
(härm Ijölan) an Sn. E. i 276 erinnert 1
240 DAS HARBARDSLJÖD
findet, so besagt auch dies nicht eben viel, auch die Prymskvida,
sicher eines der ältesten lieder unserer Sammlung (Hoffory GGA
1885 s. 32), wird nirgend citiert. unser gedieht bot aber weder
dem skalden noch dem Verfasser des skaldeulehrbuches nennens-
wertes material. munda baiigr (v. 42, 2) und das in der über-
lieferten gestalt rätselhafte heimis skögar (v. 44 f) sind nicht im
eigentlichen sinne skaldische ausdrücke (s. 252. 280). sonst aber
finden sich — da die fingierten namen Rddsey, Valland, Verland
nicht in betracht kommen können — nur die Odinsheiti: Här-
hardr, Fjolvarr, Hildölfr, die Thörskenningar: OdiJis mogr, fadir
Magna, prüdvaldr goda, ferner Algrcen und Fjorgyn für jord,
und die kenninge: Svdrangs synir, Berserkja brüdir, jotna brüdir
für riesen und riesinnen. als mythologische quelle aber konnte
das lied vernünftiger weise nicht oder doch wenigstens nur se-
cundär benutzt werden: die discrepanz von v. 19, 3f und Sn. E.
I 224 kann daher gar nichts beweisen, voreilig wäre es, daraus
zu schliefsen dass das Härbardsljöd der Sn. Edda oder den skal-
den unbekannt gewesen sei. wüsten wir wol etwas von der genauen
bekanntschaft der letzteren mit den Hävamäl, wenn nicht zufällig
die ersten beiden halbzeilen von v. 76. 77 in die letzte Strophe
der Iläkonarmäl des Eyvindr skäldaspillir aufgenommen wären
(vgl. Müllenhoff aao. s. 280)?
Das Härbardsljöd ist also ein rein heidnisches norwegisches
spielmannsgedicht aus Harald härfagris zeit.
Wir werden nunmehr das lied von den Zusätzen, die es im
laufe der zeit erfahren hat, zu befreien suchen, damit es uns
wider in seiner reinen sprachlichen und metrischen form vor
äugen tritt.
Ich wende mich zunächst zu den prosaischen einschiebsein,
auf welche schon andere hingewiesen haben, wenn Grundtvig
(Edda s. 200) erklärt, dass sie angebracht seien 'til forhöjelse af
den komiske virkning', also einen integrierenden teil des gedichtes
bilden, so werden wir vielmehr zeigen dass sie meist den Zu-
sammenhang in lästiger weise stören.
Niemand wird heut zu tage mehr v. 17 : hversu snünudu ydr
konur ydrar für einen vers erklären, das verb snüna, das sich
sonst nur noch in der späten Gripisspä findet, sowie die fehlende
allitteration sprechen entschieden dagegen, und die conjectur Berg-
manns (s. 69), welcher das in der Edda ganz unbekannte svarur.
DAS HARßARDSLJÖl) 241
jötenvveiber, dalür einsetzt, ist schou wegen des folgenden kofiur
(18, 1.3) sehr unwahrscheinlich, auf welche unsere zeile bezug
nimmt, wer dieselbe zusetzte, hat offenbar durch eine zwischen-
frage Thors den Übergang von Odins kriegsabenteuern zu den
weiberaffairen motivieren wollen, durch das man der v. 16, 8
angeregt dichtete er im hinblick auf v. 18, 1 — 4 eine neugierig
lüsterne frage Thors, und zwar deuthch nach dem muster v. 31:
göd dt tu per mankynni par pdJ v. 17 ist also mit Grundtvig
zu tilgen.
Ebenso kann v. 21: illum hugi launadir pü pd göitar gjafar,
wo jeder reim und rhythmus fehlt, kein vers sein, der interpolator,
der dabei v. 38, 1. 2 (klceki vannt, Pörr, er d konum bardir) vor
äugen gehabt zu haben scheint, wollte durch den zusatz nur das
fragment eines gnomischen liedes im Ijödahält, das eine sentenz
enthielt in dem sinne: 'jeder ist sich selbst der nächste' und
das vielleicht mit bezug auf v. 20, 4 — 7 an den rand geschrieben
war, mit dem übrigen liede verknüpfen.- die zeile ist daher mit
Grundtvig ebenso wie v. 22 zu streichen, sodass sich v. 23 un-
mittelbar an v. 20 anschliefst.
V. 41 ist bei Grundtvig noch nicht beanstandet, aber auch
sie muss mit Hildebrand (Edda s. 50) als einfache prosa behandelt
werden, da Bergmanns verwegener conjectur kaum jemand zustimmt
(s. 73). ob man mit der Kph. ausgäbe öljüfan = unliebes oder
besser wol mit Grundtvig (Edda s. 202) ölyfjan = gift liest, bleibt
einerlei, der sinn der zeile ist jedesfalls: 'als du fuhrst uns böses
zuzufügen.' der Verfasser des Zusatzes hat deuthch v. 15, 1 vor
äugen gehabt, dort hiefs es, als Härbardr durch die nennung
von Hrungnis namen den Thor auf das bekannte abenteuer zu
sprechen brachte, durchaus passend: Jims viltu nü geta, als ich
und Hrungnir kämpften usw. hier aber, wo Härbardr nichts weiter
gesagt hat, als dass er in einem beere gewesen sei, welches das
* das 7nans at kosta ist an sich schon auffällig, da man entsprechend
dem folgenden plural konur doch mey/a at kosta erwarten würde, ich
glaube daher, wir haben es einfach mit einer Verderbnis zu tun und schreiben
richtig, zumal wegen des voraufgehenden margs at freista, in z. 8: magns
at kosta vgl. Volusp. A 7: alls freist^iitu, aßs kostuS:u. Rig{). 9: magns
um kosta. Grottas. 22: megins kostuTtii. dann wäre in v. 16 lediglich von
den kriegstaten, v. 18 von den galanten abenteuern die rede.
^ pat hefir eik er af annarri skefr (v. 22) ist aber höchst wahrschein-
lich noch in Norwegen dem gedichte angehängt worden, vgl. s. 234.
242 DAS HARBARDSLJÖD
kampfbanner hierher vor sich habe wehen lassen , um den speer
zu röten (vgl. Grundlvig s. 201), um dann sofort den vermeint-
lichen höhn wegen der bufseleistung daran zu knüpfen, ist der
dem obigen nachgeahmte satz: pess viltu nü geta, als du kamst
uns böses anzutuo, ganz absurd und stört den Zusammenhang und
die Strophenform der aus v. 40 und 42 regelrecht gebildeten
kviduhättvisa.
V. 46 svd doemi ek um sUkt far lässt Grundlvig unent-
schieden, ich kann weder in dieser zeile noch in der vorher-
gehenden v. 45 pö gefr pü gott nafn dysjum, er pü kallar pcer
heimts sköga (hs. R und A) eine spur von vers entdecken, dass
die Worte im Zusammenhang unpassend sind, liegt auf der band,
nachdem Härbardr gesagt hat, er habe die schneidenden worle
von den toten (das ist jedesfalls der sinn der sprachlich cor-
rupten v. 44), macht Thörr die bemerkung, Ödinu habe ja eine
hübsche bezeichnung für gräber, worauf Härbardr entgegnet, so
dächte er über eine solche fahrt, und nach dieser harmlosen
erkläruug braust Thörr so zornig auf wie nie und droht Här-
bard zu schlagen, dass er wie ein wolf heule, wie diese letzte
bemerkung ihn in die wut gebracht, bleibt unverständlich, alles
wird aber klar, wenn sich v. 47 sofort an v. 44 anschliefst, dass
Härbardr seine künde von 'toten' haben wollte, konnte allerdings
dem biederen Thor als eine neue freche lüge erscheinen und
ihn zum zorne reizen, v. 45 wird zunächst zugesetzt sein , um
das unverständliche heimis skögum in v. 44, 3 zu erklären, v. 46
ist dann die nolbrücke, um zu v. 47 überzuleiten.
Ähnlich wird man auch den schon s. 236 berührten zusatz
v. 13, 4 — 6 erklären müssen, den man bisher allgemein als vers
genommen und manigfach abgeteilt hat, obwol er doch in keine
der beiden Strophenformen passt. 'ich würde dir lohnen dein
wortgeklingel, lollerbube, käme ich nur über den sund.' der iuter-
polalor wollte die erste hälfte der visa, wo ihm nach dem ko~
gursveini (z. 5) zu schliefsen ein kognr vorgelegen hat, in einer
prosaischen anmerkung erläutern, doch traf er den sinn der-
selben nicht.
Demselben, welcher die eben genannten Zeilen zusetzte, ver-
danken wir wol auch die erweiteruug v. 33 — 35 (vgl. 13,6 und
33, 2). der interpolalor wollte wider eine sprichwörtliche redens-
art: 'ich bin nicht so fersenbeifsig wie ein alter lederschuh im
DAS HARBARDSLJÜD 243
frühjahr' (v. 35) anbringen. ^ zu ihrer Verknüpfung mit dem
übrigen dienen die nichtssagenden zeilen: ek munda per pd pat
veita, ef ek vidr of konmmk (v. 33) und: ek munda per pd trüa,
nema pü mik i trygd veltir (v. 34), die ja allerdings des Stabreimes
nicht ermangeln, aber sonst durch nichts an verse erinnern.
Besonders reich an solchen prosapartien ist der schluss des
gedichtes. v. 57 hat Grundtvig schon als vers beanstandet, merk-
würdiger weise aber an v. 55 und v. 59, über die schon s. 235
das nötige gesagt wurde, keinen anstofs genommen.^ vergleicht
man die visur 54 und 60, so fällt es auf dass sie ebenso parallel
gebaut sind, wie die beiden aufangslangzeileu des gedichtes, und
man kommt leicht auf die Vermutung, dass sie ursprünglich zu-
sammengehören und erstere nur durch Schreiberirrtum an den
jetzigen platz geraten ist. man vgl.
V. 1: hverr's sveinn sveina v. 54: far firr sundi,
fyr sund hatidan? fars skal synja.
V. 2: Jwerr karl karla v. 60: far pü nü pars
kallar vdg um? pik haß gramir.
dieser parallelismus ist so einleuchtend , dass man nicht bedenken
tragen darf, die v. 54 an ihre alte stelle zu transponieren, nun
hat man die v. 60 bisher in allen ausgaben nach dem H. q. der
hs. A dem Härbard zugeschrieben , aber die Verwünschung in
Odins munde nicht recht erklären können. Lüning (Edda s. 225)
meinte dass sie notwendig sei, weil Härbardr am ende wider
seiner Verhüllung gemäfs sprechen müsse, die Kph. ausgäbe hat
in die Schlussworte den etwas künstlichen doppelsinn hinein
interpretiert, dass unter gramir sowol böse geister als auch die
götter verstanden werden könnten [gramir = bellatores), sodass
also Odins worte in würklichkeit den wünsch enthielten, Thörr
möge wolbehalten bei den göttern wider anlangen, zieht man
nun wie sonst die hs. R vor und legt die worte dem Thor bei,
so sind sie von diesem ernst gemeint, da er ja Odin trotz den
* aus der unzweifelhaft unechten visa der papierhss. (Bergm. s. 72),
die dieser natürlich unrichtig in den text recipiert (s. 92), sieht man deut-
lich das fortwuchern solcher gnomischen einschiebsei.
2 jeder unbefangene wird schon beim lesen die worte: visa pü mer nü
leiäina, alls pü vill mik eigi um väginn ferja (v. 55) und: skamt mun
nü mal okkat vera (R), alls pü mer skoetingu einni svarar; launa mun
ek per farsynjun, ef vi^ finnumk i sinn annat nur als prosa auffassen
können.
244 DAS HARBARDSLJÖD
Odins landa nicht erkennt, und bilden den köstlichsten abschluss
von Thors ganzem komischen auftreten (vgl. s. 228). ^
Es ist nun klar dass, nachdem v. 54 ihren alten platz ver-
liefs, V. 58 und v. 60, welche beide fälschlich dem Harbard zu-
geteilt wurden, nicht neben einander bestehen konnten, sondern
eine zwischenrede Thors verlangten: diesen Übergang von v. 58
zu 60 sucht die prosaische v. 59 zu vermitteln, andererseits
klaffte die erzählung durch die einschiebung der v. 54 zwischen
ihr und v. 56, da natürlich Härbardr, nachdem er kurz und
bündig die überfahrt geweigert hat, nicht fortfahren wird: litit
er synja usw. die notbrücke bildet hier die ebenfalls prosaische
v. 55, welche zu erklären sucht, wie Härbardr dazu kommt, dem
Thor den weg anzugeben, sehr schön aber schliefsen sich, lässt
man die v. 54 und 55 an unserer stelle fort, v. 53 und v. 56
an einander, dem vorschlage Thors, ihn doch jetzt endlich über-
zusetzen, begegnet er vorläufig mit der ausweichenden bemerkung:
es wäre ja gar nicht so schlimm mit der fahrtweigerung (ich
folge in der erklärung Rask, der synja als gen. plur. nimmt),
denn: langt erat fara es ist nicht lang der fahrten dh. du hast
nicht lange zu fahren (wie Rask ebenfalls gegen die späteren
herausgeber richtig schreibt): um sich die directe fahrtweigerung
(v. 54) dann bis zum schluss aufzusparen.
Was nun endlich v. 57 anlangt, so kann das zweimalige taka
unmöglich binden, die zeile ist also prosa, wenn nicht, was mir
wahrscheinlicher scheint, eine Verderbnis vorliegt, durch die
einfache besseruug aJca vehi wäre ein reimwort zu erfidi (v. 58)
* bekanntlich tiat cod. R in v. 60,2: allan gramir, cod. A dagegen
allir gramir und Bugge hat durch je zwei beispiele die berechtigung beider
lesarten dargetan : aber sie entstammender späteren litteratur. erwägt man
dass der vers hier einfaches gramir erfordert und die parallele stelle in der
Edda (Brot 11, 5): gramir haß. Gumiar (vgl. auch HHundb. i 44: deili
grom viä pik) hat, so scheint einfaches ^;-fl7n/r das ältere zu sein und die
diR'erenz der codd. darauf zurückzuführen, dass die Schreiber den jüngeren
ausdruck einsetzten, wobei der eine allir, der andere allan, die sich beide
häufig fanden, bevorzugte, wenn Grundtvig den vers anzweifelte, so war
es wol der allitteration halber, aber Jiü und pik binden, da der ton auf
ihnen liegt im gegensatz zu dem zu v. 54 zu supplierenden pv. über die
gramir vgl. Grimm Myth. 828. far pars, er pik hafi gramir würden wir
übersetzen können: fahr dahin, wo der teufel dich hole, es war eine ver-
wünschungsformel analog dem plautinischen : abi in malam crucevi oder
dem aristophanischen: uni&i ii<; xöqccxus.
DAS HARBARDSLJOD 245
gefunden, in der tat würde es das humorvolle der Situation un-
gemein verstärken, wenn der brave Thörr, dem dieser ausdruck
von seinen sonstigen fahrten geläufig war (f*rymskv, 12.13.21),
auch hier, wo er laufen muss, denselben anwendet und sich auch
ohne sein bocksgespann als Oku^iörr geriert.
Kürzere zusätze, deren prosaischen character man bisher
noch nicht betont hat, finden sich in den visur 4. 6. 12. 49: in
allen vier fällen sollen sie wol zur näheren erklärung eines ausdrucks
dienen, v. 4 : veiztattu fyr gorla scheint motivieren zu wollen,
warum Härbardr Thor den tod seiner mutter mitteilte, da er doch
eigentlich als söhn denselben wissen muste. v. 6 : patki at pü
hafir brcekr pinar (ce n'est pas que tu aies) erweist sich schon
durch die gekünstelte spräche als zusatz, durch das berbeiim (z. 3)
veranlasst, enthält aber, worauf schon Lüning hinwies (Edda
s. 217), die Ungereimtheit, dass sie den Thor anstatt der hosiir
(des unteren teiles des beinkleides) die brcekr ablegen lässt, den
oberen teil, der kaum in der nacht abgelegt wurde (Weinhold
Altn. leben s. 163). v. 12: enn pött ek sakar eiga widerholt
lästig die vorhergehende zeile 11, 2. nimmt man v. 12,2 mit
Hildebrand die geringe änderung^d statt ^ä vor, so besagt v. 12,
2 — 4 ohne den zusatz genau dasselbe: 'dennoch würde ich mein
leben schützen', die jetzige fassung mag also eine commentierung
des ursprünglich im text stehenden pö sein: sie wurde dann
fälschlich statt dieses Wortes aufgenommen, endlich v. 49, 2, in
der mer mit dem mcelir der z. 1 doch kaum binden kann , fügt
zu dem at munns rädi, aufs gerate wol, die erläuterung: 'sodass
es mich sehr schlecht dünken sollte', in allen vier fällen wird
nach tilgung der zusätze leicht die herstellung regelmäfsiger kvi-
duhättstrophen ermöglicht.
Dagegen halte ich es nun nicht mit Grundtvig für gerecht-
fertigt, die beiden im liede einander correspondierenden kehrverse
hvat vanntu pä medan, Hdrbardr? (v. 15. 19. 23. 29. 39) und
hvat vanntu pä medan, Pörr? (v. 18. 22. 28. 36) als prosa zu
betrachten, diese kehrverse sind in eddischen gedichten so häufig,
dass wir sie kaum in unserem liede läugnen können, wir finden
in der Voluspä das bekannte: vitud enn eda hvat und die nach-
bildungen in der Voluspä hin skarama (Hyndlul. 31 — 39 vgl.
auch 17. 18). die volva in der Vegtamskvida schliefst ihre rede
jedesmal mit dem Spruche: naudug sagdak, nü mun ek peggj'a
246 DAS HARBARDSLJÖD
(v. 7.9. 11). ganze halbvisur werden zu anfang der Strophe wider-
holt in den Loddfafnismäl (Häv. 112 — 137) und im Ljödatal (Häv.
146 — 163), auch in der späteren Lokasenna (57 — 63). am ähn-
lichsten unserem liede werden in der senna der VafJ)rüdnismäl cor-
respondierende verse Vafjirüdnirs (v. 11 — 17) und Odins (v.20 — 42
vgl. 44 — 54) aufgeführt, aber nicht so, dass beide kehrverse alter-
nierten: dies hat erst unser Hed kunstvoll ausgebildet, ich glaube
daher dass, zumal der erste kehrvers /(ycf? vannlu pd, Härharctr,
medan sich gut in das metrum fügt, Bergmann den zweiten mit
recht zu bessern gesucht hat. auch ist sein Vorschlag, Hlörridi
für Pörr zu setzen (s. 86 vgl. Prymskv. 7. 8. 14. 31. Hymiskv.
4. 27. 29. 37), so naheliegend und einleuchtend, dass wir unbe-
denklich den vers dem ersten analog schreiben dürfen : hvat vannhi
pd, Hlörridi, medan? betrachten wir nun aber auch hier die
hslichen Varianten (v. 22. 28. 36) , so scheint es wahrscheinlich
dass die kehrverse schon den s. 237 vermuteten Härbardsmäl an-
gehört haben, wo sie natürlich regelrechte Ijödahättzeilen ab-
gaben. ^
Wir kommen nun zu den poetischen Zusätzen, drei Strophen
(v. 8. 9. 56) sind je durch eine langzeile überfüllt, bei den beiden
ersten hat Grundtvig aao. angedeutet dass die schlusslangzeilen
als prosa zu tilgen seien (v. 8, 9 f. v. 9, 9 f). aber in beiden visur
sind diese Zeilen regelrecht durch den stab gebunden, aufserdem
für den sinn unentbehrlich, es sind daher in v. 8 zeile 7 und 8:
göda eina ok pd er ek gerva kunna, ein ganz überflüssiger zusatz,
der nur die ausdrücke hrossa pjöfa und hlennimenn erklären
sollte, zu streichen, auch in v. 9 ergibt sich die Interpolation
sehr bald, die zweite visuhelming ist regelrecht im kviduhätt
gebaut: dagegen zeigen z. 1 — 3 die andere liedform. nun ist
im folgenden Meila brödir ein ganz unnötiger, ja bedenklicher
Zusatz, denn von diesem gotte (Sn. E. i 553. 278) weifs unsere
liedersammlung sonst gar nichts. 2 z. 5 scheint also von einem
litteraten eingeschoben, die erwähnung aber des hier ganz un-
motivierten Meili veranlasste die bemerkung: ok til alls odlis,
als ob Thörr hier sein ganzes geschlecht aufzählen wollte, hierzu
* hinter v. 23. 29 muss der kehrvers getilgt werden, weil er die strophe
überfüllt, und hinter v. 30 und 37, wo die letzte langzeile fehlt, ist er wol
2U ergänzen.
^ Magni wird auch v. 53 wider als Thors söhn erwähnt.
DAS HARBARDSLJÖD 247
kam dass der mangelnde Stabreim in z. 4 und 6 leicht zu Zu-
sätzen verleiten konnte: derselbe wird aber durch einsetzung des
synonymums mogr für sonr (Volusp. R 52) leicht hergestellt, man
schreibe also: emk Odins mogr, enn fadir Magna (vgl. v. 53:
hitt fodur Magna), und die visa ist untadelhaft. in v. 56 end-
lich sind die vvorle (z. 3. 4) stund er til stokksins , onnur til
steinsins ebenfalls ein sinnwidriges einschiebsei. i Lüning (s. 224)
deutet slokks und Steins hier wol richtig als Wegweiser oder
meilenzeiger, das erstere findet sich nur noch in den Atlamäl
und ist schon deswegen verdächtig, der Verfasser der Zeilen hat
durch die noliz: 'eine stunde ists bis zum meilenstein, eine
andere bis zum Wegweiser', die natürlich keine würkliche weg-
augabe enthält, eine neue mystification Thors hinzufügen wollen,
die angäbe des weges von seilen Odins ist aber durchaus ernst-
haft zu fassen (vgl. s. 228).
Von gröfseren poetischen Interpolationen habe ich nur zwei
gefunden, die eine erweitert die notiz vom handschuhabenleuer
(v. 26, 5 — 9), die zweite versucht analog dem einschub v. 6, 5
eine breitere ausmalung von Thors persönlichkeit (v. 3,3f. 6.8).
Die Zeile 5 in v. 26 hat man seit Rask mit recht in den
ausgaben gestrichen: dass sie nicht aus Lokas. 60 stammt, ward
schon oben (s. 226) bemerkt, aber auch die darauffolgende kvi-
duhältstrophe ist nur ein zusatz, um die hrwzla z. 3 näher aus-
zuführen, sehr bedenklich ist, dass Skry'mir, auf den allein in
z. 26,9 angespielt sein kann, Fjalarr genannt wird, da im liede
sonst die namen der mythischen personen unverhüllt genannt
werden, hier aufserdem durch zeile 3 f schon klar war dass nur
das Skrymir-abenteuer gemeint sein konnte, so ist nicht abzu-
sehen, warum derselbe hier den namen Fjalarr bekommen haben
sollte, in dem in die Ilävamäl erst verhältnismäfsig spät einge-
schobenen abschnitt von der ofdrykkja ols (v. 11 — 14) müste,
falls Ödinn in v. 14 von demselben abenteuer erzählte, wie v. 13,
wo er von der Gunnlpd spricht, Fjalarr appellativisch für Sut-
tungr (Häv. 109 f) stehen: aber dort ist noch viel weniger ver-
ständlich , warum der name des riesen nicht genannt werden
* dieser zusatz hat vermutlich auch das vegsins z. 5 veranlasst, um
die zeile den vorhergehenden anzuälineln: til vinstra elliptisch genügt;
vielleicht ist aber auch til vlnstri (sc. handar FMS vi 165) das ursprüng-
liche wie dän. 'til wenstre' und unser 'zur linken'.
248 DAS HARBARDSUÖD
sollte. QUD kann man natürlich an beiden stellen weder an den
rufsroten hahn der Voluspä (R 41) noch an die zwerge (Vol. R 15.
Sn. E. I 216) denken, aber, um zu erweisen dass Fjalarr in
unserem liede Skrymir und im anderen Suttungr bedeute, müsten
doch erst mehr analoga beigebracht werden, die sich in den alten
liedern kaum finden dürften (vgl. Müllenhoff aao. s. 133). da nun
aber im Skäldskaparmäl Fjalarr doch unter den ämättligra jotna
lieiti aufgeführt ist, so werden wir an einen uns unbekannten
mylhus zu denken haben, den wir bei den dürftigen andeutungen
der beiden stellen nicht mehr erraten können, nur dass, Odinn
bei der gelegenheit ofrolvi ward, sehen wir aus Häv. 14, und so
mag unsere visuhelming vielmehr bruchstück eines dem tone der
Lokaseuna (vgl. besonders v. 32) nahe kommenden liedes im kvi-
duhätt sein, in welchem ein abenteuer Odins mit dem riesen
Fjalar verspottet wurde, dem widerstreitet Häv. 13, wo Odins
rausch in Gunnlods behausung erzählt wird, in keiner weise: in
V. 14 wurde eben ein neues beispiel für die Schädlichkeit der
ofdrylikja oh beigebracht, sehr leicht konnte aber die halbstrophe
von einem, der den mylhus derselben nicht mehr verstand, aber
durch den mit dem bekannten abenteuer (Sn. E. i 144 ff) überein-
stimmenden inhalt bestochen wurde, an die v. 26 angehängt wer-
den, die kurze andeutung z. 3. 4, welche dem Thor feigheit
vorwirft, genügt vollkommen, um die zornigen worte (v. 27) zu
motivieren, und wir haben nach dem gesagten allen grund, v. 26,
5 — 9 als späteren zusatz zu streichen.
Wir kommen nun zu v. 3. sie ist als tadellose kviduhätt-
strophe überliefert, aber die worte verdra matrinn hetri — Grundt-
vig und Hildebrand schreiben wol richtiger malr inn hetri — er-
wecken sprachliche bedenken, 'bessere kost gibts nicht' (Lilien-
cron s. 182) sollte wol der beabsichtigte sinn sein, aber zum
mindesten ist dies, wenn man mit Bergmann inn für enn nimmt
und übersetzt: 'es gibt nicht speise noch besser' (s. 81 vgl. Ny-
gaard Eddaspr. syntax s. 47 f), recht stümperhaft ausgedrückt und
erinnert an den ungeschickten zusatz in v. 6. an dem kostüm
des Thörr wird ja nun niemand anstofs nehmen, es ist dasselbe,
was er in der Sn. Edda i 276, wo er den Orvandil im korbe
über die eisströme trägt, hat und das ihm als landäss auch durch-
aus zukam, albern aber ist es, wenn Thörr Härbard, der ihn
doch vor sich sieht, darauf aufmerksam macht: meis hefik d baki.
DAS IIARBAHDSLJÖD 249
sollte aber der siun sein: 'iü dem korbe auf meinem rücken
habe ich speise, wie es keine köstlichere gibt', so wird man zu-
geben dass dieser gedauke durch den überlieferten Wortlaut mög-
lichst ungeschickt ausgedrückt ist. es wird hier getrost wider
die band des interpolators von v. 6, 5 angenommen werden
dürfen , der auch zu diesem zusatz durch das misverstandene
herheiim veranlasst wurde (s. 245). ebenso unglücklich ist die
z. 6, die zu ät ek ihvild, welche regelrecht mit sildr ok Jmfra I)indet,
eine Zeitbestimmung hinzufügen wollte, die aber kaum richtig ist
(s. 258). rückt man z. 5 und 7 zusammen und tilgt aufserdem den
ganz unnötigen zusatz : sadr em ek enn pess z. 8, so erhalten wir
eine tadellose visuhelming.
Diese Streichungen svaren um so notwendiger, als nun erst
durch V. 3, 1. 2. 5. 7 die visur 1 und 2 zu einer regelrechten
Strophe vervollständigt werden, mit einer halbvisa konnte das
gedieht füglich nicht beginnen, dass aber vor v. 1. 2 etwas aus-
gefallen sein sollte, wie der litterat , der die ]jödahält\isa der
papierhss. an den anfang des gedichtes setzte, annahm, ist, wie
schon Bergmann (s. 77 f) mit recht bemerkte, undenkbar, in
dialogischen gedichten wird die handlung nur indirect durch die
reden der handelnden personen geschildert, und die einzige aus-
nähme (Vafl)r. V. 5) hat Gruudtvig (Edda s. 204) mit vollem
recht für unecht erklärt, die parallelen Zeilen 1. 2 bilden not-
wendig den anfang des gedichtes (vgl. s. 243) und führen wie
Hyndlul. 1 : vaki, mcer meyja usw. unmittelbar in die handlung ein.
Nach lilgung dieser prosaischen und poetischen einschiebsei
ergeben sich sofort 16 regelrechte kviduhättvisur, nämlich: 1 12|3
— 4|5— 6|7 — 8— 9— 10| 11112— 15— 16 — 18, 1—8—23—29
— 30— 39— 40 1 42— 48 1 49— 56: aber auch alles übrige im ge-
dieht fügt sich ohne allzu gewaltsame ändern ngen diesi-r stro-
phenform.
V. 13, 1 — 3 ist überliefert: hairn Ijötan nier pikkir i pvi at
vada um vdginn til pin ok vaHa ogur miiin. Rask teilte hinter
pikkir und pin, Bugge hinter vada um] pin ab, Grundlvig schrieb
die Worte in zwei versen und trennte hinter pin: die worte ent-
sprechen dem Ijödahältmetrum indes in keiner weise, härm-
IJötan, das Lüning als componiertes substautiv fasst (vgl. öljäfan
v, 41), schreibt man mit Bugge nach R richtiger als zwei worte,
sodass es acc. zu harmr IJötr ist, und Egilssons erklärung nach
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 17
250 DAS HÄRBARDSLJÖD
der ähnlichen stelle der Sn. E. i 276 scheint einleuchtend, nun
hat man das hslich überlieferte qgiir seit Munch aus den aus-
gaben verbannt oder wenigstens als verderbt bezeichnet. Bugge
schlug mit bezug auf v. 3 dogurd dafür vor, was Grundtvig in
den text recipierte. Munch emendierte — und die folgende zeile
legte dies nahe — kogur (vestis fimbriata), wobei freilich, wenn
diese echt wäre, die seltsame lobende und tadelnde Verwendung von
kqgurr kurz hinter einander bedenken erweckte (Lüning s. 218).
Bergmann (aao. s. 85) schrieb der hslichen Überlieferung am ge-
mäfsesten: ögr (vgl. ögurUgr) und erklärte dies als bezeichnung
für den 'donnerkeil' (skr. üarfyVas, zend. vazra), 'Thors hammer'.i
nun bemerkte ich schon dass der interpolator von z. 4 — 6 durch
eine ähnliche lesung wie kogur zu dem kggursveinn veranlasst
sein muss. andererseits haben wir keinen grund von dem hslich
wolbeglaubigten p^iwr abzugehen: wir haben nicht nötig, dasselbe
mit Bergmann in ögr zu ändern, denn pgurstund (Volundarkv.
41, 5), was dort nur 'schreckensstunde' bedeuten kann, setzt, wie
svipstimd (Egilsson 803°) das subst. svtpr (vibratio), ein hauptwort
ogurr (terror) voraus, unzweifelhaft ist nun 'schrecker' eine
recht passende bezeichnung für Thors Mjollnir, zumal sich ein
vortreffliches analogon in Fäfnis heim: cegishjälmr bietet (Fäfnism.
16 f). die bemerkung Thors aber, er wolle nicht über den
sund waten, um seinen blitz- und donnerkeil nicht abzukühlen
(Bergm. s. 123), enthält allerdings einen recht plausiblen grund:
fährt er doch sonst in seiner eigenschaft als blilzgott stets durch
die luft (t^rymskv. 21. Hymiskv. 35 — 37). nach dem gesagten
schlage ich für die misliche nur in cod. R überUeferte stelle fol-
gende emendation vor:
pvi härm Ijötan at vada ßikkjumk
um vdg til pin: vcettak qgur minn.
deswegen [sieh] die arge beschwerde, [welche] mir deucht zu
waten usw.: meinen schrecker würde ich netzen! 2 so wäre am
ersten die entstehung des kqgursveinn erklärt, indem das zur
verbalform gehörige k fälschlich zu qgur gezogen wurde, in unserer
* Vigfiisson s. 776" schreibt kogurr ==■ gerni. köcher und meint dass Thorr
'is carrying a quiver füll of thunderbolts on bis back'!
^ über die eilipse vgl. Egilsson s. 528". l)vi in dieser bedeutung steht
oft (H. Hund. II 4. 9. Lokas. 45 usw.). vwCtak ist conj. imperf., pikkjumk für
mer pikkir vgl. Sievers Proben s. 37.
DAS HARBARDSLJÖD 251
hs. aber ausfiel, andererseits kommt nur so in die stelle ein brauch-
barer sinn, ist aber die besserung richtig, so bilden v. 13, l — 3
mit V. 14 eine regelrechte visa.
• Über V. 19 und 20 ist schon s. 236 f gesprochen worden.
in der ersteren müssen für unser lied, ohne schaden für den
Zusammenhang, jedesfalls z. 5 und 8 gestrichen werden, in v. 20
aber ist die erste visuhelming bereits durch Bergmann herge-
stellt (s. 70), die zweite emendierte ich Zs. 30, 139; doch sind
wol des metrums halber z. 6. 7 besser zu schreiben: grviti gaf
kann I mer gambantein. in v. 24 muss, um die letzten beiden
halbzeilen herzustellen, ein synonymum eingesetzt werden: viel
besser als Bergmanns Pörr Asa passt doch wol: prüdvaldr goda,
was eine humoristische anspielung auf Thors ruhmredigkeit ent-
halten würde (vgl. v. 9, 7). v, 37, an die man den dort wol
nur ausgefalleneu kehrvers hänge (vgl. s. 246), bildet mit v. 38
eine weitere Strophe, liest man z. 49, 1: m(ßlir pü svdjat munns
rddi, so geboren v. 48 und 49 zusammen, desgleichen v. 52 mit
der besserung ferjnhirdi (s. 217) und v. 53. endlich, falls man
die langzeilen nur richtig abteilt, v. 31. 32. 36.
Wir haben somit 7 weitere kviduhättvisur. von den übrigen
7 müssen nun vier unter dem s. 237 angegebenen gesichtspunct
betrachtet werden, nämlich die reine Ijödahättvisa 47 (s. 236), die
schon Bergmann (s. 73) in eine kviduhättstrophe umformte, ferner
die v.25, 1— 3 | 26,1—4. v. 27 | 28. v.50 | 51. in allen dreien
sind eventuelle langzeilen in halbzeilen des epischen versmafses
zu zerlegen, zu v. 51, 1 aber aufserdem als stabreimender vers
die an der parallelslelle (v. 27) sich findende z. 2: ek munda pik
i hei drepa, die wol v. 51 nur durch die flüchtigkeit des Schreibers
oder in folge einer abbreviatur ausgefallen ist, zu ergänzen. ^
Dagegen bleiben nun noch 3 visur, welche offenbar eine
Verderbnis zeigen, der wir nur durch genaue Interpretation des
lextes auf die spur kommen können; sie sind schon von anderen
kritikern manigfach zu emendieren versucht worden : v. 43 | 44,
deren zeilen 44, 1 — 3 zu der früher behandelten Interpolation
(s. 242) veranlassung gaben, v. 18, 9 — 13, wo weder der sinn der
überlieferten worte klar noch irgend welche correcte metrische
form ist, und endlich die schlussvisa des gedichtes (57. 58. 54. 60),
in der wir durch conjectur die allitteration herstellten (vgl. s. 244),
^ V. 51, 1 und 27, 1 lauten ganz gleich: HdrbarSr inn ragi.
17*
252 DAS HARBAKDSLJÖD
die aber wegeo der äufserst schwierigen zeileu v. 58, 2 t noch
einer näheren erürterung unterzogen werden muss.
Zunächst v. 44, 1 — 3. überliefert ist: nam ek at monnnm
peim emim aldroemim, er büa i heimis skögnm. sowol in den
beiden ersten halbzeilen wie in der langzeile fehlt der reim, in
1 und 2 hat ihn nach Bugges Vermutung Grundlvig durch ein-
selzung von ytum hergestellt: da dies wort aber nur Häv. 28. 68.
147. 164 begegnet, so möchte ich eher das gewohnlichere syno-
nyme oldum vorschlagen, die Kph. ausgäbe erklärte nun mit
annähme einer hypallage heimis skögar als 'umbroja habitatio'
(im vorliegenden falle von den Wohnungen der toten gemeint),
und übersetzte demnach die 3 zeile: 'welche in den schattigen,
dunklen Wohnungen sich aufhalten'. Lüning s. 223 erklärt den
ausdruck: in der heimat Wäldern , dh. in den Wäldern als ihrer
heimat wie die geächteten, wobei dunkel bleibt, wie Ilärbardr hier
die gräber so benennen kann. Bugge und die herausgeber nach
ihm bessern hier und v. 45 skögum und sköga in haugum und
hauga, um einerseits den Stabreim m'üheimis herzustellen, anderer-
seits den von dysjum (v. 45, 2) geforderten sinn hineinzubringen.
Bergmann endlich emendiert aao. s. 73 er büa i Skrymnis heimis
skögum und demgemäfs v. 45. er will eine auspielung auf das
abenteuer mit Utgardaloki darin finden: Loki sollte bei den
niederlagen Thors dort den mut i)ekommL'n haben, ihm iml htice-
filign ord einmal gegenüberzutreten, conjectur und erkläruiig
sind äufserst künstlich, und da sie gegen v, 45 verstofsen , so
muss Bergmann dort eine noch abenteuerlichere conjectur machen
(s. 94). wie V. 45 zeigt, sind in z. 3 gräber oder wenigstens
totenwohnungen gemeint: das in beiden codd. au beiden stellen
gleichmäfsig überlieferte skögum-a haben wir nicht anzuzweifeln.
die Worte 'welche in heimatswäldern wohnen' — heimisskögar
wäre dann componiert wie heimisgardar Häv. 6, heimiskcidr Sigr-
drifum. 25, heimisbüar Gräg. i 191 — geben aber nicht den ge-
wünschten sinn , da das totenreich doch nicht als die heimat
xar' (^oyj'v bezeichnet werden kann. Lüning und Liliencron
haben schon auf das richtige gedeutet, man nehme bna i skögnm
für sich: es ist der technische ausdruck für die verbannten, und
skögarmadr ist in der Gr^gäs ein oft belegter ausdruck für den
geächteten (Vigfüsson 556") sowie sköggangr für exilium (vgl.
Grimm RA s. 773 f). er biia i skögum heifst also: 'welche ver-
DAS HARBARDSUÖD 253
bannt sind', erwägt nian nun dass hevm's für sich keinen sinn
gibt, die kviduhättzeile aber zu diesem worte einen reim ver-
langt, der ganze Zusammenhang endlich auf das tolenreich deutet,
so wird der Vorschlag zu lesen:
er hua^i Heljar heinu's skögum
nicht zu gewagt erscheinen, heljar, zumal abgekürzt geschrieben,
konnte vor heimis leicht ausfallen, und Heljar heimi — das
neutrum heimi als nebenform zu heimr ist aus den oben genannten
compositis zu schhefsen — hat in salir Heljar Voluspä R 42,
Heljar sjot Fjolsvm. 25, Heljar rann Vegtamskv. 3 seine analoga.
'welche in den Wäldern Heiheims wohnen' heifst so viel wie:
'welche in Heiheim verbannte sind', dh. 'die loten', dass die
auffassung der toten als der von der weit (vom heimr Vegt. 6)
bis zum ragnarok verbannten keine ungewöhnliche ist, dafür
scheint mir die schöne stelle in der Helgakv. Hundb. ii 40 f zu
sprechen, wo die magd den zum hügel reitenden Helgi anredet:
Hvdrt eru /jat svik ein er sjä pykkjumk,
eda ragna rok? rida menn daudir —
er jöa ydra oddnm keyrid —
eda er hildingum heimfor geßn?
und Helgi antwortet: 'es ist kein trug, was du zu sehen glaubst,
noch weitenende, obwol du uns siehst, obwol wir unsere rosse
mit den sporen antreiben, noch ist den herschern die heimfahrt
gegeben'', dh. mit anderen w orten rida menn daudir {v. 40,4).
hier bedeutet heimfor ganz deutlich die definitive rückkehr aus
dem tod in das leben, die widergeburt, und steht der zeitweiligen
rückkehr des toten Helgi, die durch Sigruns sehnsüchtige thränen
bewürkt wird (v. 44), entgegen, wenn man hier das widerauf-
leben als eine heimfahrt aus dem totenreich — ob man dabei
Valholl oder Hels reich als totenaufenthalt nimmt, bleibt sich für
die Sache ganz gleich — auffasste, so konnte auch umgekehrt
von den verstorbenen gesagt werden, zumal mit absichtlicher änig-
matik des ausdrucks: 'welche in Heiheim als verbannte leben'.
Nach dieser erklärung behauptet also Ödinn, seine hncefiligu
ord yon alten leuten , die verstorben sind, zu haben, ihm ist
ja allein unter allen göttern die gäbe verliehen, durch seine
runenkunst tote zu beschwören, der [)ulr des Ljödatals, der sich
' der lesart Aon R: n kommt ne 'noch' am nächsten: Bujges bes-
serung (s. 198) ist unnötig.
254 DAS HÄRBARDSLJÖD
für ihn ausgibt, rühmt sich IU\. 155 parodierend: wenn er am
galgen einen stricktolen sähe, so könnte er durch runenkraft
bewürken dass der mann gienge und mit ihm redete, unter 'den
alten leuten' werden aber volnr zu verstehen sein wie die 'tote
riesin' (Vegtamskv. 5), die Odinn zum reden zwingt, um über
Baldr auskunft zu erhalten, der sinn der v. 43—47 ist demnach:
Thörr fragt: 'wo hast du denn in aller weit nur die schneidenden
Worte her?' natürlich ist die frage rhetorisch für 'wie kannst du
nur so spitz reden!' Odinn fasst sie aber wörtlich und antwortet:
'von den toten', dies muss natürlich Thors grösten wutaus-
bruch veranlassen (in v. 47 vgl. s. 242). somit ist v. 43 — 44
regelrecht.
Für die erklärung des zweiten teiles der grofsen v. 18 ist
es nun von Wichtigkeit, die ersten acht zeilen, welche eine regel-
rechte Strophe bilden, und von denen die beiden letzten schon
durch Bergmann (s. 69) richtig gebessert wurden, genau zu be-
trachten. Odinn spricht dort von den 'munteren , aber spröden,
von den klugen aber tückischen weiblein, welche aus sand stricke
machten und aus dem tiefem tale den grund ausgruben', man
hat in den letzten Worten eine sprichwörtliche redensart gefunden,
in dem sinne 'res impossibiles gesserunt' (Egilsson 706''), und
die Kph. ausgäbe bietet für das 'stricke aus sand drehen' die
analogen antiken ausdrücke funein ex arena facere und i^ ccfi-
(xov oxotviov nlexsiv. ich will nicht läugnen dass dieser sinn
in den worten liegen mag, aber sie enthalten offenbar noch eine
andere anspielung. schon Liliencron ahnte das richtige, wenn
er sagte: 'es scheint das meer gemeint', gewis würde die cha-
racteristik z. 1 — 4 gut auf Räns tückische töchter passen, das
tiefe lal, aus dem sie immer noch den grund ausgraben, ist eine
passende bezeicbnung für den meeresboden (vgl. Alvfssm. 24
djupan mar), und die 'vincula', die sie aus sand winden, können
sehr wol eine anspielung auf die durch die aufwUhlung des
meeresgrundes entstehenden Sandbänke, die das darauflaufende
schiff festhalten, sein.i
Wie aus z. 9 hervorgeht, sind die weiber, welche im zweiten
teile der visa erwähnt werden , dieselben , also sind sie ebenso
als personificationen der meereswogen und nicht von felsen (Berg-
' vgl. die varrsimar Vigfüsson 68r und das neutr. varr-sima Möbius
Hältatal i s. 120.
DAS HÄRBARDSLJÖD 255
mann aao. s. 137) zu fassen, ihnen allen will Odinn an listigen
anschlagen überlegen gewesen sein , bei den sieben Schwestern
will er geschlafen und ihrer aller liebe und umarmung genossen
haben, z. 9 und 10, ferner 12 und 13 mit den nötigen Zer-
legungen in kviduhätlhalbzeilen sind der form und dem sinne
nach klar, dagegen muss z. 11 notwendig verderbt sein, über-
liefert ist: hvilda ek hjd peim systnim sjau. die zeile ist, zu
zwei kviduhälthalbstrophen abgeteilt, von Bergmann mit einsetzung
von /a^fan emendiert, aber nicht richtig, denn das unbetonte /«Ja
kann nicht binden, vielmehr sind systrum und sjau offenbar
reimvvörter, aber das letztere ist jedesfalls verderbt, schon die
Stellung: 'bei den Schwestern sieben' ist merkwürdig: vor allem
ist aber von einem abenteuer Odins mit sieben Schwestern nichts
bekannt, vielmehr werden von Räns töchtern, auf die hier ange-
spielt sein muss, in der Sn. Edda i 500 ausdrücklich neun an-
geführt, nun wird allerdings nirgend direct gesagt dass Odinn
mit Räns töchtern gebuhlt habe, aber von Heimdali, Odins söhne
erzählt die Sn. Edda i 100. 264: kann bdru at syni meyjar njü
ok allar systr. die quelle für diese notiz bot das fragment eines
alten liedes, des Heimdallar galdr, in dem sich Heimdallr selbst
rühmte: Njü em ek mcedra mogr , njü em ek systra sonr {Sn.
E. I 102). die namen der neun mülter werden in der Sn. Edda
sonst nicht genannt, wol aber aao. die von Räns töchtern, die
mit den in der Voluspä hin skamma genannten von Heimdalls neun
müttern freilich nicht übereinstimmen (Ilyndlul. 37). um so mehr
aber lässt die Schilderung der geburt Heimdalls auf die Identität
seiner mütter mit Räns neun töchtern schliefsen. es heifst
Hyndlul. 35:
Vard einn horinn i drdaga
ramniaukinn mjok rpgna kindar,
njü bdru pann naddgofgan man
jotna meyjar vid jardar prom.
hiernach ist Heimdallr von göttergeschlecht (4), und von neun
jötenschwestern (5. 7) am rande der erde (8) geboren, nimmt
man hinzu dass es v. 39 weiter von ihm heifst:
sd var aukinn jardar megni,
svalkoJdum sce ok solar dreyra
(vgl. Lüning 260), so kann man kaum zweifeln dass Räns oder
'CEgirs töchter' (H. Hund, i 29), deren valer ein jöte war (Sn.
256 DAS HÄRßARDSLJÖD
E. I 326), von Odin den lichten gotl gebaren am rande der
erde, dh, dort, wo die sonne am rande des horizontes nach alt-
germanischer vorslellung in die see versank, daher heifsl der-
selbe genährt mit 'erdenkrafi', mit 'kühler see' und mit 'sonnen-
blute' (vgl. auch Müllenhoff Zs. 30, 247).
Wir hätten demnach eine ähnliche rälselhafie anspielung auf
Heimdalls erzeugung in unserer visa wie in der Vegtamskvida 12,
die (vgl. Edzardi Germ. 24, 57) nach Vafl)r. 54 gebildet ist:
aber nur das motiv, dass Ödinn an einer besonders rätselhaften
frage erkannt wird, ist nachgeahmt, keineswegs hat man an beiden
stellen dieselbe lOsung zu suchen, der sehr künstlichen erklärung
Edzardis (Germ. 27, 337 — 339), wonach die mexjjar Friggs äugen
sein sollen, die um Baldrs tod weinen, ist die auffassung Wim-
niers (Oldnord. laesebog s. 156f;, der die maide, welche die weifsen
Schleier emporwerfen, als die 'höje beiger' erklärt, entschieden
vorzuziehen, dann würde aber auch dort der ausdruck an rätsel-
hafligkeit gewinnen, wenn er at muni grata bedeutete, was es
sprachlich wol bedeuten kann: 'welche bei der liebeslust (vgl.
Häv. 94.96, also = a^ ganini) weinen', die spröden maide, die
vom Odin unter thränen überwältigt werden.
Nach dem gesagten kann sjau nicht richtig sein, ich ver-
mute daher entsprechend der v. 35 des llyndluljöd:
hvilda vid scevar prom hjd systrum.
ich weilte bei den Schwestern am rande der see.^ s(Bvar ßromr
hl \\\e jardiir promr das von den meereswellen bespülte gestade.
so ist die vij^a in Ordnung.
Es bleibt nun allein noch die schlussstrophe übrig, die
von den v. 57. 58. 54. 60 gebildet sein sollte (s. 251). über
v. 54 I 60, welche als zweite visuhelming das gedieht abschliefsen,
ist schon s. 243 ff das nötige gesagt, die v. 57 | 58 sind nun im
cod. Reg. überliefert: [p]q. mnn ek taka pangat i dag [h]q.
taka vid vi! ok erfidi at nppverandi [npprennaridi] sölu er ek
get pdna [pa na], die klammern enthalten die wichtigen Va-
rianten von A.
Nach beiden hss. ist v. 57 eine frage Thors, v. 58 die ant-
wort Härbards (Bugge s. 103). v. 57 ist bei dieser auffassung
klar: 'werde ich heute noch dorthin gelangen?' v. 58 aber desto
' eine Schreibung sjavar statt scevar konnte dabei auf sj'au, prem
Statt prom auf peim leiten.
DAS FIARBARDSLJÖD 257
weniger, die Kph. ausgäbe erldärte: 'dorthin gelangen mit
mühe und not bei noch leuchtender sonne, welche ich dann
nahe (sc. dem horizonl) vermute.' in derselben bedeutung fasst
das Wort nd Bergmann, schreibt mit ganz willkürlicher besserung:
erk sceJci'at fid nd und erläutert dies: 'welche ich nicht suchen
werde, dass sie dir nahe dh. deren anblick ich dir dann noch
misgönne' (aao. s. 75. 97. 107). beide erklärungen sind wegen
ihrer grofsen künsUichkeit und des aufser in compositis unbe-
legten adv. nd = eyyvg (Vigfüsson s. 447'') unbedingt zu ver-
werfen. Egilsson nahm (904'') ein verbum pdna tauen (vgl. pd f.
tau) an und Grundlvig (Edda 202) stimmte ihm bei. er über-
setzt also: 'mit not und mühe, während die sonne noch am
himmel steht (R) oder wenn die sonne emporsteigt (A), da ich
tauweiter vermute', indes das verb, welches von pei/ja, pdinn
gebildet wäre wie schwed. däna von deyja, ddinn (Bugge s. 103),
kommt eben in der alten spräche sonst nicht vor und die neu-
norwegischen formen taana, taaen künnen es allein nicht stützen.
Bugge, der anfangs Egilsson folgte, stellte in den Ärboger for
nord. oldk. 1869 s. 258 f eine neue ansieht auf. er fasste pdna
als componiert aus dem adx. pd und der auch anderen adverbien
angehängten partikel na {ih. parna) und übersetzte: 'uä med nod
og naeppe, mens sol er oppe, pä det lag, tjenker jeg' (vgl. Grundtvig
aao.). aber auch für die anhängung der partikel an das ^a findet
sich kein zweites beispiel, wie man aus Vigfüsson (732^), der
Bugges ansieht recipiert, sieht, die wahrscheinlichste erklärung
ist die von Liliencron, welcher hinter erfidi interpungierte, dem
cod. A folgend pd nd als zwei würter nahm und übersetzte
(s. 189): kommen können usw., wohin zu gelangen mir schon
noch bei hochstehender sonne glückt, sie gibt entschieden einen
sehr passenden sinn; aber das pd, was doch 'damals, dann' be-
deutet, ist mit dieser Übersetzung nicht zu vereinbaren, trotz-
dem wird sie allein uns auf die richtige interpretalion der schwie-
rigen Zeilen leiten.
Schon s. 244 habe ich, um den Stabreim herzustellen, in
v. 57 ein aka statt taka vermutet: man muss dann das taka der
folgenden zeile, das elliptisch für pü munt taka gesetzt schon an
sich bedenklich ist, tilgen, ich denke mir die entstehung des
doppellen taka so, dass v. 57 fälschlich als eine frage Thors mis-
verstanden wurde, während sie der anfang eines unwilligen aus-
258 DAS HARBARDSLJÖD
rufes des gottes ist, der auch v. 58 noch umfasst. ^ man schreibe
also mit lilgung der überflüssigen worte vil ok:
Munk aka pangat vid erfidi^i dag!
*ich werde nun (oach der beschreibung, die du mir vom wege
gegeben) dorthin mit knapper not noch gelangen', fasst man nun
ek get nd mit Liliencrou in der bedeulung: 'mir ist vergönnt zu
erlangen , ich kann erlangen' (vgl. Helgakv. Hiorv. 9 uö.)-, und
nimmt die ganz leichte änderung von er in ey (non , vgl. Vafjjr. 55
und ei geschrieben Häv. 39) vor, so erhalten wir in z. 2 — 3
keinen abhängigen satz, sondern einen zweiten paratactischen
ausruf zu der obigen zeile:
iippverandi^at ey ek get pd nd!
'und dann (sc. wenn ich heut noch hinkomme), kann ichs nicht
bei noch scheinender sonne erreichen', demnach beklagt sich
Thörr in der visa: 'ich komme nun heut überhaupt nur mit mühe
zum ziel, und in diesem günstigen falle nicht vor Sonnenuntergang',
natürlich, denn den langen weg, den er links gewandt am flusse
entlang geht, um erst nach Midgard zu gelangen, würde er durch
die überfahrt, die ihn direct nach Verland beförderte, sparen,
dieser rührende, im munde des furchtbaren donuerers höchst er-
gctzliche wehruf ist der letzte appell an Härbards gefälligkeit,
und auf dessen deönitive Weigerung (v. 54) folgt dann in v. 60
passend Thors im höchsten ingrimm gesprochener schlussfluch
(s. 228. 243 f). will man ein elliptisches at nppverayidi für at upp-
verandi sölu, dessen construction genau dem lateinischen abl. abs.
entspricht (Noreen Ärboger 1879 s. 207), nicht gestatten, muss
man eine Verderbnis in nppverandi sehen, da der vers sich nicht
ins metrum fügt.3 so ist auch die letzte visa regelrecht.
' ein munt aka für munk aka (58, 1) konnte auf taka führen vgl.
s. 250 zu va'ttak ogur.
- in der bedeutung vermuten wird geta in der Edda sonst mit dem
gen. conslruiert vgl. Skirnisf. 24.
3 auch hier erweist sich also cod. R als der correclere gegenüber A:
denn da Härbardr und Ödinn sich nicht zeitig am tage treffen (v. 3,5—8.
Bugge Edda s. 399) , gäbe at upprennaJidi sölu (oriente sole) nach dem
ausruf 37. 38, 1 keinen sinn, obwol wir principiell einen cod. zu bevor-
zugen nicht berechtigt sind (Bugges fortale s. xxi), haben wir in allen
wichtigen Varianten fast immer cod. R folgen müssen, auf den wir bis
V. 19,7 allein angewiesen sind, so auch gegen Bugge (vgl. s. 243 und 244).
cod. Ä verdient nur den vorzug in v. 30, wo launPing (z. 4) und Hnhvitu
(z. 3) vom Zusammenhang erfordert werden: isss lindhviUi unursprünglich
DAS HARBARDSLJÖD 259
Nachdem wir nun die slrophenform des kvidiihältr im gedichle
überall widerhergestellt haben, kommen wir zu den einzelnen
halbzeilen. Sievers, der durch seine Untersuchungen in den Bei-
trägen 5,449(T. 6, 262ff. 8, 54 ff für die allnordische und Beitr. 10
für die angelsächsische poesie nachwies dass die kviduhättzeile
bestimmten gesetzen der silbenmessung unterworfen ist, ohne dass
darüber der natürliche satzaccent vernachlässigt werden darf, hat
an vier liedern die richtigkeit der von ihm gefundenen gesetze
tiberzeugend veranschaulicht (Proben einer metrischen herslellung
der Eddalieder, Halle 1885). unser lied hat er bei seinen sämmi-
lichen Untersuchungen unberücksichtigt gelassen, wie das bei der
strittigen strophenform desselben von seinem standpuncte aus
auch völlig gerechtfertigt war. da wir nun aber den kviduhätt
als die strophenform des liedes nachgewiesen haben, so dürfen
wir uns der prüfung der einzelnen verse um so weniger ent-
ziehen, als auch sie ein nicht unwichtiges moment für die Zeit-
bestimmung des liedes abgeben wird, wir setzen hierbei die
ergebnisse der Sieversschen forschung, wie er sie in seiner letzten
arbeit niedergelegt, als bekannt voraus und bedienen uns auch
der kürze halber derselben bezeichnungen und abkürzungen, die
Sievers braucht, es muss in unserem gedieht natürlich in Um-
stellungen und besserungen teilweise etwas radicaler verfahren
werden, weil der pedeslre ton des liedes (s. 234 f) die Schreiber
zu metrisch nachlässiger aufzeichnung geradezu herausforderte.
Da wir das lied aus 30 visur bestehend nachgewiesen haben,
so ergeben sich im ganzen 240 halbzeilen. von diesen fügen sich
unmittelbar in der überlieferten gestalt oder nach vornähme von
Sievers leichten änderungen (Beitr. 6,315 — 337), wozu in unserem
liede die tilgung des suffigierten artikels tritt (s. 235) , sofort
114 halbzeilen seinen gesetzen. ^ hierzu treten 10, in welchen
ist, zeigt die gleiche Überlieferung von R und A in v. 32,2. — uppverandi at
ist Sievers typus D 3 (Proben s. 11).
* darunter zwtiimX viundir, viundi ausnahmsweise verschleift (Sievers
Beitr. 6,312): v. 23, 7. 50, 3. 2 zeilen (8, 2. 48, 2), wo enclitisches m'k
m'nt für 7nik und munt, drei verse, wo synonymes verschleifbares Innig
für hingat eingesetzt ist (v. 7,1: styr hi?iig eikju ; 40, 2: er hinig gord'usk ;
53,2: rö hinig häti). pmr frä verum (20,3) ist wol nicht falsch, da frd
den nebenton tragen kann (vgl. Sievers Proben s. 34: ßö pä Loki); har-
(tan joiiin aber (v. 20, 4) wird wol wegen der analogen ausdrücke: stö-
ruigi^olunn (15,3) und Jirütmötga jolun (19, 2) hier zu dulden sein.
V. 5, 3 ist zu lesen: mht at vita (vgl. Vigfüsson 718').
260 DAS HARBARDSLIÖD
durch Streichung des für deu sinn entbehrliclien Personalprono-
mens im gen. dat. acc. die form correct wird, nämHch:
V. 14,2: [ok Jnn] hedan bida. v. 47, 2: illa mun [per] koma.
V. 18,2: ef[oss]atspokumyrdi. v. 53, 1: rädinunk[pernn]rdda.
V. 39, 5: cegdu [mer] jdrnlurh. v. 54, 2: [per] skal fars synja.
V. 7,2: mwik [per] stod[na] v. 3, 2 : foedik [pik] d morgun.
kenna.
V. 42, 1 : bceta skal [per] pat [pd], v. 50, 1 : satt hjggk [mik] seggja;
ferner vier, wo der auftact er durchaus enlbehrUch ist; 23, 4:
[er] tu bjdrgs gengu; 39,4: [er] skordai hafdak; v. 43,3: [er]
heyrdak aldri und v. 28,2: [er] sakar' o^alls engar, also im
ganzen 128.
Hierzu kommen 35 bereits gebesserte, nämlich: v. 2, 1. 2
(s. 243). v.9,4. 6 (s.247). v. 12,2.3^ (s. 245) v. 13, r". 3 (s. 250).
V. 15,7" (8 mal s. 246). v. 18,7. 8 (s. 254). v. 18, W'' (s. 256).
V. 20, 6. 7 (s. 251). V. 24, V (s. 251). v. 44, 1 (s. 252). v. 44, 3*
(s. 253). V. 49,r'' (s. 251). v.52,3M-'^-2l7. 251). v.56, 5 (s.247).
V. 57. 58, 1—3 (s. 258) und v. 60, 2 (s. 244).
Der pedestren spräche unseres liedes gemäfs werden wir
den aufser dort, wo er schon getilgt wurde, noch 8 mal auf-
tretenden auftact eher als eine berechtigte eigentümlichkeit wie
als eine unregelmäfsigkeit aufzufassen haben:
V. 5,2: er hverjuin pikkir. v, 23, 6: ef allir lifdi.
V. 15, 2: er Hrungnir deildum. v. 5,4: at mödir dand se.
V. 16, 4: er Algroen heitir. v. 14, 4: at Hrungni daudan.
V. 18, 4: ef hollar v(vri. v. 9,8: vid Pör kndtt dcema.
es würde sonst auch nicht schwer sein durch leichte besserungen
sämmtliche verse zu heilen.
Ebenso ist der 3 mal gleich überlieferte vers ek var austr
(v. 23, 1. V. 29, 1. V. 30, 1) nicht anzutasten: dieselbe abart des
viersilblers erscheint ja auch in der Voluspä (Sievers Proben s. 23).
Unzweifelhafte und gute verse im malahätt sind folgende:
30,6: gamni nuer nndi.
37, 4 : velta pjod alla.
39, 1 : vargynjur vdru.
52, 1 : Asapörs hugdak.
dem typus A derselben stropheuart gehören aufserdem wol an
V. 42, 3: sem jafnendr iinnu, und mit Umstellung und ver-
schleifung der ersten Senkung vid myrkridnr hafdak (20, 2).
20, 1 : Miklar manvelar.
23, 3: bn'idir bohisar.
30, 5 : gladdak guUbJortu. '
37, 1 : brüdir berserkja.
DAS HARBARDSLJÖD 261
V. 30, 1 : vid einhverja dcemdak und 42, 4: er okr vilj'a scetla
halte ich für typus D mit auftacl (Sievers s. 45).
Dagegen möchte ich ausnahmsweise verschleifung der Senkung
annehmen in v, 6,4: brautinga gervi und v. 56,9: dlhüiga hraxitir,
und demnach v. 53,3 auch hoetlingi luettum schreiben: in allen
drei fällen gilt die tieftonige ableilungssilbe ing-nng als unbetont,
ebenso muss man in v. 12,3'' \\o\ fyr shkum sem per schreiben.
Dreimal ist die von Sievers beanstandete auflösung der zweiten
Senkung unzweifelhaft überliefert, v. 16, 1: vark med Fjolvari,
v. 40, 3: gnoefa gunnfana, v. 48, 4: pals per skyldara: auch hier
wäre in allen drei fällen durch Umstellung leicht die aufgelöste
Senkung in die erste vershälfte zu bringen, aber besonders wegen
V. 48,4, die in der Prymskvida (v. 25,4.6: bita hvassai^a, büa
breidara) völlige analoga hat, scheint dies nicht gerechtfertigt.
man wird im gegenleil auch unbedenklich die v. 14, 3 nach til-
gung der überflüssigen worte zu schreiben haben: f anntat hardara.
Wir haben also bisher im ganzen 194 normale oder mit den
auch schon von Sievers berührten licenzen (die sich auch sonst
hier und da in den liedern finden) gebaute verse gefunden, es
bleiben 46, die teils durch Umstellungen, teils durch Streichungen
überflüssiger worte zu bessern sein werden.
Ich beginne mit den letzteren versen. v. 4, 3: dopr heim-
kynni und 29, 6: gagni litt fegnir hat schon Bergmann richtig
gebessert (s. 82.71) und ebenso in 1, 2 und 8,4 zusätze er-
kannt (s. 67. 68): nur wird in der ersten zeile eher er stendr
zu tilgen sein wie er byr in der zweiten. Rädseyjarsundi i wäre
dann ein mälahättvers, ich glaube aber, das ursprüngliche ist
der acc. Rddseyjarsnnd von halda (z. 2) abhängig, und die hsliche
lesart verdankt ihre entslehung nur einem Irrtum , indem man
nach V. 7, 4 falschlich sb'p als object zu halda ergänzte, ganz
parallele erweiterung zeigen je zwei halbzeilenpare:
V. 11, 1: hvat shalt [of nafn] hylja = v. 28,1 : hvat skalt [um
sund] seilask?
V. 18, 1: sparkar dt tu [ver konnr] = v. 18,3: horskar dttu
[ver konur],
in den beiden ersten können die objecte nafn und sund, da sie
in der zeile vorher genannt sind (vgl. v. 10, 2. 27, 3), wol fehlen,
in den beiden letzten wäre das zweimalige ver konur sehr schlep-
pend: dass von weibern die rede ist, zeigt die femininform der
262 DAS HARBARDSLJüD
adjeclive zur genüge an. v. 8, 10: ef [pü] vilt um sund[it fara]
wird die elliptische ausdrucksvveise im vulgären stil des fergen
nicht wunder nehmen (vgl. übrigens die ellipsen s. 247 und 258).
37, 3: pcer hofdu verst [unnit] ist nach tilgung des Zusatzes mit
z. 4 zu einem salze zu verbinden 'male homines omnes fascina-
verunt'. in v. 47, 5: hyggk pik oepa [munu] ist das hilfsverb
entbehrlich wie v. 20, 5 : Hiebard hugdak [vera], in v. 48, 3 :
pann [numtu] prek drygja ist es leicht aus z. 2 zu ergänzen.
V. 30, 3 könnte man als malahättzeile (lypus D) fassen, aber
einen viel passenderen sinn als 'ich spielte mit der leinvveifsen'
gibt: Uk liiihvHu 'ich trog die leinweifse' vgl. Häv. 131: at
pjöfar ne leiki. Lokas. 19: Loptki pat veit at kann leikinn
er. endlich in v. 56, 10 möchte ich nicht auftact annehmen,
sondern til tilgen und Odins landa als localen geneliv lassen:
derselbe steht zwar gewöhnlich nur mit dem adj. midr (Nygaard
Syntax i s. 56), indes vgl. Prymskv. 3: gengu peir fagra Freyj'u
tnna. ein verb der bewegung ist aber aus dem älhmga hrautir
(z. 9) zu ergänzen, der sinn ist: 'Fjorgyn lehrt ihn zugehen zu
Odins landen', es bleibt noch v. 8,5: [badat härm] hlennimenn
ßytja. die Streichung ist nicht so kühn, als sie scheint, bad
kann aus z. 1 sehr wol ergänzt werden , für das fehlen der nega-
tion aber in dem ersten von zwei verneinten coordinierten Sätzen
vgl. Häv. 139: vid hleiß mik seldu ne vid hornigi 'nicht versahen
sie mich mit speise noch mit trank' und Nygaard Synt. i s. 66.
natürlich muss man dann in der folgenden zeile ne statt eda
schreiben, sie lautet, wenn man das durch den riesennamen
Hrosspjöfr (Hyndluljöcl 32) sicher verbürgte compositum einsetzt:
tie hrosspjöfa. unsere besserung von v. 4, 4 : dauda hyggk niödur
{sc. vera) wird unbedenklich erscheinen, wenn man die Varianten
von R und A zu v. 47, 5 vergleicht. ^ in v. 56, 8 ist das aus
der zeile 6 eingedrungene hiita zu streichen und das die fol-
gende zeile überfüllende kenria dafür einzusetzen, vermutlich
wird hier die den Schreibern zu dankende jüngere dativform
soH (Wimmer Gr. § 52 anm. 1), die fälschlich als acc. gefasst
wurde, das eindringen von hitta begünstigt haben, wir werden
aber mit recht die metrisch wol passende ältere form wider
* wo wir bei minder wiclitigen Varianten aus metrischen gründen die
hs. A bevorzugten (vgl. 37, 2: bariak i Hlesey), ist dies nicht besonders
bemerlit (vgl. ßugges forlaie s. xxi).
DAS HARBARDSLJÖD 263
einsetzen und schreiben: par mun FJorgyn Pör syni kenna usw.
V. 32, 2* endlich muss zu Imhvüu ein reimwort gefunden werden;
es bietet sich aus v. 30,3 wie von selbst: man schreibe at ek
lekak (s. 262) 'ut ludificarem puellam candidam'.
Durch Umstellungen oder andere versabteilung als bisher
werden regelrecht: v. 6, 1.2: ßeygis sem bü/prjü göd eigir.
V. 6, 3 : berbeinn stendr, liefr. 25, 2: lidi med äsum. 26, 3:
af hrwzlu ßerA \9,A:sonarAllvalda. 19,6: merkt mest pmi'ni,
der zweimal vorkommende vers (v. 27, 2 vgl. s. 251): i hei drepa
munk pik mit onomatopoetischem auftact, endlich die beiden
metrisch ganz parallelen Zeilen: v. 15, 4: [er] hpfüd[ü d] vas ör
steint und 26, 4: [per] trodlt vas i hanzka. bei zwei ferneren
halbzeilen muss man wider verschleifbares mundir, mundi (s. 259)
annehmen : v. 25, 1 : [er] ojafnt mundir skipta und v. 23, 5 :
mikil mündig jotna^cett.'^
Es bleiben nun nur noch die Ijödahalllangzeilen, von denen wir
schon S.251 sprachen: durch Umstellung fügen sie sich leicht dem
anderen metrum, dreimal sind parlikeln (nn, um, of) zu supplieren.
v.
18,
12"^:
ged ek alt peirra
ok gaman liafdak.
v.
25,
3^"^:
ef pH vilgi
mikils vald cettir.
v.
27,
3'*':
ef ek um sund nü
seilask mcBttak.
V.
47,
3^":
ef ek d väg nü
at vada rcedak.
v.
47,
6^'':
ef pu^af hamri
Jiogg um hlytir.
v.
51,
2ab.
hefr pü mik nü
heldr of dvaldan.
ebenso wird man zu ferjuhirdi (s. 217. 251) farar of glepja als
zweite halbzeile zu schreiben haben (v. 52, 3**).
Von den Sieversschen typen ist A natürlich am häufigsten
vertreten in allen drei Unterarten: Ai : Hdrbardr heitik. A-2:
Härbardr medan. A3 : sildr ok hafra. demnächst C in den beiden
ersten formen: Ci : hverrs sveinn sveina und C2 : ef litum fcerir.
seltener D: rekkr rädsvinni undE: ordkringi pin, am seltensten
wie auch sonst B: d prwla kyn.
Das resultat, das wir s. 240 aufstellten, wird durch die
detailuntersuchung des gedichtes vollauf bestätigt, sowol die
^ ok hugbleycti ist zusatz nach halr hugblauti v. 49, 3.
^ der consonanlische vocal j scheint in unserem liede metrisch als
vocal gefasst zu werden, sodass der vocal in djafiit davor verkürzt wird,
vorhergehender vocal aber auch elidiert werden kann, vgl. aufser unserem
vers die zwei ähnlich gebauten 15, 3: störu^gi^'gtunn und 19, 2: prüct-
möctga^jqtun, auch wgd^u^jürnlurki (s. 260).
264 DAS HARBARDSLJÖD
manigfachen teils vor der schrifilichen Fixierung angehängten teils
später von lilteraten eingeschobenen zusälze wie die freiere
metrische form (Hoffory GGA 1885 s. 32) sprechen dafür, dass
unser lied ein norwegisches ist, hervorgegangen wie Voluspä und
Hävamäl noch aus der ungebrochenen kraft des heidentums.
Nachdem wir das lied nun von allen einschiebsein gereinigt
und die ursprüngliche metrische form ihm zurückgegeben haben,
geben wir im folgenden den text desselben nebst einer Über-
setzung, um dann in einem kleinen commentar alles etwa noch
zur erklärung nötige beizufügen, es wird sich dabei heraus-
stellen dass das gedieht, ebenso wie die verwandte dramatische
Skirnisfor (Zs. 30, 133 0"), eine strenge strophische gliederung
beherscht. gewis rechnet Vigfösson (aao.) mit recht unser lied
zu den 'dramalical poems' des alten nordens. ob wir an eine
theatralische aufführung, die mir bei der Skirnisfor schon wegen
des reichen wechseis der redenden personen unzweifelhaft er-
scheint, im Härbardslied zu denken haben, weifs ich nicht: kaum
aber wurde die dichtung von einem und demselben recitiert, da
die sonst bei jeder stiophe und noch oft innerhalb der visa
nötigen anmerkungeu: Pörr kvad und Hat barcir kvad {besonders
in den stichomythischen partien v. 1.2. 10. 11. 12. 31. 32. 37.
38. 54. 60) sehr schleppend gewesen wären, das ganze wurde
sicher wol von zwei männern , die die beiden gölter vorstellten,
vorgetragen, vielleicht unter mimischen bewegungen, zeit, ort und
Situation aber durch eine prosaische Vorbemerkung wie die uns
erhaltene kurz illustriert.
Das gedieht besteht aus 5X6 visur (wie übrigens auch die
I*rymskvida nach lilgung weniger zusätzc). die fünf abschnitte
bilden gleichsam die acte des komischen dramas.
1. ßugge 1. 2. 3.
'Hverrs soeinn sveina fyr sund handan?'
'hverr karl karla kallar vag um?'
'fer niik um sund: fcedik d morgun;
dt ek i Jwild aildr ok hafra.'
'Wer ist der Junker jenseits des sundes?'
'was für 'n bauer ruft da über'n fluss?'
,ferg' über den sund mich, ich speise dich für morgen;
ich afs schon in ruhe häring und habermus.'
DAS HARBARDSLJÖD
265
'Arlignm verkam
dopr heimkynm,
'pat segir pü nü
mest at vita,
'Als frühe taten
trüb, mein' ich, stets zu hause:
'das redst du nun so hin,
höchst tadelnswert :
'ßeygü sein hü
herheinn stendr, hefr
'styr hinig eikjn,
eda hverr d skip,
'Und doch scheinst du nicht
harbein stehst du da, hast
'steur' hierher mit dem eichkahn,
oder wer hat das schifT,
'Hildölfr heilir,
rekkr rddsvinni,
hlennimenn ßytja
seg til nafns pins,
'Hildolf heifst er,
der ratkluge recke,
ja nicht bummler zu fergen
sag deinen namen,
'Seggja mun til nafns,
Odins mogr emk
prüdvaldr goda:
hins vilk spyrja,
'Meinen namen werd' ich sagen,
Odins söhn bin ich
der gölter kraftwalter:
darnach will ich fragen,
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX.
B. 4. 5.
hrösar verdi;
dauda hyggk mödur.'
er hverjum pykkir
at mödir dand se.'
rühmst du dein mahl:
deine mutier ist tot.'
was jedem doch dünket
dass meine mutter soll tot sein !'
B. 6. 7.
prjü göd eigir:
brautinga gervi.'
munk stod kenna,
er heldr vid land?'
drei gute guter zu haben:
landslreicher-ansehn ! '
will den landungsplatz zeigen,
das am lande du hältst?'
4.
B. 8.
erm'k halda bad,
Rddseyjarsnnd;
ne hrosspjöfa:
ef vilt um sundV
der mich bewachen hiefs,
den Ratsinselsund;
noch rossediebe :
willst du über den sund!'.
B. 9.
pött ek sekr sjdk:
enn fadir Magna,
vid Pör knätt doema.
hvat pH heitir?'
bin ich vogelfrei auch:
und Magnis vater, [reden,
mit Thor ists dir vergönnt zu
wie du eigentlich heifst?'
18
266
DAS HARBARDSLJÖD
'Hdrbardr heitik,
'hvat skalt hylja,
'pö munk forda
fyr slikum sern per,
'Ich heifse Harbarct,
'was auch solltest du'n hehlen,
'auch dann noch werd' ich
vor einem wie du,
,Pvi härm Ijötan
um vdg til pin:
'her nmnk standa,
fanntat hardara
'Deshalb unbequem scheints mir
durch den fluss zu dir:
'hier werd' ich stehen,
du fandest keinen härteren
'Hins vilt geta,
störudgi^iqtunn
pö Utk falla
hvat vanntu pä,
'Darauf willst du anspielen,
der kraftvolle jöte
doch bracht' ich zu fall ihn,
was tatest du denn,
I
'Vark med FJolvari
i ey peirri
vega par kndttnm
margs at freist a,
'Mit Fjolvar war ich
auf der insel,
kämpfen konnten wir da
viel zu versuchen,
6. B. 10. 11. 12.
hylk nafn sjdldan.'
nema sakar eigir?'
fjorvi mitiu
nema ek feigr se.'
selten hehl' ich meinen namen!'
da du nicht verbannt bist?'
mein leben wol schützen
ich sei todgeweiht denn !'
B. 13. 14.
at vada pykkjumk
vcettak ogur minn.'
hedan bida:
at Hrungni daudanV
hinüberzuwaten [netzen 1 '
meinen 'schrecker' würd' ich
von hier aus harren:
nach Hrungnirs tod I'
B. 15.
er Hrungnir deildum,
— hofud vas 6r steint — ,
ok fyr-hniga:
Hdrbardr, medan?'
als ich und Hrungnir stritten,
— sein haupt war aus stein — ,
liefs ihn vornübersinken :
Harbard, indes?'
B. 16.
finim vetr alla
er Algroen heitir.
ok val fella,
magns at kosta.
fünf ganze v,inter
die Algrcen heifst:
und wal fällen,
die kraft zu erproben.
DAS HARBARDSLJÖD
267
Sparkar dltn,
horskar ättu,
pcer 6r sandi
grund ör dali
Muntre hatten wir,
kluge hatten wir,
die wanden sich
und gruheu den grund
Vardk einn ollum
hvilda vid scevar
ged ek alt peirra
hvat vanntn pd.
Ich ward allein allen
ich schlief bei den Schwestern
ich hatl' ihrer aller
was tatest du denn,
]
'Ek drap Piaza,
npp ek varp angum
merki mest pan'ru
hvat vanntu pd,
'Ich erschlug den Thiazi,
empor warf ich die äugen
das sind die grösten merkmale
was tatest du denn,
1
'Miklar manvelar
pa er ek velta
hardan jotun
orviti gaf kann
'Grofse weiberberückungen
als ich sie abzauberte
für einen harten jüten
der tropf gab mir dazu
10. B. 18'.
ef at spokum yrdi,
ef hollar vceri:
sima utidu,
djüpum gröfu.
wären sie zahm nur geworden,
wären sie nur hold gewesen:
aus sande stricke
aus tiefem tal aus.
11.
B. IS'
efri^at rddum,
prom hja systrum.
ok gaman hafdak.
Hlörridi, medan ? '
an list überlegen,
am seegestad':
lieb' und umarmung.
Hlörridi, indes?'
2. B. 19.
pTH dm ödga^ iotun,
sonar Allvalda.
minna verka;
Hdrbardr, medan?'
den kraftmulgen jöten:
von Allvaldis söhn,
meiner werke.
Harbard, indes?'
3. B. 20.
vid myrkridur hafdak,
pcer frd verum,.
Hiebard htigdak,
mer gambantein.'
übt' ich an hexchen,
ihren mäunern.
hatl' ich Hiebard gehalten:
den zauberstab.'
18*
268
DAS HARBARDSLJÖD
'Ek var austr:
hrüdir bolvisar
mikil mundi^iotna^
vcBtr mundi manna
'Ich war im osten,
böswillige braute
grofs wäre der riesea geschlecht,
und kein mann wiird'
'Vas ä Yallandi,
attak jofrum,
Oäinn a iarla
prüdvaldr goda
'Ich war in Valland,
ich reizte die beiden
Odin hat die jarle,
der götter kraftwalter
'Oiafnt mnndir skipta
ef pü vilgi
'ßörr a^afl cerit,
af hrcezlu per
'Unbillig wHirdst du verteilen
hättest du sehr
'Thor hat übermäfsige kraft,
vor furcht wärest du
'Hdrbardr ragi
ef ek um sund m'i
'hvat skalt seilask:
hvat vanntu pä,
'Feigherziger Harbard,
wenn ich nur reichen könnt'
'wozu solllest du's auch:
was lalesl du denn,
14. B.23.
jotna bardak
— til bjdrgs gengu — ;
cett, ef allir lifdi,
und midgardi.'
ich schlug der jöten
— sie giengen zu fels — ;
wenn sie alle lebten,
in Midofard mehr sein ! '
15. B. 24.
vigum fylgdak,
aldri scettak.
er i val falla,
ä pra>Ia kyn.'
gieng kämpfen nach,
und versöhnte sie nimmer,
die auf der walstatt fallen,
hat der knechte geschlecht.'
16.
B. 25.26.
lidi med äsum,
mikils vald wttir.'
ekki hjarta:
trodit vas i hanzka.'
das gefolg' unter den äsen,
über grofses gewalt.'
keine beherztheit:
in den handschuh getrottet.'
17. B. 27. 28.
/ hei drepa miuik pik,
seilask mwttak.'
sakir' o^alls ongar!
Hlörridi, medan?'
tot möcht' ich dich schlagen,
über den sund!'
wir haben ja keinen streitpunct.
Hlörridi, indes?'
DAS HARBARDSLJÖD
269
'Ek var austr
pa er mik söttu
grjöti mik bor du,
po^nrcTumk fyrri
'Ich war im osten
als mich heimsuchten
mit steinea warfen sie mich,
denn doch musten zuerst
'Ek var anstr,
lek linhvitu,
gladdak gullbjortu,
hvat vanntu pd,
'Ich war im osten,
die leinweifse trog ich,
ich erfreute die goldglänzende,
was tatest du denn,
'Göd ättud er
'lids pins vcBrak
at ek lekak
hvat vanntu pd,
'Gute mädchenbekanntschaften
'deines geleites, Thor,
um zu berücken
was tatest du denn,
'Brndir berserkja
p(er hofdu velta
hvat vanntu pd,
'klceki vannt, Pörr,
'Berserkerbräute
die hatten auf das schlimmste
was tatest du denn,
'schmachvolles tatest du, Thor,
18. B.
ok d vardak,
Svdrangs synir;
gagni litt fegnir:
fridar at bidja.' — — —
und schützte den ström,
Svarangs söhne,
wenig froh ihres gewinnes:
sie um frieden bitten 1'
29.
19. B. 30.
vid einhverja dcemdak;
launping hddak,
gamni mcer undi.
Hlörridi, medan?'
und sprach zu einer hehren;
hatte heimliche tinge,
der maid behagte die liebe.
Hlörridi, indes?'
20.
B. 31. 32.36.
matikynni pd.'
pd purfi, Pörr,
linhvitu mey.
Hlörridi, medan?'
hattet ihr beide da ja ! '
hätt' ich gerade bedurft,
die leinweifse maid.
Hlörridi, indes?'
21. B. 37.
bardak i Hlesey:
verst pjöd alla.
Hdrbardr, medan?'
er d konum bardirV
schlug ich in Hlesey:
alle weit geschädigt.
Harbard, indes?'
da auf weiber du schlugst I
38.
270
DAS HÄRBARDSLJÖD
'Vargynjur väru,
skeldu ski'p mitt
oegdu^iärtiliüki,
hvat vanntu pd,
'Wölfinnen warens,
mein schiff zerschellten sie
sie drohten mit der eisenkeule,
was tatest du denn,
'Ek vas i herjum,
gnwfa gunnfana,
hoeta skal pat
sem jafnendr unnu
'Ich war in heeren,
die kampfbauner wehen liefsen,
büfsen werd' ich das
wie es Schiedsrichter bestimmen,
'Hvar namt pessi
heyräak aldri
'namk at oldum
er biia^i Heljar
'Wo nahmst du nur diese
schneidendere hab' ich
'ich nahm sie von den
die in wäldern
22. B. 39.
varliga konnr,
— skordat hafdak — ;
eltu Pjdlfa.
Hdrbardr, medan?'
'Ordkringi pin
ef ek ä vag nü
nlfi hcera
ef pu^af hamri
'Deine wortbehendigkeit
wenn ich über den sund
lauter als der wolf,
wenn du hiebe
kaum warens frauen,
— ich hatt' es gestützt — ;
vertrieben Thialfi.
Harbard, indes?'
23. B. 40. 42.
er Innig gordusk
geir at rjöda.
munda haugi,
er okr vilja scetta.'
die hierher vor sich
um den speer zu röten.
mit einem armring,
die uns versöhnen wollen 1 '
24. B. 43. 44.
hnoefih'gu^ord:
hncefiligriV
enum aldroenum,
heimis skögum!'
schneidenden worte her:
niemals gehört 1'
uralten leulen,
Heiheims hausen 1'
25. B.47.
illa mun koma,
at vada rcedak :
hyggk pik cepa,
hogg um hlytirV
soll dir übel bekommen,
zu waten geruhe:
denk' ich, möchtest du heulen,
vom hammer empfängst I'
DAS HARBÄRDSUÖD
271
26.
B. 48. 49.
'Sif d hö heima,
pann prek drygja:
'mcelir pu svd
halr hugbleydi,
*Sif hat zu haus einen buhlen,
verübtest dort kraftwerke:
'du schwatzst nun so dahin
feigsinniger manu,
hans munt fund vilja,
pats per skyldaraV
at munns rddi,
hygg ek at Ijügir.'
den wol fändest du heber,
ziemlicher war' dirs!'
auf das geratewol,
ich glaube, du lügst.'
27. ß. 50. Ol.
seinn ert at for,
ef litum foerir.'
i hei drepa munk pik:
heldr of dvaldan.'
säumig bist du auf der fahrt,
könntest du die gestalt wechseln I'
tot möchl' ich dich schlagen,
so lang' aufgehalten ! '
28. B. 52. 53.
aldregi mundu
farar of glepja.'
rö hinig bdti,
hitt fodur Magna!'
glaubt' ich würde nimmer
hindern können I'
rüder' hierher mit dem bot:
hören wir auf mit derdrohung: du findest auch Magnis vaterl'
'Satt hyggk segja,
langt mundir kominn,
'Hdrbardr ragi,
he fr pü mik nü
'Wahr glaub' ich zu reden:
lang wär&L du am ziele,
'feigherziger Harbard,
du hast mich nun gar
'Asapnrs hngdak
ferjuhirdi
'rdd munk räda:
hcettingi hcettum,
'Asathors fahrten
ein einfacher ferge
'einen rat will ich geben,
29.
B. 56.
'Litit er synfa,
halt til vinstra,
par rmm Fjorgyn
dttunga brautir
'Klein ist die weig'rung,
halte dich links,
da wird Fjorgyn
der Verwandtschaft wege
langt erat fara :
hittir Verland.
Pör syni kenna
Odins landa.'
nicht lang' ist die fahrt:
du findest Verland.
ihrem söhne Thor weisen
zu Odins landen.'
272 DAS HARBARDSLJÖD
30. B. 57. 58. 54. 60.
'Munk aka pangat viel erfuti^i dag.
uppverandi^at ey ek get pd nd.'
'far firr sundi, fars skal synjaV
'far pü nü pars pik hafi gramirV
'Ich werde nun dorthin [gang kaum heul' noch fahren!
und auch dann vor sonnenunter- erreich' ichs nicht.'
'pack tort dich vom sunde, die fahrt muss ich weigern!'
'pack du dich dahin, wo der teufel dich hole!'
Der erste teil (v. 1 — 6) enthält die exposilion der dramati-
schen haudlung, den grund der senna. mitten in die Situation
führt uns die erste visa (s, 249).
V. 1. zu sveinn sveina vgl. Hyndlul. 1, 1. 5, zu dem ganzen
anfaug Fäfn. 1. Sigurdarkv. nl, Fjolsvinusm. 2 f. Härbardr bietet,
um übergesetzt zu werden, seinen reiseproviant als fährgeld. Imfrar
(z. 4) ist nicht mit Bergmann als bockfleisch (s. 89), sondern als
habermus zu verstehen (vgl. s. 230).' wie schon bemerkt (s. 258),
ist es nicht mehr früh am tage, als die beiden götter sich treffen.
Thörr ist, nachdem er am tage riesenkämpfen in Jotunheim ob-
gelegen (i austrvegum), gegen abend aufgebrochen und möchte
noch vor Sonnenuntergang wie gewöhnlich at uppverandi sölu)
in Asgard sein, dabei passierte er sonst stets den Ifingstrom,
der riesen- und menschenweit scheidet (Valljr. 16). wenn nun
in unserem liede Thörr sich noch im riesenlande befindet (v, 5),
andererseits nach Härbards angäbe sich links, also im vor-
liegenden falle südlich (Lüning s. 224) halten soll, um Verland-
Midgard zu erlangen, so muss man Bergmann wol beistimmen
(s. 110), wenn er in unserem simd oder vdgr den Ifingfluss er-
kennt, auf den ja auch v. 18, 1 deutlich angespielt wird, die
bezeichnung Rddseyjarsund (vgl. s. 220) würde aber dazu vor-
trefflich stimmen, da die jölen des rd(t natürlich bar sind.
V. 2. das doppelsinnige hafrar gibt Ilärbard sofort zum
spotte veranlassung. er versteht es als 'bocke' (vgl. Prymskv. 21.
Hymiskv. 7. 20. 31. 37). da nun bockfleisch als vornehme speise
galt (vgl. Liebrecht aao.), so konnte er mit recht sagen: 'früher
taten rühmst du dich in deinem (opulenten) mahl' (vgl. Hav. 33).
zugleich aber spielt Odinn in gutmütigem scherz auf Thors
* vgl. ginhafri n. unter den sdd^s heiti (Sn. E. ii 493).
I
DAS HARBARDSLJÖD 273
abenteuer bei dem Lauer au, wo er durch vveihuug mit seinem
Mjollnir die verspeisten bocke wider auferstehen lief?, einer aber
hinkte, sodass der gott das gespann bei dem bauer zurücklassen
niuste (Sn. E. i 14211). daher liegt in den Worten der versteckte
Vorwurf: 'warum erscheinst du denn heute nicht als Oku|jürr,
wie gewöhnlich, wenn du aus dem riesenlande zurückkehrst (Hy-
miskv. 35 fl')? dann könntest du doch deinen weg durch die luft
nehmen!' der doppelsinn in hafrar war in der deutschen Über-
setzung nicht kenntlich zu machen, über die hinzugefügte lüge
vgl. s. 229. Thörr, der Härbards worte auch als lüge nimmt,
meint: es wäre nicht hübsch von ihm, ein so schmerzliches er-
eignis so leichtfertig zu fingieren (vgl. v. 26,3 f). er hverjnm pikkir
inest at vita hat man bisher allgemein übersetzt: 'was jedem deucht
das traurigste, drückendste zu wissen', was kaum sprachlich zu
rechtfertigen ist: schon um den vers herzustellen (s. 259) habe
ich vita angesetzt, das zwar in den alten liedern sonst nicht be-
legt ist, aber durch ahd. wizan (Grad [ 1114 fj vgl. got. idveitjan,
ags. vitan gestützt wird.i z. 3 besagt also: 'was jedem am meisten
zu tadelu scheint' und ist so wol vorbild zu dem s. 245 berührten
Zusatz (Bugge v. 49, 2) geworden.
V. 3. über peygi vgl. Liliencron s. 182. ganz deutlich ist
in der aus dem komischen trugschlusse (s. 230) resultierenden
bitteren bemerkung Odins: 'Thörr scheine nicht drei gute guter
zu besitzen', auf die Verpfändung der odulgüter (s. 232 f) an-
gespielt, der spott über Thors angebliche armut würkt aber um
so ergetzlicher, als er ganz wie eine travestie von Grimnism. 24
klingt, wo Odinn selbst den palast seines sohnes Thörr, Bilskirnir,
preist, der 500 gemacher habe und das gröste aller ihm bekannten
götterhäuser sei.
V. 4. über die Herstellung der visa vgl. s. 261 f. Idennimenn,
sonst hlennar, hat auch hier wol die nebenbedeutung von feig-
ling (v. 26) vgl. Egilsson s. 353*^. hrosspjöfr aber ist doppelt
verletzend für Thor, weil das wort als name seiner totfeinde,
der jöten, figuriert (Hyndlul. 32), und 'rossdieb' zugleich eine an-
spielung auf seine rossbedürftigkeit ist. man erinnere sich dass
er als der göttliche 'water' (s. 22S) kein ross besafs (vgl. Grim-
nism. 29 f). hier aber, wo das 'waten' durch den gegner un-
1 vgl. auch Rasks conjectur zu Volundarkv. 37, 4: ne ek pik vilja,
Folundr, verr um vita.
274 DAS HARBARDSLJÖD
möglich gemacht wurde, auch das bockgespann fehlte, hätte er
ein ross wol gebrauchen , leicht zum rossdieb werden können.
V. 5. hier wie schon v. 3 überiiört Thörr gutmütig den
spott, um hinüber zu kommen, obwol er im lande seiner schlimm-
sten feinde, also vogelfrei ist (Liliencron s. 183), hofft er nun
durch die emphatische nennung seines namens zu erreichen, was
die anbielung des fährgeldes nicht bewürkt hat.
V. 6. die namensnennung gibt aber gerade gelegenheit zu
noch stärkerem spotte Härbarcts. wenn dieser meint: 'meinen
namen hehle ich selten', so ist das wider ganz deutlich eine pa-
rodie auf Odins sonstiges verfahren in dieser hinsieht. Grim-
nism. 48 erklärt er gerade im gegenteil: 'mit einem namen
nannte ich mich niemals, wenn ich unter die leute kam', auf
Thors harmlose bemerkung: 'warum solltest du dich nicht nennen,
da du nicht vogelfrei bist?' (nema sakar e/^?'r vgl. Vigfüsson s.620^),
entgegnet Härbardr: 'vor einem kerl wie du werde ich auch
dann noch mein leben zu schützen wissen', zu feigr (z. 4) vgl.
Skirnisf. 12.^ diese grobe provocation hat denn endlich den
ersten wutausbruch des bäuerlich-phlegmatischen Thörr zur folge:
damit beginnt aber die eigentliche senna, und somit markiert
V. 6 einen abschnitt des liedes.
Im zweiten teile (v. 7 — 12) erfährt man dass es Thor in
der tat unmöglich ist, herüberzukommen, in dem mit v. 8 be-
ginnenden 'mannjafnadr' zeigt sich Odinn sofort in seiner ganzen
gröfse, und auch Thörr spielt unvorsichtiger weise sofort in der
erwähnung der siege über Hrungnir und Thiazi seine höchsten
trumpfe aus.
V. 7. dass Thörr in der tat nicht hinüber kann, blickt
deutlich durch seine worte hindurch : er drückt es aber verblümt
aus, indem er meint, es wäre unbequem hinüber zu waten, da
er seinen 'hammer' hoch emporhalten müste. die erwähnung
Hrungnis führt zum beginn der tatenaufzählungen. dass dieses
abenteuer Thors eines der schwierigsten und für die götterweit
bedeutsamsten war, zeigt die erzählung Sn. E. i 270 — 278. dass
es durchaus eines der bekannteren (s. 229) war, beweisen die
kenningar Hrungnis vegandi, haussprengir für Thor, noch mehr
Hrungnis bani (Lokas. 61. 63) für den Mjollnir, sowie auch die
Haustlong des skalden Thiodolf von Hvin (Sn. E. i 278 ff), wollte
' vgl. auch H. Hund. i20, 4: riema ek dau(tr sjäk.
l
DAS HARBARDSLJÖD 275
man in z. 4 den auftacl nicht dulden (s. 260), konnte man nach
H. Hjorv. 42, 6 (at lidinn fylki) schreiben : at lidinn Hrnngni,
auch Hrnngni^at daiidan wäre möglich, zu der phrase vgl. auch
Gudrünarkv. ii 25. 37.
V. 8. deila elliptisch für deila vig Lokas. 22 ; mit gleicher el-
lipse steht einfaches deila Sigrdrifum. 24 für ordum deila H. Hund.
II 23. der satz hofud vas ör steini steht parenthetisch wie til
bj'drgs gengu 14, 2 und skordat hafdak 22, 2, wo ebenfalls Thörr
spricht, dem bäuerlichen gotte steht die hastige abrupte aus-
drucksweise im zorn wol an (vgl, s. 258. 262). nach Sn. E. i 274
war auch Hrungnis herz und schild von stein.
V. 9. über sie vgl. s. 241 f. wenn die erde eine 'insel All-
grün' genannt wird, so erwäge man dass nach norwegischer Vor-
stellung der im meere liegende Jormungandr die erde rings um-
gab, ferner dass auf inseln vorwiegend Zweikämpfe stall fanden
(vgl. hölmganga f. Vigfüsson 280''). zur erklärung der fimm vetr
braucht man die weitschweiöge erörterung Bergmanns (s. 134 ff)
nicht: es ist einfach eine epische formel, vgl. Oddriinargrätr
6, 14, zur bezeichnung eines längeren Zeitabschnittes wie das
lateinische 'lustrum'. zur formelhaften ausdrucksweise in z. 3
vgl. Sigurdarkv. iii 37, 3.4, auch Rigl^. 37, 11, wo als charac-
terislik des jarls gesagt wird: val nam at fella.
V. 10. vgl. s. 254. Mims synir leika (Vi>4usp. R 45) ist eine
etwas andere bildliche characteristik der ewig wogenden meeres-
wellen. die zweimalige Streichung von konnr (z. 1. 2), die sich
aus metrischen gründen empfahl (s. 261), ist um so unbedenk-
licher, als auch in der ähnlichen visa 30 nur von 'einer ge-
wissen', von 'der leinweifsen' und von 'der goldglänzenden' ge-
sprochen wird.
V. 11 ist bereits s. 254 — 256 ausführlich erklärt, das pro-
nomen ek wird man in z. 2 ebenso wie v. 5, 1. v. 15, 1. v. 19, 2
getrost entbehren können: an allen vier stellen steht ek zwei-
oder dreimal kurz vorher oder nachher, wie Odinn in v. 9 sich
seiner kriegstätigkeit rühmt, wodurch er den für die menschheit
notwendigen kämpf ums dasein eröffnet (vgl. Voluspä R 25), so
legt er durch seine zeugung des Heimdallr den grund zu einer
gedeihlichen entwickelung des menschengeschlechtes. * zu vid
• die idee der Rigjjula, dass Heimdallr als Rigr der begründer des stände-
wesens sei, ist kaum von dem dichter rein erfunden: vielmehr scheint sie
276 DAS HARBARDSLJÖD
scevar prom vgl. auch das liedfragmeot vod der Skadi (Su. E. i 94),
wo diese klagt dass sie nicht schlafen könne scsvar bedjnm d,
in litoribus maritimis.
V. 12. dagegen kann nun Thörr nur den Thiazi ins teld
führen und hat damit seine gröste tat genannt, denn dass Thiazi
ein noch gefährlicherer gegner als Hrungoir war, sagt auch der
Grottasongr (v. 9). nach dem, was wir s. 236 ff sagten, wird
man jetzt die abweichung unseres liedes von dem bericht der
Suorra Edda (vgl. s. 240) nicht mehr als eine würkliche discre-
panz der sage betrachten, die s. 237 vermuteten Härbardsmal
legten die überlieferte visa (von z. 3 ab) dem Odin bei und standen
dabei völlig auf demselben boden wie die Sn. Edda (i214): auch
der name wird dort wie in dem cod. ü der Sn. E. Audvaldi ge-
lautet haben, unser dichter beutete aber die visa komisch aus
und legte die worle dem Thor in den mund, sodass dieser also
in seinem eifer nicht nur behauptet, den gegner erschlagen zu
haben, sondern auch die Versetzung seiner äugen unter die sterne,
ein werk Odins, für sich usurpiert, dabei verdrehte er den
namen des jöteu komisch in Allvaldi (allmächtig), um seinen sieg
desto gröfser erscheinen zu lassen. Thörr hat sich durch nen-
nung seiner beiden gröslen taten weidlich als (\er prndvaldr goda
legitimiert, zugleich aber sein pulver verschossen, sodass alles
spätere nicht mehr einen gleichen eindruck machen kann.
Im dritten teil (v. 13 — 18) zeigt nun Härbardr-Odinn, warum
Thörr nicht über den sund kann: er definiert ihren unterschied,
aber auch dass derselbe kein principieller ist. damit ist der
höhepunct des dramas erreicht und die lösung angedeutet.
V. 13. über die besserung vgl. Zs. 30, 139 und s. 251.
der riese Hlebardr, eine personification des urwaldes (axiago-
y.ofxog vltj), hat dem Härbard in seiner torheit den gambanteinn
überliefert; dieser hat ihn mit runen beritzt und damit riesische
nachtweiber bezaubert (vgl. Skirnisf. 32 ff und iMüllenhoff Runenl.
s. 57). über das votegov ngöregov vgl. Müllenhoff DA s. 90. 95 ff:
gaf hat plusquamperfectbedeutung. die besserung orvüi ist sehr
leicht (vgl. Lokas. 21. 47. H. Hundb. ii 34). die niyrkridur (z. 1)
sind wol mit den kveldridur in der Hrimgerdssenna (H. Hjorv.
eine zeitgemäfse modification (s. 230 f) des alten gedankens, dass Heini-
dallr (der lieimfrohe, ursprüngiicli eine tiypostase des alten tiimmclsgottes
Zs. 30, 246) der begründer des menscliengeschlectites sei (Voluspä 1).
DAS HARBARDSLJÖD 277
15,6) identisch: der name 'dunkel- oder abendreiterinnen' deutet
auf nachtgespenster, in den Havamäl lieifsen sie tunridur. auch
dort (v. 155) rühmt sich ein Pseudo-Ödinn seiner Übermacht
über sie: 'er will die in der luft spielenden zwingen, ihre an-
genommene gestalt abzulegen ! '
V. 14. Thörr, der mit seinen haupttaten fertig ist, erzählt
nur noch von riesenkämpfen schlechthin, zuerst mit jötinnen,
dann mit jöten. beidemal beginnt er emphatisch: ek var austr
(vgl. V. 18). der kehrvers wird aber bei der hitzigkeit des Streites
ganz vergessen, bei den holvisnr jotna hrüdir könnte man etwa
an Geirrods töchter Greip und Gjälp denken (Sn. E. i 288, 1),
aber auf ein bestimmtes abenteuer ist nicht angespielt (vgl.
s. 229).
V. 15. über sie ist bereits s. 220. 231 ff ausführlicher ge-
sprochen : nur ist noch anzumerken dass die werte aldri scßttak,
naq' vuövoiav für aldir scettak, wider eine travestie von Vaf|)r. 41
zu sein scheinen, wo es heifsl: allir einherjar Odins tünum i
hüggvask hverjati dag: valpeirkjösa ok rida vigi frä, sitja meirr
um sdttir saman. auch der Pseudo-Ödinn des Ljödatal rühmt
sich doch der doppelkuust, krieg schnell zu erwecken und wider
beizulegen (v. 156. 153: hvars hatr vex med hUdings soimm, pat
md ek bcela brdtt). ^
V. 16. er (nur particula expletiva Egilsson s. 138'') ist hier
als entbehrlich gestrichen; über skipta lidi vgl. Vigfüsson 549^,
über vilgi in der bedeutung 'sehr' Egilsson 880\ der hypothe-
tische salz (z. 2) macht sich natürlich von Alfodr-Odin ausge-
sagt höchst komisch, das hugbleydi z. 4 ist wol durch v, 26, 4
hier veranlasst, das handschuhabenteuer, das einzige, in dem
Thörr gegen riesen den kürzeren zog, ist natürlich seine Achilles-
ferse, der spott darüber veranlasst den zweiten wutausbruch.
V. 17. hier gesteht nun Thörr zuerst seine Unfähigkeit ein,
über den sund zu waten: der interpolator von 13, 4 — 6 hat dies
geständnis dort unpassend vorweggenommen und schleppt es
v. 33, 1 noch einmal nach (vgl. s. 242 f). Härbardr meint, Thors
Worte (v. 7) parodierend, es verlohne sich ja auch gar nicht der
* der von Liliencron s, 196 berührte glaube, dass die kai'lar, die freien
waffenfähigen bauern, zu Thor nach dem tode kamen wie A\e j'arlar und
die kriegsleute überhaupt zu Öttin, darf aus der ursprünglichen Ijödahatt-
visuhelming (s. 237) wol geschlossen werden. Heiheim bliebe dann für die
wafTenunfähigen und die irgendwie nicht intacten.
278 DAS HARBAUDSLJÖD
mühe herüberzukommeo, da keine slreitigkeiteu da wären, sakir
o^alls migar heilst aber zugleich: 'du hast keine schuld' (vgl.
V. 5: sehr, v. 6: sakar eigir): es ist also eine versleckte Verhöh-
nung von Thürs vogelfreiheit. über die bedeutung der visa vgl.
s. 226. 230.
V. 18. s. v. 14. d (z. 1) ist natürlich der Ifingfluss (s. 272),
Svdrangr aber (Schwerenöter) ist eine bildung wie Fitjungr (Fett-
ling) Häv. 78 oder wie Starkadr , Störverks soiir (Müllenhoff DA
5, 301). zu z. 3 gagni litt fegnir vgl. Fäfnism. 25, 2: gagni feginn.
mit dieser visa ist nun der arme gehetzte Thörr, dem das reden
nicht so leicht wird wie dem gewandten Ilärbaid, auch mit
seinen austrfarar (Lokas. 60) zu ende, und damit ein neuer ab-
schnitt des liedes vorbereitet.
Im vierten teile spielt Odins humor immer unverwüstlicher:
er parodiert den armen 'kraftwalter der götter' so zu sagen fast
zu tode, während dessen 'maunjafnattr' allmählich aus mangel an
Stoff im sande verläuft (v. 19 — 24).
V. 19. mit dem persifflierenden ek var auslr wird dieser
teil passend eingeführt, über die bedeutung der visa ist bereits
s. 221 f das nötige gesagt, noch hingedeutet muss aber werden
auf den überaus launigen ton derselben, mit grofsem glück wird
in ihr, worauf merkwürdiger weise noch nirgend hingewiesen
ist, die redefigur ncc(j^ vnovoiav, die ja auch den römischen
und griechischen komikeru reichlich zu geböte steht, angewandt.
Ödinn beginnt: ich sprach (dixmdak) — man erwartet vid ein-
herja^ (vgl. Grimnism. 8), was auch cod. A (einher ju) voraussetzt
er fährt aber fort: vid einhverja (cum quadam puella), was wir
in der Übersetzung, freilich nicht sprachlich genau, mit 'einer
hehren' widergegeben haben, weiter sagt Härbardr: lek — man
erwartete geiri (vgl. Fäfnism. 15. Gudrünarkv. ii 15 und geirleikr,
hj'orleikr, eggleikr Egilsson s. 507^)^, 'ich spielte mit dem Speere',
er aber meint nag^ vnövotav : Unhvitu dh. 'ich trog die leinweifse'
(s. 262). wenn mit hddak weiter fortgefahren wird, denkt jeder
von Odin long [nng, was cod. R auch würklich bietet, vielleicht
auch gunni (vgl. H. Hundb. ii 23. i 45. 52). Härbardr fährt aber
fort: launping, heimliche tinge, rendez-vous. endlich, wenn Odinn
1 oder einherjar (vgl. s.237), st. f. pl. nach Noreen § 294, = valkyrjur.
2 vgl. auch die Variante von R: lindhvttu die schildweifse, die auf
eine walküre deutet, und s. 237.
DAS HARBARDSLJÖD 279
begiuol: gladdak, so muss mau verniuleo — die raben oder die
adler (vgl. Fätiiism. 35. Sigurdarkv. ii 18: er hugin gladdak und
H. Hiindb. i 45. h23: ok glada ornuj dh. 'ich lötete feinde',
er aber scherzt 7€uq' vnövoiav weiter gullbjartu, worin auch
noch ein doppelsinu hegeu kauu, wenn man an die goidglänzende
Valholl (Grimnism. 8) denkt.
V. 20. Thörr empfindet behagen an Härbaids galanten
abenteuern (Lilieucrou s. 184): 'ihr beide hattet gute mädchen-
bekanutschalten' — ich schliefse mich in der Schreibung Hilde-
brand (Edda s. 49) an — sagt er mit bezug auf v. 8. Odinn
aber meint ironisch, bei eiuem abeuteuer wie mit ßilliugs maid
(s. 222), wo nur list und diese kauui half, da hätte er den
plumpen Thor gut brauchen können !
V. 21. auf Odins provocierende frage will nun Thörr wider
mit der alten leier anfangen: er bringt den bekannten kämpf
mit berserkerbräuten als etwas neues vor. Härbardr aber, der
des trockenen tones jetzt satt ist, reagiert auf die triumphierende
frage des gegners (z. 3) gar nicht, sondern meint scherzend: wie
kann man aber so ungalaut sein, auf weiber zu schlagen!
V. 22. höchst ergelzlich ist es dass Thörr diesen Vorwurf
nicht will auf sich sitzen lassen und ganz gegen seine natur so-
phistisch sich zu rechtfertigen sucht, er meint, die riesinnen
seien eigentlich 'Wölfinnen' gewesen, gedacht sind riesische meer-
weiber, welche das feslgeankerte schuf zerschellen, wie Hrimgerds
mutter (H. Hjorv. 12 — 30). dass sie auch tierische gestall au-
uahmen, zeigt die erzählung von den beiden seidkomir, die der
zauberkundige Helgi dem meerfahrenden Fritbjof nachsendet (FAS
II 72 ff). Hlesey bedeutet hier einfach 'insula oceani' (von Hier
= CEgir, Gymir Sn. E. i 206 und ey); zu der dalivform vgl. i ey
ßeirri v. 8.
V. 23 ist nach lilgung des Zusatzes (s. 241 fj wol versländ-
lich. Härbardr geht wie schon v. 21 auf den 'mannjafnadr' nicht
mehr ein, sondern meint: 'er werde Thor den kriegsschaden,
den er ihm, dem bauern, zugefügt, mit der üblichen strafe büfsen,
wenn sie sich einem Schiedsrichter unterwerfen wollten', damit
hat es durchaus seine richligkeit (s. 226). Thörr aber, dem Odinn
noch v. 15 gesagt hat: attak jofrnm, aldri scBttak, muss das
natürlich als höhn fassen, die s. 235 als notwendig erkannte
emendation: herjiim — gordusk ist sehr leicht: Odinn hat, wie
280 DAS HÄKBARDSLJ6D
so oft, zwischen zwei beeren Unfrieden gestiftet, minn (z. 4) hat
hier die bedeutung eines fut. exacti: 'wie es Schiedsrichter werden
bestimmt haben', den doppelsinn, der in munda baugr liegen
könnte, nämlich fjorhaugr (RA 736) und 'clipeus' (Sn. E. i 572),
welchen Bergmann (s. 169) urgiert, halte ich nach dem gesagten
mit Liliencron (s. 187) für unnötig (s. 240).
V. 24. sie ist s. 252 — 254 ausführlich besprochen ; hinzu-
fügen will ich hier nur dass auch der ausdruck i skögnm bua
(z. 4) wider eine versteckte hindeutung auf den armen vogelfreien
Thor enthält (vgl. v. 5. 6. 17. s. 278). hier wie v. 17 (sah'r' o'
alls engar) wird durch tilgung des auftactes (s. 260) passender
paratactische construction gewonnen: 'niemals hörte ich schnei-
dendere Worte'. Tliörr versteht jetzt dass der gegner ihn nur
noch ironisiert, daher folgt der dritte Zornesausbruch (vgl. v.7. 17).
damit ist aber die eigentliche senna (s. 274) abgeschlossen.
Im fünften und letzten teile des gedichtes versucht Thörr
noch einmal alle mittel, die ihm im ersten teil fehlschlugen, um
hinüberzukommen, um schliefslich mit einem fluche zu scheiden,
dieser schlussteil ist dem ersten fast ganz parallel gebaut (v. 25
bis 30).
V. 25. mit einer fürchterlichen drohung setzt die visa ein.
die von uns vermuteten conjunclive rivclak und hlytir (s. 263)
sind, da nach v. 17 (s. 277 fj eine würkliche handlung nicht ge-
dacht werden kann, höchst passend: 'interficiam te, si mihi flumen
transire placeat: te sicut hipum clamaturum puto, si maleum tibi
inflixerim'. zum zweiten verb vgl. f*rymskv. 32, 5.7: hon Maut
hogg hamars. Thörr leistet hier in unfreiwilligem humor (s. 227 f)
das höchste, er parodiert, ohne sich dessen bewust zu sein!
man beachte nämlich die für uns in der Übersetzung nicht wol
kenntlich zu machende doppelsinnigkeit von oepa. das verbum
bedeutet einmal wie das h'äufigere pjöta (Sigurdarkv. ii 22): heulen
(vom wolfe), dann aber auch 'flere, lamentari', wie ahd. wuofan
(Graff I 780), ags, vepan. in dieser bedeutung wird das wort in
dem allen schönen Rünatal von dem tiefsten schmerze des sich
selbst opfernden höchsten gottes gesagt (Häv. 139). nam ek npp
rünar, sagt er dort von sich, oepandi nam. klingt unsere Strophe
nicht wider wie eine parodie dieses liedes, wenn hier das oepa
des gottes so drastisch-komisch motiviert wird !
V. 26 folgt ganz parallel der v. 2 die lüge von Sifs buhl-
DAS HARBARDSLJÖD 281
Schaft (s. 222). auch Thors jedesmahge antwort ist dieselbe
(s. 273). anspielend auf ärlignm verkum (v. 2, 1) meint Härbardr,
hier könne Thörr einmal sein kraftasentum beweisen, grofstaten
vollführen (ßrek drygja vgl. Sn. E. i 256, 3, 2).
V. 27. das schwanken der hss. (mik R , fjik A) scheint
darauf zu deuten dass e'mf ache& hyggk das ursprüngliche ist, das
schon das metrum erheischte (s. 260). dann liegt ein beabsich-
tigter doppelsinn darin : wahr glaube 'ich' oder 'du' zu sprechen :
Härbardr würde dann also auch die zweite lüge verblümt zugeben
(vgl. s. 227).
V. 28. hier (z. 4) wie v. 29, 1 (s. 244) sind farar. fara
acc. und gen. plur. v. for. auf Härbards höhn , dass Asathörr
einem fergeu weichen müsse, erfolgt ganz parallel v. 3 und 5 die
letzte bitte um überfahrt, aber mit der Vorbemerkung: rdd munk
räda, als ob jetzt etwas ganz neues komme, wider nennt er
sich emphatisch 'Magnis vater', obwol das schon v. 5 nichts ge-
fruchtet hat. wenn er sagt liitt fodnr Magna, so heifst das nicht
'hole den vater Magnis', wie Liliencrou (s. 188) übersetzt, auch
nicht: 'sonst triffst du Magnis vater' (Bergmann s. 106), sondern
'finde, triff mich', Thors stil gemäfs (s. 275) kurz paratactisch
gesagt für 'damit es dir vergönnt ist Thor zu treffen', daher
übersetzen wir: 'du findest auch Magnis vater' (s. 272). ergetzlich
ist es auch, wenn er z. 4 sagt: 'lassen wir ab von derdrohung',
während doch nur er selbst gedroht hat.
V. 29. über den sinn vgl. s. 226. zu dem ausgeschiedenen
hitta (s. 262) vgl. den ganz analogen einschub (Bugge v. 20, 7) :
enn ek velta (s. 251). Fjorgynjar burr heifst Thörr Voluspä R 53.
durch angäbe des weges weigert Härbardr in milderer form
die fahrt.
V. 30. nachdem Thors letzter rührender appell an Härbards
gefälligkeit endgiltig gescheitert und die überfahrt stricte geweigert
ist, folgt Thors schlussfluch und schliefst höchst würksam das
ganze ab (vgl. s. 228. 244. 256 — 258). als fortsetzung muss
man sich denken dass Thörr am fluss entlang geht und erst in
später nacht in Asgard eintrifft, wo ihn sein vater Odinn empfängt
und aufklärt: vielleicht wurde auch dies noch in einer der ein-
leitenden prosa ähnlichen prosabemerkung kurz hinzugefügt.
Nachdem wir das gedieht nun auch bis ins einzelne erläutert,
nehmen wir in der hoffnung von ihm abschied, erwiesen zu
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 19
282 DAS HÄRBARDSLJÖD
haben, dass es von Müllenhoff (DA 5, 296), der mit lob karg
war, mit recht 'ein wundersames lied' genannt wurde.
Berlin, den 31 august 1886. FELIX INIEDNER.
HILDEBURG UND ORTRUN.
In seiner Kudrun bemerkt Müllenhoff s. 99 : 'nur bei Unter-
suchung der sage selbst kann die frage völliger beantwortet
werden, in welchem Verhältnis die mitleidige Ortrun und die
mitdienende Hildeburg zu einander stehen und welcher von beiden
gröfseres alter zukomme', er bringt die normannische königs-
tochter und die gefährtin der Kudrun in engen Zusammenhang,
weil in der Klage 1107 eine Hildeburg auftritt, die als tochter
eines mächtigen fiirsten bezeichnet wird und als gebürtig aus der
Normandie, und noch genauer Bit. 6451 ff die durch Herbort von
Dänemark geraubte Hildeburg eine tochter des königs Ludwig
von Ormanie riche und Schwester des Hartmut heifst. aber auch
von anderer seite her erregt das Verhältnis der Kudrun zu Ortrun,
wie es in unserem mhd. epos geschildert ist, bedenken.
Beim zweiten versuche, Kudrun und die mit ihr geraubten
frauen aus der gewalt der Normannen zu befreien, sollte aller
erwartung nach Herwig als Verlobter oder gemahl der Kudrun
die hauptrolle spielen, namentlich mit seinem nebenbuhler Hart-
mut kämpfen und ihn wenn nicht töten, so doch wenigstens per-
sönlich besiegen und empfindlich strafen, statt dessen erlegt er
den minder schuldigen Ludwig und überlässt den kämpf mit Hart-
mut seinem genossen Wate, der den entführer aber auch nicht
erschlägt, sondern nur in lebensgefahr bringt, denn Hartmuts
Schwester Ortrun bittet die Kudrun, ihren bruder zu retten, und
diese willfährt ihr, bedient sich dazu sogar des Herwig.
Woher diese unerwartete anordnung der kämpfer? weshalb
steht nicht Herwig dem Hartmut gegenüber? — Scherer in
der LG s. 140 sieht darin eine besondere feinheit: 'aber die
beiden nebenbuhler treffen nicht feindlich zusammen; vielmehr
wird Herwig Hartmuts retter. wie hoch hat der dichter den
erwählten Gudruns durch diesen einen zug gehoben , den er ganz
schlicht, ohne viel aufhebens davon zu machen, hinstellt I um wie
viel höher, als wenn er ihn den gegner wütend suchen und be-
I
HILDEßURG ÜIND ORTRUN 283
siegen liefse I' imd dennoch wäre es nur der poetischen gerechtig-
keit und dem natUrhchen verlangen jedes horers und lesers ent-
sprechend, wenn dieser ausgang einträte, bleibt er aus, so
muss die überraschende Verschiebung der kämplerpare so lange
nicht wie kunst, sondern wie eine ausgeklügelte, unwahre kün-
stele! des dichters erscheinen als er sie nicht motiviert, an
solcher begründung und erklärung aber fehlt es für die trennung
von Herwig und Hartmut ganz, während die motivierung von
Kudruns eingreifen nicht genügt.
Es wäre denkbar dass Kudruu in der freude über die sichere
erlösung ihrer leiden vergäfse und gutherzig ihren entführer ret-
tete, zumal sie nach str. 620 ff schon in der heimat nicht un-
empfindlich gegen ihn gewesen sein soll, allein diese Strophen
sind interpoliert und ebenso 1471 — 77. ihnen zu folge hat Ger-
lind, als der kämpf vor Ludwigs bürg tobt, einen mann auf-
gestachelt, die Kudrun und ihre leidensgefährtinnen zu erschlagen,
doch verhindert es Hartmut in wunderlicher weise aus der ferne,
gerade um Kudruns Verpflichtung gegen ihn — und nebenbei die
schuld der Gerlind — zu erhöhen ist diese episode eingeschoben
worden , wie daraus klar ersichtlich ist dass unmittelbar darauf
1 478 Ortrun mit ihrer bitte, den Hartmut zu retten, sich naht, sonst
kann man zu gunslen Hartmuls nur anführen dass er sich mafs-
voll gegen Kudrun benommen und Gerlinds quälereien derselben
nicht angeordnet, sondern gemisbilligt hat. allein ist damit sein
durch die enlführung hervorgerufenes indirectes verschulden der
langen dienstbarkeit und der frauenraub selbst gesühnt? und
was hat Ortrun getan, das so schwer wöge, dass dadurch die
Versündigung des bruders getilgt und Kudruns verzeihen be-
greiflich werden könnte? sie begründet ihr verlangen nur mit
dem hinweis darauf, dass keiner von allen in Normandie befind-
lichen sie beklagt habe und dass sie ihre einzige freundin ge-
wesen sei, welche bei jeder mishandlung um sie weinte (1481).
von einem tätigen eingreifen der Ortrun zu gunsten Kudruns ist
aber nirgends die rede und ihr tatenloses mitleid allein konnte
die geplagte königstochter schwerlich so hoch befriedigen und
verpflichten, die einzige, welche unter eigener aufopferung ihr
mitleid bezeigte und gemeinsam mit Kudrun duldete, war Hilde-
burg, sie erklärt sich 1061 ff bereit, mit Kudrun am strande zu
waschen , und erfüllt ihr anerbieten.
19*
284 HILDEBURG UiND ORTRüN
Wer ist nun diese Hiltleburg? nach den iuterpolationen die-
selbe, welche der kleine Hagen in der höhle mit zwei anderen
Jungfrauen fand, als der greif ihn entführt hatte, sie wird 119
als tochter des königs von Portugal bezeichnet und heifst 1009
von Galitzen latit, wobei hinzugefügt wird
die hete ir ungelücke von Portegäle gesant,
sodass Galizien als ein teil Portugals betrachtet ist. mit Hagen
geht sie nach Irland, mit Hilde von dort nach Hegelingen, mit
Rudrun nach der Normandie und conserviert sich trotz ihrem
langen leben und mancherlei Schicksalen so gut, dass 1640 Hart-
mut aus eigenem antriebe sie sich zur gemahlin wählt und ihr
1642, 4 das epitheton schcene zubilligt, selbstverständlich kann
dies aber nicht der ursprüngliche lebenslauf der glücklichen
braut sein, vielmehr ist klar dass der dichter von Hagens ge-
schichte den namen nur aus der eigentlichen Kudrun entnommen
hat, um sein werk damit zu verknüpfen, eine Verbindung, welche
durch den einschub von 1009 dann noch mehr gefestigt wurde,
das wahre über die herkunft der Hildeburg lehren vielmehr Klage
und Biterolf,
In ersterer heifst es 1103 ff:
dar Jiom dnrch leide schonwe
Goldriin diu frouwe,
eines kiinges toliter her.
der icas geheizen Liudiger
1105 nnd saz ze Francrkhe.
dem het minnedidie
Reiche erzogen sin kint.
mit der juncfrowen sint
hörnen Hildebnrc und Herlint,
zweier riehen fnrsten kint.
Hildeburc diu schänden fri
was geborn von Normandi,
Herlint was von Kriechen.
Müllenhoff hat bereits in seiner Kudrun s. 99 ff die Goldrun für
identisch mit Kudrun erklärt und daran auch Zs. 12, 316 fest
gehalten, dagegen abgewiesen, aus Herlind einen anklang an Ger-
lind herauszuhören , noch weniger au Hergard. letzteres wäre
ganz bestimmt verfehlt, denn diese treulose untergebene Kudruns,
welche sich mit Ludwigs schenken vermählt hatte (1093. 1526),
HILDEBURG UND ORTRUiN 285
ist von den iaterpolatoreo lediglich als gegenstück zur getreuen
Hildeburg erfunden worden und jünger als die Klage, ob die
gleiclisetzung der Goldrun mit Kudrun berechtigt ist, mag nach
den darlegungen Richard Müllers in der Zs. 31, 90 ff zweifelhaft
erscheinen, indes möchte ich darauf hinweisen, dass in dem einen
Zeugnis (s. 91) neben Goldrun ein Ortwin auftritt, wobei freilich
etwaige Verwandtschaft dieser vergabteu leibeigenen und absicht-
liche namenwahl uuerweisbar bleibt, doch gleichviel — der beleg
einer Hildeburg von Normandie wird durch die auffassung der
Goldrun wenig berührt.
Mehr noch über Hildeburg von der Normandie gewährt der
Bit. 6451 ff. Herbort üz TenelatU sagt:
nu ist im doch wol gewizzen
wie ich von Ormanie reit
und wie min eilen da erstreit
des kütiic Ludewiges kint.
ja fuorte ich die maget sint
6465 üz Ormanie riche
vil gewalticliche,
da mich hiete bestdn
Hartmuot unde sine man
und Ludewic der vater sinA
6503 nennt er die entführte Hildeburgen die vil riehen.
Hier stimmen alle Verhältnisse zur Kudrun , nur dass Lud-
wigs tochter, Hartmuts Schwester nicht Ortrun, sondern Hildeburg
heifst. aber auch nach der Kudrun 1062 war Hildeburgs vater
ein gekröntes haupt, ein könig (si ist küneges kint. auch truoc
min vater kröne), und ich zweifle nicht dass Hildeburg, der mit
Hartmut allitterierende name, der echte und ältere für Ludwigs
tochter ist. denn bei dieser annähme lösen sich alle bedenken.
Wie mehrfach in mythen ein seinen verwandten ungleich-
artiges weibliches wesen von diesen sich lossagt und auf die
Seite der ihrer natur entsprechenden feinde jener tritt, so schlägt
sich Hildeburg — die ich aber durch diesen vergleich nicht zu
einer mythischen figur stempeln will — , empört über die grau-
samkeit ihrer mutter Gerhnd, auf Kudruns seile, Gerlind aber,
• ThiJrekssaga cap. 233 — 239 ed. Unger hat nur entfernte ähnlichkeit
mit dieser sage und erinnert eher an die Hildensage, doch vgl. MüUenhoff
Zs. 30, 234 f.
286 HILDEBURG UND ORTRUN
welche aufs äufserste gegen Kudrun erbost ist, lässt in der tat
ihre tochter mit der verhassten den rauhen dienst der Wäscherin
verrichten, dadurch wird die Scheidung zwischen ihr und den
eitern eine vollständige, sodass man keinen anstofs daran zu
nehmen braucht, dass die Normannin durch die vogelbotschaft
und die kundschafter mitwisserin des geheimnisses von der heran-
nahenden befreiung veird. nur ihrem bruder fühlt Hildeburg
sich noch verbunden , da er stets menschlich mit Kudrun ver-
fahren war, nur für sein leben bittet sie. und Kudrun hat alle
veranlassung, gegen eine so opfermutige freundin sich in hohem
mafse dankbar zu erweisen und sogar dem beizuspringen, welcher
der Urheber ihrer quälen ist. es darf zwischen den freundinnen
nicht dadurch eine schranke aufgerichtet werden, dass Kudruns
Verlobter Herwig mit Hildeburgs geliebtem bruder Hartmut kämpft
und etwa gar ihn erschlägt. Herwig muss sich mit der räche
an Ludwig begnügen und die bösartige Gerlind darf als zweites
Sühnopfer durch Wate fallen , weil eben das band zwischen tochter
und eitern zerrissen war.
Dieser harte zug im character der tochter gab aber auch
veranlassung, das überlieferte umzuwandeln, einer milderen zeit
schien die absage der Hildeburg unnatürlich, unglaublich dass
Gerlind ihr eigenes kind derartig erniedrigen und peinigen könne,
deshalb machte man aus Hildeburg eine untergebene der Kudrun,
wollte aber andererseits Gerlinds tochter nicht tilgen, so sehr
sie verblasste, und gab ihr einen anderen namen. weshalb Ortrun?
weil sie die freundin der Kudrun ist und mit Ortwin, Kudruns
bruder, vermählt wird, denn das factum dieser Vermählung
halte ich für einen echten bestandteil der geschichte, mag auch
die ursprüngliche darstellung desselben durch Überarbeitung zer-
stört sein. Kudrun hatte die Verpflichtung, der freundin, welche
um ihretwillen verwaist war, wider einen halt und schütz zu
geben: den Ortwin darf Hildeburg- Ortrun heiraten, da auf
ihm keine blulschuld gegen ihre familie lastet, zwar hat Ludwig
Ortwins vater Hetel erschlagen und Ortwin, sollte man deshalb
vermuten , wird ihn rächen ; allein Ludwig fällt durch Herwig,
weil sonst Ortwin unmöglich gemahl der Hildeburg-Ortrun hätte
werden können.
So dürfte alles fest und planmäfsig gefügt sein und sich
sowol die Verschiebung der vorauszusetzenden kämpferpare in
HILDEBÜRG UND ORTRUN 287
unserer Kudnm ohne Vorwurf für den dicluer erklären als auch
das geringe verdienst Ortruns um Kudrun. sie mag aus dem
richtigen gefiihl dieses mangels heraus noch olter von den erwei-
terern unnütz beschworen worden sein , als Müllenhoff annahm.
Berlin (1883) 10. 1. 87. MAX ROEDIGER.
MUSKATBLÜT.
Die nachfolgenden auszüge beweisen dass in den jähren 1453
und 1458 — also auch wol zwischen diesen jähren — ein Konrad
Muskatplüt im dienste des erzbischofs Dietrich von Mainz
(1434 — 1459, aus dem hause der Schenken zu Erbach) stand,
da er in derselben soldquittung mit den pfeifern und posauneru
des erzbischofs genannt wird, so darf mau ihn ebenfalls zu den
rausikern dieses reichsfürsten rechnen, vielleicht war er Sänger,
da die bezeichnung des instruments bei ihm fehlt, man hat es
wol schwerhch mit dem bekannten meistersänger selbst zu tun,
der um diese zeit höchstens noch als gnadensöldner gedacht
werden könnte, sondern mit einem seiner nachkommen, der
schluss aber, dass der meistersänger selbst gleichen Standes wie
sein hier begegnender nachkomme gewesen ist, dürfte nicht ge-
wagt erscheinen.
Vielleicht geben erzbischöfliche Urkunden oder rechnungen
im Würzburger archive noch weitere anhaltspuncte.
Erzbischöflich mainzisches ingrossaturbuch nr 62 im könig-
lichen kreisarchiv zu Würzburg, enthaltend Registrum Quietan-
ciarnrn temporibns Johannis de Nassau etc. fol. 161': Conradus
Muscatpluet 10 fl. Anno 1453. ib. fol. 209: Unruwe Heintz
und Veitin, pfyffer, Contz und Anthoni, basuner, und Chintz
Muscatplut, yglichem seins halben jarsolds uf oistern gefallen.
Anno 1458.
Dieser halbjährige sohl betrug nach anderen gleichzeitigen
eintragen für einen teil der darin genannten musiker je 10 fl.
Darmstadt im februar 1887.
GUSTAV FRHR SCHENK ZU SCHWEINSBERG.
SCHWAZER PARZIVALFRAGMENT.
Als ich in den letzten weihnachtsferien behufs meiner Studien
über fr. Elias von Cortona die bibliothek des franziscanerklosters
288 SCHWAZER PARZIVALFRAGMENT
zu Schwaz (Tirol) einer genaueren durchforschung unterzog, ent-
deckte ich in einer incunabel (Der beschlossen Gart des Rosen-
krätz Marie, Nürnberg Ulrich Pinter 1505, alte sign. M nr. 1)
als Vorsetzblätter fragmenle derselben Parcivalhs., von der pro f.
p. Gerold Bickel in dieser zs. (26, 157 /f. 28, 129 /fj zwei brück-
st ücke veröffentlicht hat. die von mir aufgefundenen sind hälften
ziceier verschiedener blätter der hs., welche in der iceise auseinander-
geschnitten worden waren, dass jedes fragment die spalten b und c
des betreffenden blattes enthält, die schrift ist gut erhalten und
zeigt, wie bereits p. GBickel bemerkte, die merkmale der ersten
Jahrzehnte des xiv jhs.
Was die spräche anbelangt, so hat ebenfalls p. GBickel schon
Zs. 26, 157/ die eigetitümlichkeiten derselben behandelt und auf ihre
bairisch-österreichische färbung hingewiesen, ich erwähne deshalb
hier nur dass i erhalten bleibt in sit 637, 18 und in tougenlichen
637, 28; dass ou bewahrt ist bis auf taugenleichn 636, 13; dass
iu (iv) nur in clariv 636, 18, div 636, 27. 637, 30 begegnet und
dass die vorsilbe ge in gosoten 486, 11 sm go wird.
Die tätigkeit eines späteren correctors ist auch in diesen frag-
menten sehr ersichtlich; so ändert er ae durch rasur des e in a,
bei einvaeltigeo 636, 7 ; ferner a in u, in begand 638, 1 ; ee in ae,
in leege 485, 18; e in o, in vremde 638, 28; ei durchgehends
in ai, ausgenommen bei ein (dagegen aine 636, 20. 638, 17), und
dort, ICO ei = i ist; o in a, durchgehends bei vrowen, auch wenn
es zusammengesetzt ist, zb. iiincvrowen; ferner in wo 485, 30,
und des reimes wegen auch fte« schowen 637, 12; ou durchgehends
in au, aufser bei taugenleichn 636, 13, das, wie bereits erwähnt,
von der ersten hand stammt; endlich uo in ue, namentlich durch
übergeschriebenes e; dagegen lässt er die ursprüngliche form in
grub 485,21, grub 485,24, wuschen 486,3, durchgehends bei
truc (ausgenommen tröc 486, 15), gewuc 636, 9, schuf 636, 22,
mul^ 636, 24 (dagegen müler 636, 10). — mit übergeschriebenem
e bezeichnet er auch den umlaut bei den dunklen vocalen, wenn
derselbe durch die Schreibung der ersten hand nicht ausgedrückt
erschien; doch geschieht das nur bei hosten 487, 20 und bei suzzen
638, 20. in den übrigen fällen lässt er die ursprüngliche form
bestehen, e ist auch dort übergeschrieben, wo i = ie ist; ferner
auch in sit 637, 18. anlautendes h ändert er in p, alisgenommen:
vmbekant 637, 20, baniere 638, 7.
SCHWAZER PARZIVALFRAGMENT
289
1"
485,14 ich vvaene dem ors dicke gaz
15 . e munsalvashe baz dane hie
dv noch ez ze vvirte nie
. omt der evv^ gern^ vvol pflege
ob er hy bereitez leege
. i gingen ouz vmb ir beiali
20 parzilal des furtes pflac
. er wirt grub in vvurzelein
daz must ir beste speise sein
. er wirt seiner orden niht v^gaz
swi vil er grub deheine er az
25 . er würze vor der none
an die stouden schone
. ine ers vnd suchte mere
durch di gotes ere
. anigen tac vngaz er ginc
30 do er v^miste wo sein speise
hinc
486, l Di zwen gesellen nicht v^droz
si gingen da der brüne vloz
si wuschen würz vnd j sout [lout
sein munt wart seile lachens
5 . twed . . sein^ hende
truc an einem gebende
truc parzifal eiwein loup
für daz ors vf ir ram schoup
gingen si wider zv den koln
10 man dorft in nicht mer speise
holn
dane was gosoten noch gebraten
» vnd ir kvchen vmberraten
^L parzifal mit sinne
durch getrewe minne
di er gen seinem vvirte truc 15
in douchte er het baz genuc
däne do sein pflac gvrnamäz
vnd do so manic vrowe glänz
ze munsalvashe für in ginc
da er Wirtschaft uor dem gral 20
enpfinc
der wirt mit trewen weise
sprach neve di speise
sol dir nicht v^schmahen
dvne fundest in allen gaben
deheinen wirt d^ dir gvnde baz 25
gvter Wirtschaft ane haz
parzifal sprach herre
gotes gruz mir verre
ob mich ie baz gezaeme
svves ich von wirte naeme 30
Swaz da was speise furgetr .... 487, l
beliben si da nach vnge-
twa . . .
daz enschadet in au den oug..
als mä vischigen banden gibt
ich wil für mich geheizeu 5
man moht mit mir beizen
waer ich für vederspil erkant
ich Schwünge gerne vö der han.
bei sulchen kropfeleinen
taet ich vliegen scheinen 10
wes spot ich der getrewen diet
mein alt vnfuge mir daz riet
486,1 Di] initiale D ziwi feil zerstört. 11 dane] ne vo?n cor-
rector durch rasur getilgt. 20 uor auf rasur geschrieben.
24 dvne] ne vom corr. getilgt. 487, 3 enschadet] en vom corr. getilgt.
5 für] u auf rasur geschrieben. 8 nach schwunge eine rasur im
umfange von drei buchstaben ; es dürfte ^iv gestanden haben, U spot]
das i au f rasur geschrieben ; nach demselben sind buchstabenreste ersicht-
lich: es dürfte spotte geheifsen haben.
290
SCHWAZER PARZIVALFRAGMENT
ir habt doch wol gehöret
waz in reichheit hat zestoret
15 warumbe si warn vreuden...
dicke kalt vnde selten warm
si dolten herzen rewe
nicht wand durch rechte trewe
an alle missewende
20 von der hosten hende
enpfingens vmb ir kvmb' soll
got was vnd wart in beide holt
si stunden vf vnd gingen dan
parzifal vnde der gute man
25 zdeni orse gen dem stalle
mit kranker vreude schalle
d' wirt zdem orse spch mir
ist leit
dein hvnger baerev arbeit
durch den satel der vf dir ligt
30 d^ amfortasses wapen pfligt
488, 1 Do si daz ors begingen
newe klag si da gevingen
parzifal zdem wirte sein [mein
sprach herre vnd lib^ oheim
5 getorst ichz euch vor schäm
gesag . . [kl ... .
mein vngelucke ich euch solde
daz v'kiset durch ew^ selbes
zucht
636,4 gen der herzoginne ir haz
5 . vs truc si mTne vnde haz
ouch het er sich gesundet baz
. en der einvaeltigen magt
di im ir kvmber hat geklagt
.and er ir nicht zvgewuc
10 daz in vnd si ein muler truc
.uch was beider vater lot
der meid er seine helfe bot
.enkegen si imtaugenleichn neic
daz er si trostes nicht v^sweic
.V was ouch zeit daz mä dar truc 15
tischlachen manigez weiz ge-
nuc
.nden bot vf den palas
da manic clariv vrowe was
. az het ein vnderscheit erkant
daz di ritter eine wandt 20
.eten sunder dort hin dan
daz sedel schuf her gawan
.er turkoite zv im saz
. . schois mit gawans mut^ az
.it der claren Seyven 25
mit der kvnigine Arniven
.z div herzoginne dar
seine swester beide wol gevar
.awau zozim sitzen liez
itwedrev tet als er si hiez 30
Mein kvust mir des halbes gibt 637, 1
ich bin sulchs kuchenmeisters
uiht
daz ich di speise kvnne sagen
di da mit zuht wart furgetragen
.em wirte vnd den vrowen gar 5
dinten meide wolgevar
anderhalp de ritten an ir wand
dinten manic sariant
.in vorhtleich zucht si des be-
twanc
daz der knappen deheiner d^anc 10
.it den iuncvrowen
man must si sund^ schowen
.i trugen speise od^ wein
636, 4 herzoginne] das letzte e auf rasur geschrieben. 6 gesundet]
t vom correclor in x abgeändert. 637, 1 Mein] initiale M zur hälfte
weggeschnitten.
!
SCHVVAZER PARZIVALFRAGMENT
291
15
sus musten si mit zuhten sein
i mohte da wol Wirtschaft ieiieo
ez was in selten ie geschehe .
den vrowen vnd der rittersch. . .
sit si klinshors kraft
mit seinen listen vber want
20 si waren einander vmbekan.
vnd besloz si doch ein porte
daz si zegegen worte
nie komen vrowen noch di m . .
de schuf mein her gawan
25 daz daz volk einander sach
dar an in libes vil geschac.
gawane was ouch übe gesch
doch must er tougenlicheu
se., .
an di claren herzogin
30 div twanc seins herzen sin
638, 1 Nv begand ouch seigen der . .
daz sein schein vil nach
ge...
vnd daz mä durch di wölke
des mä di naht zeboten lach
manige Sterne der balde ginc 5
wand er der naht herberg —
naht der naht baniere
kom si selbe schiere 8
alumbe vf den palas 11
di schiere wol gekerzet was
auf alle di tische sunder
truc mä kerzen dar ein wund . .
datzv di aventeure gibt 15
di herzoginne waere so licht
waer d^ kerzen eine braht
dane waere doch ninder bi ir
n...
ir blic wol selbe kvnde lagen
suz bort ich von der suzzen 20
sagen
man enwelle im vnrehte iehen
so habt ir selten e geschehen
deheinen wirt so vreuden reich
ez was den vreuden da geleich
alsus mit vreudebafter ger 25
di ritter dar di vrowen her
dicke aneinander blicten
di von der vremde erschricten
werdent si imm^ heimleich baz.
638, 17 f] in diesen verszeilen sind mehrfache rasuren vorhanden, so
nach waer d-; bei dane xourde ne getilgt; bei den beide?i ersten ist der
ursprüngliche text nicht mehr ersichtlich.
Innsbruck im jännerlSSl. FR. MAX STRAGAISZ 0. S. FR.
ZU BONER.
Auf ein leeres hlatt (137^) und zwar zwischen sernio 136 und
137 einer predigtenhs., die die Fuldaer landeshibliothek (Aa 110
fol., \5 Jh., papier) aufbewahrt, hat eine hand, der die geläufigen
abbreviaturen — und ^ unbekannt gewesen zu sein scheinen (vgl.
3. 11. 21. 24. 40), die 32 fabel aus dem Edelstein des Ulrich Dotier
in mitteldeutscher mundart eingetragen, ihr entstammen die folgen-
den lesarten ; wo dieselben sich mit denen anderer hss. berühren, habe
ich die von Pfeiffer gewählten siglen in klammern hinzugefügt.
292 ZU BONER
2 daz] er. 3 deme getheme (statt getemer). 4 flihen und
wosten nicht vvor. 6 bereitten sy ir beyne. 7. 8 fehlen. 9 do
quamen sy (Eab). 10 und erschreckten manchin frosch hart.
11 do. ubir wassz nicht. 12 sie vorchten ir krafft wurde in
b. 13 fluczen. 14 nü ist mir k. 15 andir (ABC). 16 habin
mich dy frasch. 18 küme] nicht. 19 vnd nicht vertzagt. 20 flyhe
so m. u. jagt. 21 vns. 22 der] daz. 23 an flucht solln wir
uns nicht übel gehan. 24 uns vorlarn habin esz. 25 si] und.
vast fehlt, dez (DEb) was. 26 alle wesen. 25 nach 26. 27 vor
torcht. 28 daz er (Ea) im daz selber. 29 den sal man in.
30 sal er. 31 j. und a. (ab) fr. und m. 32 esz in nicht.
35. 6 fehlen = D. 37 der] wer. gehan. 38 der m. ungemach
wol widerstan. 39 äne] in. 40 mag liber sey. 42 [sei] leip
(Da) und gut (D). 43. 4 fehlen.
PHILIPP STRAUCH.
OTFRIDS VORREDE AN LIUTBERT.
Lachmann bemerkt zu Iw. 4866: 'swederm einsilbig scheint
uns hart, weil wir nicht genug können, was schon Otfrid von
dem leser fordert, sytialyphae lenani et conlisionem lubrimm prae-
cavere.' er war also der ansieht, dass Olfrid diesen ausdruck
prägte, um dadurch eine eigentümlichkeit der deutschen syna-
loephe zu kennzeichnen, nur so konnte die stelle zur erklärung
von erscheinungen der deutschen metrik herangezogen werden,
es hält aber nicht schwer, nachzuweisen dass Otfrid in den theo-
retischen ausführungen der vorrede an Liutbert nicht nur die an-
schauungsweise der lateinischen grammatik herübernahm, sondern
sich auch ausschliefslich der terminologie und phraseologie der
damaligen schulgrammatiker bediente.
Im folgenden sollen zu jedem terminus und fast auch zu
jeder Wendung, die Olfrid in jenem teile seiner lateinischen vor-
rede gebraucht, wo er von synaloephe und reim handelt, beleg-
steilen aus Donat, Priscian und anderen doctores grammaticae
artis gegeben werden. Lachmanns Verwertung der genannten
Otfridstelle wird dann wol ebenso wenig zu halten sein, als
Erdmanns bemerkung zu Liutb. 69 (s. 328 seiner ausgäbe).
Dass Otfrid mit Donat und Priscian vertraut war, ist an sich
wahrscheinlich, doch ist es auch möglich dass seinen aus-
führungen eine abgeleitete quelle zu gründe Hegt; terminologie.
OTFRIDS VORREDE AN LlUTBERT 293
definitionen und anschauungsweisen erben sich fort von schul-
grammatik auf schulgrammalik und finden sich meist ganz ähn-
lich wider in den excerpten, wie sie Alcuin, Hrabanus Maurus ua.
speciell für den Unterricht zusammengestellt haben, das Excerp-
tum artis grammaticae von Hraban, Olfrids lehrer, bricht leider
vor den schlusscapiteln ab, in denen von metaplasmus und Schema
gehandelt zu werden pflegte, ich glaubte neben Donat hier und
da auch andere grammatiker der zeit heranziehen zu dürfen,
ohne rücksicht auf ihre abhängigkeit von diesem, es wird da-
durch die grofse Verbreitung des Wortlautes der grammatischen
ausführungen deutlich werden, mit einem und dem anderen von
Donats commentatoren mag Otfrid auch vertraut gewesen sein,
so werden wir zb. mit einem derselben unmittelbare bekanntschaft
voraussetzen dürfen und zwar mit dem damals viel gelesenen
Pompeius. ihn nennt Hrabanus Maurus, De arte gramm. Prise,
üb. n ed. Colvenerius 1, 4S'', und zu Weifsenburg wurde zur
zeit Otfrids oder vielleicht kurz vor ihm eine ausgezeichnete hs,
seines Commentum augeferligt, die sich heute in Wolfenbüttel
befindet und den vermerk trägt: Codex monasterü sanctorum petri
et pauli in vissenbnrg (s. Keil, Gramm, lat. 5, 83).
Erdmann z. 68 — 76: Patitur quoque metaplasmi fignram ni-
mium (non tarnen assidue), quam doctores grammaticae artis vocant
sinalipham (et hoc nisi legentes praevideant , rationis dicta defor-
mius sonant., literas interdum scriptione servatUes, interdnm vero
ebraicae linguae more vitantes, qnibus ipsas litteras ratione sina-
liphae in lineis, ut qnidam dicunt, -penitns amittere et transilire
moris habetur; non quo series scriptionis hujus metrica sit subti-
litate constricta, sed Schema omoeoteleuton assidue quaerit. —
Metaplasmi fignram] metaplasmus nannten die alten lateini-
schen grammatiker nicht das, was die heulige grammatik darunter
zu verstehen pflegt: die bildung eines casus oder tempus von
einem stamme, der für den nominativ oder das präsens nicht
belegt ist (dat. sing, dlxl von akxr'j sc. einem ungebräuchlichen
aA|j. sondern Donat 4, 395, 28 fT' definiert den metaplasmus
folgender mafsen: Metaplasmus est transformatio qnaedam recti
solutique sermonis in alteram speciem metri ornatusve causa, er
kennt 14 arten des metaplasmus, darunter auch diaeresis, episyn-
aliphe (synheresis geben einige hss.), synaliphe und ecthlipsis.
ganz ähnliches gibt Probus 4, 262, 19 und die gleiche auffassung
zeigt Priscian 2, 290, 20. — ebenso finden wir in Alcuins Gram-
matica (Migne, Patroi. lat. 101, 858) in dem abschnitte De syl-
laba folgende definilion : Metaplasmus est metrica licentia vel ne-
cessitate immutata regula locutionis. als metaplasmus gilt also
jede Umbildung der gewöhnlichen grammatischen form eines Wortes,
metri causa; er ist der nächste verwandte des barbarismus: ein
' ich eitlere nach Keil, Grammatici latini, wo nicht ausdrücklich anderes
vermerkt ist.
294 OTFRIDS VORREDE AN LIÜTBERT
metaplasmus in prosa wird zum barbarismus. diese auffassung
zeigt schon Quintilian, Inst. orat. ed. Halm 1,8,14; ebenso schreibt
Donat 4,392, 5 ff uam. — Otfrid nennt also ganz im sinne der
lat. grammatik die synaloephe eine figura metaplasmi. in der
Übersetzung ist hier der artikel vorzusetzen: sie duldet die figur
(oder abart) des metaplasmus häufig (jedoch nicht regelmäfsig),
welche die gelehrten grammaliker synaloephe nennen.
Vocant sinalipham] Donat und andere grammatiker unter-
scheiden gewöhnlich : episynaliphe (auch synaeresis und synek-
phonesis genannt), synaliphe und ecthlipsis, und zwar ist der unter-
schied meist der, dass episynaliphe die Verschmelzung zweier
vocale in 6iuem worte zu einem neuen vocale bezeichnet, so
wenn im verse Phaeton, Nerei zweisilbig oder aeripedeni vier-
silbig gelesen wird; synalipha die ausstofsung des auslautenden
vocals vor vocalanlaut, ecthlipsis aber die elision der auf m aus-
lautenden letzten silbe eines wortes bedeutet, alle drei sind arten,
figuren des metaplasmus.
Ratione synaliphae . . . trausilire] ein technischer ausdruck
für die auslassung der vocale in der synaloephe der lateinischen
verse s. Beda, De arte metrica, Migue 90, 154 C: . . . at cum
diphtongus a vocali alterius vocabiili excipitur , tum hanc per sy-
nalepham transiliendam esse dicebant und 165C: unde synalepha
Graece dicitur, quasi quodam saltu transmittens. — vgl. auch Con-
senlius 5, 401,4: synaliphe est, cum syllaba una aut ex una aut
ex duahus vocalibus sive cum m littera consistens velut super-
flua invenitur in versu et citra damnum vocis transsilitur und
so noch oft.
Schema omoeoteleuton] gerade so wie der metaplasmus der
poesie dem barbarismus der prosa entspricht, so entspricht das
Schema in der gebundenen rede dem soloecismus in der unge-
bundenen, der metaplasmus verändert die geslalt blofs 6ines
Wortes, das Schema betrifft stets die Stellung eines oder mehrerer
Worte zu den anderen, vgl. Donat 4, 393, 5 : soloecismus est Vi-
tium in contextu partium orationis contra regulam artis gramma-
ticae factum: inter soloecismum et barbarismum hoc interest, quod
soloecismus discrepantes aut inconsequentes in se dictiones habet,
barbarismus autem in singulis verbis fit usw. Pompeius, Comm.
in Don, 5, 289, 1 f: quid si (soloecismus) in poemate fiat? iam non
dicitur soloecismus sed dicitur schema. — Donat 4, 397, 8 nennt
als arten des schema neben dem parhomoeon (d. i. allitteration),
homoeoptoton ua. auch das homoeoteleuton und gibt folgende de-
finition desselben: homoeoteleuton est, cum simili modo dictiones
plurimae finiuntur.
Assidue quaerit] dies ist hier dem nimium (non tarnen assi-
due) von früher entgegengesetzt, der endreim wird beständig,
regelmäfsig am Schlüsse eines jeden verses von der series scrip-
noms verlangt; nicht aber tritt regelmäfsig dort, wo sich 2 vocale
OTFRIDS VORREDE AN LIUTBERT 295
begegnen , der metaplasmus der synaloephe ein. hiat ist ge-
stattet.
Erdmann z. 76 — 85: Aptam enim in hac lectione et priori
decentem et consimilem quaerunt verba in fine sonoritatem, et non
tantum per haue inter duas vocales, sed etiam inter alias literas
saepissime patitur conlisioneni sinaliphae; et hoc nisi fiat, extensio
sepius literarum inepte sonat dicta verborum. Quod in commnni
qnoque nostra locutione, si sollerter intendimns, nos agere nimium
invenimus. Quaerit enim linguae hujus ornatus et a legentibus
sinaliphae lenem (VP lenam) et conlisionem lubricam praecavere
et a dictantibus omoeoteleuton (id est consimilem verborum termi-
nationem) observare.
Conlisionem synaliphae und weiter unten synaliphae lenem
et conlisionem hibricam] conlisio und zwar lenis et lubrica conlisio
war der technische ausdruck oder besser die latinisierung des
griechischen wortes ovvaXoKpi'], so bei Donat und vielen anderen
grammatikern. in conlisionem synaliphae bestimmt der genetiv
sinaliphae den ausdruck conlisio näher, denn es gab zwei arten
der conlisio, die synaloephe und die ecthiipsis; das zweite mal
aber, in synaliphae lenem et conlisionem lubricam, ist synaliphae
ein pleonastischer, rein exegetischer genetiv, denn lenis et lubrica
conlisio und synalipha ist ein und dasselbe, ich verweise aut
Donat 4, 396 : Synaliphe est per interceptionem concurrentium
vocalium lubrica quaedam lenisque conlisio, ut 'atque ea diversa
penitus dum parte geruntuf. haec a quibusdam syncrisis nomi-
natur. Ecthiipsis est consonantium cum vocalibus asper e concur-
rentium quaedam difficilis ac dura conlisio, ut 'multum ille et terris
iactatiis et alto.' — diese stelle wird von Pompeius 5, 298, 16 ff
folgender niafsen commentiert: dicitur synaliphe duarum concur-
rentium vocalium lubrica lenisque conlisio , quotiens duae sunt vo-
cales et excludunt se leniter et lubrice. haec synaliphe est. illa
vero non de vocalibiis fit, sed de consonantibus . ... et appellatur
ecthiipsis id est consonantium aspere cum, vocalibus concurrentium
dura difficilisque conlisio. ebenso spricht Julianus Toletanus,
Comm. in Don. von lubrica quaedam et lenis conlisio (s. Anecdota
Helvet. ed. Hagen, 1870, ?. ccxxxv) und auch bei Priscian 3,
421, 10 uö. finden wir conlisio, synalipha und episynalipha zu-
sammengestellt, endlich führe ich noch eine stelle aus Diomedes
an, 1, 442: Synaliphe est conlisio, quae fit cum dtiarum inter se
concurrentium vocalium altera eliditur . . . ecthiipsis est conlisio
quaedam difficilis ac dura consonantium usw. ich habe hier die
belegstellen gehäuft, um zu zeigen, wie gang und gäbe diese de-
finition damals war. — die conjectur von Scherz-Graff-Erdmann
(lenem für lenam VP) ist jetzt wol zur gewisheit erhoben und
Lachmanns erklärung (lena = lenocinium) , Über ahd. betouung
und verskunst, Kl. Schriften 1, 361 anm., ist zu verwerfen.
Otfrid nennt die conlisio inter alias literas nicht ecthiipsis
296 OTFRIDS VORREDE AN LlüTBERT
sondern synalipha, sie muss also von jener grundverschieden ge-
wesen sein.
Et hoc nisi fiat, extensio literarum itiepte sonat dicta ver-
borum, ferner quaerit . . . a legentibns . . . conlisionem . . . praeca-
vere und schon oben z. 70 et hoc nisi legentes praevideant . . ,
literas interdum scriptione servantes, iiiterdum . . . vitantes] diese
hinweise auf die notwendigkeit, bei der declamation in der
Schrift gesetzte vocale in der synaloephe zu verschweigen, haben
auch ihre analogie bei den lateinischen granimatikern , so bei
Victorinus 6, 211,8: qtw (sc. durch synaloephe) fit, ut omnes Uli
versus, qui supra dictum numerum syllabarum videntur excedere,
detractis synaliphis ad — syllabas redigantur (vgl. die extensio
literarum). — Consentius 5, 389, 30 : post hos sunt metaplasmi
duo, quos partim iam poetae faclos in scriptura ipsi relinquunt,
partim faciendos nobis tradunt, synaliphe et ecthlipsis und ebenso
400, 2. 402,30; Marius Plotius sacerdos 6, 448, 25: inter syn-
copen ergo et synalifam hoc est , quod syncope ab ipsis ponitur
poetis, nantes pro natantes; synalifa autem a nobis vel pronun-
tiantibus vel pedes scandentibus fit, cum a poeta plenum verbum
ponatur. wir sehen, auch diese nebensächlichen hemerkungen
hat Otfrid nicht aus eigenem geschöpft.
Linguae hujus ornatus] d. i. die spräche der poesie in dieser
mundart. ornatus wird in dieser bedeutung bei allen lateinischen
grammatikern gebraucht s. Donat 4, 395, 29, und schon Quin-
tilian, Inst. 1, 8, 16 uö. dem steht entgegen communis sermo,
nostra loquella oder communis locutio, wie auch Otfrid sagt.
Omoeoteleuton, id est consimilem verborum terminationem]
vgl. Beda, De schem. et tropis, Migne 90, 176 C: homoeoteleuton,
similis terminatio.
Wichtig und fruchtbar bleiben also nur drei äufserungen
Otfrids über das wesen der deutschen synaloephe. sie tritt bei
zusammenstofs zweier vocale nicht regelmäfsig (assidue), wie der
reim, sondern nur häufig (nimium) ein. sie findet sich nicht
nur zwischen vocalen , sondern auch zwischen consonanten und
zwar in einer von der lateinischen elision über m durchaus ab-
weichenden weise, sie ist in der ausspräche der gewöhnlichen
prosaischen rede begründet.
KONRAD ZWIERZINA.
I
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 297
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS.
Die neuerdings von Graef und Herzfeld vorgetragenen, von
einander abweichenden ansichten über den wert der hslichen Über-
lieferung von Ottes Eradius werden jeden nachprüfenden von der
Unmöglichkeit einer sicheren texlherstellung überzeugt haben, in so
fern man hier über ein eclectisches verfahren nicht hinauskommt,
während Graef die hs. A überschätzte, hat Herzfeld sich bei der
rehabilitierung des wertes von B verleiten lassen, A zu unter-
schätzen, wenn ich mich im folgenden anschicke, das hsliche
material zu bereichern , so beschränke ich mich nebenbei auf einige
bemerkimgen über das gegenseitige Verhältnis der einzelnen zeugen,
dass Graef dem dialect des dichters zu wenig in seinem texte rech-
nung getragen hat, ist bereits von anderer seite hervorgehoben
loorden; es ist nicht meine absieht, hier näher auf diesen punct
einzugehen, meines erachtens kann bei dem jetzigen stand der
Überlieferung die heimatfrage des gedichtes überhaupt nicht end-
giltig entschieden werden, sehr beachtenswert sind ESchröders er-
wägungen GGA 1884 s. bQbff; dass die fränkische heimat Ottes
der bairischen gränze nahe lag, dafür darf neben Schröders be-
gründung wol auch der Ursprung der hss. sowie die bekanntschaft
unseres gedichtes resp. des Stoffes gerade in bairisch-österreichi scher
gegend (bei Wolfram (?), Kaiserchronik B, Enikel, Heinrich von
München) geltend gemacht werden.
Wie die Wiener hs. 2693 der Kaiserchronik B nach Julianus
Ottes Eradius an stelle der von Eradius handelnden verse 11138
ftfs 351 einschiebt, so bietet die Golhaer^ hs. Heinrichs von München
(Cod. Chart. A nr 3 s. 543'' — 577^ == C) gegenüber anderen hss,,
die den Eradius kurz abfertigen, gleichfalls Ottes gedieht und zwar
wie in der Wietier hs. A mit fortlassung der in diesen Zusammen-
hang nicht hineinpassenden einleitung v. l — 140. dass die auf-
^ vgl. Jacobs und Ukert Beiträge 2, 243 ff bes. 256 /'. Vilmar Die
zwei recensionen — der ff'eltchronik Rudolfs von Ems s.hl nr 36. Mafs-
mann Kaiserchr. 3, 180 nr 36. e* ist dieselbe hs., die die briider Grimm
bei mitteilung der die heldensage berührenden stellen zu rate zogen
(Altd. Wälder %\].hff. vgl. WGrimm HS nr 84. Martin im DHB 2, xLvi ff),
mit riicksicht auf Rudolf von Ems und die Christherrechronik haben sie
zuletzt Regel und Doberentz Zs. f.ph.9,ibS. 12,263 benutzt; mir selbst
wurde der cod. in liberalster weise zur benutzung nach Tübingen ge-
sandt, wofür ich hier öffentlich meinen dank abstalte.
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 20
298 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
nähme des Otteschen gedicktes in C nicht auf den Schreiber' der hs.,
sondern auf Heinrich von München selbst zurückgeht, beweist der
umstand, dass gegen schluss der erzählung s. unten la. zu 5309.
5392) C eine anzahl von versen zeigt, die unter benutzung Otte-
scher reime inhaltlich auf der Sächsischen iveltchrönik beruhen;
letztere ist aber bekanntlich für ganze partien von Heinrich von
München einfach in reime umgesetzt loorden. auch Ottes gedieht
gehört mithin zu den werken, die der allenceltscompilator seinem
werke einverleibt hat (s. meinen artikel in der ABB 22, 725 und
Singer Zs. 30, 390). der kleine passus über Eraclius , der sich in
anderen^ hss. dieser weltchronik findet, erweist sich als kürzung
1 nähe)' einzusehen wären noch die Wiener hs. 276S und hs. 39/58
der Universitätsbibliothek zu Graz (Diemer Beitr, 1,31). die Wolfen-
hüttler manuscriiple (Mafsmann Kaiserchr, 3, 178. 179) behandeln nach
freundlicher initteilung des herrn dr GMilchsack überhaupt nicht die
geschichte von Focas u?id Eraclius, ebenso ivenig komjnen für unseren
passus die foliohss. 21.439 — 441 der Berliner königl. bibliothek (Mafs-
man/i aao. 3, 181) in betracht. eijisicht in die letzteren verdanke ich
dr Bolle, der auch die gute hatte, inir die folgenden notizen aus dem
Berliner ?ns. germ. fol. 33 beizusteuern, letzteres ist eine copie der von
der Gottschedin gefertigten abschrift der Kremsmünsterer hs. (Mafsmann
aao. 3, ISO/): s. 215 Ditz ist von Mauritius dem 67. Chaiser. 58 verse. s. 217
von zwain Päbstn (Pelagius und Gregorius). 30 verse. *. 218 Ditz ist nun
von Focas den an zwai sibenzigesten Chaiser. Do der an daz Reich chani,
de waz von Gotes Purd 600 Jar u. 14 Jar. darauf folgen die 11 verse,
die auch in C die geschichte einleiten, und im anschluss daran S zeiten,
entsprechend Ottes Eraclius 141 — IVi, jedoch mit den abwandlungen, die
auch in C sich finden; nur in den beiden zeilen nach 146 liest C^ — so
bezeichne ich die Berliner hs. — genau wie B. hierauf:
nach den), alz ich han gelesen,
ward Focas der chaiser erslagen (Ottes Eraclius 4430).
alz ich daz buch hör sagen (4429),
do er daz reich, daz ist war (4427),
het gehabt acht jar (4428),
do nam er den tod also.
des wurden Römer gar vnfro,
wan er waz ein pider man,
alz ich von im gelesen (han).
da für diesen passus, der kenntnis von Ottes werk voraussetzt, C nichts
entsprechendes bietet, so muss man schon eine lücke in C annehmen,
nun folgen in Übereinstimmung mit C (s. unten nach 4416) ].% verse über
Ditz ist von Sevinianus vnd von Bonifacius dem 76 Pabst, tvorauf Eraclius,
der als 69 kaiser erscheint, in 38 versen behandelt wird:
Nu habt ir wol vernomen,
wie ez darzu was chomen
k
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 299
des Gothaer textes, verrät aber auch in dieser gestalt heziehung
zu Ottes Eraclhis. während bereits Mafsmann in seinem Eraclins
s. 311 f hiervon notiz nahm, sind Graef und Herzfeld auf Heinrich
von München nicht weiter eingegangen.
Die spräche der hs. C verdient keine weitere behandlung, sie
zeigt im vocalismus wie im consonantismus die durchgeführte jung-
bairische Schreibart; die älteren mhd. lautzeichen sind, zwei oder drei
fälle ausgenommen, geschwunden, loenn 5128 derreimWei : miet, 5282
ez : cnicis begegnet, so ist das rohheit des Schreibers, sonst verdienen
allenfalls noch anführung: die pronominalform sey==si, diepartici-
pialformenatif -und bd2. 1081.2397.4237. czehrunden5255. ied
5384(56? §45). gefrait3283. gewuchst 2500 fßG § 184). nehen-
ter 3040. C schreibt regelmäfsig wer wie wa wenn welch ewcb
dester für swer swie swa swenn swelch iu deste. rote initialen
zeigen die verse 191. 223. 293. 315. 329. 367. 427. 461. 489.
nach 542. 609. 655. 675. 707. 733. 791. 827. 853. 895. 917.
955. 995. 1041. 1069. 1117. 1141. 1183. 1287. 1327. 136».
1399. 1493. 1529. 1575. 1605. 1737. 1797. 1859. 1907. 1985.
2091. 2127. 2231. 2283. 2363. 2405.2453.2489.2561.2611.
2645. 2677. 2697. 2753. 2809. 2839. 2865. 2895. 3001. 3091.
3211. 3363. 3417. 3451. 3495. 3573. 3655. 3699. 3743. 3861.
3881. 4097. 4126. 4149. 4197. 4263.4299.4337.4391.4529
4551. 4587. 4611. 4651. 4695. 4739.4777.4847.4887.4941.
4981. 5065. 5189. 5227. 5265. 5283.
Ich lasse nun die collation folgen, an die sich dann einige
weitere bemei^kungen anknüpfen mögen.
Wie A übergeht auch C die verse 1 — 140 als dem plane des
ganzen nicht entsprechend ; an ihrer stelle bietet C nach der roten
Überschrift (s. 543*^) Dicz ist nu von focas dem siben vnd sech-
czigsten Chaiser. do der an daz Reich cham, do was von gotes
gepürt sechs hundert Jar. Auch hört wie Eraclius wart geporn
vnd waz er wunder pey dem Chaiser focas tet folgendes:
'S(rot)v habt ir E wol vernomen,
wie focas an daz reich was chomen,
den got het auzerwelt
vnd in die cristenhait gezelt.
(vgl. unten nach 4416). das weitere = C 4425 — 4439 als von im ge-
schriben stet, s. auch Mafsmann Eraclius s. 377. 378, hierauf endlich die
an letzterem orte s. 378 abgedruckten zeilen, vgl. auch la. zu 5390 — 2,
20*
300 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
Ein gut Christen was er aldo.
do der Chaiser Mauricio
vmb sein leben also cham,
nach im man an daz reich nam
focas den trewen (tewrn C'J herren.
den betten si vil gerne,
wann er in vil nücze was.
141 do der chaiser focas. 142. 143] was gewaltig der cbron.
144 vil schon. 145 und mit (A). 146 starke] hart (B). nach
146 pey den selben czeiteu in aller werlt weiten (vgl. B = C'J.
147 des wir siiln] damit wir (B). 148 sag ew (B). 149 do
nü warn zergangen daz (B). 150 driu] virczehen. 151 seit daz
des got gerucht (B). 154 er fehlt (B). ainer maid. 155 den verlorn
czu == 5. 156 wand er] vnd daz. von den weiczn, lies von
den wizen, vgl. 569 /a. er\osl(B). 157 chainen usw., stets chain
für dehein. 161=5. 162 ==5, vgl. Herzfeld s. 10. 163 daz hab
wir wol erfunden. 164 dö was fehlt (B). nach 164do der herr focas
zu disen ern chomen was vnd im daz reich was vndertan (B), vgl.
Herzfeld s. 15 f. 165 do was czu R. ein vil heiliger m. 166 fehlt,
um misverständnisseji vorzubeugen hätte bei Graef im Variantenappa-
rat stehen sollen: 165 nach 166 (und es ouch w. g, k.) B. 169 daz
müst ir haben z. (in Graef s Variantenapparat ist 169 statt 163
zu lesen). 170 Myraides (Miraidos B). 171=5. 172 sicher-
lich. 173 tügent vnd g. vnd der wicz (B). 174 von des.
minne] hiczC^yl, vgl. Herzfeld s. 10. 175 enczündet. 176^15.
177 got mynnt vnd vorcht (B). 178 =5, ursprünglich? 180 vnd
dem. 181=5. 182 er] vnd. disem] fleischleiche. 184 schönes.
185 Kasinia. 186 die was falsches ain. 187 die nie nichtes
geliez. 189 = B. 190 enphecht. 191 Es was Myriades u.
kasimia. 193 diu wären fehlt, g. paid u. 194 6 fehlt. 195 ste-
tichleich (ta?teclichen 4j. \91 = B, vgl Herzfeld s. \\. 198
= 5. 199 oder etwe 1. 300 niht] nie f5;. 201 si warn. 202
gar in vil grozzem laid (B). 203 kasimia so immer im folgenden (A
Cassiana , 5 Cassinia mit Gautier, vgl. Graef s. 12). Myriades.
205 daz beswert in hart irn m. (B). 206 sie tätn fehlt (B).
vil m. tuot] gilt lewte timt. 207 den got des gutes (B). für
leit. 208 chinder nicht engeit. 209 so er aber genug vil.
210 czu elaem (B). 211 doch fehlt (B). nicht fßjenhan. 212
= B. 213 vnd vernempt waz (B). 214 sy paten (ans patten)
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 301
got vnd paten (B). 216 irm tod miist (B). 217 must bes.
218 = 5. 219 daz] vacz (B). 221 si schon gevvert (B).
222 ir ygleichs (B). 225 irm. 226 irs. 229 = B. 230 ge-
want. 231 got wil es. 232 wirst. 233 schönsten. 234 als
du noch vvol (B). 235 = B. 236 ewr g. habt ir. 237 zu spot
scholtu es nicht verstau (B), vgl. Herzfeld s. 11. 239 dinn] den.
den leg. 240 = B. 241 du solt den estreich ern. 242 vnd
in fl. ehern. 243 vnd darauf, praiten (A), vgl. 300. 4941,
Herzfeld s. 11. 244 phell darzu beraiten. 247 daz sol (B) ew
nicht bevillen. 248 ir sult des chindes (A) g. die ungewöhnliche
constriiction eines kindes geziln m AC dürfte das ursprüngliche
sein. 249 [da] von dem ich auch g. h. 250 morgen] sult. zu
der chirchen (B). 251 ir sult den vil armen (B), hierauf den
lüczei lewten erparmen geben alles daz gewant (B). 252 ich
hie hab (B). 256 an] hincz. 257 daz er ewch sein gnad mit
tail (B, in Graefs Variantenapparat ist zu lesen: mit nach gnade
B). 258 wol vail. 259 die des geruchent (B). 260 daz si es
an in versuchent (B). 261 den weihen sam den m. (B),
262 schied von dannen (B). 263 do er die rede (B) volsprach.
264 vnd für wider ; B) an seinen g. 264 vor 263 = B (bei
Graef lies 263 statt 268). 266 dem pett (B). 267] es was ein
wunder. 270 da fehlt. 271 irm. 272 öwe] ja. 274] laz ich
die rede stan (vgl. B und Herzfeld s. 11). nach 274 meinen
mann als ich han vernomen | daz mag mir zu vnstaten chomen
(B). 275 tu es. posheit (AB, Graef s. 17 lösheit, wogegen Herz-
feld s. 17 vielleicht mit recht die Überlieferung in schütz nimmt,
vgl. übrigens 282). 276 getrewleichen (B). 277 = B. 278 doch]
des. er es. 279 bescheiden] gewizzen (B, vgl. Herzfeld s. 11).
282 ichs nicht, lösheit] falsch (B. bosheit^j. 283 vil] so. 284 mir
daran icht gewerr. 291 = B. 292 es sey zu schaden oder zu
frümen (B). 293 Darnach diu fraw. 294 des] daz. 295 = B.
echte la.? 297 iendert fehlt. 299 = 5. 300 ütj an (B).
302 einen s. 303 den het. über] auf. 304 nü fehlt, es was.
wol fehlt. 305 allez fehlt (B). 306] si gie czu irm b. san (BJ;
vielleidit ist die la. vonB(C) vorzuziehen, vgl. 1560 la. 308 Mirayde
daz m. 309 als ir für was chomen (B). 310 = B. 311 swief]
nam. 312 er] vndfÄJ. üf] au. 313 = 5. 314 schiere] legt. 315
Do er sich zu. hei fehlt (A). 318 dö] ein chind also, hine gie]
da vergie. 319 vnd darnach auf gie der tag. 320 wil es. iu
302 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
fehlt (B). 321 sy warn czu tun vil berait (B). 322 an alle
slacht lazhait (B). 323 waz in da (A). 324 = B. 326 = B.
328 = B. 329 Myraides (Muraidos Bj. 330 daz] wann.
331 daz im got des (B). 332 einn erben. 333 = B. 335
nach 336. 336 hiez] eilt (A); B iciderholte hiez aus ü. 335.
338 vil scbir wart daz. 342 daz puch sagt (B). 343 würd (B)
chaiser ze Rom. 344 daz. 345 daz die gothait (B) daran warb
steht nach 346 an dem die menschait also starb. 347 seiner czeit
vHorn. 348 der hiez. Cosdras so immer (auch in A gelegentlich
diese namensform). 349 ze] in. 350 = B. 352 vil fehlt.
353 auch er arnt er es g. (B). 354 = B. nach 354 als ir
noch wert vernemen | so wir an die mer chomen. 355 het darczii.
360 noch heut (B). 361 wunder] vil. 362 des wir müzzen ge-
dagen. 363 her fehlt, an van. 364 vnd die r. 366 nü] aller.
367 Do es also ergie f4 368). 368 daz es di cristenhait
(B 367, vgl. Trist. \9QSf) enphie. 367.8ß=368.7iC. 369 vnd
do ez zu einen. 370 vor (B) non zu eine. 367 ff loerden zu
lesen sein: dö dilz alsus ergienc, daz daz kint die kristenheit
enphienc, zeinen ziten dö ez lac — unde slief, dö viel usw.
372 gesigelter. 373 alda. 374 sach. 380 sazlez] solt es
seczen. 381 daz man es die lern liez. 383 recht vncz an di
stand (B). 384 er (B) selben [lesen]. 385 wol] paid (B). 386 vnd
daz es auch sol wesen. 387 gar fehlt (B). verswigen (B) vnd
wol v. 388 dö] daz. 390 si habt in grozzer h. (B). 391 paid
den prief vnd daz chind (B). 392 daz] es. grözen] guten.
393 — 426 fehlen; mit v. All beginnt in C s. 545". nä] nach.
428 uil selig. 429 irn sun. 430 in daz. 431 == B. nach
432 versigelt vnd bewalten den si lang het behalten (B). 436
Dü fehlt, ein in fehlt. 437 chomen vns. 439 = B. 440 er
sei nie gedacht. 441 mir] sun (B). pist. 442 nü] müter.
irouwe] vil. 443 wer. got fehlt. 444 sein frewnt dankches
trewgt (B). 445 vnd es t. an wicze r. 446 nü] daz. 447 er
es (B). 450 Eraclius pait nicht. 452 = B. 455 = B. 456 ge-
lobt geert musiu ymmer sein (B). 457 des] daz. 460 den E.
vberlas; in Graefs text lies überlas. 461 An dem hrief (B) was
g. also. 462 was (B). 463 im fehlt, gunnen fehlt. 464 = B.
466 daz] der. 6 fehlt (B). 467 Eraclius daz selb geschech
: gesech. 470 in zestund erchant (B). 472 vil genem er da
von wart (B). 473 all daz reich (B). 475 = 5. 477 =B.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 303
479 will (bei Graef lies wille) zu tun. 480 und] oder. 482 vnd
waz si allni irem I. 483 gelrumt het (B) vnd. 484 daz er es
chant vnd west (B). 485 als schir er es au secli (B). 486 = B.
487 doch frewt si im sein (B). 488 wann si. 489 Eraclius
was (B) hart fro. 490 von dann. 492 leider] schir (B). 493 plo-
den vgl. 4181. 494 für] siech. 498 = ß.
500 = B. 501 noch die. 504 nu] vnd. gröz fehlt. 505 daz
wir den tot muzzen schawen (B). 506 == B. 507 der vns so
(B) czu churczer. 509 wir] vnd. lützel] selten (B). 510 vmb
ein vnzergenchlich. 511 --= B. 512 waü (von B) dem weih man
noch mag. 514 es chumpt von vnsinnen (B). nach 514 daz
wir so tobleichen werben | sehen wir die lewt sterben | tegeleich
ein michel her | daz hilft nicht gen einer per | daz unser vorcht
vnd unser swer | gen dem tod dester grozzer wer (B). 515 ez]
daz. 516 durch (B) der. 518 s6re] hart. 520 o wie hart es
der e. 522 aber heben an. 525 Myraides d. reich. 526 do
mit gute glauben selichleich. 527 vil s.] er herleich (B).
528 darumb begund misshaben. 529 = B. 530 er was ir
lieb (B) als ir 1. 531 hie bi] vil (B). 532 varundes (B).
538 des beten genug die arm irn spot (B). 539 di es czu t.
namen. 541 irn willen vnd irn müt (B). 542 = 5. nach
542 drei loeitere verse = B (542^ irn. 542^ ires), 543. 4] zu
einen zeiteu si saz (B). 548 ^rste] an dir = B. 551 vnd ob.
552 muter sprach (ist sprich bei Graef im Variantenverzeichnis
druck fehler?) er (B) enwelcher w. (A). 553 [daz] helfest du im.
554 sim zu wew. 555 = B. 556 daz fehlt. 558 er sei. 559 ge-
wer. 560 daz waiz waz d. g. wer. 561 daz ist mein not aller
m. (B). 562 enweiz fehlt. 563 wie es umb sein sei. 565=5.
566 = B. 568 gedenk wie wir sey erlosen = B. 569 den hel-
leweiczen == 5. 570 des sull wir vns Üe\zzeü(B), urspri'mglich?
573 eines dinges des ich dich pet (B). 574 er sprach wie.
575 seih vnd wider g. (B). 576 wille] pet. 577 wider meinen
willen (B). 578 sol ich] ich wil dir (B). 579 dir fehlt (B).
rät] not. 580 waz erbes dir (B). 581 = B. 584 vnd sullens
für sein sei. 585 mit deinen wiczen die du (B). 586 ist daz
du mich daz last (B). 587 er] si. 588 er sprach muter daz
lat w. (B). 589 vnd vmb m. 1. 590 ir nicht vaste fl. 592 ewr
red. 593 es ist mir lieb vnd bin sein (B). 598 wo. 599 ich
w. sey wol zu bewern. 600 daz] es. sin] die. 601 die es = 5.
304 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
sparten. 602 ekcher vnd Weingarten. 603 == B vgl. 613.
604 [und] wes = B. wolt. 605 kleine] chain = B. 608 ir] des.
609 Do nu. 612 vnd des (B). 613 si het es allessampt ver-
geben (B), vgl 603. 615 niust b. san (B). 616 arm (fehlt A.
armuot jßy sei. 617=5. 619 — ii fehlen. 646 ir armiit si luczel
miii(B). 647irrhant. 649 = 5. 650 vnd si span. 651=5.
653. 4 fehlen, vor 655 rote übe?schrift Hie hört nü wie Era-
ciius verchauft wart von seiner müter. 659 tet es mit vnrecht.
660 er wer fraw oder chnecht. 661=5. 662 wie luczel (B)
ich sew verrach. nach 662 wan waz geschieht daz muz wesen
nu vernemt wie wir ez han gelesen (B). 663 wenn ein man
also (B). 664 = 5. 665 = 5 (bei Graef im Variantenapparat
ist ga zu streichen). 666 als si manige an schult t. (B). 667 recht'.
668 nu was da ze Rom s. 669 wem d. g. gar z. 670 er ver-
chauft ez. 671=5. 672 dester so i»! wer. 673 nacÄ 74 = i.
674 von] durch. 678 die selten wol geazzen. 680 si swach.
679. 80 stehen nach Mafsmanns apparat in B in umgekehrter folge,
nach 684 daz du tegleich (wie schoti Haupt vermutete statt tugeut-
leichen B) dulden müst vnd daz du ez von meinen schulden lüsi B).
685. 6 fehlen. 687 dir gern. 688 frouwe] warumb (B). 689 ich
sol fremden. 694 = 5. 696 nain es müter waiz got(5j. 697 ich
chan ew geraten wol (B). 698 vil frü. 701 ez] daz = 5.
703 nicht anders dar, vgl. 768. 4299. 704 wizt daz für = 5.
705 = 5. 710 auf. 712 ez fehlt, der crouicka. 713 si
daz = 5. 714 = 5. 7 1 6 Hute die] durch c h a u f = 5. nach
716 do die des chindes wurden gewar do cham schir genüg dar
(B). 717 vnd fragten (B). 719 ob si es (B) v. sold. 720 vnd
wie. wold. 723 = 5. 724 si sprachen biet ir im si in daz
h.(B). 725 gestrikcht= 5. ins] euch. 726 = 5. 727 ir
verchauft in dester paz. 729 s6 fehlt. vil g. 730 = 5.
731 für] lud' (5 wider, vgl. 1324 /a.j. 732 vngespotet. 734 her]
gen in = 5. 736 = 5 wol gevazzet mit gewande vgl. la.
zu 1330. 1825. 740 als] do. 743 = 5. 744 irn. 745 = 5.
746 in ir] sein =5. 747 = 5, vgl. 753. 749 bi im] vor in = 5.
751 so zesamt k. 753 ez was harte s. 754 = 5. 755 genad.
756 der t. nicht lang swaig (B). 757 ditz] daz. h'rr es ist m.
758 selich müzt ir immer (B). 760=5. nach 760 herre ja.
fraw wie (B, vgl. la. zu 761) daz lat mich chürczlich wizzen
hie. die verse 760. 1 sind zweifellos in der la. von B (vgl. C)
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 305
ursprünglich , vgl. auch Haupt Zs. 3, 160. 762 ez] daz = B.
763 vüd waiz waz es betlewtet (ßj; vgl. 1119 la. 765 si sprach
den hazze got der ez tuot. 766 tet ez ytzünt. 767 sprach er
nain ich h'rr daz ist w. 768 ir in = B. när] dar vgl. 703 la.
769 geret (B). 771 = B. 772 wann ich mich so v. (B).
773 = B. 774 darumb. 775 = B. 776 = B. 777 hiute]
herr. 779 ir vindet sicherleich. 780 so ervart alle die reich [B).
780 vor 779 = B. 781 chainen chnaben so recht g. 782 o
wie 1. er. 784 den mag es rewen (B) s. 785 daz er == B. hat
gechault. 786 = B. 791 E. als (B) lieb dfi mir. 792 nü
fehlt = B. verhil mich des chainen w. 794 ich sag ewchs.
795 macht mein wicz vnd mein sin (B, vgl. 27), lies daz macheut
witze und min sin. 796 ze g. mäze wise] so gar reich(?). zu
795. 6 vgl. Herz fehl s. 11 und besonders Schröder aao. s. 572.
799 möcht. 801 = B. 802 er sprach ich ercheun (B) edels
geslain. 803 in der w.] nii lebent (B). 805 pist. 806 = J5.
807 fehlt, dafür nach 808 des selben du mich verriebt. 809 ja
wie ich ew dünk ein k. (B). 810 die r. (B). der] aller.
811 spehen. 812 mein, spehen] wol veriehen. 813 pös — pest.
814 zwar (B) es ist ein pezzer s. 816 ich chan daz noch.
817 ich ew = 5. 819 ez] si. 820 und fehlt = B. irn. den
fehlt = B. 821 schaw vnd gesehen. 823 ires. 826 irn w.
828 seine. 829 = B. 830 hiute fehlt. 831 deiswär fehlt = B.
wol so (B); zu 831 vgl. Herzfeld s. 11. 832 tet ich halt nü t.
833 = B, ist schon von Haupt mit recht der la. von A vorgezogen
worden. 834 sä] zu stet = B. 836 und fehlt. 838 = B.
839 setzen = B. 840 wart dö] daz was = B. 842 doch si es
also (B). nach 844 da gut frawen warn vnd die werlt verparn
(B) wann si heten sich des bewegen. 845 sie] vnd. Graefs
anm. zu 845 erledigt sich durch Schröders bemerkung aao. s. 572;
ein anderer vorschlug im Litter aturbl. f.germ. undrom.ph. 5, 132
(Bech). 846 fehlt. 847 was da (daz in Graefs apparat ist wol
druckfehler) vncz an den t. = B. 848 für war ich ew daz sag
(B) [mac]. 849 starp. 850 daz si mit dienste daz e. (B).
850 vor 849 = ß. 851 und fehlt. 855 = 5. 856 vnd er in
bracht für den sal (B). 856 vor 855 = B. 857 der] die (B).
gesaget] daz (fehlt B). 858 wie Eraclius verchauft. 860 = B.
863 = B. 864 von dem wolt er besehen (B). 865 von im]
alda (fehlt B). 867 = B. 868 ir fehlt. 869 nach 870. 869 do
306 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS
fehlt. niinDichleich = B. nach 870 Zu dem t. sprach er sao
== B. 871 mich d, du hast missetan == B, dann als ich mich
Versionen chan = B. 872 du werd (B). doch fehlt, weiser.
873.4 fehlen = B. 875 wann daz du dich versawmt hast (Bi,
vgl. Haupt Zs. 3, 161. 877 = B, vgl. 991. 3285 la. 878 = B.
879 wenn es mein herr wil geruchen (B). 880 so mac er es
wo! versuchen (B), vgl. Haupt Zs. 3, 161. 881 = B. 882 wirt
er an mir valsches innen (B). 883 hau. 885 hahen. 887 er]
vnd. hin] da (B). gan = ß. 889 = ß, vgl. 279 la. 890 mir
entweich der will vnd der mül (B, vgl. Herzfeld s. 11). 891 ich
versuch dich in churczer zeit (ßj. 892 öwe] o. enpeit. 894 waii
so hegud. mein. 895 der sant. 897 enböt fehlt (zu B).
898 durcli fehlt, nach 898 er war arm oder reich daz enpot er
in geleicb. 900 er hab k. oder (B). 902 an den markt vnd.
Me fehlt = B. 903 edeles. 904 paide groz vnd ouch. 905 = ß.
906 er w. den besten auz (B). 908 hab. 909 erchennt. aller
fehlt. 910 da. 915 vil manic (B). 916 des het der k. begert.
917 Nu vernemt waz ich ew = B. 919 der da. gelaist. 922 er
iach er (B). 925 = ß. 926 der hiez. 927 = ß. 928 =ß.
929 er] vnd. vast an (B) ir 1. 930 = ß. 931 geben an der
St. 932 = B. 933 = B. 934 = B. 937 an den] sa ze.
938 = ß. 940 er sprach got walt vus's gutes hail (B). 941—6
fehlen == ß (94 1 . 947 gleicher verseingang). 947 = ß. 948 einen
stain der — lüg = B. 949 vnd zu seinem friimen = ß. 950 do
in die leut s. 951 si sagten = ß. ander /e/??^ 953 wolt wesen.
954 vnd daz gestain (B) auzlesen. solde fehlt. 955 Nu hört
wie = ß. er es. 956 als er fehlt == ß. er do gie (B). 957 iife]
vail. 958 hart liecht' schain der t. = ß. 960 den market fehlt.
vnd auch. 960i=1408. 961 er gie hin] paide her fß 959).
963 vnder grozzen vnd vnder chlain. 964 doch sach er nindert
chain (B 963). 966 mit dem er gewern mocht. 967 sein wicz
vnd sein w. 968 ez m. 969 daz chain wund' gen im was (B\
970 da fehlt. 972 == ß. 974 topasen. 976 = ß. 977 parillen.
978 des fehlt = B. 979 = ß. 981 jachant fehlt = B. amati-
sten (A). 982 flucht seinen listen (B). 983 = ß. 984 si
sprachen daz er nicht weis wer (B). 985 si jähen alle gemain
= B. 986 = B. 988 nü mocht im werden (B). 989 = ß.
990 = ß. 992 irüksecz. wol fehlt = ß. 993 sin] des. 994 daz
er in durch daz ze (B). 996 enphalch g. sein. 998 == ß.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLlüS 307
1000 = B. 1001 nach 1002. 1001 des hört. 1002 mit
schönn züchten = B. daz] es. 1004 dem fehlt. 1006 ze seiuem
glukkvndh.(^B;. 1008 = 5. 1009 = B. 1010 = ß. 1012 durch
äes = B. auch dar. 1014 er] vnd. minnichleich. 1015 mich
dunket] frewnt ist. »i fehlt. 1016 = B. 1017 = 5. 1018 Ion
herre daz ist. 1020 gelt iu = B. 1021 oder w, ir habt in
euch u. sus (B). 1023 mir in. 1026 ir piet (A). 1027 hei
fehlt, hiet ich sey = 5. 1028 hietestü in. 1029 sin wol]
darümb nicht. 1030 irn. 1032 so soltu. herren fehlt. 1037 noch
fehlt=B. 1038 merkcht. 1043 daz] sein. 1044 des müzz der
tevffel dein phiegen entspricht der Wortstellung nach der la. von
B, dem reime nach der von A; J5 = 1476 ABC. 1049 also.
1050 wirst darumb. 1051 trügnser] checzer (lecher B = lecker
wol die nr sprüngliche lesart). vnd als ein = B. 1052 wer euch
icht 1. 1057 ez] daz. 1059 sol. 1060 iht fehlt. 1063 sä fehlt.
1064 sie] vnd. in sein = ß. 1065 vil ungerne. 1066 hiezzen
in der sinnen laz. 1067 dö] doch (B). 1068 wann er d. sich
reich. 1070 an dem (B) markt. 1071 die ez sahen (B).
1072 über al] geleich = 5. 1074 = 5. 1075 vnd wonten
doch des nicht (B). 1076 das er het der sinne pflicht. 1077
wann gen dem palas her. 1078 vngewer. 1079 mit = B.
1081 sweigimd. 1082 = B. 1084 lait spr. si im (B). 1091 daz
ist. 1092 waz saget] fragt. 1095 hat. 1096 sult. 1100 daz
an dem m. iendert vail was (B). 1101 daz] es. 1102 man.
1105 het in im jener; jener, wie Haupt Zs. 3, 163 vermutete, in
den text zu setzen, liegt kein grund vor, s. Graef s. 21. 1107 do]
doch. 1110 iriunt] trawt geselle ('5;, ü^?. 3408. 4200. 1112 er
spr.] herr. bräht fehlt. 1114 allez daz (AB). 1116 gewinnen
(AB). 1118 spr. do. 1119 nu waiz ich. 1120 horte. 1121 ge-
singen. 1123 als du hie (B). 1126 herr ich han. alhie.
1127 den] vnd. herre] in. der] meiner. 1136 wil sein got (B)
verriichen. 1137 vor] in dem = B. 1138 ist. 1139 werleich
= B. zu 1138/ vgl. Bech, Litteraturbl. 5, 132. 1140 traw fSj.
nach 1140 rote Überschrift Hie bort nü wie Eraclius versucht
wart mit dem stain vnd mit manigerlay. 1141 getan = B.
1143 chain frist lenger b. (B). 1145 wesen. 1148 schiere] do.
1152 was da. 1154 zu end. 1159 = 5. 1160 namen si == B.
sä fehlt. 1161 sein, lies sine vgl. Schröder aao. 572. 1164
liezen si in [da]. 1166 = 5. 1168 zwo gut meil = B. 1171
308 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
nach 1172. 1171 chainen. 1173 wolt im dann. 1174 molU
so lang 1. 1177 wazzer so. 1179 lebeutig. 1182 was si s. (B).
1183 des] ez. 1184 do wolt er. 1186 = 5. 1189 nach 1190.
1189 od ob] wann, gesaget = 5. 1190 Eracli was gar vnver-
zaget. 1191 gen eine (B). 1192 zugen her auz. 1193 was
der 1. [worden]. 1195 ab pant. 1197 sin — guot] ez mag erst
werden (B). 1198 = 5. 1301 ez. 1202=5. 1204 niuwan
fehlt (B). 1206 ir mit mir müzt. 1207 ir] ich. han. zu ge-
toufet vgl. Beck aao. 132. 1208 ir] ich = B (vgl. Mafsmamis
apparat), han = B. 1209 vnd daz es ew n. g. 1210 (Schröder
aao. 573. Bech aao. 132) s. unten la. zu 1287. 1211 darnach
hiez. 1215 = 5. 1218 hartist. 1219 unz es. 1222 ich. ez]
daz. 1224 = AB. 1226 ein fehlt. 1228 der in = B. 1232
Westen doch waz si rächen. 1233 haz. 1235 selten suzzer smac.
1236 er ist s. der betwingen m. (B). 1237 mit der czungen
seinen m. (B). 1240 sich alles des wil säten. 1241 waz im
vailes. 1242 schir sein habe. 1243 da] dar. 1244 E. dem.
1245 wolt es. verdagen. 1246 begund er es sagen. 1247 er
sprach man zeihet mich (B, vgl. Bech aao. 132). 1248 sei = B.
1249 = 5. 1250 dirre] dir der. ihte, das C allein bietet,
wurde schon von Haupt aao. 164 vorgeschlagen. 1251 s. t. hau
ich erchant (B). 1253 selb'. 1257 torst ich sein (B) genenden.
1258 herr türrt ir nicht. 1261 da. 1262 ich entar; bei Graef
lies getar. 1263 tut es herr ez. 1266 er sich hüb = 5.
1268 daz er gie almitten. 1269 so daz] an. 1270 daz har.
1274 vnd namen. 1276 dö] dar nach. 1277 von. 1279 der]
die. mit recht nimmt Bech aao. 132 anstofs an dem unmotivierten
conjunctiv zilge; er bevorzugt daher die la. von 5 und liest die
du suge (: luge) ; alleiii dann wäre die amme neben der mutter
überflüssig; lies wol geschehe der ammen und der muoter, die
dich zugen : luge. 1280 der] einer = 5. 1282 waiz. 1283 an
den rossen (B) als an den stain paideu. 1284 vil wol wil. des
bescheiden. 1287 — 90 stehen zweimal: nach 1210 und hier.
1287 wold aber. 1288 bat] hiez. 1289 er sprach wir. 1290
noch fehlt, in Graef s Variantenapparat lies den stein 5. 1291
iemen] indert (B 1292). 1292 einen man (B 1291) under.
1293 wolt (welle 5 ist bei Graef ausgefallen). 1294 hab. 1295
oder erslan = 5. 1297 auch solt ir herre im es (B). 1298
werleich. 1300 mir sein. 1301 nie] nindert. 1303 alles.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 309
1304 al der] aller. 1306 daz sei seit ir sein habt begert
(B). 1307 nach 1308. 1307 erlaubt (B) es vns b. 1311 vil]
woI = ß. 1312 nü herr sprach. 1313 = ß. 1314 er er-
zaigt. 1316 entwerichs. 1318 = ß. 1319 gen. 1321 es
was = B. alles vnmer. 1322 als ob. 1323 an] san. 1324 fuder
= A, vgl. la. zu 731. 1327 Der chaiser rait dannen = B.
1330 = 5, vgl Herzfeld s. 11 und v. 736 la. 1333 die fehlt.
in diu] vber all daz. 1334 do[ch]. 1335 warn an. 1341 piiln.
1342 in. und fehlt. 1343 Lamparten. 1344 pot dar als ich.
1346 daz er n. lenger solt fr. 1349 er es. 1350 gedecht (B).
1351 man ims. 1354 daz wer in seinem m. 1356 = B.
1361 umbe fehlt. 1364 daz man sein wol (B). 1365 vnd fleiz-
zichleich (B). 1366 unde] si. all den. 1367 daz in geboten
was (B). 1368 man es an dem prief. 1370 ir. 1371 = B.
1376 da liezen si. ross. 1378 die (AB) ross. 1383 = B.
Lutring : Kerling, lies Lüteringen : Kerlingen (Schröder aao. 573).
1385 ir] der. torst. 1386 ensamt habe] pey ein ander het.
1389 beide fehlt == B, vgl. zu 1549. 1390 do es (B). 1391 E.
den. 1396 des wolt er nicht (B). 1397 daz si es durch nicht
\. (B). 1399 al zehant = B. 1403 mein trechtein walt
des (B), lies min trehtln waldes hiute, vgl. 455. 1406 = B.
1409 dö] doch (B). 1410 = 5. 1413 auz d' mazzen (B).
1414 erst errait (B), vgl. Mhd. wh. 2, 1, 736. 1418 an] in.
1421 in] es. 1422 gilt man ist daz. 1424 got waiz mich des
luczel tawr (B). 1425 ich. 1426] nü bedenk dich gar eben]
waz ir mir gebt dariimb | daz gerewt ew nymm. 1427 sam] als
= B. 1428 = B. 1430 got waiz wol fr. ir seit nicht (B).
1431 ir erchennet = 5. 1432 tun ich alles sein. 1433 er-
chenn es also doch. 1434 und 1595 lies mit Schröder volzende.
1437 ist auch daz = ß. 1438 = 5. 1440 sint als fßj ein. 1443
= B. 1444 ez ist auch gar snel. 1445 czelt ein luczel (AB);
auch ich glaube gegen Schröder aao. s. 573 dass lützel zu streichen
ist. 1446 genemer = ß. 1448 ob] daz. 1450 daz ich in her br.
1451 entweich. 1452 wftrd sein. 1454 erlost = A. 1457 oder
swach oder = A. 1465 wären fehlt. 1467 man e. lobt.
1468 der tobt. 1469 lies mit Schröder entwerte; Mafsmanns
und Graefs angaben der la. divergieren. 1471 behielt seinem = B.
1472 == B. 1473 und als pös ir (B). 1477 dinen] dir (B) den.
1479 rukk. nach Mafsmann liest A zehowen, vgl. Herzfeld s. 13,
310 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
tco die stglen vertauscht scheinen. Graef verzeichnet nichts. 1480 ge-
torst. 1481 vvirdest heut wol gerauft (B). 1482 välant] voln.
ursprüngliche la. wol nü dii den volen hast gekoulet. ez ist des vä-
landes rät (vgl. 5347). 1484 hie uail st. 1488 heiz] liest, siz]
sein ist (B). 1489 vud liest es da (B). 1490] wie lang weit
ir daz treiben. 1491. 2 fehlen. 1495 gelot (gelöste A). nach
1495 daz taten sie hart not silber vnd golt rot = A. die un-
echtheit der beiden verse nach 1495 ist zweifellos, vgl. Herzfeld
s. 8. 1499 genuoc] noch die.
1500 wider ir w.] under weilen = B. irs. 1502 sin] ez.
1503 ist in ein. 1506 ir] sein (ein A). da mite fehlt. 1508
rote] Yioi(B). 1509 erwerbent] er versenkt. 1510 = J5. 1511
== B. 1512 fröleich. 1513 = 5. 1514 der chaiser F. 1515
= B. 1516 = ß. 1517 si dar. 1521=5. 1525 an allem.
1526 er wundert. daz = B. 1528 ezn] es. schein] chain.
schein ist beizubehalten gegen Haupt (Graef s. 21) mit Herzfeld
s. 17. nach 1528 des müsten von recht iehen die es schawü
mftsten vnd sehen. 1534 vil fehlt. 1535 secht = B. 1537
chaufstü den. 1538 pain. 1539 wol fehlt. 1541 keiser fehlt.
recht sagen. 1544 uns] im. mugen] muzzen. 1545 = B
(Schröder 573). 1547 als m. gut pf. 1548 vint. swes] des,
1549 = 5, vgl. 1389.1485. 1550 ist = 5. 1551 erriten
= B, vgl. zu 1414. 1556 man. zwei hundert = B. 1557
= B. 1558 waiz. in truoc. 1559 ze jungst zu einem vil arm
man. 1561 ein] die. 1563 vnd pot si vmb drithalb (B). 1564
= B. 1565 ern] vnd. 1566 in sechzich march gewern (B).
1567. 8 fehlen. 1570 = B. 1571 beten des chainen zorn (B).
1572 also] gut so (B). 1574 also. 1578 daz] d'. 1580 ge-
want. 1581 so ist ez herr. 1584 sicherleichen. 1585 = B.
1586 und] noch == 5. 1588 [al]zehant (ij. 1593 = 5. 1594
laufft es aber in gleich nicht. 1595.6 fehlen. 1597 gelig ich
so. 1598 = 5. 1601 hie /eM?. 1605 Sus enpot. 1607 vnd
dem] von den. 1609 den (AB) chamrern. den (AB). 1610 wol-
den] hulfeu. 1612 an. 1613 = iS. 1614 sie bat] gepot.
1617 = 5. 1623 gen dem. 1625 zweifei den er. 1627 die
im volgten auz der stat. 1628 die leut die er sein nicht eupat.
1631 ein lange verr (wech ij. 1632 daz = 5. ze \i\ = A.
1635seinn f5J. 1638 = 5. 1639 ouch /'e/j/? = 5. da pei nahen.
1640 an einander si genüg sahen. 1643 = 5. 1652 = 5.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 311
1654 tet er dem ross. 1656 ers (B). rürte. 1657 er] es. en-
phant. 1658 es. hüb zeliant. 1659 danu. es = B. 1661 do
was er = B. 1662 d! des wunder namen (B) der warn vil.
1665 dar] do. 1671 all. 1672 [ez wjere] wolt. 1673 so wer
ez snel. 1675 des] daz. 1676 all. 1683 do er nicht wolt.
1684 im seh. 1687 rote Überschrift hie hört nfl wie Eraclius
versucht wart mit den t'rawen. 1689 froleich ze seinem (B).
1692 harte] weit daz, vgl. Herzfeld s. 11. 1694 der sp. wart.
1697 auch spat. 1699 seinem. 1701 selb. 1702 getorsten
si nicht lan (B). 1703 wern sein fleizzig a. 1704 = B. 1705
an reichen. 1707 vnd was erst zu. 1712 rehte k.] czu den ern
czem. 1714saroch. 1716 der. 1719 an genug mannen schein
(B), vgl. Herzfeld s. 12. 1721 wan ich an zw. pin gewis.
1728 ich wil ez wizzen ane wan. 1731 chewsch oder vnrain.
1732 friunt fehlt = B. k. vnd erwel. 1733 und] czu. 1734
ich fehlt, nemen] tragen 'B 1735). 1735 auf irm haubt die
chron = B. 1736 des wil ich dir immer Ion ^B). 1738 = B.
1741 == B. 1746 lehn sint von des. 1747. 8 fehlen, dafür ir
weit ew lazzen weihen | so miizt ir ewch ee gleichen | mit einer
magt czu ewr ee [ so sawment si sich nicht me (in B fehlen
1747—50). 1749 vnd begint. 1750 pit. 1751 her (ßj czu Rom.
1752 leben si suln sein fr. 1753 engelt sein. 1755 schonest.
1757 hibeer] piderb. 1758 enpiet. 1761 niftel daz ers dar zu
disem tag(eding?) 1762 auf den hof her pring. 1763 sult des
[£j offenleich. 1764 spehen. 1766 welhew under in ewg.(B).
1769 suU. 1771 so] wann. 1772 ez sull si h. (B). 1776 wann.
1779 /?es ze stete (Mafsmann und Schröder). 1180 ==B. 1782
haben] nemen. 1784 = 5. 1786 do] daz. 1789 materi. 1792
so] do. 1798 bericht. 1800 weuilt. 1801 daz warm w. wart
zeriben. 1802 beschriben. 1803 irm. 1805 sä fehlt. 1807
diu] den. 1809 dik. 1812 herren. 1813 raitt wol in vant ge-
bessert. 1814 dem h. dem er wart. 1815 sagten. 1817 do
erchanden si wol irs. 1818 do lobten si ez vnd daucht si
(A). 1819 ir vil bieten sein gern enporn. 1820 den fürsten
was ze mazzen z. 1821 niht fehlt. 1823 die frawen b. irn.
1825 vazzen (£1824 iind la. zu 736. 1330). 1834 wun-
nichleich = £. lies wunnecliche. 1836 wol] da = 5. 1837
zuo fehlt. 1838 ir fehlt. 1839 oder wie si im an d' sipp.
1842 erweit vnd nem. 1843 so ensolt (B) si. 1844 si liezz
L
312 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
sein ir. 1845 = ß. 1847 da] daz. 1848 haben. 1849 ge-
lohent(B) vnd czelent. 1850 die weil si czu. 1851 [in] danne.
1852 seigent. 1854 = ß. 1859 das zioeite diu fehlt = B.
1866 = ß. 1867 vil] wol (B). 1868 ich wen (AB und so auch
zu lesen mit Bech aao. 132). ie man] niemand. 1869 pey ein
ander so. manic fehlt. 1871 als] daz. 1874 vnd rait do.
1875 mit grozzer minn. 1876 des fehlt, inn. 1877sach = ß.
1878 ==ß. 1880 allen. 1882 vmb die. 1884 prachten. 1888
vnd daz si alle morgen frü. 1891 daz] es. 1892 erweln. 1894
vnd die dem. 1896 ouch] doch. 1897 die sinne fehlt. 1899
magt vnd weih. 1900 der bechant ir hercz vnd leib. 1903 er
niüst es ain enden. 1905 s6] do. 1907 vil] wol. 1910 do
rait er. seinen. 1919 auch da genüg. 1923 si sein [guot].
1925 muot] leben. 1927 hiezen in daz. 1932 wart m. har
(B) gepunden. 1933 manige. 1934 geleist wol an den. 1936
kleine] rain. 1937 = B. 1939 allen landen (Bj. 1940 geslagen.
1941 die preisten si = B. irn. 1945 die reichisteu. 1947 solten.
1948 stain vnd von gölten. 1952 prawn grün vnd hermleiu (B).
1955 grüene /eÄ/f. gel vnd r. 1956 = J5. 1957mazee.] müzz
erchenn. 1958 des ich für benenn. 1964 dö] daz. vol] wol
(AB). 1970 zu samen si do sazzen. 1972 Eraclius der. 1973
den. 1974 = ß. 1975 iht] chain weis. 1976 und balde] daz
er. 1983 mauig. 1988 = ß. 1989 im] auz in. 1990 = i.
1991 [wol] haben. 1992 irn. 1994 der chewschait wolt si
walten (B). 1995 und fehlt. 1996 geben. 1997 ir] den sinn
vnd den. 1998 an die hab = 5. an fehlt. 1999 gar] all (B).
2001 vnd des auch [vil ser] v. 2002 immer man] ymand (B).
2003 boese fehlt. 2006 swer] der. 2007 chom; hei Graef lies
kumt. 2009 liez. 2014 wünnesam. 2015 wol /"eÄ/; = 5. vnd
so seh. 2016 geczem. 2017 grozz'. 2019 — 28 /"eÄ/m = ß.
2029 Eraclius si also lang an. 2032 guot fehlt. 2036 ist wol
mit ir g. 2039 irs. der war. 2040 also het si ez g.
2041. 2 fehlen. 2043 was fremde. 2046 sie] sich lieb. 2047
= B. 2048 = B. 2053 = B. 2055 des wart er leider nicht g.
2056 irm. 2061 daz ich nimmer mer solt erwarm. 2062 seinem
linden arm. 2063 mer fehlt. 2066 = B. 2068 geniezzen
mein'. 2069 in elwenn sprechen sol. 2070 ich liezz sein
nicht, zu 2069. 70 vgl. Schröder aao. 565. 2071 ich tail im
mit (B) daz ist. 2072 vnd mein g. 2075 pat. 2076 bat fehlt.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 313
darnach (dar naher B). 2077 viere] mer. 2078 vil seh.] czu
wer. 2080 edles k. wie sagstii nu (B). 2081 dune darft] du
endorft. 2082 mochstu. 2085 sprecht niht] sprach si. 2086
Eracli der. 2087 erchanten = B. 2088 er sprach fehlt. 2089
iuwer] die. 2090 an — möre] hinwider. 2091 sich vmb.
2092 E. der gie. 2097 also gach. 2098 allen warn nicht.
2099 wann eine die im wol g. 2103 sach] sprach. 2103
kupfer. 2104 edler, ein fehlt. 2105 an ein = 5. 2106 = ß.
2108 auch wen nicht han. 2109 ich sein vo. verjehen = 5.
2111 = iß (Graef s. 11 f). 2114 gewer = i nach Mafs-
manns apparat , während Graef nichts anmerkt; vgl. 1041. 1691.
4339. 2116 si beschawte = ß. 2117 ich. 2119 die fehlt.
2121 dem. 2123 in fehlt. 2124 den eschen vnd zerstört.
2125 wol fehlt = B. waz darunder. 2126 dem. 2128 er
dacht, 2129 noch nie. 2130 swenne] ob. 2133 sol. 2134
= B. 2135 den] disen = B. 2136 müezz. 2138 vil ich.
2139 nach 40. 2140 ich müz von genügen (B) dulden. 2143
czu laid. 2145 == B. 2146 wann ob ich. meiner. 2150 nem.
2152 vnd er. in allgerichl. 2153 7iach 54. 2153 ander den
= A. einen gr.] wart ein. 2154 er] vnd. 2155 wann ev si
hiez. 2157 swach. 2160 = B. 2164 wann (B) ich hewt vinde.
2165 swöchisten w. es. 2166 vnd daz. 2169 haim ze h.
2171 mit] pey. vor 2177 rote Überschrift Hie bort nü wie Era-
clius ein dirn czu einer chaiserin machte. 2177 = B. 2178 dö|
daz. 2180 sach = B. des] als. 2181 nach 82. 2181 vnd
als. 2182 und] als. 2184 da fehlt. 2185 so schönes. 21S6
nie] nicht. 2187 ir I. gehewr was. 2188 an alle sewr was.
2189 als fehlt, ir der leib. 2190 weiser. 2194 daz er [allezj
(B). 2195 igleiches gar ein t. 2196 vnd [ir]. 2197 nie fehlt.
2198 unz daz. 3300 schaub (B) gedekt. 2201 der w.] die
wend. der] daz. 2203 = B. 2204 = B. 2205 daz] des.
2208 die sach er. 2210 die was (B). 2212 irm. 2213 Ion
ew got waz gepiet. 2214 wan] daz. ir fehlt. 2215 nach 10.
2215 wes ist = B. 2216 rieht mich sein 1. muter (B). 2217
frag sein nicht wan. 2218 ew herr = J5. 2221=5. 2222
= B. 2223 wat. 2224 ist. 2225 daz hie. 2226 unz fehlt.
2228 uns dirre] sey disr'. 2229 = ß. 2235 funden han. 2236
czu kurzen [stunden] han. 2237 si sol chomen. 2238 hail daz
sol. 2240 herr ir wirt wol lat (B). 2242] alsam ist sein ge-
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 21
314 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
pot (B). 2243 fuDfczik fr. (fünfe tusent A). 2244 let man
hewl seh. 2245] einen jungen weisen m. 2246 wann er wo).
2247 ir igleich h. vnd irn. 2250 paid. 2255 = B. 2256 so
e. ir mich = B. 2257 da fehlt. 2259 man ez. 2260 chund.
2262 er genemen m. 2266 und mein h. damit g. (B). 2267
der fehlt, ir] im. 2268 daz] ir. 2270 dö] darnach. 2272 sahn
an ein. 2277 reichen chaiser. 2282 = B. 2286 nü fehlt.
2288 hahen. 2291 si ist der e nim' aiu (Graef s. \S f). 2292
pain. 2296 = J5. 2298 pei eine weih. 3305 so] wie. ymmer.
2307 selb. 2309 eür huld. 2310 ez chom (B) von ewr schuld.
2311 gerne — ir] daz ist. 2314 ze] so. 2315 = 5. 2316 er
ez. 2317 went seinen. 2318 er sprach (A) hei. 2320 von ir
fehlt. 2324 after w.] enweg. 2328 mit seinen lürsten saz.
2329 schonen an enphang. 2330 = B. 2334 äugen. 2335 er
biet Schoners. 2336 des auch die fürsten müsten. 2337 da]
im pey. 2339 musten si (B) do pr. 2344 zouwen] czwo schawen.
2345 die] der. 2346 die] si = B. 2349 ez] ir. 2350 ez ba-
deten] eylten. 2353 chünd. 2355 nach 56 = B. 2356 het im g.
2357 offenleich wolt er prewten. 2361 und daz si in 1. s. bevolhen.
2362] daz si sein zorn icht musten dolen (B). 2369 daz sie ze
r. sollen. 2370 gewan. 2371 von gewant/ßj vnd waz ir was b.
2372 in fehlt, haut. 2373 ir] der. 2374 = B. 2375 gepot.
2376 dem h. 2378 in vnd. schoene fehlt. 2380 der cardinal.
2382 = B. 2383 sä fehlt. 2384 darczu ander ir (so steht auch
wol in B) gewant (B). 2385 sein zepter und sein (B). 2388 wol
dreizzik (B). 2390 des den] sein d'. daucht. 2392 = B. 2395
wann er was im wol geslacht (B). 2396 = B. 2397 maniger
varunder. 2399 die wurden reich zehant (B). 3401 man legt
sumleichen an (B). 2402. 3] daz sein vater nie nicht so gutz
gewan. 2404 fehlt, zu 2401—4 vgl. Schröder aao. 565. 2407
im entwaich daz v. und zergie der schal. 2409 ouch fehlt.
2410 junchfraw. 2411 legt man. 2412 üt' ir] czu. 2413 daz.
2414 des die junchfraw nie mer b. 2415 diu fr.] daz pet.
auf das unverständliche des Graefschen textes hat schon Bech aao.
132 aufmerksam gemacht. Mafsmann las die frowen. 2416 er
macht irs also frömd. 2417 wa ez hin cham. 2418 noch zam.
2419 Vi\ manig. 2420 schirmt sich mit yrm. 2421 unz] so
daz. 2428 geloben noch v. (B). 2430 endete swes] tet wol
(B) viäz. '2434 dient, zcu aller = 5. 2436 schönes. 2438
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 315
die gewan (B) von lieb (lob A) den. 2439 den] die e. 2440]
daz niemand volloben chan. 2441 nach 42. 2441 volsagen von
irr t. 2442 die [diu] fravven in irr. 2445 ir] sein. 2452 welches.
2459 = B. 2460 = B. 2461 werleich. 2465 daz fehlt. 2467
h. darczu twank (B). 2468 [er] eines. 2470 rail = B. 2473
dann si was. 2474 von dem reichen chaiser. 2475] muez ich
ew sagen (B) m. 2480 phenden. 2487 der maz het er sich
bewegen (B). 2488 sus — leben] also phlegen. vor 2489 rote
Überschrift Hie bort wie der chaiser in ein hervart wolt varn
vnd wie er der chaiserinn hiez hueten des er sere entgalt. 2489
Nv chomen. 2490 der dacz Ravenn herre. 2493 gewaltichait.
2496 als si von gots gnaden ist worden seit (B). 2497 man
sagte fehlt = B. er] vnd. mit seinem = B. 2499 Anchuch
(Anschouwe A).
3500 die] da. gewuchst. 2501 vil swer. 2503 Senatoren]
eltisten. 2506 an] in. 2508 den edlen f. in die laut sant.
2510 er. 2516 der h.] er des. 2517 s6] do. auf geleit = 5.
2518 was. 2519 michel fehlt. 2521 an dem h. vnd an dem
1. (B). 2523 wolt. 2524 also. 2526] daz si icht verlür ir er.
2528 = ß. 2530 als er slaffen fß;. 2531— 60 /"eWen. 2563
= B. 2568 es mag nü nicht anders. 2569 dann als mir got
gunnen hat (B). 2570 ich biet gern (B). 2571 = B. 2572
an. 2573 so müz. binnen. 2574 chaiserinnen. 2579 daz] die.
2585 heizen] lazzen. 2587 = ß. 2589 ichs bepbelen (vgl. AB;
Graefs verheln ist unnötige conjectur, lies enpheln oder beveln,
s. auch Bech aao. 132). 2590 diebe] den man. 2591 daz] es.
2595 wo. 3603 noch gesagen. 2603 der herr her S. (B).
2604 weih. 2605 vnd von Sampson. 2606 genoz. m Graefs
apparat muss es statt 2605:2606, statt 2606 — 10:2607 — 10
heifsen. 2607 daz. vil bedacht. 2608 si es. habent. 2609
nach 2610. 2609 des pin ich in grozzer rew. 2612 also. 2613
rehte fehlt = B. wurffelspil (topelspil A). 2614 ze fehlt =B.
2616 riehen fehlt. 2618 von] in. 2620 = B. 2622 eines
rechten manne. 2624 armer fehlt. 2627 habt ir. 2629 star-
ken t.] tieffen turn (B). 2631 = B. 2632 daz] vnd. 2633 aber
fehlt, einen frümen ritter veht == B. 2634 let. 2639 den]
dem. geben. 2640 = B. 2641 ze s6re] zeher. 2643 vnd
schundet (A). 2646 ich. 2650 ich] vnd. 2653 sagen. 2659
mirs also. 2660 müg an ang (sie) v. 2662 niht w.] missetan.
21*
316 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
2664 al diu] alle (A). 2665 lazz si (B). 2666 = B. 2667 sol]
selben, chain schult. 2668 dich sein. 2669 ez. 2670 ich.
merken = B. 2671 so recht zam (B). 2673 wart. 2674 wan]
wern nicht. 2675 maniger würd vil s. 2676 der von dem streit
wol reit g. (B). 2679 die sich fleizzent [an] r. tet. 2680 sey
des. let. 2681 ie fehlt. 2683 7iach 84. 2683 sanfte. 2685
wes d. des er. 2686 an daz er tun müz mit v. 2687 als] es.
2688 irm. 2689 sin] ein. 2690 dem] ewrm. 2692 daz] es.
nach 2692 so ist ein ander dem daz wirt | daz im die chunst
irrt I so ist aber ein ander man | der enmag wie wol er chan
(in B fehlen 2683 — 96, die verse in C könnten ursprünglich sein, in
A ausgefallen durch das homöoteleuton kan). 2693 si irrt. 2694
daz si von schäm, er fehlt. 2697 zergan = B. 3703 chain es
seines m. (B). 2703 = B. 2704 oder er g. 2708 der wer
pezzer gewesen v. 2709 der was prait vnd hart (B). 2710 ge-
legt (B). 2712 widerret. chain. 2715 enphalch = ß. 2721
fehlt. 2722 nacht leng, g nur teiliveise zu lesen. 2723 gen
Rauenn | (560") auf daz velt an den pl. 2724 er] vnd. 2725
paidenlhalben. 2726 pürger. 2728 wann si wollen v. 2729
der wart sein gewar in. 2730 da fehlt, haude] slacht. 2731
= B. 2735 witib vnd manig. 2737 dar nach] furbaz. 2741 so]
als. 2744 lob erwarb. 2754 von seinem weih wil ich s. 2759
er. 2762 = A (vgl. 2955) lies got durch din guote beteuerungs-
formel? 2765 lät] hiez. 2770 man mac wenen ich (B). 2773
wizz. 2774 mich fehlt. 2115 mich unz her also b. 2778 alhie
beslozzen (B). 2781 geiehen = ß. 2788 ich chan wizzen von
welche (B). 2789 müg han g. 2791 = B. 2792 ez im g.
2793 oder im hat] auf mich vnd. 2794 mich also unert (B).
2795 mit vor mir. 2798 irm. 2799] die irn leib n. envvert.
3800 die selb seid ist. 2802 vnd gern. 2807 er icht tet.
2808 ob mich sein all die w. jik (B). der was [vil] fßj. 2810
irr. 2811 irs. 2814 eines grozzeu spiles (B) alle. 2815 an e.
w.] ainen weis. 2817 ein genndem. 2823 dorft. 2825 ge-
decht. 2826 echt. 2827 man ez. iht fehlt. 2828 im fehlt.
2831 =ß. 2833 = ß. 2834 schirm. 2836] gegen herpfen
rotten singen (B). 2838 schön magd vnd schon fr. (B). 2839
noch] Nv. 2843 ir] daz. 2844 und so] wenn. 2845 nach 2846.
2845 daz der chaiser was leicht oder swar. 2848 si die poten.
2849 = ß. 2850 irs. 2851 I. danne pit. 2852 hin wider.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 317
2854 in daz. 2855 die frawen (A) [und] (B). lies mit Behaghel
die der frouwen pflägen. 2856 gehorten. 2857 irn. 2858
daucht si ubil (B) oder. 2859 dawider. 2860 und] noch.
2862 ouch fehlt. 2867 irr. 2868 zu rossen und zu fuzzen der
was. 2869 die zehant gen ir [6ä]. 2871 chsem. 2872 — 5 fehlen
(homöoteleuton). 2878 trawten si chain. 2880 chüner (chun-
dich B listec A). die la. von C ist jedes falls die der Situation
allein entsprechende, aber mit rücksicht auf AB doch wol nur con-
jectur. vgl. zu 2981. 2881 der gerüren torste. 2883 unde nä]
hinden nach (in Graefs lesartenapparat ist 2883 statt 2884 zu
lesen). 2885 doch des u.] daz (B) nicht n. 2886 si. 2890 eins
weibs. 2891 so 1. so. 2892 also] dar. 2894 da] so. 2896
fr. die cham. 2898 zertretens. 2899 do gehabt (B). dem
ring. 3900 dö] du. 2906 sach. 2912 daz selb er paz tet vnd
chünd ^5j. 2914 genüg. 2916 = ß. 2917 geben. 2919 sew-
berleichsten = B. 2921 ye dorften. 2924 des alles] dauon.
2926 beiwank. 2927 must laislen. 2931 mit dem hirten.
2932 die g. mit den wirten. 2933 sie] so. 2936 mein frewd
die wer vil g. 2937. 8 fehlen. 2939 sie] sich. 2940 hat. ir]
dir. 2943 vnd müsl ich reden (B). 2945 ich. 2946 daz.
2947 zubaut von h. 2948 herre] der. 2949 so g. 2951 = B.
2957 redleicbe sinn. 2958 gar] ser. 2962 des. 2963 ein tail.
2966 und doch. 2967 chain w. des. 2968 ich. 2969 mir
ein = B. 2974 mir] ich. 2978 ich wont e. 2980 mich well
dann got von himel. 2981 an s. und an (gute conjectur ; Herz-
felds bedenken über die la. von AB s. 11 sind hinfällig, vgl. 2066/7).
2982 wä von] wann (B). 2984 vnd versten doch wol daz (B). 2986
vil vnselige (A). 2988 gestattest daz du die m. 2989 = 5.
2992 tet es. 2994 reiner seliger. 2995 [doch] recht mein sinn.
3003 m6r] auch. 3003 getan. 3006 würden im soliche
mer chünd (B). 3008 chünd er nicht. 3010 wolt. 3015 val]
gel. 3016 noch fehlt. 3018 sin] der. 3019 in = B. 3021
gespringen = B. 3023 die selben Sprüngen vnd w. b. 3027
pidmen. eschein. 3031 er enwest wie er solt g. (B). 3038
= B. 3039 den. 3040 dester nehenter. 3042 ja fehlt = B.
herre] reicher. 3045 ward solichs nie mer chunt. 3046 ir
äugen nas vnd der m. 3049^5. 3050 [in] (B) der warten.
3051 vncz an den t. 3052 wesen] geschehen. 3054 liez. slan
= B. 3056 aber] zwar. 3058 lieb. 3059 dann. 3060 ey
318 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
(owe B) wolt. 3061 hilft. 3064 vnd wer (AB vgl Graef s. 19).
3065 des w. mir als. 3068 ich sey. 3069 daz leider wol wirt
b. 3072 iezuo] nu. 3074 aller erst so müz sich. 3081 nu.
3084 wer [et]. 3085 misleiche. lies maezlichiu. 3088 nenie-
lichen] aber. 3089 si des. 3093 irn. 3095 mittag, ergan.
3097 zu der h. 3099 betriege dann mein (B). 3107 mit allem
irm. 3112 si wundert (B) all waz daz w. 3116 iu w6] daz
ewch wo. 3124 släfes] gemaches. 3125 az. 3126 es wer ze
s. gar ze 1. 3128 in der n. 3131 auch an. 3136 nider
fehlt. 3137 und] er = B. 3138 strahte sich] warf fß;. 3140
wie] vil. erschein. 3142 = 5. 3144 w6 fehlt = B. daz ich.
3147 sprach sein m. = ß. w't. 3148 P. sprach waz. 3149.
50 fehlen. 3152 wie so sun. 3155 verprinne = 5. 3156 so
fehlt. 3157 daz fehlt, getraw zwar nicht. 3160 daz si dir den
sm. V. 3161 =B. 3162 rüch müter (B) wie ir. 3164 [da]
wirt daz ist. 3168 gedecht (B} ettleicher. 3170 der] daz.
3172 sie h. [sie] = il. 3175 ich hör daz. 3176 chund.
3177 = 5. 3180 gie vnd cham [sä]. 3183 irm. 3187 bat]
hiez = 5. da. 3189 nü müget ir spehen. 3193 er. 3194
recht im. 3195 nü /"eW; = 5. mag. 3196 nu. 3197 = 5.
3201 lieb = B. 3203 wa hastü den sm. 3204 dem h. = B.
3205 wie ist daz. 3207 noch ze w. 3208 nu laz. 3212 diu]
si. gewaltichleichen. 3214 lies belouchte (Schröder). 3216
mit dem (B) vinger. 3217 nach 18. 3217 si auch g. 3222
als ich e sait vnd, vgl. Graef s. 10 f. 3223 dünkt des s. 3224
wä] wie. bi] zu. 3229 d. ich des nimmer tu. 3230 heint
noch m. frü. 3234 bedenke = B. 3236 waiz wol daz dich
(B). 3238 ez] er. 3241 und] der. hiez. 3245 daz im. 3249
gen. 3250 und fehlt, luczel w. da für. 3251 in einer chür-
czen. 3254 berait. 3256 magt daz selb = B. 3258 = B.
3260 czuhant czu. 3266 [diu] hant äugen vnd. 3267 eruert.
3268 menleich. 3269 deinen chümer s. m. zeln. 3270 vor
andern lewten. 3272 dem fehlt. 3273 nindert chain. 3276
= B. 3278 wollzt du mich in = B. 3280 sein. 3281 chain
dink dann d. t. 3282 allez an = B. 3283 gefrait. 3284 fehlt.
3285 daz ist ein grozzew unweishait (B). 3286 lait wer. 3288
fehlt. 3289 mirz] sein. 3290 dein s. (B). ich dir. 3292 er sprach
des (= AB) wolt. 3294 verlurstü wizze = B. 3295 chainen
zw. han ich. 3296 weiz got] errat es (B). 3297] zwar ich
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 319
wil sein j. 3300 diu] mit. 3301 daz] des, 3302 sey auz der
m. 3303 muter du. 3304 muter ich entar. 3305 vmb welich
red tustu daz. 3307 so ist hie ze. 3309 dem lewfei = B.
3310 min] des. 3311 ich = i. 3312 vnd wer es halt die k.
3313 vnd wollzlu sey gewinnen. 3314 daz chünd ich wol be-
vinden. 3315 manigen spehen 1. 3316 = 5. 3317 Parides
rote initiale. 3318 do er an d. b. lac. 3320 sprechen. 3323
band. 3324 gein] czu. 3325 er] vnd. 3326 er sprach wol
== A. nach 3327 got hab si in seiner hüt. 3328 sei aber.
nach 3328 die man vmb sey tut. 3329 vnd die. 3330 mich
si. 3331 = B. 3332 vnd ob si nu pei mir wer (B). 3333
an müst sehen. 3334 nimmer] nicht. 3335 eya genediger (B).
3336 vnd wer ich auch da (B). 3337 = B. 3338 = B. 3339
daz] es. 3340 gern = B. 3341. 2 fehlen (Graef s. 19). 3343
raine muter ich such die. 3344 gut mir. 3345 so mag ich.
3348 und] daz. dir vil liebe muter. 3349 vnd auch. 3353
daz mag mir 1. n. gewern. 3355 hilf, mich] mir. 3356 = B.
3357 = 5. 3358 so ist ez. 3359 rain fij. 3360 lewg. 3361
[sol] geschech. 3362] die red was gar spech. 3366] durch got
vnderwint dich mein. 3367 vnd pis. 3369 vil süzzer. min
fehlt = B. 3370 vil guten willen. 3372 rehte] edeleich.
3373 dich es n. rewen. 3374 dir. 3376 edeleich. 3382 des
gestevvr deinen 1. 3383—98 fehlen. 3400 mocht = B. 3402
vil suezzer sun P. 3403 mag ich daz anders icht. 3404 ge-
legen. 3406 tu. 3407. 8] daz ist mir ein chlaine arbait | stand
auf vnd bis gemait. 3409 du soll nicht. 3411 gesprechn u.
traten] gerürn. 3412 noch ymraer zergeu. 3413 = B. 3414
solde] vnd süll. 3415 czehen. 3416 ich verlazz dich nimmer daz
ist war f^j. 3420 varwelös] mager. 3421 o we mir ==5. armer
fehlt. 3422 do cham die frawe inner des (vgl. 3871 la. und Graefs
textl 3423 chemenat. 3424 erlangen. 3425 irm (B). 3429 den
chau. 3431 gesegent = A. im] er = B. ersehen. 3435 den
fehlt, ich fraw. 3436 trewn fraw daz sei. 3437 wie sich'
(vgl. 4225 la.) du des wesen (A) m. lies vil sicher du des
Wesen mäht. 3438] nü geh ew got g. n. hierauf ir sult nicht
sein verczait | got geh ew gelait. 3439 müz ich. paid. 3442
muter du. mir] vns. 3443 muoter fehlt. 3444 nü hab chainen
zw. des. 3445 her w. vil] sün morgen. 3446 vil liebe (in
Graefs apparat lies er sprach liebiu B). 3447 dir] euch. 3449
320 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
irn. 3450 nu hört wie ir do geschach. 3453 die. 3456 do
gevvan si die s. 3457 si ez. 3458 si ez an gevie. 3459
ze] iü. daz fehlt. ein] ir. 3461 irm. 3463 irm. nahen.
3464 zu dem pawm was ir gahen. 3465 fruo] drat. 3467
== B. 3468 geezzen. 3469 wann si warn wol h. hert.
3470 ernert = ß. 3471 daz fehlt. 3472 s.w. mer dann halb
gr. 3473 prach. vollen. 3474 ze fehlt. 3475 zemazzen r.
oder. 3476 mit den = i. hin fehlt = B. 3478 porten [da].
3479 die spr. = ß. 3483 pringen. 3484 dir. engen] ab dingen
(B). 3485 liezen si. 3487 sin harte] des (B) vil. 3488 vil
nahen (B). 3489 irm. 3490 hoffen czu got alle doch (B).
3494 ja fehlt, ich rat ir = B. 3495 sä fehlt = B. 3497 irm.
3498 si sprach (AB) guten m. vnd g. t. 3499 haben.
3500 versmahen. 3501 = B. 3502 vnd han mir des (B)
erdacht. 3504 = B. 3506 do. 3507 nach 8. 3507 harte]
gar vil. 3512 sie sprach fehlt, ich hör ew fraw (B). 3520
dich fehlt. 3521 doch] auch = ß. di gancz w. 3523 do han.
3524 = B. 3526 ouch] an ewch. 3527 wünderleiches. 3528
auch in so grozzer (A) sw. 3530 ich ez nicht g. chan. 3531
seinen. 3532 daz geschieht [wan]. 3533 gestern. 3534 so
fehlt. 3536 werd dann seiner swer h. 3539 hrere] halt. 3542
ir] vnd = B. 3543 nie in die w. cham. 3544 ein so tugent-
hafter man. 3546 ouch w.] hübsch vnd weis (B). 3547 = 5.
3548 herczog. 3549 vil luczel. 3551 — 3 fehlen. 3554 sawm.
tiach 3554 ich wil wizzen wer er ist. 3555 sie] fraw. 3557
entü. dbbS \i\ fehlt = B. o\\e = B. nü. 3560 disen. mich]
ich. vberstreiten = 5. 3565 irn. 3567 nicht lenger hie (^== ßj
stan. 3569 und] du. 3570 ouch] darczu, 3572 nü haiz in d.
g. gedenken. 3574 auf stund si b. (B). 3575 si stund auf.
3578 = ß. 3581 nacÄ 82. 3581=5. 3582=5. 3585 huet.
posen = B. 3587 grün, ist] sei = B. 3588 ezzt h. wol gesoten.
3589 Cybb'iirkch (B). 3590 vil wol gemischet (B). 3592 volgt
ir mir ir wert. 3593 mein h. = B. 3594 die h.] zu Morphea (B).
sä fehlt = B. 3595 = 5. 3596 = 5. 3598 = 5. 3599 dann
got. 3600 noch vor] an dirr. 3602 daz ich sei salb a. 3603 den]
der. 3604 ez. 3605 anders] morgen. 3606 daz lazt. 3607
listig (wizzich B). 3608 behalt vnsr' fr. 3609 sicherleichen.
3610 = 5. 3611 cham haim z. 3615 von dem gedenken.
3616 auf an dem. schiere fehlt. 3617 = 5. 3618 ew. 3619
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 321
ir — habt. 3620 hab ich ewr. 3621 dich fehlt, erparmt ewch.
3623 habt ir sor misseuarn. 3624 nü laz daz got von himel
bewarn. 3625 vnd h. mich got. 3628 die hat mir des (= B)
zwar V. 3629 sie] sei arm. 3630. 1 fehlen, doch steht unmittel-
bar nach dem letzten wort des verses 3629 das schlusswort (arm)
von 3631. 3632 ez sey dann daz. 3634 des zweifei ich. 3635
süu nü sw. mein. 3636 die wort di ich von dir hab g. 3637
hat dir. 3639 = ß. 3641 immer] nymmer. 3642 irm fßj.
3643 a we. 3644 mir] mein. 3645 in den] der. 3647 = 5.
3650 han es. 3653 do vorcht si. würd sein = B. 3654 sie]
ich. 3655 Doch wil ich dir sagen. 3656 = B. 3657 czu hüten.
3658 daz alle gern dolen (B). 3660 und] si. 3662 den siechtum.
irm (B). 3663 ich] vnd. ichs [daz]. 3664 ze]gen. oder [morgen]
(A), ursprünglich? 3665 daz ist. 3666 waerej ist. 3667 czü-
hant. 3673 legt es an (B). 3675 pait. 3677 = B. 3680 die
oder du v. was ges. (B). 3682 harte wol] vil schon. 3683 ane
fehlt. 3685 ein 1. baz] daz. 36S6 sag ew paz. 3688 wart
hewt morgen. 3689 vnd haiz. 3690 ewch h. auch, verlazzen.
3691 darumb. 3692 mag. 3694 grailT. 3695 gesweigleich.
3700 acht = A (bei Graef ist im apparat nachzutragen ahte A).
3706 soltu des. 3707 du habst. 3708 anders /"e/i/f. 3710 den
suezz vnd den rain. 3713 besprech vnd besech. 3714 welhem list
= B. 3715 daz. mir allez. 3719 gesein. 3720 liebe muter.
3721 = A. 3723 zwei] paid. 3724 hiez si ir g. = B. 3725
der dannoch was vil gut (B). 3728 verporgenleich (lies mit Beck
geswäsliche, vgl. 3695). 3730 geworcht. 3733 einen hechten
rubein (B). 3735 bringt. 3736 redt = A. 3737 sagt. 3738
daz er getrew vnd stet sey. 3740 durch seinen willen iagen.
3742 nü fehlt = B. 3748 ez biet gewendet nieman den tot (B).
3749 must = ß. 3750 liez si in an. 3751 = B. 3752 sein h.
3754 in einer chürczen. dreizk (dri B). 3758 ich wil sei
czu g. 3761 diu] der. 3762 die benam im die sw. 3764 heg.
auch. 3765 ouch wol] paz. 3766 im. 3767 was. 3770 tag.
3771 achten. 3772 waz ich ew (B). 3773 des gern. 3775
santen. irr. 3776 ir] daz. 3780 = 5. 3782 sie da solten.
3784 die] si. 3785 schön vnd. 3787 noch lügleiche. 3788
diu]si. 3789 in] zu. 3790 scholt = 5. 3791 dar. 3792 wann
die rechten w. (B). 3794 die het. an dem. 3796 si. 3798
ob] an. 3799 = B. 3800 vnd tet sein. 3803 daucht es. ein
322 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
fehlt. 3804 es. mazzeu. 3805 d' lant sit (B). 3809 harte]
vil. 3810 Scharlach, pluot = 5, vgl 4962. 3811 diu fehlt.
hermlein. 3812 = ß. 3814 froleich. 3816 trüg. 3817 sam]
als. 3818 Dü] ew. 3820 und fehlt = B. spechfßj gelait.
3821 pey (lies peyd) auzzen. 3823 nach 24. 3823 der lac.
3825 iu fehlt. 3827 vnd auch. 3830 minoen e chund g.
3832 irm. 3833 rileude] gedenken. 3834 vnsehge. 3835 vil
arme. 3836 6] ie. 3837 nü fehlt. 3839 noch fehlt = B.
3841 hin. 3842 vnd verlewstü. 3843 = 5. 3844 ich. hab.
3846 awe wie lorisch ich gedacht han (B). 3848 bedekt. 3849
= B. 3851 ode] vnd. 3852 daz] ez. czü grozzen e. = ß.
3853 auch let ich (== B) gar w. 3855 vs^eder sol = B (Graefs
apparat ist darnach zu corrigieren). 3858 werlt werstu alle mein.
3860 = iß. 3861 gedenkund==ß. dSQ2 se\her fehlt. 3863
d6] daz. 3865 verwag. 3866 = ß. 3867 = i. 3868 = 5.
3872zuder. 3875 haws. 3880 nü hört = 5. grözen] spehen
= ß. 3881 sie] Die chaiserin. 3882 ir ross chert si dar (B).
3883 nach 84. 3883 ir ross w. g. vnd auch vil sn. 3884
= B. 3885 der stain was hoch vnd prait (2709). 3886 als]
do. 3887 ez. erhaben. 3889 da von die. 3891 in] nider.
3894 si h. ez. 3895 = i. 3896 daz da. 3897 = B. 3899
harte] vil. 3900 vil fehlt = B. ist ab. 3901 abe fehlt. 3902]
daz ist mir ein u. 3904 = 5. 3911 = 5. 3912 = 5. 3913
ich müz erwärm oder ez. 39 \b nach 16. 3916 wi si solten g.
3918 mir fehlt. 3923 der tür. 3924 da für. 3925 do. 3927
lüte fehlt = A. omi omi. 3928 in dewtsch owe mir owe.
3931 swarten. 3932 diu] ir. 3935 und] si. 3937 dir. 3941
hewt en(n unterpunctiert ?) morgeü (B 3940). 3942 daz mir
geschehen wer daz laid. 3943 nach 44 = 5. 3943 leg = 5.
3945 swür : 3946 für. 3947 selbe fehlt = 5. herczen laid.
3948 a we. trait. 3950 herren fehlt. 3952 her in] hin. 3954
daz holcz ist ew nicht t. 3955 werm. 3956 die 1. 3958 si
es vil gern. 3960 die reiche fr. 3963 die erden] den estreich
hin (B). 3965 nach 66. 3966 hier inne] hinn =5. 3968 nach
69. 3968] vnd pringt mir daz her da. 3977 harte] vil. 3978
gewallig'. 3979 wart sa zestund g. 3984 ir] allez. 3986 d6]
er. er] auch. 3987 schir er sey gesach (B). 3988 naigt ir (B)
sa vnd. 3989 nach 90. 3989] du soll mir yramer willekomen
sein. 3990 müstü ymmer sein. 3991 [dich] hab. 3992 daz
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 323
mir grozze frewd ist g. 3993 daz ichs immer (B). 3994 ist] sei
= B. 3995 nach 96 = B, vgl Herzfeld s. 16. 3997 min]
der = B.
4000 gar vil [harte] (B). 4001 bevie si in mit arm. 4002
[vaste] erwarm. 4003 sampt. 4004 schir betten si. 4009 vnd
küssen. 4011 an ein. da fehlt = B. 4012 ein n.] niemand.
4015 tun. 4016 vil wol = ß. 4017 was. mazzen. 4020 sewln.
4021 dikcbe scbad in gaben. 4022 lagen pey ein a. so nahen.
4024 er h. czu stund (B) verjehen. 4025 des spiles bieten si
gespilt. 4026 von wirt. 4027 wol] hoch. 4029 daucbten si
sich selig b. 4030 doch tet. 4033 = B. 4037 sine güete]
seinen tot = ß. 4038 = i. 4039 mag. 4040 = ß. 4042
= 5. 4044 sol] müz = B. daz fehlt. 4046 = ß. 4047 all
die weil g. (B, vgl. Schröder 573). 4048 ir weiz. 4049 ver-
nam die fraw so. 4050 belip] pis. 4052 trew. 4055 al der]
aller. 4056 enpbeln. 4057 guot] leicht. 4058 ez b.] als vil.
4065 = 5. 4070 laz. muoter /"eÄ/^ 4071 niuter sprach. 4072
ez] daz. 4073 dicz gewant sei dein. 4074 und] nu. enpholhen.
4078 laz. 4079 die fehlt. Stent dauor nachträglich richtig ge-
stellt. 4080 = ß. 4082 was vil gemait. 4086 stet es weit
ir. lies wie st6t iur dinc? weit ir genesen? vgl. auch Schröder
573. 4091 balde] wider. 4092 da. 4093 lenger beliben si
nicht. 4094 sei auf den turn (B). 4095 si nicht gar gern (B).
4097 also] allez. 4098 = ß. 4103 so] da. 4103 gewunnen
het mit = A. 4104 inne fehlt. 4111 nach 4112. 4111 selber.
4113 = 5. 4114 den] des. 4116 der chaiser = 5. 4117 h.
ze Rom. AUS fehlt. 4119 [ze Röme] da er vil gern bin cham.
4120 fehlt. 4122 lieber was dann. 4123 wolt rün. 4124] als
er von recht solt tun. 4125 fehlt, nach 4126 als mir die cro-
nik veriach. 4130 und] da = fi. 4131 als] daz. 4132 diu]
daz. 4133 die tür. 4134 die selten als ich spur. 4135 wären]
het(B). 4136 wer. 4137 die iiez. 4146 = ß. A\A1. S fehleti.
Ali9 im fehlt. 4150 er] Eraclius. 4154 er] vnd. edler. 4156
vnd vernemt. 4157 ich ew nicht verdagen (B). 4158 vnd müz
si mit. 4161 sol sein huld ban. 4164 = 5. 4165 welher.
4166 keiser fehlt. 4167 = i. 4170 er sprach daz = A. si
vnselig. 4172 haben n. ser missvarn (A). 4175 ban wol.
4176 herr ich scbentt nicht der frawen art. 4111 = A ( Schröder
564). 4178 in = A. ernsthafft. 4179 daz aller schirist. 4180
324 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
doch] auch = ß. 4181 plod vgl 493. ir fehlt, zu 4183 vgl.
Schröder 573. 4184 irn. 4186 Eraclius. 4188 hilft auch.
4190 ja M?^ 4191 = ß. 4192 = ß. 4197 was do = ß. 4199
= i. 4203 ja herre. 4205 mazzen. 4206 enpait. 4209
= B. 4210 vil gezogenleich si in. 4211 seit got wilchüm.
4212 er sprach] ja. vil wol. 4213 nach. 4214 = i. 4216
daz] es. 4217 herre fehlt = B. wol gevalle. 4218 sprachen.
4219 vnseliges. 4220 saget mir fehlt. 4223 vnd auch daz I.
4224 es wirt ew czwar. 4225 seit ir = B. 4228 iuch fehlt.
4229 ewch br. 4232 da red ich sprach si. 4233 tun lat.
4234 = i. 4235 sult ir fehlt = .4. ain. 4237 sneyduncz.
4239 oder prün. hurd glüt. 4240 ir mir. würde] tut. 4243
sin hin k. 4245 von der. 4246 wan nur. 4247. 8 fehlen.
4252 mag ich = B. 4253 hie verlorn. 4256 den] dem. 4257
lebentig. 4259 wider ew nicht. 4261 er sol. habent. 4262
elliu] gar = B. 4264 vil z. (Bech 132 gezouweliche). 4266 bal-
dichait. 4267] der ew torst m. (B). 4268 mir in [her]. 4269
des] daz. 4271 ain. 4272 ja \r == B. 4273 wer = .4. 4274
nindert. 4275 da üze] aber. 4276 ew. 4277 sterbet] tött.
4278 got fehlt. 4281 fraw wizzt d. ist misselan. 4282] vnd ist
nicht gvit getan. 4284] offenleich. 4285 trouwe ö fehlt. 4286
er haizt spr. 4287 schoene] suezz. 4289 nü fehlt = B. mich]
Inhalt. 4290 pait. 4291 = ß. 4297 si ez. 4299 Er sprach
junger = B. [her] dar, vgl 703. 4301 habt] seit. 4302 = B.
4303 mir sagen nü z. 4304 des fehlt = B. ist ir icht. 4305
von mir sey (B). 4308 miu] ein. 4310 ew wol an (B). 4315
irem. 4316 irn. 4317 gar fr. 4318 dar nach hiez. 4319
grozz. 4335 nach 36. 4335 daz g.] des alles (B). 4336 waz.
4337 in si] sein (B, vgl. Schröder 574). 4342 chaiser herr [so]
mich dunket = B. 4343 man fehlt, sin] ewr. 4344] sullen
wesen ain 1. 4346 sew paid. 4351 rieht. 4353 er versünt
sich nicht. 4357 velsche. 4359 aber fehlt, lieber h. 4360
di schult = ß. müz sein. 4361 minen m.] wie ir tut = 5.
4363 dis gute (B). 4364 = B. 4367 = B. 4368 chain weis
Romisch (B). 4369 wan der grozzen. 4370 aller werlt si.
4371 selben /cWf. 4372 got nicht engan. 4374 so müz. 4375
dannoch behalt. 4376] ez ist daz aller pest daz selb. 4377
lazt. tiach 4377 der mir dis wicz hat gegeben 1 gan er mir noch
des leibes 1 ich schaff ew eines weibes 1 an der ew nimmer misse-
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 325
gat I die weil dise werlt stat | vnd ob ir so lang sult leben (B,
in A ausgefallen). 4378 un fragt ewr ratgeben (B). 4379] wie
in die red gevalle. 4380 herren sprachen. 4382 er] der chaiser
= 5. 4386 im. 4391 iu dar ab] dauon. 4393 si do. 4394
des wart die cbaiserin vil fro. 4395 do paz. 4396 saz oder
lac. 4397 dann auf all der (B) czirhait. 4398 pet [was]. 4399
wart auch w. sicherleich. 4403 ez] daz. irn. 4403 si in.
beswert. 4404 bewert. 4408 auch w. sicherleich. 4411 min-
nichleich. 4414 die] der. er] si. 4415 in einem vngüten , vn
scheint getilgt durch einen punct über dem n. 4416 so sol er.
4417 — 2A fehlen, dafür t ext Heinrichs v München: rote Überschrift
Dicz ist nü von Sauinianus vnd von Bonitacius dem drey vnd
sechczigsten pabst ze Rom , die in 16 versen behandelt werden
(s. 570"); hierauf rote Überschrift Hie bort nu von Eraclio dem
acht vnd sechczigisten chaiser do der an daz Reich cham do was
von gotes gepurt sechshundert Jar vnd zway vnd zwainczik jar.
auch nierkcht wie er daz heilig chrewcz gewan. Nu habt ir hie
vernomen wie es darczü was konien. im folgenden verwertet HvM.
wider verse oder reime aus Ottes Eraclius. 4425] daz focas die
chron erwarb. 4426] vnd wie er dar nach starb. 4427. 8 fehlen.
4429 in seinen jungen tagen. 4430 do focas wart erslagen.
4431 do wart E. 4432 wart fehlt, da. 4433. 4] daz macht
allez sein weistum | wann er was piderb vnd früm | des er vil
wol genoz ] an daz reich man in chos (vgl. Maßmann Eracl.
s. 377). 4435] wan er was weise genüg. 4437 aller maist (B).
4438 macht. 4439 — 88 fehlen, dafür HvM. als ich vor gesagt
han 1 Eraclius wart ein gewaltig man | davon er vil streit tet | als
von im geschriben stet (vgl. Mafsmann aao. s. 378) | vnd als ich
ew wil sagen |nü merkt es was in den tagen] ein chunig in persia
dem laut I der was Cosdras genant. 4489 der was ein. 4490 J.
het er b. hierauf den Juden tet er ez czu vnern | daz si sein
abgot nicht wolten ern. 4491 dauon er die stat czu stört (B).
4492 woljdikche. gebort. 7iach 4494 daz heilig chreucz nam
er von dan | daz hie vor Helena | het funden vnd lazzen da.
4495 daz chrewcz er fürt in persia laut. 4497 allenthalben in
d. haidenschaft. 4498 chraft. 4499 harte] vil.
4500 vil gew. 4501 ein man fehlt. 4502 einen, im fehlt
= B. 4505 ein michel. 4506 ob ich ew sait b. 4508 ist
doch = ß. altez] wares. 4509 ist iedoch] auch. 4512 harte]
326 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
gar. 4515 daz het. 4516 = 5. 4517 da] als. 4523] wem
daz gezem. 4525 er sein g. 4526] daz er dana br. 4527]
sein Opfer dar v. g. 4528 heilig chrewcz. 4530 vnder weilen
ein michel (B) seh. 4532 da fehlt. 4533 sumeliche] frümic-
leichen. 4537] des frewten si sich ser. 4539 = B. 4546
= B. 4547 daz er ein almechtiger got. 4548 vnd gew.
4549 und fehlt = B. haizzen. 4551 ze] pei. 4553 also.
4555 teten si vor grozzer. 4556 in do gepot. 4558 so]
da. 4559 dirr. 4561 tragen. 4562 er der christenhait s.
4563 vnd der. 4564 vnd der im gehelfen mochte (B). 4565
hervarl] czii der vertte. nach 4566 wo er sei hin wolt lailten |
sein mann sich do beraitten. 4567 Persiau. 4568 er wolde
sich (B) an Cosdran. 4569 lies gotes (bei Graef drnckfehler).
4570 seinen. zubrechen. 4571 der] er. [der]nider. 4572
gewunn er (B) nicht daz heil kr. 4573 nach 74 = B. 4573
do er do h. 4574 so solt er nicht w. 4575 als im do stünt.
4576 do sampt der. 4577 gepet. 4578 ein wolgetane rot = 5.
4579 wol fehlt. 4581 an] in. 4582 wuchsten. 4583 het
gemacht. 4586 vil wol. 4591 harte] vil. 4592 vachten (= B)
einen starken st. 4593 nach 94. 4595 in allen czeiten (A).
4596 wo si. 4597 der schade] ir (B). 4598 doch nicht. 4599
daz half doch n. 4601 daz müst alles (B) da n. 4604] wann
ein stollz ein er tr. (B). 4607 nach 8. 4607 als ich da uor
sprach. 4608 = ß. 4611 E. der. 4612 wol fehlt. halbs
(B). 4613 e sein würd inn der chunig Cosdras. 4614 lürstig.
4615 torste. 4617 weib oder man. 4618 den 1. nemen san.
4619 wer. 4621 nü waiz ich wie ez cham (B). 4622 = 5.
4623 vnd als. bechant. 4625 Cosdras usw. 4626 = B.
4630 sein leut die man. 4631 ez t. die R. 4632 = B. 4633
den seh. und [durch]. 4637 chrefTtig. 4638 [norder]mer. 4640
wem ein tail zu b. 4641 ir] der cristen. 4642 ez fehlt. 4645
und gewaltiger in. 4647 = B. 4649 guot fehlt. 4651 Er g.
dem sün fl. 4652 der vil. 4653 man] er. 4654 man] er.
4655 noch] vnd. 4656 er für durch all (B). 4657 im die
macht. 4658 == B. 4659 vil sanft (B) solt er tun daz. 4663
möcht. über] wider. 4664 unz fehlt. 4665 für. sin] mein.
4666 = B. 4667 für dann zu. 4668 zu Rom vnd czu. 4669
solt er (B) im Iwingen. 4670 = B. 4671 pull: 4672 er sull.
4673 so must (B). 4674 im und seine. 4677 solt er varn
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 327
gen dem roten (B). 4678 der chunig sant sein poten (B).
4679 der gotes veint C. (B). 4681 mannen zu mannen. 4682
vnd (B) g. mit dem pannen. 4683. 4 fehlen. 4685 er czu
vertt sw. 4687 wo. 4690 = B. 4691 = B. 4692 ich = A
(Beck 132). 4693 als manigen (B). 4694 miir] nie = B.
4695 nu] Do. ieclich] der = B. 4697 sie der] im die. 4698
fehlt. 4699 fröleich. 4700 unde] von. nach 4700 t'urt der
helt hin dan. 4701 = B. 4702 da (lies dö 7mt Haupt und
Bech)] sein van. 4704 manig rast (B) vnd manig. 4705 iinz]
ee. 4706 = 5. 4709 Rewzzen. 4710 es vv. snell u. gr.
4711 sagt. 4712 haizzt. 4714 die was michel vnd prait.
4716= iß. AI n rehte fehlt. 4718 die s.] sein lewt. 4719
herberge] rat. 4726 liezen. 4727 unde v.] vnder wegen. 4728
[durch] r. 4729 swartz (B) u. rocig (rotig?). 4732 ode] vnd.
4733 gern. 4734 niht] nindert. 4736 begünd. sein. 4738
da] seinem hertzen. 4739 Eines m. 4740 rueft. 4741 in d.
haidnischem. 4742 ygleicher. 4745 si sampten gar seh. 4746
wol fehlt. 4747. 8 fehle7i. 4753. 4 fehlen. 41 bb eines mannes
müt. 4756 nach 4758. 4756 also. 4757 er sprach (B) nü
dar. 4758 nü g. in ewrn. 4759 ir her chempt. 4760 vnd
durch wen ir daz chrewcz nempt. 4761 daz sult ir erczaigen
(B) h. 4762 es ist ein verworchtes lewt (4767). 4763 über
fehlt. 4764 vil fehlt. 4765 ez sei dann daz si vns (B). 4766
si chomen nicht von h. 4767 gar ein p6se d. 4768 ir helt.
hin nicht. 4771 hiute fehlt. 4773 er v. in daz (B). 4774
sicherleich. 4776 da ist vngleich gevelle (B). 4778 sie] do.
4781 = B. 4783 an. 4785 dA fehlt. 4787 vil fehlt = B.
nitliche] ellenthalter. 4788 ine] ich. iu] mer. 4789 an ein.
4791 vil manig. 4792 also. 4794 geslagen. 4795 der haiden
wart gar vil. 4796 zabelspil. 4797 erslagen daz triben si vncz
an (B). 4799 an den. 4800 do die. 4802 zerstrewt. 4803
mit den. 4805 weizel] pinden. 4807 si da] die haiden. 4808
daz h. g. begünnen. 4813 wurden (B) alle fr. 4814 daz ez in.
4815 wider /"e/i/?. irn. 4816 sich des. 4817 ze] einen. 4818
dem h. von dem. 4819 Cosdra. 4824 under den = AB. den
fehlt. 4825 vnd ez. 4826 erslan (B). 4827 er es. 4828 da
vil] dannoch mer. 4829 = 5. 4831 einen] ain. 4832 liez ("ßj
es. rain. 4834 würde] mocht werden. 4836 belibe herr (B)
über die h. 4837 swür dann seinem. 4840 welcher (lies mit
328 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
B sweder) da den leib. 4841 daz man in leichter möcht. 4842
ein gancz h. 4843 ging. 4844 in wizzen lieze. 4846 also
enpot im Eraclius der m. 4847 Do der = B. 4851 und] er.
4854 sin ere] dise rede. 4856 eine fehlt. 4859 wie wol.
4860 so veige. 4861 wie es (B) halt a. erge. 4862 mich ain
= A. also beste. 4863 fehlt. 4864 ich mach im diese rede
also lait. 4865 daz im nie wart so lait. 4866 in wirt gerewen
die vart | daz im laid wart. 4867 = B. 4868 daz er des zu
(B). 4869 = B. 4870 = B. 4871 = B. 4872 vnd lazz vos
auf g. 4875 vnd haiz die her czu sam chomen. 4876 vnd nem
die er vnd den friimeu, 4877 wir nu. 4878 gisel] insigel.
4880 wir [so]. 4881 vnd daz dise (B) r. 4882 = B. 4883]
daz muzz stet b. 4885 si fehlt. 4886 = B. 4887 nü fehlt
= B. 4889 gestifft von in. 4890 ingesidel. 4892 hiezen si.
4893 beide] ir = B. ors vnd ir. 4898 er ez. 4899] er für
doch vnrecht. 4900 er gleicht nicht einem zaghaften kn. 4901
fehlt. 4902 und] er. 7iach 4902 ir freud hat michel chrafft.
4903 slacht. 4904 in (B) dem h. 4905 was. 4906 ir chainer
= B. des. 4907 = B. 4908 er wont lob vnd er e. 4909
schal wart vil gr. 4910 do des d. h. [dö] (B). 4911 legt er.
4912 mynnichleich. 4913 hin czu. 4915 nac/i 16 = 5. 4915
ez fehlt = B. uam wol geczem. 4917 vnd als. 4918 got] im
vil. 4920 gar fehlt. 4921 er] vnd = B. 4926 tag. 4928 wart
se stund g. (B;. 4929 [und] als schir = B. 4930 hete e.] her
pat. 4931 sän] schon, 4932 dar nach tercz vnd uon. 4934
= B. nach 4934 dem hiez er messe singen | wer sich an got
let dem mag wol gelingen. 4935 dem h. auch g. 4936 daz
er gotes leichnam nam = ß. 4938 dö] darnach. 4939 harnasch.
4940] daz im nichtes nicht geprast. 4941 Auf eine tebich nicht
czu prait = ß. 4942 wart ein chusselein g. (B]. 4944 vil fröleich.
4945 daz. 4946 schuohte] preist = B. an] vmb. 4947 = B.
4950 [weder] zu weit. 4951 do schüt er. 4952 gute ring (B).
4955 — 8 fehlen. 4960 warn darein g. 4961 von = B. der
was] vil. 4963 also. 4964 = B. 4965 scharpf] swarcz. 4967
wes im. 4972 [niht] ze mazzen. 4976 an der br. dem. 4977
macht, heiligen kr. 4978 alsus. 4982] in chunigleichem
harnasch. 4986 es was frech (?) u. st. 4987. 8 fehlen.
4989 sein rauit warn. 4991 gleicht. 4997 begert. 4998 vmb
sich ein sw. 4999 [diu] was.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS 329
5000 daz gehulcz vud der kn. warn. 5001 von purpur.
kursil] gurt seit. 5003 ouch] ez. 5005 sam. 5006 heim.
5007 ein ar gegozzen von gold. 5008 recht als er leben schold.
5009. 10 fehlen. 5011 dö] also. 5012 gleich er. lies gelich er.
5013 er reit] cham er geriten. 5014 E. het sein chawm erpiten.
5016 chert. 5017 gerihtem. 5018 diser] er. 5019 an ein
a. an s. 5021 7iach 22. 5021 [und] vazzten do ir. 5023 si r.
vast die sporn. 5024 wann in was ernst. 5025 wie] vil. 5028
einen just der. 5029 triben dar] riten so. 5030 daz ir. 5031
nahent in hundert stukke prach. 5035 mit fehlt, gleicher.
5036 just ir paide. 5038 zu den. 5039 die rukten si. 5040
an in = A. 5044 gen. 5046 sie] ez zwen. 5047 czü allen.
5048 da. 5049. 50 fehle7i. 5052 ir ietweder. 5053 waz mag
ich uü mer gesagen. 5054 schier] paid. 5055 si paide müde.
5056 die ors varn. 5061 ors. 5064 si die herren. getragen.
5067 wille schon von Mafsmann conjiciert. 5068 der t. man
Cosdras. 5070 erczaigten aui der erd z. 5071 und] si. ors.
5072 erst müst es. 5075 si b. an ein. 5076 böde] gut. 5078
schirmten [in]. 5080 si do. 5081 igleicher. 5082 siege vil
an czal. 5083 ein ritterleich türniru. 5084 vnd wern die
champh hirn. 5088 der sich gleich an ein. 5089. 90 fehlen.
5092] beiden geleichen. 5093 der — diser. 5094 daz fehlt.
5095 zerhawten. 5096 wer n. gewesen d. eysnein gewant.
5097 paider. 5098 geendt. 5099 [der] was vil. 5103 uü waiz
ich wie daz. 5104 treiben begünden. 5106 edler. 5108 du
wellest dann. 5110 nü ergib dich [helt]. 5111 machstu fristen.
5114 daz enwell. 5116 czu champf. 5117 seiner gnaden.
5118 dem] wann. 5119 [einer] churczer. 5120 uü] so. 5121
versawmpt sich. 5122 do tet er einen swinden strich. 5124
im gab got hilff daz. 5125 Cosdra ein. 5126 den selben] czu
den. 5127] scharffer red mit dro erliez. 5128 gab er im miet.
5129 vncz daz er must. 5131 er sprach [noch] hab. nach 5136
ja wie zegleich tet ich daran | chem mich der wille an | daz ich
mich ergeh in deinen gewalt | ich hau so manigen bell ervalt |
daz mir verr lieber wer der tot | e ich durch cbainerlay not |
mich yemand wolt ergeben | ich wolt e wagen tausent leben |
daz die stunden an meiner chiir | ee ich mein manhait verlür.
5137 ich wer halt pöser dann. 5138 vlür ich dich sei vnd leib,
hierauf ich sag dir offenber | nicht für ein gelogens mer | mein
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 22
330 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
lebeQ wer mir ymmer unrain | mein hercz ist harter dann ein
stain, 5139] mein leut bieten mich als ein andern mist. 5140
pait do chaiu. b\A[ fehlt. 5142 ab aldo. 5143 wurden. 5144
dö] so. nach 5144 daz si verhaizzen hellen do. 5145 als.
5148 von dann hub sich der herr san. 5149 vil froleich ze P.
in daz lant. 5150 fehlt. 5151 wann er nindert widerwant
nach 5152 als vns daz püch hat genant. 5153 saz] was. 5154
do. 5156 daz mer torst im niemand sagen. 5158 der. 5160
woi geczogenleich. 5161 hören] heiigen, er ez. 5163 harte
fehlt. 5164 du vil, 5165 du würd des nie [so]. 5167 torst
an g. 5169 tumbhait, 5170 vil lait. 5171 dii versuenst dich
dann. 5172 vnd nach, rate und fehlt. 5174 Cosdra. 5181
der k.] Eraclius. 5182 sein sw. den h.] in. 5183 und] er.
ab. 5184 er het einen jungen chnabn. 5185] der was sein
aingeporn chind da. 5186 daz lurt er in Judea. 5187] da ez
seint sein end nam. 5188] vnd auch von dem leben cham.
5189 gerach. 5190 trughimel. 5192 seine. 5194 [die] sant
er gen den. 5197 gen Syriam. 5199 dö] des. 5200 der h.]
Erachus. 5201 gen. 5203 [daz] da man. 5204 nacht u. tag.
5205 wann vor ostern an. 5206 = A. 5210 = i. 5212 dö]
doch. 5218 seiner. 5219 michler. 5226 namen des m.
5227 also] allez. 5228 der gotes engel spr. 5229 zu obrist.
5230 habe dar] laug hie. 5232 daz tor. 5233 [dö] er fürt.
5237 so sollst daz kr. haben. 5238 mendleicher. 5239 sä
fehlt. 5241 weder hört noch sach. 5242 leider nie. 5245
do erpaizzt. sä fehlt. 5246 ab im. 5247 sein. 5248 vmb
sein grozze. 5250 jemerlich. 5252 envoln sagen. 5257 wann
daz er czu got gnadt san. 5258 schuldig. 5261 daz got seinen
czorn lie. 5262 daz] vnd die mawr. 5263 vnd aber. 5264
und fehlt. 5266 hat. 5267 wund'. 5268 in der haut tr.
5271 wol] schon. 5272 selige hervart. 5273 vint. an der kr.
5274 daz E. 5275 gevrlewgt wol. 5276] in dem sibenden jar.
5277 pracht er daz chreücz gen Ihrlm hin wider. 5279 selb.
5280 leit. 5281 nent man ez [so]. 5282 exaltatio sancte crucis.
5284 vind wir. 5285] Eraclius der mer. 5288 liset mau] sagt
vns daz püch. 5290 vor. 5291 dar. 5292 er] vnd. 5295
gaistleiche wat. 5296 sein missetat. 5297 er lait maniger
slacht not. 5298 vnd wart do. 5299 vnd] mit. 5300 czelen,
lies Zellen. 5304 er in. 5305 [und] der mit d. pösen geist.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS
331
5307 da. stall 5309 — 74 heifst es dann bei Heinrich von München,
der hier den lext der Sachs, loeltchronik (ed. Weiland, Deutsche
Chroniken u 139, 5ff) mit teilweiser benutzung von Ottes Eraclius
in reime bringt:
Bey den selben czeiten auch was
ein chunig, von dem ich las.
der was Tagprecht genant,
zu Frankreich saz er in dem lant,
5 da selb er herr inne was.
der het belwungen, als ich las,
die Sachsen czu seiner hant
(5327. 5338)
vnd auch die Payr vncz anUnger-
lant (5328. 5337).
chunig Tagprecht was ein pös
man,
10 wann er Eraclium pracht daran,
daz er den rechten glauben verlie
(5345)
vnd seinen irrtum anevie(5346),
also daz er ein chetzer wart,
daz selb räch got in churczer
vart,
15 als ich ew noch sagen wil,
so wir chomen an das czil
an dem chaiser Eraclio.
einen sün het er aide,
(576*^) pey seiner swestertochter
er den gewan.
20 der selb junge man
was Erodianus genant,
noch was im ein sun erchant:
Constantinus der selb hiez.
sein weih im den selben liez,
25 wann er sein rechter sun was.
nach dem, als ich es las, ^
sach Eraclius der werde man
an dem gestürn, daz müst ergan
(5351)
ein dink an im vil drat.
er sach an der selben stat, 30
daz in ein her solt bestan (5352),
daz solt sein ane wan
besniten nach der Juden e(5353).
waz sol ich ew sagen me (5354)?
er wont, der helt mer (5355), 35
daz es das gesiecht der Juden
wer (5356).
dauon er an der stund
vber al pieten begünd,
daz man alle Juden tauffund was.
auch pat er, als ich las, 40
chunig Tagprecht, daz er
durch in vnd durch sein er
auch tauft in seinem lant
alle Juden, daz tet czu hant
Tagprecht der chunig reich. 45
Eraclius was frewdenreich.
do die Juden getauft warn,
er wont in den jarn,
er solt vor in sein genesen;
die Juden sollen es nicht weseu, 50
die in solten haben bestanden,
es Cham darnach aus den landen
ein Volk haizzet Agarein.
die selben suUen besniten sein
1 vgl. zum folgenden die prosaauflösung in der Wiener hs. 2766
(Mafsmann Eracl. s. 517). 9 statt Dagobert sollte es Sergius heifsen,
vgl. Eracl. 5343. 53 vgl. Eracl. 5358 und Ekkehard, der hier quelle
für die Sachs, weltchr. ist, Agareni qui et Sarraceni (MG SS 6,153^36).
332
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
55 vnd sind auch nach der Juden ee.
dem chaiser taten si uil we
an dem reich mit irr chrafft,
wann es was vil manhaft.
si gewunnen Anliochia,
60 Damascum vnd Egiptum da
vnd twüngen darnach der lant
mer.
des vorcht im der chaiser ser
vnd für do in der haiden lant
vnd prach auf zehant
65 Caspias porlas,
da mit Allexander, als ich ew las,
verslozz manig grimmige diet.
des selben Volkes in got beriet
anderthalbtausent hundert man.
70 die fürten alle harnasch an,
(576'^) dazvvas von lautterm gold.
got was Eraclio nicht hold,
dauon daz er in vnert
vnd von im hette gechert
75 mit der checzerey.
5375 kraft] räch (?). 5376 der chaiser E. [dö]. 5378 seiner
grozzen. 5382 vor rechtem 1. 5383 daz was an d. wazzer-
sucht. 5384 vertruoc] led. zühte] genücht. 5385 wider] gen.
5386 [diu] was also. 5387 im got vergab sein, nach 5388
als er noch tut manigem man | der sich von sunden wil ehern
lan I vnd puez darüber nemen wil. 5389. 90] an dem selben
czil I starb Eraclius in den tagen. 5391 Constenopel. 5392] do
er daz reich het gehabt furwar | eben an ains dreizzik jar. hierauf
rote Überschrift: Dicz ist nü von zwain pebsten vnd waz auch
die weil geschach und nun wider, wenigstens von z. 14 an, nach
der Sachs, weltchr. (139, 28 ff), in die Ottes reime einverleibt
werden. '
Pey Eraclio dem chaiser was Adeodatus was er genant, [vant,
ein pabst, von dem ich las. von im ich nicht mer geschriben
• in C^ stehen an dieser stelle nur lizeilen, lediglich die päbste Jde-
odatus und Bonif actus behandelnd. anfang Pey Eraclius dem Chaiser
waz. schluss als ich von im gelesen lian.
nü merkcht auch hie pey,
wie Eraclio geschach.
mit dem her für er darnach
auf die besniten Agarein.
do der streit nü solt sein 80
des morgens von in geschehen,
in der nacht begund man sehen,
wann got wolt sein nicht ver-
tragen (5369),
ein michel wunder, lat ew sagen
(5370j:
des nachtesdo daz her lag (5371), 85
do Cham von himel der gotes
slag (5372)
vnd slug dem chaiser an der
stund (5373)
seines volkes die warn gesünt
zway und funfczik tawsent man.
die andern fluhen do von dan. 90
also räch got sein niissetat,
die Eraclius begangen hat.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
333
5 wann daz er was ein heilig man.
drew jar er leben began.
(577^) nach im aber ein pabst
wart,
der was an der selben vart
der fünf und sechczigst anderzal.
10 nicht mer lebt er vber al
wann fünf jar, als ich ez vant.
Bonifacius was er genant,
als ich von im hört sagen.
auch was pey den tagen
15 ein man, was Machmet genant,
von dem ich also geschriben vant,
daz er was ein arm man.
dar nach man in do uam
zu einem chunig in Affrica.
20 in den landen predigt er da,
daz man in dem paradeis
triinck vnd ezz irdische speis
vnd auch vncheuschait wer.
dauon macht der ern 1er,
25 daz in tümb lewte horten gern.
er begund si poshait lern,
dauon wonten si, daz
er wer der war Messias
vnd hetten in für einen got.
zwar es was des tewfels spot. 30
der werlt hat er vil verchert
(5313)
vnd den vnglauben gemert
(5314), [(5315).
als noch maniger laider tut
er hat daz hercz vnd den müt
(5316)
von got gar geschaiden (5317). 35
sein vater was ein haiden(5318),
ein judinn was die muter sein
(5319);
daz was an seinen werchen
schein (5320)
vnd an seinem leben (5321),
daz im der tewfel het gegeben. 40
dauon mftz er verdampt sein
immer in der helle pein.
Hierauf von Eraclius söhnen Constantinus und Erodianus.
I C teilt gelegentlich falsche lesarlen mit AB: zb. 1508. 1609.
1964.2111. 2291. 2745.
II BC — A. 1. in einer grofsen reihe von fällen gehen, wie ein
blick in obige collation zeigt, die lesarten von BC zusammen und
zwar in den beiden ersten dritteln noch häufiger als im letzten.
2. gegenüber A weisen BC in den ersten 1000 versen plus-
zeilen auf nach 146. 164. 251. 274. 432. 514. 542. 662. 684. 716.
844. 870. 871.1 auch die plusverse in B nach 620 (in A aus-
* Herzfeld hält s. Ib f im gegensatz zu Graef s.\l die obigen plus-
zeilen mit ausnähme der riach 164. 716. 844, die auch ihm interpoliert
scheinen, für ui-sprüng lieh, somit für auslassungen von A und Behaghel
pflichtet ihm im Litteraturbl. 6, 184 im wesentlichen bei. aber mit Sicher-
heit lässt sich in den genannten fällen eine entscheidung nicht treffen,
zweifelhaft sind mir allein die stellen ?iach 514 und 542 (der grund,
aus dem Behaghel nach 542 eine interpolation annimmt, ist nicht stich-
haltig, vgl. 427. 8) ; die sämmtlichen anderen enthalten nichts notwendiges,
sondern führen bereits ausgesprochene gedanken nur weiter aus oder er-
334 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIUS
gefallen, Herzfeld s. 9). 632. 638 (in A ausgefallen) haben gewis
in der vorläge von C gestanden, das hier einen gröfseren passns
(619 — 44) überspringt, während nach 357 zwei zusatzzeilen allein
auf rechnung von B kommen, auffallender weise hört mit 871
die gemeinsamkeit von BC hinsichtlich der pluszeilen auf; nur
nach 4377 bieten BC noch einmal sechs verse, deren ausfall in
A sich aus dem homöoteleuton leben erklärt, während B allein
aufser nach 357 noch interpolationen nach 1381. 1382. 150S.
2975. 3061. 3205 [Graef s. 10, Herzfeld s. 16). 3223—5 (Graef
und Herzfeld ebenda). 3233. 3398. 3808 hat (nach 3707 zeigt B
wol echtes), finden sich in C, abgesehen von den gröfseren ab-
änderungen 4417 /f. 5309 /f, die durch die einfügung des Otte-
schen textes in Heinrichs von München Weltchronik herbeigeführt
sind, solche noch 354. 760. 898, statt 1426, nach 1528. 2692
(vielleicht echt). 3327.8. 3438. 4566. 4934. 5136. 5138.
3. in BC sind die verse 941 — 6 (941. 947 gleicher verseingang).
2019 — 28 (wegen prüderie) ausgefallen; das fehlen von 873. 4
erklärt sich durch die inlerpolation nach 870. 871.
4. BC stimmen A gegenüber an folgenden stellen in der vers-
reihenfolge überein: 263. 4. 779. 80. 849. 50. 855. 6. 2355. 6.
3943. 4. 3995. 6. 4573. 4. 4915. 6. von einander unabhängig
haben B und C außerdem noch mehrfach Umstellungen vorgenom-
men, die hier nicht aufgezählt zu werden brauchen, vgl. Graef
s. Uff. Herz fehl s. 10.
III AC — B. aber auch mit A zeigt C manig fache berührung,
die freilich aus der collation nur selten sichtbar wird, da diese
den Gr aef sehen t ext , der auf A beruht, zur grundlage nimmt und
demnach eine Übereinstimmung zwischen A und C nur da verzeichnet,
wo Graef lesarten von A in den Variantenapparat verwiesen hat.
streben grö/'sere deutlichkeit (870. 1). auf die unursprünglichkeit dieser
■pluszeilen, wenigstens an den meisten stellen, möchte ich weniger aus
jedem einzelnen falle schliefsen als vielmehr daraus, dass A sonst BC
gegenüber sehr selten auslassungen zeigt, sicher ausgefallen sind in A
nur die verse 289 f 549/: 2310. 2389 — 92 (homöoteleuton s. Graef
s. 14). 2887 f (Herzfeld s. 9fJ, sowie die sechs Zeilen Jiacli 4377, vielleicht
auch die zeilen nach 3707, die sich allein in B finden (auch Behaghel
hält die letztere?i für ui-sprünglich). es ist tvol denkbar dass ein Schreiber
gegen ende seiner arbeit flüchtiger wird, auslässt oder zusajnmendrängt,
aber in unserem falle mit Herzfeld anzunehmen, der Schreiber vo?i A
habe gleich am anfang liederlich abgeschrieben, gegen ende aber sei er
sorgfältiger geworden, das ist wenig glaublich.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 335
AC stehen rinn aber durchaus nicht lediglich hei besseren lesarten
im vergleich zu B zusammen, sodass die meinnng, Übereinstimmung
von AC weise stets auf den echten text , nicht ausnahmslos zum
grnndsatz erhoben werden kann.
1. AC bieten eine nnur sprüngliche resp. falsche lesart zb. 243
(vgl 300). 1026. 2643. 3700. 3721. 4086. 4273. bedeutsamer
ist dass ungenauen und dialectischen reimen in B reine in AC
gegenüberstehen, ich halte Herzfelds Zusammenstellungen darüber
(s.ll2}f, vgl. auch 24) nicht alle in gleichem mafse für die ur-
sprünglichkeit von B beweisend — gelegentlich (2179. 2714)
wird es sich um reine ßüchtigkeit in B handeln; vgl. auch 2856.
3535.6 — : die tatsache bleibt bestehen, und zb. in einem falle
wie 2753. 4 ist die ursprünglichkeit von B die einzig natürliche
annähme.
2. C teilt mit A eine interpolation nach 1495, die mit recht
als solche schon von Graef, der doch sonst für A eintritt, erkannt
und in die lesarten gesetzt wurde, dass die zahlreichen verse, die
B abgehen, mit verschwindenden ausnahmen sich als auslassungen
erklären und nicht etwa, wie Herzfeld will, interpolationen von A
sind, das mm noch durch C gestützt wird, hat bereits Behaghel
hervorgehoben, die wenigen intetyolationen , die A allein zeigt
(nach 1266. 1563 = 1557. 2587 = 2578. 4476 = 4484), finden
in irrtümlicher widerholung vorhergehender verse ihre erklärung,
s. auch Graef s. 13.
3. AC zeigen B gegenüber gleiche versreihenfolge 367. 8.
673. 4.
IV dem Verhältnis von C einerseits zu B, andererseits zu A
reihe ich einige bemerkungen an über das, was C allein eigen ist.
1. aufser häufigen zeilennmstellungen hat C vielfach lücken
aufzuweisen, die gründe hierfür sind zufälliges oder beabsichtigtes
auslassen, beabsichtigte kürzung: 653. 4. 685. 6. 1491. 2. 1567. 8.
1595. 6. 2041. 2. 2404. 2872 — 5 (homöoteleuton). 2937. 8.
3149. 50. 3341. 2. 4118. 20. 4147. 8. 4247. 8. 4683. 4 (4682. 4
beginnen mit und). 4747. 8. 4753. 4. 4955—8. 4987. 8. 5009. 10.
5049. 50. 5089. 90. ausfall eines oder mehrerer verse und er-
satz durch einen neuen: 807. 846. 2721. 3351—3. 4863. 4901.
an stelle von 1747. 8 sind vier neue zeilen getreten, allgemeine
belrachtungen, wie sie der Eracliusdichter gern anstellt, lässt C als
für den fortschritt der handlung unwesentlich bei seile, hierher
336 BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS
gehören 619 — 44 (über armut und reichtum). 2531 — QO (über
die huote). 3383 — 98 (man kann nicht hoch genug streben mit
bezug auf fraiienwahl) ; auch der ausfall von 2019 — 28 tcäre
hier unterzubringen, wenn nicht B gleichfalls dieser passiis ab-
gienge, was doch schwerlich auf zu fall beruht (siehe oben unter
II 3). die erziehungsgeschichle des Eraclius wird gekürzt: 393 — 426
fehlen.
2. die Zusätze in C sind schon unter ii 2 verzeichnet; doch
ist hier noch jener änderungen zu gedenken, die von C (dh. Hein-
rich von München) vorgenommen sind zum zweck der einverleibung
unseres gedichtes in eine umfangreiche Weltchronik, die verse
4417 — 24 sind durch IQ zeilen über die päbste Sabinianus und
Bonifacius ersetzt, der excurs über das griechische kaisertum (4439 bis
88) ist übergangen , an seine stelle unter teilweiser benutzung Otte-
scÄer reime (4425 — 38) ein -passus getreten , der zur geschichte von
der kreuzesgewinnung überleitet (4489 ff), für 5309 — 74 und
nach 5392 bietet C einen versificierten text der Sächsischen welt-
chronik, auch hier loider Ottesche reime verwertend.
3. abgesehen von der Umwandlung ganzer zeilen ändert C
die reime, um mitteldeutsche reime oder nicht gemeindeutsche worte
auszumerzen, oder in folge vorgenommener kürzungen, sehr oft
aber auch rein willkürlich: 208. 526. 560. 703 und 768 (vgl.
1639. 40. 4021. 2. 4299). 805. 1283. 4. 1657. 8. 2077. 8. 2080.
2187.8. 2488. 2526. 2609. 2721—3. 3283—8. 3313 /f. 3361.
2. 3623.4. 4117 — 9. 4123.4. 4239.40. 4281.2. 4617.8.
4931. 2. 4939. 40. 5007. 8. 5127. 8. 5281. 2.
Die obigen Zusammenstellungen ergeben für ABC folgendes
Verhältnis: bereits die vorläge von ABC (s. unten im Stammbaum x)
war fehlerhaft. C stellt sich näher zu B als zu A und weist mit
B auf eine gemeinsame quelle (y) , die nicht frei von interpola-
tionen war (s. oben ii 2). da C aber auch mit A berührungen
hat und zwar nicht nur im echten sondern auch im unursprüng-
lichen, so ist für C eine vorläge (z) anzusetzen, die im wesent-
lichen den text von B enthielt, daneben aber am rande lesarten
nach einer A nahe stehenden hs. zeigte; diese lesarten betrafen
vor allem die glättung der reime, aber auch irriges, sinnstörendes
wurde mit angemerkt, der oberdeutsche Schreiber von a nahm die
am rande stehenden lesarten nach gutdünken in den text auf und
dieser mischtext bot für Heinrich von München (C) die vorläge.
BEITRÄGE ZUR KRITIK DES ERACLIÜS 337
Original
a
Heinrich von München
Ob der fragmentarische schluss von B dem Schreiber von B oder
seiner vorläge — «n diesem falle wäre zwischen y B ein ß einzu-
fügen — zur last fällt, mag dahingestellt bleiben. — die kritik ist
übel daran, da sie selbst dann, wenn AC gemeinsam B gegenüber
den besseren text haben, nie sicher ist, ob die lesart von x oder
z vorliegt, immerhin werden wir in der Übereinstimmung von AC
in der mehrzahl der stellen die ursprüngliche lesart erkennen dürfen,
wo BC A gegenüberstehen , ist jedes mal betreffs des echten zu er-
wägen, während B, was Graef verkannte, altertümlicher und ur-
sprünglicher ist in spräche und reim, ist A in so fern ein sorg-
fältigerer abschreiber, als er wenig auslässt und kürzt, auch nur
sehr selten etwas hinzusetzt; seine änderungen bleiben auf das
einzelne beschränkt, inhaltlich ist A nicht ausnahmslos aber über-
wiegend der treuere gewuhrsmann , der sprachlich freilich viel öfter
durch B^C) controliert werden muss, als Graef das getan hat. man
kommt eben beim Eracliustext , wie ich schon im eingang betonte,
nicht über einen eclecticismus hinaus. C an sich bietet wenig wert-
volles, viel törichtes, wo C den text von AB bessert, habe ich die
lesart durch gesperrten druck hervorgehoben, letzteres ein par mal
auch da, wo es sich um die ursprünglichere lesart von BC A gegen-
über handelt ; hierüber erschöpfendes zu bieten, lag nicht in meiner
absieht, auch aus der lesart von A und B(C) ist gelegentlich durch
combination der echte text herzustellen, wie schon Behaghel her-
vorhob.
Tübingen. PHILIPP STRAUCH.
338 MIT EINEM ATTRIBUT
MIT EINEM ATTRIBUT ZUSAMMENGESETZTE
PERSONENNAMEN.
In jeder Stadt Deutschlands, ja in jedem orte, wo sich ein
gemeinwesen befindet, gibt es personen, deren name vom volke
durch hinzufügung eines irgendwie characterisierenden oder blofs
bezeichnenden attributs näher bestimmt, individuahsiert und dif-
ferenziert wird, das attribut, welches den verschiedenartigsten
erscheinungen und lebensverhältuissen des Individuums entlehnt
sein kann, steht entweder vor oder hinter dem namen, und zwar
entweder mit demselben zu einer äufsern einheit verbunden oder
in eigener wortform.
Wie es heute geschieht, ist es auch in alter zeit gewesen;
nur dass dem mittelalter, besonders der frühsten periode des-
selben, die form der Zusammensetzung nicht so geläufig war als
der spätem und jetzigen zeit, wo sie gerade weit überwiegt,
das schlesische grafengeschlecht Schaffgotsch zb. stützt sich auf
Gotsche Schof {\2 ih.) dh. Schafgoltfried ; dem heutigen familien-
namen Mnndhenke ist der ältere einzelname Friderkus Mittem-
mnnde (Bacmeister German. kleinigk. 36^) vergleichbar; Witlmake
oder Wütmack und Langmaak lauteten in niederd. Urkunden des
15 jhs. Witte oder Wytte Make (weifser Markwart) und Langhe
Marquart (Mantels programm, Lübeck 1854, s. 9 und 23).
Vergleicht man die einzelnen hierher gehörigen namen unter
und mit einander, so stellen sich zwei hauptclassen heraus, je
nach dem das erste wort der Zusammensetzung ein adjectiv ist
oder einen andern, in der regel substantivischen oder verbalen,
begriff enthält.
Während namen wie Grofsmann, Kleinmann, Kurzmann,
Langmann, Schwarzmann, in so fern sie dasselbe bedeuten wie
Grofs, Klein, Kurz, lang, Schwarz, allgemein zu verstehen sind,
findet in Grofsheinrich, Kleinmichel, Kurznickel, Langpeter, Schwarz-
hans durch das adjectiv eine nähere bestimmung oder individuali-
sierung derjenigen personen statt, die an sich und ursprünglich
blofs Heinrich, Michel, Nickel, Peter, Hans heifsen. die in dem
adjectiv, welches entweder flectiert oder viel häufiger unflectiert
auftritt, enthaltenen eigenschaften sind nicht sehr manigfaltig;
ZUSAMMENGESETZTE PERSONENNAMEN 339
sie beziehen sich gröslenteils auf unterschiede des alters und des
aussehens (Jungjohann, Brminbehrend), zuweilen auf die läge der
Wohnung {Niederhegemann , Oesterhans) , sowie auf geistige Ver-
hältnisse (Khigkist, Quadejacob), andere beziehungen scheinen
fast völlig ausgeschlossen zu sein, die einfachen nameu, natür-
lich mit ausnähme derjenigen auf -meier, -midier, -Schmidt,
-Schulz und einzelner ähnlichen mehr, die gleichwol ihrerseits
dem zweifei anderweit ausgesetzt sind, entsprechen gewöhnlich
unsern sogenannten vornameu und davon abgeleiteten formen;
jedoch ist darauf kein gewicht zu legen , da vornamen auch ge-
schlechtsnamen sein können, namen auf -meier, -midier usw.
lassen im allgemeinen eine doppelte auslegung zu, je nach dem
diese Wörter den gattungsbegriff behaupten oder als eigennamen
gelten. Ohlmeyer zb. kann an sich einen alten meier und einen
alten namens Meier bedeuten, Lütjemidler einen kleinen niüUer
und einen kleinen mann mit namen Midier; ebenso steht es mit
Langschmidt, Schwarzschulz, Grofsschneider, Dolhveber, Kleinbecker.
von den vielen namen dieser art dürfen hier nur einzelne auf-
geführt werden, bei denen man die geltung als eigennamen an-
zunehmen einigen grund haben kann, während es allerdings
feststeht, dass die mehrzahl in appellativem sinne zu verstehen ist.
es folgen nun, nach der alphabetischen Ordnung des adjectivs
und des einfachen personennamens gesondert, eine anzahl heutiger
familiennamen.
Altfelix, Althainz, Althans und Althannfs, Altjohann und
Aldejohann, Altmeyer und Ohlmeyer, AltmiUter (? vgl. Milther altd.
Muather und Polt Personennamen 155), Altnikol, Altpeter, Olrahe,
Altrichter, Altschiitz, Altenberend, Altenbrandt, Altenheinrich, Alter-
beck (Beck oder beck, hecke, bäcker?), Altergott (? vgl. Mehlgott,
Seegott); Armbauer (? s. Bacmeister 15'').
Böswillibald ; Braunbehrend, Brunhuber und Brunhöber, Brun-
otte (vgl. Ficks Götliuger progr. 1875 s. 3^), Brnnschön.
Dollhopf, Dolleschall, Dollschneider , Dollweber.
Framhein (Hamburg) bedeutet 'frommer Heinrich', aber From-
berg, Frommhagen scheinen nicht die personennamen Berg, Hagen
zu enthalten, sondern locales Ursprungs zu sein ; Fidjahn (fauler
Johann).
Graumidier, Graupeter, Grauwirtz; Gravecarstens (niederd.
grave f. grove, von grof, grob), Grobmeyer; Grofsbernd, Grate-
340 MIT EINEM ATTRIBUT
brun, Grofsbudde, Grofsgebauer, Grofshans, Grofsheinrich, Grofs-
henn und Grotehen, Grotehenke, Grofshenm'g, Grofsherrig, Grofs-
johann, Grotjohann, Grofsjan, Grotjan, Grottan nebst Groterjahn
und Grotrian (frz. Grandjean] , Grofsklaus und Grotklags, Grofs-
kurt, Grofspietsch (kl. Grandpierre); Grünmäller; Gutberiet (ßevold),
Guthans, Gutheins, Gaudian (frz. Bonjean) , Gutkaefs (Cornelius),
Guthnick, Gutschmid, Gutschneider, Gutenjan und Guderian.
Der niederd. name Hilgenreiner , dessen zweiter teil jedesfalls
den namen Beiner begreift, legt in betreff des ersten teiles die
Vermutung nahe, dass in demselben das adjectiv 'heilig' (vgl.
Hilgenberg, Eilgendorf, Hilgenfeld) enthalten sei und der Reiner
etwa mit den sogenannten 'hilgen', wie in einigen gegenden die
widertäufer heifsen (Schambach Wörterb. 82'), in Verbindung
stehe; es kann aber auch ein ganz anderes wort zu gründe
liegen, nämlich hilge (anderswo hille), der Speicher über den
viehställen an der hausdiele (vgl. DWB 5, 1331), wonach der name
zu der zweiten hauptclasse gehören würde, in Hilligmeier ist
das adjectiv (niederd. hillig, hilg) besser erkennbar. Hochscherf,
Hochschon, Hochuli weisen auf einen hoch oder oben wohnenden
Scherf, Schon, Ulrich hin; vielleicht ist HocMöhz (Pott 617 denkt
au einen tänzer) ebenso zu beurteilen (Banz koseform aus
Dankwart).
Jungandreas, Jungandres und Jungendres, Jungbär, Jung-
becker, Jungclaus, Jungklaafs und Jimgclas nebst Jungglas und
Junglaus, Junghahn, Junghändel, Junghans, Junghäny, Jungheim,
Junghenn, Jungjohann, Jungkunz, Jungkurt, Jungmichel, Jung-
nickel, Jungschläger.
Kleinbecker, Kleinberg, Kleinbrahm, Kleinbrinck, Kleinclans,
Kleingünther, Kleinhaas, Kleinhager, Kleinhans, Kleinheinz, Klein-
held, Kleinhenn, Kleinhenz , Kleinjung, Kleinmeier, Kleinmichel,
Kleinnagel, Kleinpaul, Kleinpoppen, Kleinritter, Kleinvogel; Klug-
fr«sf (Christian), Klaukemeyer; Krummpeter; Kurzkurt, Kurznickel,
Kurzwernhart.
Langbecker, Langhans, Langheim, Langheinrich, Langheinz,
Langheld, Langhennies, Langlotz (Ludwig), langmaak, Langmeyer,
Langnickel, Langpeter, Langrehr (Rehr aus Rehder) , Langreuter,
Langthim (altd. Timmo aus Dietmar), Langehennig, Langeloth,
Langematz, Langenbartels , Langenhann, Langenheinicke , Langen-
heinz, Langenhennigs , Langerhans und Langerhannfs ; Lieberkühn,
ZUSAMMENGESETZTE PERSONENNAMEN 341
Liebernichel ; niederd. Liitchebrnn und Lutjebrnne, Lüttjohann (frz.
Petitjean), oberd. Lützelschwab.
Magerhans, Magerkurth; Middelschulte ; Minderjahn (Johannes
junior).
Neubrand, Neukranz, Neukurth; Niederbegemann, Niederheit-
mann, Niedermeyer und Neddermeyer, Niederschulte.
Oberconz, Oberpichler, Oberste-Kampmatm; Oesterhans.
Quadejacob (niederd. quad, schlecht).
Reichpietsch ; Rodrian, Rothfischer, Rothjacob, Rothschulz.
Schmajohami (vgl.dän. smaa, klein); Schmaljohann, Schmalian,
Smalian; Schönjahn, Schönian und Schönigan (vgl. Kielgan und
Kilian, Dönniges aus A7itonius), Schönnagel, Schöneberndt, Schöne-
yahn, Schönewolf; Schragmüller ; Schwachmeier; Schwarzhans,
Schwarzhub er , Schwarzott, Schwarzreinhardt, Schwarzschulz;
Starckjohann ; Storjohann (nord. stör, grofs); Strackerjan (schlanker
J.); Sturhahn, Sturhann (ahd. stur, grofs); Suerjohann (Süder-
johann ; vgl. Sauerland = SUderland).
Wackernagel (vgl. Polt 140), Wackerzapp (Zapp, Zapf, Zapfe,
zapfer, in Achen bierwirt; vgl. Tapper und Wientapper) ; Wester-
millies (zu Aemilius; vgl. Borries, Görries, Nellies aus Liborius,
Gregorius, Cornelius); Wittclaus, Wittgreve, Wittjohann, Wittmark
nebst Wittmack und Wittmake (oben s. 338) , Wittmeyer, Witt-
struck (niederd. Struck, hochd. Strauch; vgl. Wienstruck und
Weinstrauch).
Verschiedene namen, die man gleichfalls hierher zu rechnen
geneigt sein kann, scheinen anders beschaffen zu sein oder sind
mehr oder weniger zweifelhaft. Krusemark und Schönermark be-
deuten nicht, wie vermutet worden ist (vgl. Germania 23, 20),
einen krausen und einen schönen Marcus oder Markioart, son-
dern gründen sich auf gleichlautende localnamen. Schwarzlose
hängt doch wol zunächst mit dem orte Schwarzlosen im Magde-
burgischen zusammen, nicht mit dem familiennamen Lose, wie
Pott 79 angibt. Wackerbarth, anscheinend wie Wackernagel und
Wackerzapp zu verstehen und schon um 1600 nachweisbar (vgl.
Nordalbing. stud. 1,1019), wird aus Wackebard (von wacken, woher
wackeln), einem im Kieler stadtbuche verzeichneten beinamen des
13 jhs., entstellt sein, durch Korthauer und Kortheuer werden
schwerlich kurze personen mit namen Hauer und Heuer (vgl.
Kurznickel ua.) bezeichnet; die namen rühren vermutlich vom
342 MIT EINEM ATTRIBUT
fleischerhandwerk her und köanen mit Fleischhauer und Fleisch-
heuer nebst Fleischhacker, Knochenhauer und Beinhauer verglichen
werden, der erste teil von Reinheinz (Vilmar Namenb. 14) ist
wol nicht das adjectiv (purus), welches in Zusammensetzungen
dieser art überhaupt nicht vorzukommen scheint, sondern ent-
weder die koseform Rein (Reino, Ragino) oder ein noch anderes
wort, ebenso wenig dürften Rojahn und Ropeter als 'rauher J.,
rauher P.' (Ficks progr. 18) zu deuten sein (in welcher mundart
gilt ro für 'raub, mhd. rüch"? eher liefse sich 'roher' und selbst
'roter' denken); die formen scheinen vielmehr den altd. stamm
Rod (Hrod) zu enthalten und denselben ausfall von buchstaben
zu zeigen, welcher in Robert, Roger, Roleff (vgl. Roschütz bei Steub
Oberd. fam. 115) bekannt ist. dass der Basler geschlechtsuame
Merian als der 'mehrere (grüfsere) Johann' (vgl. Minderjahn) zu
erklären sei, hält Becker in seinem progr. 1864 s. 19 für un-
wahrscheinlich, ohne indes den versuch einer andern deutuug
zu unternehmen, oh Ruschepanl i\eü russischen Paul {vgl. Preusch,
Preuscheti) oder so viel wie Paul Rusche, wenn nicht noch etwas
anderes bedeute, wird schwer zu bestimmen sein, unter Elend-
schneider ist kein elender Schneider zu verstehen, sondern einer,
der von der Elendschneid, dh. gränze des oft fälschlich elend ge-
nannten elentiers, stammt oder daselbst wohnt (vgl. Steub 144);
ebenso mag es um Wölfenschneider stehn (vgl. Wessanschneid,
mit bezug auf den icisent, altd. wisant). Schickedanz bedeutet
nicht, wie der verst. Büchmann in einem gedruckten vortrage
behauptet hat, 'der schiefe Daniel' (vgl. Schickfufs und Schiekopp,
von mhd. schiech, schief), zwar auch nicht 'schiefer Danz', was sich
eher vertrüge, ist vielmehr ein auch in den formen Schicketanz,
Schicktanz, Schickendans vorkommender, mit Lobedanz und Mache-
danz zu vergleichender imperativname: schicke dh. ordne den
tanz (von FReuter appellativisch im sinne von tanzordner ge-
braucht), mit rücksicht darauf, dass der sonderbare name Lill-
popp (auch Lillbopp, bei Steub 215) kürzlich als 'kleiner Poppo'
erklärt worden ist, mag es hinreichen zu bemerken dass in
keiner deutschen mundart, wol aber im schwed. und dän. dem
mhd. lützel, engl, little, eine form lille entspricht, und ferner
dass im alts. die lilie Ulli hiefs.
Einen gröfsern umfang als die adjectivischen namen nehmen
diejenigen ein, welche mit einem worte von anderer form und be-
ZUSAMMENGESETZTE PERSONENNAMEN 343
deutung zusammeDgesetzt sind, für diese namen gilt in noch
höherem grade, was in betreff der fertigkeit des volksmundes,
den namen, zumal den allgemein gebräuchlichen namen einer
person mit einem diese person kennzeichnenden attribut zu ver-
binden und auf solche weise näher zu bestimmen und von andern
zu unterscheiden, gleich anfangs gesagt worden ist. schon in
der alten zeit wurden dergleichen beinamen gegeben; aus dem
15 jh. führt Bacmeister unter andern Frowenhaas, Leckerhennslin,
Samstags-Peter an. interessant und vielfach lehrreich sind eine
menge Spitznamen, unter denen vor 70 — 80 jähren mitglieder
der gefürchteten V^ogelsberger und Wetterauer räuberbanden bei
ihresgleichen und im übrigen volke bekannt waren (vgl. Pott 31
anm., nach vGrolmanns Actenmäfsiger geschichte). da hiefsen
ein Justus Diez und ein Christoph Schmidt vom lumpensammeln
Lumpen-Jost und Lumpen-Stoffel, ein Johannes Oberländer, weil
er mit hölzerneu löffeln handelte, Löffel-Hatines, ein Georg Hörn
vom wurzelgraben Wurzel-Georg, ein Johannes ßorgener, welcher
mahnen (art körbe) verfertigte und feil bot, Mahnen- Hannes; da
gab es einen Sing- Michel, einen Kalk-Hannes , einen Porcellan-
Hannes, von ihrer beschäftigung; Nicolaus Boss wurde, weil er
in Schlitz geboren war, Schlitz -Klöschen und sodann verdreht
Schnitz-Klöschen genannt; der Himds-Hannes trug seinen namen
nicht vom hunde, sondern von seinem geburtsorle Hundshausen;
ein Peter, welcher von Zigeunerinnen, die das volk heidinnen
nannte, erzogen war, hiefs Heiden- Peter , daher auch seine ge-
liebte das Heiden -Kathrinchen; Andreas Frank, der halbbruder
eines der gefährlichsten räuber, des Hann Adam (Johann Adam
Frank), hatte nach seiner multer, der sogenannten Z%e«- C/are,
den Spitznamen Cläre-Andres, diesen räubernamen ähnliche bei-
namen führen in neuerer zeit Berliner Verbrecher, zb. Böttcher-
karl von seinem handwerk, Pallisadenkarl von der Pallisaden-
strafse. nach der Bonner zeitung wird eine Endenicher näherin
Margareta B. vom volke Schießbuden- Griet genannt; in Bonn
selbst heifst der tapetenfabrikant und -händler Meyer insgemein
Tapeten- Meyer ; Josephine, die haushälterin eines predigers an
der hiesigen Minoritenkirclie, gilt im kreise ihrer nähern be-
kannten als Minoriten-Fina. vor einigen 20 jähren gab es in
Mülheim a. d. Ruhr einen Butter- Jan, einen Kohlen -Hermann
und einen Mehl-Hannes, eine Mangel-Lena (mangeln, wasche mit
344 MIT EINEM ATTRIBUT
der walze oder rolle glätten), ein Bügel - Mieksken (Mieke oder
Marie die büglerin), ein Näh-Drütschen (Traudchen die näherin),
eine Butter -Mina und eine Sajett-Mina {kz.saiette, art Strick-
wolle), auch die deutsche litteratur kennt dergleichen , zb. den
Patriotetikaspar in Immerniauns Münchhausen, den Krappenzacher
in Auerbachs Barfüfsle. zur Unterscheidung von andern des-
selben namens werden insbesondere personen, welche die überaus
geläufigen namen Müller, Meier, Schulz und ähnliche tragen,
durch ein vorgesetztes altribut näher bezeichnet, ein professor
Müller in Halle, der ein berühmtes buch über die sünde ge-
ihrieben hat, hiefs Sünden- Müller , zwar wol weniger unterm
gemeinen volke, welches davon nichts wissen kann, als unter
studierenden ; ein anderer (Leipziger) prof. Müller galt insgemein
als Zopf-Müller, ältere Berliner erinnern sich des Linden- Müller,
der im jähre 1848 seine vortrage in der hauptstrafse 'unter den
linden' hielt, ein bekannter physiologe in Berlin hiefs mit be-
ziehung auf seine hauptschrift Blut- Schulze; ein dortiger maler^
von dem ein beliebtes jagdstück herrührt, Jagd- Schulz; ein ori-
gineller kritiker, der beim sprechen fortwährend zu spucken
pflegte. Spuck - Schulz ; der Verfasser einer abhandluug über die
heilkraft des wassers Wasser - Schulze, ein . antiquar Meyer in
Hamburg, welcher eine dortige feier des befreiungskrieges geleitet
hatte, wurde kenntlich durch die bezeichuuug Feier-Meyer, unter
Tiei-Wolff \sl der bildhauer Wolff in Berlin, dessen kunst sich
vorzugsweise auf nachbildung von tieren bezog, zu verstehen;
von selbst erklärt sich Zeitungs- Wolf, allgemeiner bekannt ist
die Unterscheidung zweier preufsischen Staatsbeamten, des finanz-
ministers Bitter, der über den coniponisten Bach geschrieben
hat, und seines bruders, des Präsidenten der seehandlung; der
eine heifst Bach-Bitter, der andere See-Bitter, in den briefen von
Goethes mutier an die herzogin Amalie kommt ein Höllen-Bregel
vor, welcher besser als Höllen -Breughel, noch genauer Höllen-
Biueghel zu bezeichnen war; gemeint ist der holländische maier
fieler Bnieghel, der es liebte groteske teufeleien darzustellen; ein
jüngerer bruder desselben wurde Satnt - Brneghel genannt, der
von den Dänen nach ihrem ersten kriege mit den Deutschen in
Schleswig eingesetzte hauptprediger Martens, welcher als Schweine-
züchter gröfsern ruf hatte und verdiente denn als kanzelredner
und Seelsorger, hiefs unterm volke nach dem dortigen dialecte
ZUSAMMENGESETZTE PERSONENNAMEN 345
Swim- Mortem, in Schleswig -Holstein machte vor jähren der
sogenannte Kartoffel- Gillich viel von sich reden; das war ein
mann namens Giilich, der eine neue methode kartoffelu zu bauen
aus Amerika, wohin er früh gewandert war, in sein heimatland
mitbrachte, aus Hannover (s. Mertens progr. 1875 s. 61) werden
als volkstümliche benenuungen angeführt: Bleicher - Haase und
Dreck-Haase, Thee-Werner und Treppen-Werner, Bade-Schrader,
Gummi-Cohen ua.
Diese reihe aus dem leben gegriffener beinamen, deren Ur-
sprung nachgewiesen werden kann, gibt nun einen wichtigen an-
hält für das Verständnis derjenigen geschlechtsnamen derselben
art, denen es im allgemeinen an einem zuverlässigen historisciien
hintergrunde mangelt, zwar steht hier, wie in der deutung sehr
vieler Jüngern namen, die aus beinamen erwachsen sind, über-
haupt, der Vermutung, der combinalion, dem Scharfsinn ein grofser
Spielraum offen, der objectiven forschuug darf und muss es in-
dessen genügen, die richtigkeit der allgemeinen beziehung walten
zu lassen, woraus die verschiedenen möglichkeiten der besondern
Verhältnisse sich von selbst ergeben, aus der unzahl der namen
auf -meier, -müller und ähnlicher können auch hier nur wenige
herausgehoben werden.
Den allgemeinen begriff einer person behaupten auf diesem
besondern gebiete vviderum diejenigen geschlechtsnamen , welche
auf -mann ausgehen, während zb. Blattermann, Brillmann, Fanst-
mann, Kriickmann, Nasemann, Schlenkermayin eine unbestimmte
person characterisieren, werden durch Beinhans, Bierkort, Brod-
merkel, Schreibvogel, Stiefelmeyer bestimmte Individuen, deren
eigentliche namen Hans, Kort, Merkel, Vogel, Meyer zu den
gewöhnlichsten gehören, näher bezeichnet und von andern, die
denselben einfachen namen tragen, unterschieden.
Die beziehung zwischen dem ursprünglichen namen und dem
ihm beigefügten worte ist zwar in den meisten fällen, zb. in den
zuletzt genannten geschlechtsnamen, deutlich und unverkennbar;
einige namen jedoch geben hinsichtlich des grundes der beziehung
und der daraus folgenden bezeichnung mehrfachen Vermutungen
räum, unter denen oft nur schwer gewählt werden kann, welcherlei
beziehung zb. findet in Baumotte oder Hausotte zwischen dem
Otto und einem bäum oder haus statt? steht dem einen etwa
ein bäum vor dem hause, oder ist er besitzer einer baumschule,
Z. F. D. A. XXXI. N. F. XIX. 23
346 MIT EINEM ATTRIBUT
der andere vielleicht hausmakler? in Linsenbarth und Linsen-
meyer liegt das bestimmende wort auf der band, nicht so die
beziehung: Barth und Meyer können vorzugsweise linsen bauen
und damit handeln , sie können aber auch ausgesuchte liebhaber
von linsen sein, und noch andere möglichkeiten lassen sich denken.
Poggenhans, Poggenklas gestatten eine doppelte beziehung, ent-
weder auf den niederd. ausdruck für frosch, pogge, oder auf den
daher entlehnten geschlechtsnamen Pogge. Beckadolf kann be-
deuten 1) Adolf Beck, 2) bäcker Adolf. Federhen und Fenerherm
geben zu raten, welche passende beziehung auf 'feder' und 'teuer'
anzunehmen sei. der erste teil von Engeljohann ist als geschlechts-
name bekannt, der Johann braucht aber nicht selber Engel zu
heifsen, vielleicht ist er der dieuer oder überhaupt ein angehöriger
eines Engel; allein aufserdem muss auch die beziehung auf ein
haus, welches den namen auf dem Schilde führt, insbesondere
einen gaslhof oder eine apotheke, berechtigt erscheinen, noch
anderer ferner liegenden erklärungen zu geschweigen. ich teile
folgende namen mit:
Ackerkurt; Aneshensel (der Hensel des ahni, dh. des grofs-
valers: Heintze Familiennamen 153^); Angelkort; Ankenhrand
(oberd. anke, butter); Appelhans.
Backenköhler; Bauerhenne und Bnrhenne; Baumotte; Bau-
schäfer; Beinhans; Bienengräber (vgl. Pott 296), Bienmeier , Bie-
miiller (mhd. bie, bleue); Bierfischer, Bierhenke, Bierkort, Bier-
schröder (oder bierschrüter, bierlader ?) ; Bonmvitt {W'ill aus Bonn?);
Borgmärten (nicht von borgen sondern von niederd. 6or5' = bürg);
Bowenschulte ; B